JudikaturOGH

7Ob553/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Oktober 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller

1. Dipl.Ing.Anton G*****, und 2. Gabriele A*****, beide vertreten durch Dr.Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die Antragsgegnerin Republik Österreich (Bundesstraßenverwaltung), vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen Neufestsetzung einer Rückübereignungsentschädigung nach § 20a BStG, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom 28.Dezember 1993, GZ 1b R 283/93-29, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 24.September 1993, GZ 1 Nc 9/89-23, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsteller haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Aufgrund des Bescheides des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 31.3.1976 wurde zum Bau der Rheintalautobahn aus der im Miteigentum der Antragsteller stehenden Liegenschaft GP *****, EZ ***** Grundbuch L***** (im Gesamtausmaß von 10.161 m2) eine Fläche von 2980 m2 enteignet. Tatsächlich wurde für die Errichtung der Autobahn jedoch eine geringere Fläche benötigt, sodaß über Antrag der Antragsteller mit Bescheid des Landeshauptmannes für Vorarlberg vom 20.10.1988, die nicht verwendete Teilfläche von 747 m2 den Antragstellern je zur Hälfte zu einem Quadratmeterpreis von S 325,-- rückübereignet wurde. Dieser Quadratmeterpreis entspricht jenem, den die Antragsteller als Enteignungsentschädigung erhalten haben. Zum Zeitpunkt der Enteignung gab es in L***** noch keinen rechtskräftigen Flächenwidmungsplan. Bis zur Festlegung der nunmehr bestehenden Autobahntrasse war vorgesehen, die gegenständliche Liegenschaft als "Bauerwartungsland" zu widmen. Nach Fixierung der Autobahntrasse widmete die Gemeinde L***** die gegenständliche Liegenschaft ebenso wie die unmittelbar angrenzenden Liegenschaften in eine "Vorbehaltsfläche Sportplatz" um. Im August 1988 war im Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde L*****, welcher im Jahr 1983 beschlossen wurde, die gegenständliche Liegenschaft als "Vorbehaltsfläche für Sportplatz und Umspannwerk" ausgewiesen. Mit Beschluß der Gemeindevertretung vom 25.4.1991 wurde die Rückwidmung der Liegenschaft von "Vorbehaltsfläche" in "Freifläche-Freihaltegebiet" vorgenommen. Der Raumordnungsausschluß und die Raumplanungsstelle im Amt der Vorarlberger Landesregierung haben zu dieser Rückwidmung eine positive Stellungnahme abgegeben. Seit April 1991 ist das gegenständliche Grundstück als "Freifläche Landwirtschaft" gewidmet, für welche ein Quadratmeterpreis von S 200,-- erzielt werden kann. Außer Streit steht, daß diese Widmungsentwicklung auch dann eingetreten wäre, wenn nur die tatsächlich für die Autobahn benötigten Grundstücke enteignet worden wären. Außer Streit gestellt wurde auch, daß der Quadratmeterpreis von S 325,-- bei Annahme, daß keine Wertminderung im Sinne des § 20a BStG stattgefunden hat, angemessen ist, hingegen bei Annahme einer solchen Wertminderung nur S 200,--/pro m2 angemessen wären (vgl. AS 83 und 84).

Die Antragssteller haben gegen den ihnen am 21.10.1988 zugestellten Rückübereignungsbescheid am 13.1.1989 den Antrag auf gerichtliche Festsetzung des Rückübereignungspreises gestellt. Da sich die Verhältnisse seit der Enteignung wesentlich geändert hätten und nunmehr nur eine landwirtschaftliche Nutzung der Liegenschaft in Betracht komme, sei für die Rückübereignung ein niedrigerer Quadratmeterpreis als der der Enteignungsentschädigung zugrunde lag festzusetzen. Bei der Preisausmittlung sei von jener Erwartung auszugehen, die ein vernünftiger Käufer zum Stichtag haben würde.

Die Antragsgegnerin ist dieser Auffassung entgegengetreten. Für die Rückübereignung sei die seinerzeitige Enteignungsentschädigung maßgeblich.

Das Erstgericht gab dem Begehren der Antragsteller statt und setzte die Rückübereignungsentschädigung mit S 200,-- pro m2, sohin mit insgesamt S 149.400,-- fest. Die zwischen Enteignung und Rückübereignung vorgenommenen Widmungsänderungen seien als wertmindernd bei der Rückübereignungsentschädigung zu berücksichtigen gewesen.

Das Rekursgericht gab mit dem angefochtenen Beschluß dem Rekurs der Antragsgegnerin Folge und bestimmte die Rückübereignungsentschädigung mit S 325,-- pro m2, sohin mit insgesamt S 242.725,--, und verpflichtete die Antragsgegnerin zu einem nur anteiligen Kostenersatz. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand als mit S 50.000,-- übersteigend und erklärte den Revisionsrekurs hinsichtlich des Ausspruches über die Rückübereignungsentschädigung für zulässig. Rechtlich folgerte das Rekursgericht, daß eine nach § 20a Abs.2 BStG 1971 zu berücksichtigende Wertminderung nur eine "unmittelbare" Folge der Enteignung sein dürfe und sohin der Enteignete nur für die durch die zuviel erfolgte Enteignung entstandenen Nachteile, also für Nachteile, die nicht eingetreten wären, wenn von vornherein nur die letztlich benötigte Fläche enteignet worden wäre, "schadlos" zu halten sei. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der Rückübereignungsentschädigung sei der Zeitpunkt der Rückübereignung, sohin der 20.10.1988. Im vorliegenden Fall hätten die Parteien aber außer Streit gestellt, daß die Widmung im Rückübereignungszeitpunkt "bis de facto Freifläche Grünland abgesunken ist". Eine nachteilige Widmungsentwicklung stelle keine Veränderung des Enteignungsgegenstandes, wie es der Wortlaut des § 20a Abs.2 BStG vorsehe, dar. Soweit das Erstgericht im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung eine Wertminderung darin erblickt habe, daß lediglich ein schmaler Grundstreifen rückübereignet worden sei, so gehe es - abgesehen davon, daß es dazu keine Feststellungen getroffen habe - an dem ausdrücklich von beiden Parteien erklärten Willen, daß die Frage, ob die Rückenteignungsentschädigung S 200,-- pro m2 oder S 325,-- pro m2 betrage, ausschließlich daran gemessen werden soll, ob die nachteilige Widmungsentwicklung rechtlich relevant ist oder nicht, vorbei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene Revisionsrekurs der Antragsteller ist in der Hauptsache nicht berechtigt und im Kostenpunkt unzulässig.

