11Os89/94 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 30.August 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hager, Dr.Schindler, Dr.Holzweber und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Kriz als Schriftführer, in der Strafsache gegen Johann P***** und andere wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Berufungen der Angeklagten Johann P*****, Elke F***** und Markus Hermann K***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 19.April 1994, GZ 37 Vr 714/93-202, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Raunig, und der Verteidiger Dr.Lenzinger, Dr.Pilgerstorfer und Dr.Scheimpflug, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten, zu Recht erkannt:
Spruch
Gemäß § 290 Abs 1 StPO wird das angefochtene Urteil im Ausspruch über die Einweisung der Angeklagten Elke F***** in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 2 StGB aufgehoben und der darauf gerichtete Antrag der Staatsanwaltschaft vom 19.April 1994 abgewiesen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Johann P*****, Elke F***** und Markus K***** - im zweiten Rechtsgang abermals - des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Der Angeklagte Johann P***** wurde hiefür nach § 142 Abs 1 StGB zu drei Jahren Freiheitsstrafe, die Angeklagte Elke F***** nach §§ 28, 142 Abs 1 StGB - unter Einbeziehung des bereits im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruchs wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB - zu zwei Jahren Freiheitsstrafe, wobei das Schöffengericht auch ihre Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 2 StGB anordnete, und der Angeklagte Markus K***** - unter Einbeziehung der bereits im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüche wegen der Verbrechen der versuchten Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB und der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB sowie des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 3 WaffenG zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
Die von den Angeklagten gegen die angeführten Schuldsprüche erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden wurden mit Beschluß des Obersten Gerichtshofs vom 27.Juli 1994, GZ 11 Os 89/94-6, schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückgewiesen.
Dabei konnte sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugen, daß zum Nachteil der Angeklagten F***** das Strafgesetz unrichtig angewendet wurde, ohne daß dies von der Beschwerdeführerin geltend gemacht worden wäre (§ 290 Abs 1 StPO). Die deshalb erforderliche Maßnahme bewirkt, daß Gegenstand des Gerichtstages auch die Berufungen der (drei) Angeklagten sind. Die Anordnung der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 2 StGB ist nämlich insofern verfehlt, als sie - nach im ersten Rechtsgang lediglich zu Gunsten der Angeklagten ergriffenen (erfolgreichen) Rechtsmitteln - nunmehr über die im ersten Rechtsgang ausgesprochene Unrechtsfolge hinaus ausgesprochen wurde. Die Anordnung der Anstaltsunterbringung verstößt somit gegen das im § 293 Abs 3 (290 Abs 2) StPO verankerte Verschlimmerungsverbot und begründet deshalb Urteilsnichtigkeit nach der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO. Denn die - obgleich vor der Freiheitsstrafe zu vollziehende und auch auf diese anzurechnende (§ 24 Abs 1 StGB) - Maßnahme nach § 21 Abs 2 StGB ist gemäß § 25 Abs 1 StGB auf unbestimmte Zeit anzuordnen und könnte allenfalls auch über das Ende der zweijährigen Strafzeit hinaus vollzogen werden, sollte es ihr Zweck erfordern.
Die Anordnung der Unterbringung der Elke F***** gemäß § 21 Abs 2 StGB in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher war somit aus dem Urteil auszuschalten und der darauf gerichtete Antrag des öffentlichen Anklägers abzuweisen.
Die Berufungen, mit denen die Angeklagten jeweils eine Strafreduktion, die Angeklagte F***** überdies eine bedingte Strafnachsicht anstreben, sind nicht berechtigt.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht bei sämtlichen Angeklagten die einschlägigen Vorstrafen, den Einsatz massiver, lebensbedrohender Gewalt, die erheblichen Verletzungen des Raubopfers, bei P***** ferner den raschen Rückfall, bei F***** überdies das Zusammentreffen zweier Verbrechen und bei K***** das Zusammentreffen dreier Verbrechen mit einem Vergehen und seine führende Rolle beim Raub als erschwerend, als mildernd hingegen bei allen drei Angeklagten die objektive Schadensgutmachung, die bei F***** am stärksten ausgeprägte verminderte Zurechnungsfähigkeit, bei dieser Angeklagten ferner die zum Verbrechen der Verleumdung geständige Verantwortung und bei K***** überdies den Umstand, daß es in Ansehung des Verbrechens der Erpressung beim Versuch blieb, schließlich noch sein zum Vergehen nach dem Waffengesetz abgelegtes Geständnis.
Der Angeklagte P***** vermag weder mit der Behauptung, die Gewaltanwendung bei Durchführung des inkriminierten Raubes sei ausschließlich dem Angeklagten K***** zuzuordnen noch mit der Argumentation, seine "fast durchwegs nicht einschlägigen Vorstrafen" rechtfertigten nicht die Höhe der über ihn verhängten Freiheitsstrafe - auch unter dem Aspekt der bei der Strafbemessung gebotenen Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichtes Schwaz vom 1.März 1993, AZ U 57/93, mit welchem er wegen §§ 15, 127 StGB zu drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt wurde - hinreichende Grundlagen für die angestrebte Strafkorrektur aufzuzeigen. Denn abgesehen davon, daß auch der Angeklagte P***** selbst Gewalt ausübte (vgl 11 Os 89/94-6), ist sein Vorleben auch einschlägig erheblich getrübt. Das auf den unteren Bereich der gesetzlichen Strafdrohung beschränkte Ausmaß der ausgesprochenen Freiheitsstrafe trägt somit dem konkreten Straferfordernissen in angemessener Weise Rechnung.
Ein Eingehen auf die die Voraussetzungen der Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher bekämpfenden Berufungsausführungen der Angeklagten F***** erübrigte sich im Hinblick auf den kassatorischen Teil der Entscheidung. Auch unter Bedachtnahme auf das im Verhältnis der §§ 31, 40 StGB stehende Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 3.Februar 1994, AZ 26 Vr 1076/93, (mit dem F***** wegen des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 ((§§ 107 Abs 1 und Abs 2; 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4; 105 Abs 1)) StGB zu sieben Monaten Freiheitsstrafe verurteilt wurde) ist die über diese Angeklagte (aus deren verminderter Zurechnungsfähigkeit sich gleichzeitig die erhöhte Gefährlichkeit durch besondere Aggressivität ergibt) verhängte Freiheitsstrafe jedenfalls nicht überhöht.
Schließlich erweist sich auch die über den Angeklagten K***** verhängte Freiheitsstrafe - sämtlichen Berufungsargumenten zuwider - als tat- und tätergerecht. Von einer in den Grenzbereich zur Zurechnungsunfähigkeit reichenden Verfassung des Drittangeklagten K***** zur Tatzeit kann bei der gegebenen Sachlage keine Rede sein; dafür daß er sich der Zufügung eines größeren Schadens enthalten hat, obwohl ihm dazu die Gelegenheit offenstand, bieten die Verfahrensergebnisse keinen Anhaltspunkt. Der erstgerichtliche Strafausspruch entspricht somit auch beim Angeklagten K***** seiner personalen Täterschuld und dem Unwert der ihm zur Last liegenden Straftaten.
Den Berufungen war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.