12Os151/94 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 17.November 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.Mayrhofer und Dr.E.Adamovic als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Hradil als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Frank F***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes erhobene Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 26.Juli 1994, AZ 23 Bs 241/94, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Raunig, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:
Spruch
In der Strafsache des Landesgerichtes für Strafsachen Wien AZ 6 c Vr 15255/93 verletzt der Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 26. Juli 1994, AZ 23 Bs 241/94, das Gesetz in der Bestimmung des § 7 Abs 1 StVG.
Dieser Beschluß wird aufgehoben und es wird dem Oberlandesgericht Wien die neuerliche Entscheidung über die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 4.Mai 1994, GZ 6 c Vr 15255/93-33, aufgetragen.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21.Februar 1994, GZ 6 c Vr 15255/93-24, wurde Frank F***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG als Beteiligter nach § 12 (dritter Fall) StGB und des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Seit 16.Februar 1994 verbüßt er eine über ihn bereits mit Urteil desselben Gerichtes vom 28. April 1993, GZ 6 c Vr 3162/93-21, verhängte dreijährige Freiheitsstrafe (Strafende: 10.Oktober 1996) in der Justizanstalt Wien-Josefstadt; der Beginn des Vollzuges der mit eingangs bezeichnetem Urteil verhängten Freiheitsstrafe ist mit 10.Oktober 1996 in Aussicht genommen (GZ 6 c Vr 15255/93-35). Seinen im Verfahren 6 c Vr 15255/93 gestellten Antrag auf Aufschub des Strafvollzuges wegen Vollzugsuntauglichkeit wies der Vorsitzende des erkennenden Schöffengerichtes mit Beschluß vom 4.Mai 1994, ON 33, ab.
Aus Anlaß der vom Verurteilten gegen diesen Beschluß erhobenen Beschwerde hob das Oberlandesgericht Wien mit Beschluß vom 26.Juli 1994, AZ 23 Bs 241/94 (= GZ 6 c Vr 15255/93-43), den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung durch das nach § 16 Abs 1 Z 9 StVG zuständige Vollzugsgericht auf. Es führte dazu aus, daß gemäß § 16 Abs 1 Z 9 StVG für die Entscheidung über den nachträglichen Aufschub des Strafvollzuges nach § 133 Abs 1 StVG das Vollzugsgericht zuständig sei, was in gleicher Weise bei mehreren unmittelbar nacheinander zu vollziehenden Strafurteilen gelte, wobei die Zuständigkeit dem für sämtliche Strafvollzüge gemeinsam zuständigen Vollzugsgericht zukomme.
Die gegen diese Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vom Generalprokurator zur Wahrung des Gesetzes erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist berechtigt.
Wie darin zutreffend ausgeführt wird, ist für die Entscheidung über den Aufschub des Strafvollzuges unter anderem wegen Vollzugsuntauglichkeit nach § 5 StVG gemäß § 7 Abs 1 StVG der Vorsitzende (Einzelrichter) des erkennenden Gerichtes zuständig. Die Zuständigkeit des Vollzugsgerichtes für die Entscheidung über den nachträglichen, somit nach Antritt der Freiheitsstrafe aktuellen Aufschub des Strafvollzuges ist nach dem klaren Wortlaut des § 133 Abs 1 StVG hingegen erst mit dem Strafantritt gegeben (SSt 41/29). Im vorliegenden Fall wurde die Freiheitsstrafe noch nicht in Vollzug gesetzt, sodaß die Entscheidung über den Aufschub des Strafvollzuges wegen Vollzugsuntauglichkeit gemäß § 7 Abs 1 StVG in die Kompetenz des Vorsitzenden des Schöffengerichtes fällt. Die vom Gerichtshof zweiter Instanz relevierte Frage der Zuständigkeit eines Gerichtes als Vollzugsgericht bei Vollziehung mehrerer Freiheitsstrafen stellte sich daher im gegebenen Sachzusammenhang gar nicht.
Die aufgezeigte Gesetzesverletzung wirkte sich zum Nachteil des Verurteilten aus, weil über seine Beschwerde nicht entschieden wurde.
In Stattgebung der gemäß § 33 StPO erhobenen Beschwerde war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.