7Ob535/94 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Iris B*****, vertreten durch DDr.Karl Robert Hiebl, Rechtsanwalt in Braunau, wider die beklagte Partei Ing.Helmut B*****, vertreten durch Dr.Manfred Denkmayr, Rechtsanwalt in Mauerkirchen, wegen Ehescheidung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Berufungsgericht vom 25.Mai 1993, GZ R 154/93-47, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Mauerkirchen vom 19.Jänner 1993, GZ 2 C 27/91-42, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung
1. den
Beschluß
gefaßt:
Die Revision wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, verworfen; und
2. zu Recht erkannt:
Spruch
Im übrigen wird der Revision Folge gegeben.
Die Urteile der Unterinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung lautet:
"Das Klagebegehren, die zwischen der klagenden Partei und der beklagten Partei am 18.Jänner 1986 vor dem Standesamt Mauerkirchen zu Beurkundungsnummer 1/86 geschlossene Ehe werde mit der Wirkung geschieden, daß sie mit Rechtskraft des Urteils aufgelöst sei; das Alleinverschulden an der Ehescheidung treffe den Beklagten; wird abgewiesen."
Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit S 65.157,44 (darin enthalten S 10.026,24 Umsatzsteuer und S 5.000,- Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit ihrer am 15.10.1991 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin die Scheidung der am 18.1.1986 mit dem Beklagten geschlossenen Ehe aus dessen alleinigem Verschulden. Es sei seit geraumer Zeit zu Schwierigkeiten gekommen, weil der Beklagte, dem die Klägerin hinsichtlich der Finanzgebarung vertraut habe, außerordentlich hohe Verbindlichkeiten eingegangen sei. In das gemeinsame Haus seien lediglich S 1,000.000 investiert worden. Der darüber hinausgehende Schuldenstand von 2,4 Mio S sei auf den Lebensstandard des Beklagten, auf dessen luxuriöse Autos und sonstige Anschaffungen zurückzuführen. Seit der Beklagte in Deutschland beschäftigt sei, hätten seine Besuche zu Hause ständig abgenommen. Der Beklagte habe der Klägerin über viele Dinge die Unwahrheit gesagt und ihr einmal erklärt, daß er in Spanien sei, obwohl er sich in Deutschland aufgehalten habe. Die Klägerin habe auch erfahren, daß der Beklagte bei einem seiner ehemaligen Dienstgeber entlassen worden sei, während der Beklagte ihr gegenüber die Beendigung des Dienstverhältnisses mit der mangelnden Verdienstmöglichkeit begründet habe.
In ihrem am 7.2.1992 eingelangten Schriftsatz machte die Klägerin als weitere Eheverfehlung geltend, daß sich der Beklagte in keiner Weise um die beiden gemeinsamen Kinder gekümmert habe. Er habe mit den Kindern nicht gespielt, sei mit ihnen nicht spazieren gegangen und habe keinerlei Aktivitäten unternommen.
Der Beklagte beantragte die Klagsabweisung und stellte hilfsweise ein Mitschuldantrag im Sinn des § 60 Abs 3 EheG. Er bestritt sämtliche Vorwürfe. Er überweise der Klägerin monatlich DM 6.500 zur Rückzahlung der anläßlich der Hausstandsgründung und aufgrund des gemeinsamen Lebensstandards entstandenen Schulden. Die Klägerin habe ihrerseits die unheilbare Zerrüttung der Ehe dadurch herbeigeführt, daß sie seinen Sohn aus erster Ehe nicht im Haus haben wolle, die gemeinsame Tochter bei ihren Eltern schlafen habe lassen, obwohl der Vater der Klägerin Alkoholiker sei, die Mutter der Klägerin bereits vormittags auf Besuch komme, die Klägerin seit der Geburt der zweiten Tochter keine intimen Beziehungen mehr dulde, dem Beklagten trotz seines angegriffenen Gesundheitszustandes keinen Beistand geleistet habe, gedroht habe, das Gerichtsurteil betreffend den ehemaligen Dienstgeber seinem nunmehrigen Dienstgeber zu zeigen, mit Scheidung gedroht habe, wenn der Beklagte die Mieterin im Haus der Klägerin nicht mit S 100.000 hinauszahle, aufgrund ihrer krankhaften Eifersucht oftmals in der Nacht Kontrollanrufe beim Beklagten in Deutschland getätigt habe und ihn in Deutschland kein einziges Mal besucht habe.
Die Klägerin bestritt dieses Vorbringen und führte unter anderem hiezu aus, daß der Beklagte lediglich DM 5.500 monatlich überweise.
