JudikaturOGH

8ObA222/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
31. August 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Langer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Edeltraut Haselmann und Alfred Klair in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Christine P*****, vertreten durch Dr.Walter Silbermayer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei K***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Georg Grießer und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 113.557,01 brutto abzüglich S 29.100,- netto sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15.Oktober 1993, GZ 33 Ra 92/93-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 5.November 1991, GZ 4 Cga 517/93-5, aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Da die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichtes zutreffend ist, genügt es, auf diese zu verweisen (§ 48 ASGG).

Zu den Rekursausführungen ist zur Klarstellung zu bemerken:

Die Rekurswerberin mißversteht die Ausführungen in der E Arb 10.787.

Ist ein Unternehmer in mehreren fachlich abgegrenzten Wirtschaftsbereichen tätig, kommt es darauf an, ob sich die unternehmerische Tätigkeit auch organisatorisch abgrenzen läßt. In diesem Fall kommt gemäß § 9 Abs 1 und 2 ArbVG der Grundsatz der Tarifvielfalt im Sinn der fachlichen Adäquanz der Kollektivverträge zum Tragen; ist eine solche organisatorische Abgrenzung nicht möglich, dann gilt gemäß § 9 Abs 3 und 4 ArbVG der Grundsatz der Tarifeinheit. Analoges gilt, wenn eine der unternehmerischen Tätigkeiten des Arbeitgebers einem Kollektivvertrag unterliegt, die andere jedoch nicht.

In dem der E Arb 10.787 zugrundeliegenden Fall (Sprachschule) fehlte eine organisatorische Abgrenzung, sodaß § 9 Abs 3 ArbVG analog angewendet wurde. Das hatte zur Folge, daß es auf die überwiegende wirtschaftliche Bedeutung ankam, die beim Sprachunterricht lag, für den mangels kollektivvertragsfähiger Körperschaft auf Arbeitsgeberseite kein Kollektivvertrag besteht; die fachliche Einheit zwischen den Sprachlehrern und den sonstigen Arbeitnehmern hatte zur Folge, daß für die Sprachschule insgesamt ein kollektivvertragsfreier Raum bestand und daher auch auf die wenigen sonstigen in der Sprachschule beschäftigten Arbeitnehmer kein Kollektivvertrag - in Frage gekommen wäre der Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs - Anwendung fand.

Bestehen hingegen, wie in dem der E ecolex 1994, 112 zugrundeliegenden Fall (Zeitungskolporteur) organisatorisch getrennte Betriebsabteilungen, ist der Kollektivvertrag, der für den einen Teil des Gewerbebetriebes gilt, nur auf die Arbeitsverhältnisse der dort tätigen Dienstnehmer, nicht jedoch auf die in einer anderen, organisatorisch getrennten Betriebsabteilung Tätigen anzuwenden; da für diese andere Betriebsabteilung (Kleinverkauf von periodischen Druckschriften) mangels kollektivvertragsfähiger Körperschaft auf Arbeitgeberseite kein Kollektivvertrag besteht, arbeiten alle dort Tätigen, insbesondere auch die Zeitungskolporteure, im kollektivvertragsfreien Raum.

Im vorliegenden Fall unterliegt der Hauptbetrieb der Fachgruppe Hotel- und Gastgewerbe und die dort Tätigen unterliegen dem Kollektivvertrag für das Hotel- und Gastgewerbe. Für Arbeitnehmer einer Reitschule besteht hingegen, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, mangels kollektivvertragsfähiger Körperschaft auf Arbeitgeberseite (Ausnahme von der Anwendung der Gewerbeordnung gemäß § 2 Abs 1 Z 12 GewO) kein Kollektivvertrag.

Das Berufungsgericht hat daher dem Erstgericht zu Recht die Prüfung aufgetragen, ob es sich bei der Reitschule der beklagten Partei um einen organisatorisch getrennten Nebenbetrieb im Sinn des § 9 Abs 2 ArbVG handelt, weil hievon abhängt, ob das Dienstverhältnis der Klägerin im kollektivvertragsfreien Raum lag oder nicht.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf den § 52 Abs 1 ZPO.

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