Nach § 20a Abs.2 BStG idF des BGBl. 1983/63 sind bei Bestimmung des Rückersatzes der erhaltenen Entschädigung "wertvermindernde Änderungen am Enteignungsgegenstand" zu berücksichtigen, Werterhöhungen nur insoweit, als sie durch einen Aufwand des aus der Enteignung Berechtigten herbeigeführt wurden, doch darf die dem Enteigneten geleistete Entschädigungssumme nicht überschritten werden. Nach der Regierungsvorlage zu dieser Bestimmung (1204 der BlgNR 15.GP, 17) stellen die Bestimmungen über die Höhe der rückzuerstattenden Beträge eine "ausgewogene Lösung" dar, die einerseits die Rechte des Enteigneten hinreichend wahre, andererseits doch auch die durch die Rückübereignung vorzunehmenden Veränderungen übersichtlich bleiben lasse.

Daß etwa wertvermehrende Aufwendungen (durch einen Aufwand der Antragsgegnerin) gemacht worden wären, wurde nicht geltend gemacht. Gegenstand des Verfahrens ist vielmehr allein, ob bei Bestimmung des Rückersatzes der Entschädigung, die die Antragsteller seinerzeit erhalten haben, "wertvermindernde Änderungen am Enteignungsgegenstand" zu berücksichtigen sind.

Die Antragsteller erblicken eine wertvermindernde Änderung allein in dem Umstand, daß für die rückübereignete Grundfläche zum Zeitpunkt der Enteignung - als Teil einer Liegenschaft im Gesamtausmaß von

10.161 m2 - eine Widmung als "Bauerwartungsland" vorgesehen gewesen sei, daß aber zum Zeitpunkt der Rückübereignung eine Umwidmung als "Vorbehaltsfläche Sportplatz" bestanden habe und 1991 eine Rückwidmung von "Vorbehaltsfläche" in "Freifläche und Freihaltegebiet" ("Freifläche Landwirtschaft") erfolgt sei, für die nicht mehr ein Quadratmeterpreis von 325 S, sondern nur von 200 S angemessen sei. Dazu wurde allerdings außer Streit gestellt, daß die dargestellte Widmungsentwicklung auch dann eingetreten wäre, wenn nur die tatsächlich für die Autobahn benötigte Fläche - also nicht 2.980 m2, sondern nur 2.233 m2 - enteignet worden wäre, sodaß den Antragstellern von der Liegenschaft nicht 7.181 m2, sondern 7.928 m2 verblieben wären. Daß die Antragsteller anläßlich der Enteignung der

2.980 m2 großen Fläche auch eine Entschädigung für eine Wertminderung des Restgrundstückes erhalten hätten, ist nicht aktenkundig und wurde auch nicht geltend gemacht. Erfolgte aber durch die Rückübereignung eine Vergrößerung des in seinem Wert durch die seinerzeitige Abtretung der enteigneten Fläche ohnedies nicht verminderten Restgrundstückes (von 7.181 m2), spielt eine besondere Form der rückübereigneten Fläche keine Rolle und kann eine wertvermindernde Änderung an der enteigneten, aber rückübertragenen Fläche durch die Rückübertragung - wie sie denkbar wäre, wenn die Antragsteller durch die Rückübertragung an Stelle eines ursprünglich 2.980 m2 großen Grundstückes nur mehr über ein 747 m2 großes Grundstück verfügen könnten, das in seinem Verwendungszweck und dementsprechend auch Wert gegenüber einem etwa vier Mal so großen Grundstück gewiß eingeschränkt sein könnte - nicht angenommen werden. Dies wurde auch gar nicht behauptet.

Ein solcherart geringerer Wert der rückübereigneten Fläche wäre wohl eine "wertvermindernde Änderung am Enteignungsgegenstand" iS des § 20a Abs 2 BStG anzusehen. Nicht zu berücksichtigen dagegen sind, wie bereits von der zweiten Instanz unter Hinweis auf Brunner, Enteignung für Bundesstraßen, 270, ausgeführt wurde, Wertänderungen, die sich aus einer Änderung der Marktverhältnisse oder infolge Änderung der rechtlichen Qualität des Grundstückes, insbesondere einer Änderung der Flächenwidmung, ergeben - zumindest dann, wenn die festgehaltene Widmungsentwicklung auch dann eingetreten wäre, wenn die verfahrensgegenständliche Rückabwicklungsfläche nie enteignet worden wäre, sondern nur die letztlich tatsächlich für die Autobahn benötigte Grundstücksfläche (wie außer Streit steht).

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Im Enteignungsverfahren vor Gericht gelten die allgemeinen Regeln des Außerstreitverfahrens (vgl. Korinek-Pauger-Rummel, Handbuch des Enteignungsrechtes, 315). Eine Anfechtung der zweitinstanzlichen Entscheidung im Kostenpunkt ist gemäß § 14 Abs 2 Z 2 AußStrG unzulässig.

Rückverweise