3Ob81/94(3Ob82/94, 3Ob83/94, 3Ob84/94, 3Ob85/94) – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Gerstenecker und Dr.Pimmer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Z***** AG, *****, vertreten durch Dr.Wolfgang Lirk, Rechtsanwalt in Salzburg und anderer betreibender Parteien, wider die verpflichtete Partei Neftaha C*****, wegen S 600.793,19 sA und anderer Forderungen, infolge Revisionsrekurses der beigetretenen betreibenden Gläubigerin V***** Genossenschaft mbH, ***** vertreten durch Rechtsanwälte Dr.Asamer, Dr.Schubert, Dr.Müller Partnerschaft, in Salzburg, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 5.Mai 1994, GZ 22 R 196/94-80, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Zell am See vom 16.März 1994, GZ 2 E 4/93-73, aufgehoben wurde, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Gegenstand des Verfahrens ist die Zwangsversteigerung mehrerer Liegenschaftsanteile, mit denen Wohnungseigentum untrennbar verbunden ist.
Die P***** GmbH stellte als Verwalter dieser Liegenschaft mit dem am 6.10.1993 eingebrachten Schriftsatz ON 40 den Antrag, die (in einzelnen aufgeschlüsselten) offenen Betriebskosten und Sonderumlagen aus Anlaß der Terrassensanierung von insgesamt S 204.692,63 für den Zeitraum 5.2.1993 (dem Tag der Exekutionsbewilligung) bis 25.10.1993 (dem Tag der Versteigerungstagsatzung) vorrangig im Sinn des § 216 Abs 1 Z 1 EO und (im einzelnen aufgeschlüsselte) Betriebskostennachzahlungen aus dem Jahr 1992 und Betriebskosten zum 1.1.1993 von insgesamt S 73.561,46 im laufenden Rang zu befriedigen.
Zur Meistbotsverteilungstagsatzung am 2.3.1994 wurde der Liegenschaftsverwalter nicht geladen. Die Bekanntmachung der Anberaumung der Meistbotsverteilungstagsatzung durch Anschlag an der Gerichtstafel (§ 209 Abs 4 EO) unterblieb. Zu dieser Tagsatzung erschien kein Vertreter des Liegenschaftsverwalters.
Die Anmeldung der Sondermassekosten des Liegenschaftsverwalters ON 40 wurde in der Meistbotsverteilungstagsatzung verlesen. Die führende betreibende Gläubigerin und die beigetretene betreibende Gläubigerin Abdella C***** erhoben gegen die Anmeldung von Sondermassekosten Widerspruch mit der Begründung, daß für diese Anmeldung kein Titel vorliege und kein gesetzliches Pfandrecht behauptet werde; die Voraussetzungen des § 216 Abs 1 Z 1 EO seien nicht gegeben. Die beigetretene betreibende Gläubigerin brachte weiters vor, bei den Betriebskosten handle es sich nicht um Kosten einer Verwaltung, die der Erhaltung und notwendigen Verbesserung der Liegenschaft dienen. Was die Sonderumlage für die Terrassensanierung betreffe, sei nicht erkennbar, ob diese Sanierung überhaupt, allenfalls wann, bereits erfolgt sei; daher könnten die Voraussetzungen in zeitlicher Hinsicht im Sinn des § 219 Abs 1 Z 1 EO nicht beurteilt werden.
Im Meistbotsverteilungsbeschluß wies das Erstgericht dem Liegenschaftsverwalter keine Beträge zu und begründete dies damit, daß es sich um keine bevorzugten Auslagen im Sinne des § 216 Abs 1 Z 1 EO handle. Ohne Nachweis sei nicht davon auszugehen, daß die Terrassensanierung tatsächlich während des Versteigerungsverfahrens zugunsten der auf das Meistbot verwiesenen Personen stattgefunden habe.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Liegenschaftsverwalters Folge, hob den angefochtenen Meistbotsverteilungsbeschluß und die ihm vorausgegangene Tagsatzung zur Meistbotsverteilung als nichtig auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Verhandlung und Entscheidung auf. Die Anberaumung der Meistbotsverteilungstagsatzung sei nach § 209 Abs 4 EO durch Anschlag an der Gerichtstafel bekannt zu machen. Dadurch solle die Verständigung derjenigen Personen gewährleistet werden, denen Forderungen im Sinn der §§ 216 f EO zustehen und die nicht ohnedies nach § 209 Abs 2 EO zu laden sind. Insbesondere denjenigen Gläubigern, die dem Gericht noch nicht bekannt sind, etwa weil sie nur über obligatorische Ansprüche verfügen, solle die Möglichkeit eingeräumt werden, ihre Ansprüche anzumelden und nachzuweisen. Die Unterlassung der Verständigung des Liegenschaftsverwalters von der Meistbotsverteilungstagsatzung habe ihn daran gehindert, vor Gericht zu erscheinen und seine bereits angemeldeten Forderungen durch entsprechende Belege nachzuweisen. Durch den Verstoß gegen die Bekanntmachungspflicht des § 209 Abs 4 EO sei der Liegenschaftsverwalter von der Verhandlung über die Verteilung des Meistbotes ausgeschlossen worden, so daß der Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO iVm § 78 EO vorliege. Es müsse daher zunächst eine Meistbotsverteilungstagsatzung anberaumt werden, wobei nunmehr auch der Liegenschaftsverwalter als Inhaber aktenkundiger obligatorischer Ansprüche zu laden und zudem die Anberaumung der Tagsatzung durch Anschlag an der Gerichtstafel bekannt zu machen sei.
Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil zur vorliegenden Rechtsfrage eine Rechtsprechung des Obersten Gerichthofes fehle und das Rekursgericht von der - einen Teilbereich betreffenden - Entscheidung SZ 58/160 abweiche.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der beigetretenen betreibenden Gläubigerin V***** registrierte Genossenschaft mbH ist nicht berechtigt.
Werden Verwaltungskosten im Sinn des § 216 Abs 1 Z 1 EO (hier Auslagen einer Wohnungseigentumsanlage) angemeldet, so müssen die Belege hiezu, die sich nicht schon bei Gericht befinden, also vor allem Rechnungen und Zahlungsnachweise, in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorgelegt werden. Eine bloße Zusammenstellung der Auslagen ist unzureichend (JBl 1989, 389 = RZ 1989/50 = WoBl 1992/83 [Call]).
Dem Liegenschaftsverwalter wurden unter anderem deshalb keine Beträge zugewiesen, weil er dieser Verpflichtung nicht nachgekommen war. Bei der Beurteilung, ob ihm die Möglichkeit zur Vorlage der Unterlagen durch einen ungesetzlichen Vorgang genommen wurde, ist entscheidend, ob der Liegenschaftsverwalter zur Verteilungstagsatzung zu laden oder ihm zumindest durch Anschlag an der Gerichtstafel die Möglichkeit zu geben war, diesen Termin zur Kenntnis zu nehmen.
Gemäß § 209 Abs 2 EO sind zur Verteilungstagsatzung die verpflichtete Partei, die betreibende Partei, die im § 172 Abs 1 Z 1 EO bezeichneten öffentlichen Organe und alle Personen zu laden, für welche an der versteigerten Liegenschaft oder an den auf dieser Liegenschaft haftenden Rechten dingliche Rechte und Lasten bestehen.
§ 209 Abs 2 EO enthält jedoch keine taxative Aufzählung (JBl 1957, 372). Der Liegenschaftsverwalter hat durch die Anmeldung seiner obligatorischen Rechte Beteiligtenstellung erlangt und gehört damit, wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, zu den zur Verteilungstagsatzung zu ladenden Personen. Die in der Entscheidung SZ 58/160 vertretene Ansicht, der Anmeldende müsse sich selbst darum kümmern, daß er von der Verteilungstagsatzung Kenntnis erlangt, indem er in gewissen Abständen die Gerichtstafel prüft, wird nicht aufrecht erhalten. Der Anschlag an der Gerichtstafel ist nur deshalb vorgeschrieben, damit die nicht aus dem Grundbuch und den Exekutionsakten ersichtlichen Beteiligten (zB § 216 Z 3 EO) die Möglichkeit zur Anmeldung und Teilnahme haben (Heller/Trenkwalder3 699).
Der Liegenschaftsverwalter hätte die erforderlichen Unterlagen gemäß § 210 EO in der Meistbotsverteilungstagsatzung vorlegen können. Durch das Unterbleiben der Ladung zur Meistbotsverteilungstagsatzung wurde ihm die Möglichkeit genommen. Er wurde damit durch einen ungesetzlichen Vorgang von der Verhandlung über die Verteilung des Meistbots ausgeschlossen, so daß der vom Gericht zweiter Instanz angenommene Nichtigkeitsgrund nach § 78 EO und § 477 Abs 1 Z 4 ZPO vorliegt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO, § 78 EO.