Das Erstgericht gab der Klage statt und schied die Ehe aus dem alleinigen Verschulden des Beklagten. Es traf folgende Feststellungen:
Die Streitteile lernten einander ca zwei Monate vor der Eheschließung kennen. Aus der Ehe stammen die am 9.3.1987 geborene Tochter Patricia und die am 5.6.1990 geborene Margarete. Der Beklagte war bereits einmal verheiratet und hat einen Sohn aus seiner ersten, geschiedenen Ehe. Nach der Eheschließung übertrug die Klägerin den Hälfteanteil des bis dahin ihr allein gehörenden Hauses an den Beklagten. Dieses Haus diente als Ehewohnung. Die Streitteile nahmen daran in der Folge Renovierungsarbeiten vor, für die sie etwa S 1,000.000 veranschlagt hatten. Der Beklagte übernahm die Organisation der Finanzierung. Er sagte zur Klägerin, er habe alles durchkalkuliert, und es werde alles gut weiterlaufen. Er sei Rationalisierungsfachmann, rationalisiere größere Firmen und kenne sich in solchen Dingen aus. Der Beklagte regelte auch sämtliche Angelegenheiten bei der Bank. Die Klägerin vertraute dem Beklagten und kontrollierte ihn nicht. Sie leistete lediglich die erforderlichen Unterschriften bei der Bank. Sie wurde weder vom Bankbeamten noch vom Notar über die genauen rechtlichen Schritte und den Umfang der Rechtsgeschäfte belehrt. Den Buchberechtigten Franziska B***** und Maria B***** sagte der Beklagte lediglich, sie sollten auf ihre Rechte verzichten, weil dann der Wert des Hauses steige. Eine weitere Belehrung erfolgte nicht. Die Klägerin holte zwar des öfteren Kontoauszüge von der Bank ab oder übernahm solche von der Post und legte sie in eine Lade des Beklagten. Sie setzte sich damit jedoch nicht auseinander und war sich nicht im klaren darüber, ob mehrere Kreditkonten oder lediglich ein Kreditkonto bei der Volksbank M***** bestanden. Der Beklagte ließ die Klägerin über die gemeinsame finanzielle Situation zumindest bis Juni 1990 völlig im Unklaren. Er klärte sie über die einzelnen Kreditaufnahmen nicht auf, sondern bestärkte sie in ihrem Eindruck, daß die finanzielle Gebarung in Ordnung sei. Die Klägerin hatte sehr lange den Eindruck, daß ohnehin keine finanziellen Probleme bestünden. Als sich die Klägerin anläßlich der Geburt der zweiten Tochter im Juni 1990 im Krankenhaus befand, teilte ihr der Beklagte mit, daß man ihm die Scheckkarte, die Kreditkarte und die Schecks entzogen habe. Er sagte ihr auch, daß er sein Konto um ca S 500.000 überzogen habe. Die Klägerin suchte schließlich einen Angestellten der Volksbank M***** auf, der ihr den gesamten Schuldenstand mitteilte. Per 31.8.1992 hafteten bei der Volksbank M***** insgesamt S 3,655.842,35 aus. Diese Verbindlichkeiten wurden teilweise für die Renovierung des Hauses eingegangen, für die mindestens S 831.425,80 verbraucht wurden. Wofür die übrigen Verbindlichkeiten im einzelnen eingegangen wurden, kann nicht genau festgestellt werden. Der Beklagte trieb einen erhöhten Aufwand, schloß viele unüberlegte Geschäfte und kaufte oft unüberlegt ein. Da er über ein sehr gutes Einkommen verfügte, dachte die Klägerin nie daran, daß derartige Schulden entstehen könnten.
Der Beklagte beschäftigte sich nie richtig mit den Kindern. Er hob sie lediglich ein bißchen zu sich hoch. Ersuchte ihn die Klägerin, mit den Kindern ins Freie zu gehen, kam er nach drei Minuten ins Haus zurück. Am Wochenende beschäftigte er sich den ganzen Tag lang mit seinem Videorecorder. Gemeinsame Spaziergänge, die es ohnehin kaum gab, endeten bereits nach fünf Minuten. Wenn die Klägerin aus beruflichen oder privaten Gründen nicht auf die Kinder aufpassen konnte, wurden die Kinder auch dann zur Großmutter gebracht, wenn der Beklagte zu Hause war. Der Beklagte war nicht bereit, den Kindern das Essen zuzubereiten oder sie zu wickeln.
