JudikaturOGH

14Os21/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. März 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.März 1994 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Rouschal, Dr.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Obergmeiner als Schriftführerin, in der Auslieferungssache betreffend Istvan R*****, AZ 25 d Vr 12.205/93 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 3.Jänner 1994, AZ 24 Ns 682/93 (= ON 9), nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Jerabek, jedoch in Abwesenheit des Verfolgten und seiner Verteidigerin zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 3.Jänner 1994, AZ 24 Ns 682/93 (= ON 9), verletzt das Gesetz in den Bestimmungen des § 133 Abs. 2 StGB und des Art. 2 Abs. 1 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens, BGBl. 1969/320.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

In der oben bezeichneten Auslieferungssache hat das Oberlandesgericht Wien mit Beschluß vom 3.Jänner 1994, AZ 24 Ns 682/93 (= ON 9), die mit Note des Justizministeriums der Republik Ungarn vom 24.Mai 1993, Zl. 38.367/1993 IM VI/1, begehrte Auslieferung des am 13.Jänner 1956 geborenen ungarischen Staatsangehörigen Istvan R***** zur Strafverfolgung wegen der im Haftbefehl des Stadtgerichtes Veszprem vom 13.Mai 1993, Zl. 8.B. 787/1993/2, beschriebenen Straftaten für unzulässig erklärt. In diesem Haftbefehl wird Istvan R***** angelastet, in mehrfachen Angriffen ihm anvertraute Geldbeträge veruntreut zu haben, und zwar im April 1989 40.000 Forint und im Juli 1990 125.000 Forint. Nach Auffassung des Oberlandesgerichtes Wien läge keine gemäß Art. 2 Abs. 1 EALÜbk auslieferungsfähige strafbare Handlung vor, weil die dem Istvan R***** angelasteten Straftaten angesichts eines Schadensbetrages von insgesamt umgerechnet etwa 21.000 S nur als das mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bedrohte Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 StGB zu beurteilen seien, während auslieferungsfähig nur solche strafbaren Handlungen wären, welche nach dem Recht des ersuchenden und ersuchten Staates jeweils mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens einem Jahr oder mit einer strengeren Strafe bedroht sind.

Der Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien ist - wie der Generalprokurator in seiner deshalb zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt - verfehlt, geht doch der Gerichtshof ersichtlich (vgl. S 3 verso) von einem Umrechnungskurs zum Zeitpunkt seiner Entscheidung aus, wobei zudem nicht zu erkennen ist, ob der (in der Regel differierende) Wechselkurs in Österreich oder in Ungarn zugrunde gelegt wurde. Rechtsrichtig wäre der zum Tatzeitpunkt maßgebliche (amtliche) Wechselkurs am Tatort zu berücksichtigen gewesen (vgl. Leukauf-Steininger Komm.3 § 128 RN 29), der laut den in der "Wiener Zeitung" abgedruckten Richtkursen/Devisen Budapest für 100 Forint im April 1989 etwa 21 S und im Juli 1990 17,25 S betragen hat. Der aus diesen Wechselkursen resultierende Schadensbetrag von ca. 30.000 S führt aber zur rechtlichen Beurteilung des dem Istvan R***** zur Last liegenden Sachverhaltes als das mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bedrohte Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs. 2 (erster Fall) StGB.

Die vom Generalprokurator geltend gemachte Gesetzesverletzung betrifft daher in erster Linie die Bestimmung des § 133 Abs. 2 StGB und damit (erst) mittelbar jene des Art. 2 Abs. 1 EALÜbk. Die Bestimmung des § 11 Abs. 1 ARHG wurde hingegen nicht verletzt, weil sie nicht zur Anwendung gekommen ist (§ 1 ARHG). Die verfehlte Entscheidung des Oberlandesgerichtes hat sich jedenfalls nicht zum Nachteil des - nach den gepflogenen Erhebungen übrigens am 13. Dezember 1993 bereits nach Ungarn abgeschobenen - Istvan R***** ausgewirkt, weshalb es mit der Feststellung der Gesetzesverletzungen sein Bewenden haben muße (§ 292 letzter Satz StPO).

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