13Os203/94 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Jänner 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Mag.Strieder, Dr.Mayrhofer und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kahofer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Andreas W***** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den gleichzeitig mit der Strafverfügung gefaßten Widerrufsbeschluß des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 21.Dezember 1992, GZ U 212/92-3, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Jerabek, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Der gemeinsam mit der Strafverfügung des Bezirksgerichtes Mattighofen GZ U 212/92-3 ausgesprochene Widerruf der vorher im Verfahren desselben Gerichtes zur GZ U 155/90-4 gewährten bedingten Strafnachsicht verletzt § 494 a Abs 5 StPO.
Text
Gründe:
Mit rechtskräftiger Strafverfügung des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 5.Oktober 1990, GZ U 155/90-4, wurde Andreas W***** des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt und zu einer für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 180 S verurteilt, weil er am 4.Juli 1990 in Feldkirchen - nach der Aktenlage in alkoholisiertem Zustand - einen Spielautomaten durch Einschlagen der Scheibe beschädigte.
Mit der gleichfalls in Rechtskraft erwachsenen Strafverfügung vom 21. Dezember 1992, GZ U 212/92-3, verurteilte das Bezirksgericht Mattighofen den Genannten wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB zu einer (unbedingten) Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 120 S, weil er am 2.August 1992 in Eggelsberg (richtig: Feldkirchen) - ebenfalls alkoholisiert - Harald H***** durch einen Faustschlag ins Gesicht eine Rißwunde an der Unterlippe zufügte. Über Antrag des Bezirksanwaltes wurde mit der Strafverfügung unter Zitierung des § 494 a Abs 1 Z 4 StPO die eingangs genannte bedingte Strafnachsicht widerrufen.
Beide Geldstrafen wurden vom Verurteilten unverzüglich bezahlt.
Rechtliche Beurteilung
Mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ist die Generalprokuratur im Recht.
Denn im letztgenannten Verfahren AZ 212/92 verstößt der unter einem mit der Strafverfügung vom 21.Dezember 1992 (ON 3) getroffene Widerruf gegen § 494 a Abs 5 (iVm § 495 Abs 1) StPO, wonach mit der Strafverfügung gemeinsam nur eine Entscheidung nach § 494 a Abs 1 Z 1 oder Z 2 StPO, nicht aber eine solche nach Z 4 getroffen werden darf. Letztere ist nach § 495 Abs 1 StPO - von der Strafverfügung getrennt - in jenem Verfahren zu treffen, in dem die bedingte Nachsicht ausgesprochen worden ist.
Die Gesetzesverletzung war nur festzustellen.
Denn der der genannten Verfahrensvorschrift zuwider, im übrigen aber vom zuständigen Gericht gefaßte Widerrufsbeschluß entsprach angesichts der einschlägigen Straffälligkeit des Verurteilten innerhalb der Probezeit der Sach- und Rechtslage, weshalb ihm die aufgezeigte Verletzung der Verfahrensvorschrift nicht zum Nachteil gereichte. Ein Vorgehen nach § 292 letzter Satz StPO war demnach nicht geboten; soll doch eine darauf gegründete, nicht der Regel entsprechende Maßnahme den Betroffenen nur vor möglichen Nachteilen schützen, ihm aber keinesfalls einen ungerechtfertigten Vorteil verschaffen (EvBl 1981/29 ua).