Der Beklagte arbeitet seit 1.1.1991 in E***** in Deutschland. Die Klägerin war hiemit einverstanden. Die Streitteile hatten vereinbart, daß die Klägerin weiterhin in Österreich bleiben und hier ihrer Arbeit nachgehen werde. Der Beklagte hat die Klägerin nie aufgefordert, zu ihm nach Deutschland zu ziehen. Die Ehe ist zumindest seit Beginn des Scheidungsverfahrens zerrüttet.
Die vom Beklagten gegen die Klägerin erhobenen Vorwürfe sah das Erstgericht als nicht erwiesen an. Es stellte vielmehr fest, daß der Beklagte selbst erklärte, daß die Sache mit seinem Sohn aus erster Ehe abgeschlossen sei, daß er mit den Aufenthalten der Kinder bei den mütterlichen Großeltern jeweils einverstanden gewesen sei, daß er keinen Einwand gegen die Besuche der Schwiegermutter hatte, daß das Sexualleben der Streitteile auch nach der Geburt der jüngeren Tochter normal verlaufen sei und daß sich die Klägerin um den Beklagten während dessen Erkrankung intensiv gekümmert habe.
Das Erstgericht lastete dem Beklagten als schwere Eheverfehlungen an, daß er der Klägerin die kritische wirtschaftliche Situation verschleiert habe, sie nie dahin aufgeklärt habe, welche Verbindlichkeiten tatsächlich eingegangen worden seien, und daß er sich an der Betreuung und Erziehung der Kinder trotz der Berufstätigkeit der Klägerin nicht beteiligt habe. Hingegen seien keine Eheverfehlungen der Klägerin erweislich gewesen.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei. Dem Einwand des Beklagten, daß die ihm angelasteten Scheidungsgründe bei Klagseinbringung verjährt gewesen seien, sei entgegenzuhalten, daß das fortgesetzte ehewidrige Verhalten als Einheit aufzufassen und daher auf die letzte Handlung abzustellen sei. Daß die Klägerin über das volle Ausmaß der Schulden bereits im Juni 1990 Bescheid gewußt habe, lasse sich aus den erstgerichtlichen Feststellungen nicht ableiten. Zumindest aber sei dem Beklagten als schwere Eheverfehlung vorzuwerfen, daß er die Klägerin bei der Betreuung und Erziehung der Kinder völlig allein gelassen habe.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist zulässig und aus materiellrechtlichen Erwägungen berechtigt.
Zunächst war jedoch die geltend gemachte Nichtigkeit zu prüfen.
Die Revision führt aus, daß der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO vorliege, weil die Begründung des Urteiles zweiter Instanz widersprüchlich sei, sich mit der Argumentation der Berufung nicht auseinandersetze und überhaupt keine hinreichende rechtliche Begründung dazu enthalte, worin der Schuldvorwurf gegen den Beklagten liege und warum die von der Klägerin geltend gemachten Scheidungsgründe nicht verjährt seien.
Nach ständiger Rechtsprechung bewirkt nur ein Widerspruch im Spruch selbst, nicht aber auch in den Entscheidungsgründen eine Nichtigkeit des Urteiles. Weiters liegt weder eine Nichtigkeit vor, wenn das Urteil mangelhaft begründet ist, noch wenn es eine rechtliche Begründung zu einzelnen Fragen vermissen läßt. Nur dann, wenn das Urteil überhaupt keine Gründe oder eine dem Fehlen von Gründen gleichkommende, formelhafte Scheinbegründung oder eine weitgehend unverständliche Begründung enthält, greift die Nichtigkeitssanktion des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO Platz. Da aus dem angefochtenen Urteil eindeutig hervorgeht, wie das Gericht zweiter Instanz entscheiden wollte und warum es so entschieden hat, kann von einer Nichtigkeit keine Rede sein. Insoweit war die Revision daher zu verwerfen.
Die weiter geltend gemachten Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit und der Aktenwidrigkeit liegen nicht bzw nicht im entscheidenden Bereich vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die Rechtsrüge ist jedoch berechtigt.
Gemäß § 57 Abs 1 EheG erlischt das Recht auf Scheidung, wenn der Ehegatte nicht binnen sechs Monaten die Klage erhebt. Die Frist beginnt mit der Kenntnis des Scheidungsgrundes. Sie läuft nicht, solange die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist. Fordert der schuldige Ehegatte den anderen auf, die Gemeinschaft herzustellen oder die Klage auf Scheidung zu erheben, so läuft die Frist vom Empfang der Aufforderung an. Gemäß § 57 Abs 4 EheG iVm § 40 Abs 3 EheG ist der Lauf der Frist gehemmt, solange der klageberechtigte Ehegatte innerhalb der letzten sechs Monate der Klagefrist durch einen unabwendbaren Zufall an der Erhebung der Klage gehindert ist.
