3Ob143/93 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst, Dr. Graf, Dr. Gerstenecker und Dr. Pimmer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marion G*****, ***** vertreten durch Dr. Gernot Starha, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei C*****-Bank*****, ***** vertreten durch Dr. Harald Beck, Dr. Klaus Dörnhöfer, Rechtsanwälte in Eisenstadt, wegen Unzulässigkeit einer Exekution, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgerichtes vom 17. Februar 1993, GZ R 80/93-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 22. November 1992, GZ 7 C 20/92v-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.094 (darin S 849 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist bücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** KG P*****. Das Landesgericht Eisenstadt als Titelgericht bewilligte mit Beschluß vom 3. Juni 1992 der beklagten Partei die Exekution zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von S 100.000 sA durch Pfändung der der verpflichteten Partei Herbert K***** gegenüber der Klägerin zukommenden Treugeberrechte hinsichtlich dieser Liegenschaft. Der Klägerin als Drittschuldnerin wurde verboten, über die von der Treuhandschaft betroffene Liegenschaft weitere Verfügungen zu treffen, insbesondere diese zu veräußern, zu belasten oder einem Dritten sonstige Rechte daran einzuräumen.
In der am 3. September 1992 beim Erstgericht eingebrachten Exszindierungsklage begehrte die Klägerin den Urteilsspruch, die genannte Exekution sei unzulässig. Sie brachte vor, es bestehe zwischen ihr und der dort verpflichteten Partei kein Treuhandverhältnis über die Liegenschaft. Sie sei damit nicht Drittschuldnerin im genannten Exekutionsverfahren, sondern in ihrem freien Eigentum beeinträchtigt.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, die Klägerin sei durch die von ihr bekämpfte Exekutionsmaßnahme in keiner Weise berührt, wenn tatsächlich kein Treuhandverhältnis zwischen ihr und dem Verpflichteten vorliegen sollte. Erst wenn die beklagte Partei im Rahmen der Verwertung der behaupteten Treugeberrechte gerichtlich gegen die Drittschuldnerin vorgehen sollte, wäre die Klägerin zu gerichtlichen Abwehrmaßnahmen berechtigt.
Die Vorinstanzen erkannten im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens.
Das Erstgericht vertrat die Auffassung, die Pfändung eines dem Verpflichteten auf Grund eines Treuhandverhältnisses zustehenden Anspruchs sei zulässig, durch die Zustellung des Drittverbotes sei die Klägerin als Drittschuldnerin anzusehen. In ihre Rechte werde aber nur dann eingegriffen, wenn die in Exekution gezogene Forderung (des Verpflichteten) auch tatsächlich bestehe.
Das Gericht zweiter Instanz äußerte folgende Rechtsansicht:
Bei einer Exekutionsführung gemäß § 331 EO werde die Drittschuldnereigenschaft mit dem Zeitpunkt der Zustellung des Drittverbotes begründet. Der Bestand der gepfändeten Forderung werde im Exekutionsbewilligungsverfahren nicht geprüft. Ergebe sich im darauffolgenden Vollzugsverfahren (Verwertungsverfahren), daß die Forderung zur Zeit der Pfändung nicht bestanden habe, so sei die Pfändung wirkungslos. Mit ihrem Einwand, es bestehe zwischen ihr und dem Verpflichteten des Exekutionsverfahrens kein Treuhandverhältnis, könne die Klägerin nicht Widerspruch gemäß § 37 EO erheben, auch stünde ihr aus diesem Grunde kein Rekursrecht zu, vielmehr könne sie entweder eine Feststellungsklage erheben, daß dem Verpflichteten das in Frage kommende Recht gegen sie nicht zustehe, oder die Klage des betreibenden Gläubigers, dem die Forderung überwiesen worden sei, abwarten. Bei einem Treuhandverhältnis bleibe die Sache oder Forderung wirtschaftlich im Vermögen des Treugebers, der auch einen obligatorischen Herausgabeanspruch gegen den Treuhänder habe. Daher könnte der Treugeber exszindieren, wenn Gläubiger des Treuhänders in das Treugut Vollstreckung führten. Umgekehrt könne der Treuhänder nicht exszindieren, wenn bei ihm Gläubiger des Treugebers in das Treugut vollstrecken. Er hätte lediglich die Möglichkeit einer Beschwerde gemäß § 68 EO. Die Klägerin sei nach dem Inhalt der Exekutionsbewilligung in ihrem Eigentum nicht beschränkt, weil ihr dadurch nur jede Verfügung über die von der Treuhand betroffene Liegenschaft verboten worden sei. Eine Pfändung dieser Rechte aus dem Treuhandverhältnis könne daher nur im Rahmen eines bestehenden Rechtsverhältnisses erfolgt sein. Bestehe ein solches nicht, habe auch nichts gepfändet werden können. Einen Verwertungsantrag im Sinne des § 332 EO habe die betreibende Partei im Exekutionsverfahren noch nicht gestellt. Im übrigen sprach das Berufungsgericht aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und die ordentliche Revision gegen seine Entscheidung zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Urteil der zweiten Instanz erhobene Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt.
