6Ob575/94 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Charlotte St*****, und 2. Isaak V*****, beide vertreten durch Dr.Roland Kassowitz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Slobodanka D*****, vertreten durch Dr.Gabriela Kaiser, Rechtsanwältin in Wien, wegen Räumung einer Mietwohnung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das zum Urteil des Bezirksgerichtes Hernals vom 18.Mai 1993, GZ 6 C 1175/92-9, ergangene Berufungsurteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 14.Dezember 1993, AZ 48 R 945/93(ON 16), in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird stattgegeben, das angefochtene Berufungsurteil aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht rückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Rechtsmittelverfahrens.
Text
Begründung:
Die beiden Kläger vermieteten die aus Zimmer und Küche bestehende Wohnung Nr.3a ihres Hauses der Beklagten auf ein Jahr ab dem 15.Juni 1991 mit der in der Mietvertragsurkunde festgehaltenen Abrede, daß das Mietverhältnis am 14.Juni 1992 ende, ohne daß es einer weiteren Aufkündigung bedürfte.
Mit der am Montag, dem 29.Juni 1992 bei Gericht eingelangten Klage begehrten die Kläger unter Berufung auf den Ablauf der einjährigen Vertragszeit die urteilsmäßige Verpflichtung der Beklagten zur Räumung der Wohnung.
Das Prozeßgericht erster Instanz erachtete die Voraussetzungen für eine stillschweigende Vertragsverlängerung im Sinne des § 569 ZPO als nicht erfüllt und gab dem Räumungsbegehren statt.
Das Berufungsgericht änderte dieses erstinstanzliche Urteil im Sinne einer Abweisung des Räumungsbegehrens ab. Dazu sprach es aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Das Berufungsgericht wertete die zur Setzung von Maßnahmen zwecks Hintanhaltung einer stillschweigenden Vertragsverlängerung gesetzlich festgelegte Frist des § 569 ZPO als materiellrechtliche Frist, die im Falle der Klagsführung nur durch ein Einlangen der Klage innerhalb der 14-tägigen Frist bei Gericht gewahrt würde; dies sei aber in dem zu beurteilenden Fall durch das erst am 15.Tag nach Ablauf der Vertragszeit erfolgte Einlangen der auf dem Postweg an das Gericht erster Instanz adressierten Klagsschrift nicht erfolgt.
Die klagenden Parteien rügen mit ihrer Revision vor allem, das Berufungsgericht hätte zu Unrecht die Regelung des § 903 Satz 3 ABGB unbeachtet gelassen.
Die Beklagte nahm in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung zu dieser Frage sachlich nicht Stellung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Wahrung der Rechtssicherheit zulässig; sie ist auch berechtigt:
Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend erkannt, daß das im Sinne des § 29 Abs 1 Z 3 Buchstabe c MRG befristete Mietverhältnis grundsätzlich einer Verlängerung im Sinne des § 1114 ABGB unterlag und die Vermieter zur Vermeidung einer derartigen Verlängerung innerhalb der im § 569 ZPO festgesetzten materiellrechtlichen 14-Tage-Frist die Klage auf Zurückstellung der Bestandsache, also die Räumungsklage, bei Gericht einzubringen hatten. Das Berufungsgericht übersah aber, daß die einjährige Vertragsdauer in dem zur Beurteilung vorliegenden Fall mit dem Ablauf des 14.Juni 1992, eines Sonntages, endete, das Ende der 14-tägigen Frist des § 569 ZPO demgemäß auf den Sonntag, dem 28.Juni 1992 gefallen wäre, so daß der Fristablauf im Sinne des § 903 Satz 3 ABGB, dessen Regelung mangels abweichender sondergesetzlicher Vorschrift auch auf gesetzliche Fristen anzuwenden ist, gehemmt wurde und erst mit dem Ende des folgendenWerktages eintrat.
Mit dem Einlangen der Räumungsklage am Montag, dem 29.Juni 1992, wurde die 14-tägige Frist des § 569 ZPO iVm § 1114 ABGB gewahrt. Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichtes trifft aus den dargelegten Gründen nicht zu.
Das Berufungsgericht wird sich daher mit den weiteren Ausführungen der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil, also der Rüge eines wesentlichen Verfahrensmangels, zu befassen haben.
Aus diesen Gründen war in Stattgebung der Revision das angefochtene Berufungsurteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung an das Gericht zweiter Instanz rückzuverweisen.
Der Kostenausspruch beruht auf § 52 ZPO.