Nach den erstgerichtlichen Feststellungen hält sich der Beklagte im beiderseitigen Einvernehmen seit 1.1.1991 berufsbedingt überwiegend in Deutschland auf, während die Klägerin ebenfalls im beiderseitigen Einvernehmen in Österreich verblieb. Daß seitdem die häusliche Gemeinschaft aufgehoben sei, läßt sich weder den Parteibehauptungen noch den Feststellungen entnehmen. Eine berufsbedingte Trennung ist noch nicht der Aufhebung der Hausgemeinschaft im Sinn des § 57 Abs 1 EheG gleichzusetzen. Die häusliche Gemeinschaft kann in einem solchen Fall erst zu dem Zeitpunkt als aufgelöst angesehen werden, zu dem von einem Ehegatten eine Wiedervereinigung nicht mehr beabsichtigt war und der Trennungswille dem anderen Ehegatten erkennbar wurde (5 Ob 312/71). Dieser Zeitpunkt kann keinesfalls vor August 1991 gelegen sein. Dies ergibt sich aus der Feststellung des Erstgerichtes, daß die Klägerin damals (erstmals) den ehelichen Verkehr ablehnte. Der Beklagte mußte daher damals auf Besuch bei seiner Familie in Österreich gewesen sein. Aus den Feststellungen läßt sich auch ableiten, daß zwischen den Eheleuten zumindest bis August 1991 nach wie vor - wenn auch immer spärlicher werdender - Kontakt bestand und die Zerrüttung der Ehe erst im Lauf der Zeit eintrat und vor Oktober 1991 nicht erweislich ist. Daß der Hemmungsgrund des § 40 Abs 3 EheG eingetreten wäre, wurde nicht einmal behauptet.
Da die Klägerin mit der Übersiedlung des Beklagten nach E***** einverstanden war, mußte ihr auch klar sein, daß er sich, selbst wenn er wollte, zumindest ab diesem Zeitpunkt praktisch nicht mehr an der Betreuung und Erziehung der Kinder unmittelbar beteiligen konnte und diese Last allein auf ihr liegen werde. Es lag auf der Hand, daß die Wochenendbesuche des Beklagten bei seiner Familie, die durch die lange Fahrzeit noch verkürzt wurden, nicht dazu dienen würden, die Klägerin bei der Kinderbetreuung zu entlasten. Es kann dem Beklagten nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß er Besuche in seiner Heimat nicht in der Weise gestaltete, daß die Klägerin gerade zu dieser Zeit ihren eigenen beruflichen und privaten Interessen - unbelastet von den Kindern - nachgehen hätte können.
Im übrigen reichen die erstgerichtlichen Feststellungen nicht hin, um dem Beklagten selbst für die Zeit vor seiner berufsbedingten Abwesenheit von seiner Familie eine schwere, in der Vernachlässigung seiner Kinder liegende Eheverfehlung vorzuwerfen. Daß das Desinteresse des Beklagten an häuslichen, mit dem Aufziehen von Kindern verbundenen Tätigkeiten zu maßgebenden Beeinträchtigungen ihrer körperlichen oder seelischen Entwicklung geführt hätte, ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Das festgestellte Verhalten des Beklagten gegenüber seinen Kindern entsprach offenbar der von der Klägerin zwar vielleicht als ärgerlich empfundenen, letztlich aber wohl tolerierten und durch die Miteinbeziehung ihrer Eltern geförderten Aufteilung der Aufgabenbereiche der Eheleute untereinander (§ 91 EheG), wie sie auch in vielen anderen Ehen insbesondere dann üblich ist, wenn die Frau entweder gar nicht berufstätig oder doch durch die Berufstätigkeit zeitlich weniger gebunden ist als der Mann. Selbst wenn dem nicht so sein sollte und die Klägerin die mangelnde Bereitschaft des Beklagten, an der Betreuung und Beaufsichtigung der Kinder aktiv mitzuwirken, als ehezerstörend empfunden haben sollte, kann jedoch dem Beklagten nicht vorgeworfen werden, dieses Verhalten aus eigenem Verschulden und ohne Billigung der Klägerin auch nach dem 1.1.1991 fortgesetzt zu haben. Ein allenfalls vor dem 1.1.1991 in diesem Sinn gesetzter Scheidungsgrund des Beklagten wäre jedoch, als er geltend gemacht wurde, im Sinn des § 57 EheG längst verfristet gewesen.