Der beklagten Partei wurde zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Geldforderung Exekution durch Pfändung der dem Verpflichteten (angeblich) gegenüber der Beklagten als Treunehmerin (Treuhänderin) zukommenden Treugeberrechte hinsichtlich der Liegenschaft EZ ***** KG P***** bewilligt; zugleich wurde an den Verpflichteten das Gebot erlassen, sich jeder Verfügung im Rahmen seiner Treugeberrechte hinsichtlich dieser Liegenschaft zu enthalten, und der Beklagten als "Drittschuldnerin" verboten, über die von der Treuhandschaft betroffene Liegenschaft weitere Verfügungen zu treffen, insbesondere diese zu veräußern, zu belasten oder einem Dritten sonstige Rechte daran einzuräumen. Damit führt die beklagte Partei Exekution wegen Geldforderungen auf "andere Vermögensrechte" des Verpflichteten im Sinne des § 331 EO, und die Beklagte ist nach der Exekutionsbewilligung die aus dem gepfändeten Vermögensrecht "Treuhandschaft betreffend diese Liegenschaft" als Treuhänderin mit einem Verfügungsverbot belegte Drittschuldnerin. Indem sie nun mit der Klage nach § 37 EO den Bestand des behaupteten und "gepfändeten" Treuhandverhältnisses bestreitet und damit zugleich ihr unbeschränktes Vollrecht als Eigentümerin dieser Liegenschaft behauptet, erhebt sie allerdings nicht selbst einen Anspruch auf das gepfändete Vermögensrecht "Treuhandschaft", sondern behauptet lediglich die Freiheit ihres Eigentumsrechtes vom Treuhandverhältnis. Mit dieser Rechtsbehauptung kann sie als am Exekutionsverfahren als Drittschuldnerin Beteiligte aber nicht Widerspruch(sklage) nach § 37 EO erheben, sondern im Sinne der zutreffenden Ausführungen der Vorinstanzen allenfalls beim allgemeinen Gerichtsstand die Klage auf Feststellung erheben, daß dem Verpflichteten das behauptete Vermögensrecht gegen sie nicht zustehe, oder die Klage des betreibenden Gläubigers, dem die Forderung überwiesen wurde, abwarten und dort ihre Sacheinwendungen erheben (Heller-Berger-Stix 476; Holzhammer, Österr. Zwangsvollstreckungsrecht4 168; vgl. GlUNF 4044). Nach der Aktenlage hat die beklagte Partei einen Verwertungsantrag im Sinne des § 331 Abs 2 EO nicht gestellt, sodaß derzeit - unabhängig vom Bestand oder Nichtbestand des behaupteten gepfändeten Vermögensrechtes - den Rechten der Klägerin an ihrer Liegenschaft kein Abbruch geschieht, weil sich das ihr auferlegte Verfügungsverbot nur auf ihre - von der beklagten als betreibende Partei behauptete und gepfändete, von ihr aber in Abrede gestellte - Rechtsposition als Treuhänderin bezieht. Die Exekution auf das nach ihrer Behauptung nicht bestehende Vermögensrecht "Treuhandschaft für den Verpflichteten bezüglich der fraglichen Liegenschaft" greift somit in ihr freies Eigentumsrecht an dieser Liegenschaft nicht in der gemäß § 37 EO geforderten unzulässigen Weise ein.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.