JudikaturOGH

12Os83/94(12Os85/94) – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Juni 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Juni 1994 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schindler, Dr.Ebner, Dr.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Gründl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wolfgang G***** wegen des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7.April 1994, GZ 1 b Vr 151/94-46, sowie über die Beschwerde gegen den gleichzeitig mit diesem Urteil gefaßten Widerrufsbeschluß, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluß werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Wolfgang G***** wurde (A) des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB sowie der Vergehen (B) der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 1 StGB, (C) der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB, (D) der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB und (E) des Hausfriedensbruches (richtig:) nach § 109 Abs 3 Z 1 StGB schuldig erkannt.

Demnach hat er in Wien (A) am 4.Jänner 1994 versucht, an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen, indem er die Mietwohnung seiner Ehefrau Monika G***** durch Anzünden von Videokassetten und Bekleidungsstücken in Brand setzte; weiters am 15.Jänner 1994 (B) Karl G***** mit einem solchen Mittel und auf solche Weise am Körper verletzt, womit in der Regel Lebensgefahr verbunden ist, indem er ihm eine volle Bierflasche auf den Kopf schlug, sodann mit einer Scherbe der schlagbedingt zerbrochenen Flasche gegen die linke Halsseite des Angegriffenen einstach, wodurch dieser eine Schnittwunde an der linken Wange erlitt; (C) dabei überdies Alexander L*****, der durch einen Glassplitter eine Schnittwunde am linken Auge erlitt, fahrlässig am Körper verletzt; (E) den Eintritt in die Wohnstätte eines anderen mit Gewalt erzwungen, wobei er gegen den dort befindlichen Karl G***** Gewalt zu üben beabsichtigte, indem er die Eingangstüre zur Wohnung der Ingeborg H***** gewaltsam aufdrückte und (D) zwischen 4. und 15. Jänner 1994 Monika G***** durch die telefonische Äußerung: "Wenn ich aus dem Häfen kumm, seid ihr (gemeint sie und Karl G*****) hin", mit dem Tod gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Die dagegen undifferenziert aus § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 9 lit b StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Soweit die Mängelrüge (Z 5) überhaupt eine deutliche und bestimmte Bezeichnung (§ 285 a Z 2 StPO) jener Tatumstände, die formale Begründungsmängel bilden sollen, erkennen läßt, hält sie einer Überprüfung nicht stand.

Der psychiatrische Sachverständige verneinte in seinem Gutachten sowohl die medizinischen Voraussetzungen für die Annahme tataktueller Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) als auch die Kriterien voller Berauschung durch übermäßigen Alkohol- und Medikamentenkonsum (§ 287 Abs 1 StGB) und beurteilte alle dem Angeklagten vorgeworfenen Tathandlungen als Ausdruck einer neurotischen Persönlichkeitsstörung und Frustrationsintoleranz ohne Anhaltspunkte für eine persönlichkeitsinadäquate aggressive Entladung.

Inwieweit dieses Gutachten - wie die Beschwerde unsubstantiiert behauptet (Z 5) - zum Faktum A der Annahme vorsätzlichen Handelns widersprechen sollte und deshalb im Urteil eigens zu erörtern gewesen wäre, ist weder dem Beschwerdevorbringen zu entnehmen noch sonst einsichtig.

Auch der weitere Einwand (Z 5 a), der Schöffensenat wäre deshalb zur amtswegigen Vernehmung der zum Einsatzort gerufenen Polizeibeamten und Feuerwehrleute verpflichtet gewesen, weil diese Beweisaufnahme sowohl bei der Beurteilung des Brandgeschehens, als auch der subjektiven Tatseite "ein anderes Bild ergeben hätte", versagt. Weder die Beschwerdeargumentation, geschweige denn aktenkundige Verfahrensergebnisse lassen nämlich erkennen, welche Aufschlüsse über den polizeilichen Brandeinsatzbericht vom 4.Jänner 1994 (S 17 f) und das darauf gegründete - auch den zeitlichen Brandablauf berücksichtigende - Sachverständigengutachten (ON 27) hinaus die Tatrichter aus den reklamierten Vernehmungen hätten gewinnen können und inwieweit solcherart versäumte Beweisresultate zu einer entscheidenden Problematisierung der Annahme vorsätzlicher Brandlegung geeignet gewesen wären.

Als insgesamt nicht nachvollziehbar erweist sich die weitere Beschwerdebehauptung, daß die Vernehmung einsatzbefaßter Beamter auch Rückschlüsse auf die Glaubwürdigkeit der dem Familienverband des Angeklagten angehörigen Zeugen (zu den Fakten A bis E) zugelassen hätte; war doch der Angeklagte (zu B, C und E) im wesentlichen geständig, im übrigen aber (zu A) sein inkriminiertes Vorgehen dem Polizei- und Feuerwehreinsatz zeitlich vorgelagert.

Solcherart werden demnach in keinem Punkt schwerwiegende und unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung (§§ 3, 232 Abs 2, 254 StPO) zustande gekommene Mängel an der Sachverhaltsermittlung dargetan, die Anlaß zu (erheblichen) Bedenken gegen die entscheidenden Urteilsannahmen, vor allem zur subjektiven Tatseite, bieten könnten.

Soweit sich die Beschwerde unsubstantiiert auch auf den materiellen Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO stützt, ist ihr kein Vorbringen zu entnehmen, das deutlich und bestimmt (§ 285 a Z 2 StPO) erkennen ließe, in welcher Weise dem Erstgericht bei Beurteilung des unter Anklage gestellten Sachverhaltes ein Rechtsirrtum unterlaufen sein sollte. Sie ist in diesem Beschwerdepunkt demnach nicht gesetzmäßig ausgeführt und einer sachbezogenen Erwiderung somit unzugänglich.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§ 285 d Abs 1 iVm § 285 a Z 2 StPO) bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen.

Über die Berufung (gegen den Ausspruch über die Strafe und den - im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde bekämpften - Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche) sowie die Beschwerde gegen den gleichzeitig mit dem Urteil ergangenen Widerrufsbeschluß (§ 494 a Abs 1 Z 4, Abs 4 StPO) wird das zuständige Oberlandesgericht Wien zu befinden haben (§§ 285 i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet.

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