Die räumliche Trennung der Eheleute bildet aber auch hinsichtlich der anderen, dem Beklagten von den Untergerichten zur Last gelegten Eheverfehlung eine wichtige Zäsur. Wie die Klägerin selbst einräumte, überwies ihr der Beklagte seit seiner Berufstätigkeit in Deutschland (mindestens) DM 5.500 monatlich. Dieser Umstand macht deutlich, daß er seit Jänner 1991 bemüht war, keine weiteren Verbindlichkeiten zu Lasten der Klägerin einzugehen und die Finanzgebarung weitgehend der Klägerin selbst zu überlassen. Daß der Beklagte seither dennoch einen verschwenderischen, die ganze Familie ins Unglück stürzenden Lebensstil gepflogen hätte, ist unter diesen Umständen nahezu ausgeschlossen.
Aus den Feststellungen des Erstgerichtes geht nicht exakt hervor, wann die Klägerin vom vollen Ausmaß der offenen Verbindlichkeiten bei der Volksbank M***** erfuhr. Selbst wenn dies erst am 31.8.1991 (im Ersturteil wohl irrtümlich: 31.8.1992), also knapp vor Einbringung der Scheidungsklage, der Fall gewesen sein sollte, mußte ihr die dramatische finanzielle Lage aber spätestens in dem Zeitpunkt bewußt geworden sein, als ihr der Beklagte von der Einziehung seiner Schecks, seiner Scheckkarte und seiner Kreditkarte und von der Überziehung seines Kontos um S 500.000 Mitteilung machte. Das ungefähre Ausmaß jener Kredite, zu deren Besicherung die gemeinsame Liegenschaft diente, mußte der Klägerin aufgrund der Tatsache, daß sie die Pfandbestellungsurkunden als Pfandbestellerin jeweils mitunterschreiben mußte, ohnehin bekannt sein. Sollte sie sich bei der Unterfertigung der betreffenden Urkunden nicht einmal die Betragshöhe angesehen haben, wäre dies der eigenen Sorglosigkeit der Klägerin in Geldangelegenheiten zuzuschreiben. Auf eine mangelnde Beratung oder Aufklärung kann sie sich zumindest insoweit nicht berufen, weil selbst von einer in geschäftlichen Dingen völlig unerfahrenen Person ein gewisses Mindestmaß an Verständnis von Kredit- und Pfandbestellungsurkunden zu erwarten ist. Zudem nahm sie ja selbst am aufwendigen Lebensstil teil und wußte von den teuren Anschaffungen des Beklagten. Selbst wenn es dem Beklagten gelungen sein sollte, sie dennoch in Sicherheit zu wiegen, daß er all diesen finanziellen Belastungen infolge seines Einkommens gewachsen sei, mußte ihr diese Illusion spätestens durch seine Mitteilung über den Einzug seiner Scheckkarte usw zerstört worden sein. Ab nun war jeder Grund zur Annahme weggefallen, daß ohnehin keine finanziellen Probleme bestünden. Auf die Kenntnis des ziffernmäßig aushaftenden Betrages kann es hiebei nicht ankommen. Insoweit der Beklagte daher überhaupt ohne Wissen und Zustimmung der Klägerin den behaupteten verschwenderischen Lebensstil pflegte und die Familie in nicht mehr zu verkraftende Schulden stürzte, mußte der Klägerin dieses Verhalten spätestens im Juni 1990 offenkundig werden. Da dem Beklagten ein solches Verhalten spätestens ab 1.1.1991 aber nicht mehr anzulasten ist, ist auch dieser (allfällige) Scheidungsgrund bei Klagseinbringung bereits verjährt gewesen.
Sonstige schwere Eheverfehlungen des Beklagten, die er innerhalb der letzten sechs Monate vor Einbringung der Scheidungsklage gesetzt hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Daß er der Klägerin in dieser Zeit einmal am Telefon eine unwahre Auskunft über seinen Aufenthaltsort erteilte, kann insbesondere im Hinblick darauf, daß eine dahinterstehende Absicht, die Klägerin über seinen Lebenswandel nachhaltig zu täuschen, nicht festgestellt wurde, nicht als grober, die Ehe zerstörender Vertrauensbruch gewertet werden.
Die Scheidungsklage war daher mangels aktueller schwerer Eheverfehlungen des Beklagten trotz der festgestellten unheilbaren Zerrüttung der Ehe in Abänderung der Entscheidungen der Unterinstanzen abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten erster Instanz gründet sich auf § 41 ZPO, jene über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf die §§ 41 und 50 ZPO.