9ObA602/93 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Heinrich Matzke und Mag.Wilhelm Patzold als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache des Antragstellers Österreichischer Gewerkschaftsbund für die Gewerkschaft öffentlicher Dienst, Teinfaltstraße 7, 1010 Wien, vertreten durch Dr.Andre Alvarado-Dupuy, stv.Zentralsekretär, ebendort, wider die Antragsgegnerin Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17 - 19, 1011 Wien, über den vom Antragsteller gemäß § 54 Abs 2 ASGG gestellten Antrag auf Feststellung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
In einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur Antragsgegnerin stehende Arbeitnehmer österreichischer Staatsbürgerschaft, die für eine Verwendung an einer Auslandsdienststelle des Bundes oder bei einer Körperschaft öffentlichen Rechts im Sinne des § 1 Abs 2 VBG 1948 im Ausland aufgenommen wurden, unterliegen ex lege den Regelungen des Vertragsbedienstetengesetzes 1948, sofern es sich nicht um Personen handelt, die ausschließlich für eine Tätigkeit im Ausland aufgenommen wurden, die ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen im Ausland haben und mit denen nach dem 31. 12. 1992 ein Dienstvertrag nach dem für den Dienstort maßgebenden ausländischen Recht abgeschlossen wurde.
Text
Begründung:
Der Antragsteller stellte gemäß § 54 Abs 2 ASGG den Antrag, festzustellen, daß in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur Antragsgegnerin stehende Arbeitnehmer österreichischer Staatsbürgerschaft, die für eine Verwendung an einer Auslandsdienststelle des Bundes oder bei einer Körperschaft öffentlichen Rechts im Sinne des § 1 Abs 2 VBG 1948 im Ausland aufgenommen wurden, ex lege den Regelungen des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 unterliegen.
Dazu brachte der Antragsteller vor, daß die Antragsgegnerin bei der Aufnahme von Personal im Ausland österreichische Staatsbürger infolge der gegebenen Nahebeziehung zur Heimat bevorzuge. Zwischen den Parteien sei strittig geworden, ob der im Antrag bezeichnete Personenkreis (die sogenannten "Sur-place-Kräfte" mit österreichischer Staatsbürgerschaft) den Bestimmungen des VBG 1948 unterliege. Die Antragsgegnerin vertrete zu Unrecht eine vom Inhalt des Antrages abweichende Rechtsmeinung. Der Kreis der vom VBG 1948 erfaßten Dienstverhältnisse werde durch § 1 dieses Gesetzes umschrieben; je nach der geltenden Gesetzeslage seien verschiedene Zeiträume zu unterscheiden:
1.) In seiner Stammfassung habe das VBG keinerlei Ausnahmsregelungen für die Auslandsdienststellen enthalten, so daß davon auszugehen sei, daß es auf alle Dienstnehmer der Antragsgegnerin und daher auch die Sur-place-Kräfte anzuwenden gewesen sei, zumal in § 3 Abs 1 lit a vorgesehen gewesen sei, daß für diesen Personenkreis das Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft entfallen könne. Durch die Regelung des § 3 Abs 1 lit a bzw später des § 3 Abs 2 erster Satz idF vor der 21.VBG-Novelle sei klar zum Ausdruck gekommen, daß für diese Personen nicht das internationale Privatrecht Anwendung zu finden habe, sondern das VBG 1948 gelten solle. Alle Sur-place-Kräfte seien daher den Bestimmungen des VBG 1948 unterlegen
2.) Durch Art I Z 1 der 21.VBG-Novelle, BGBl 1973/319 wurde in den Katalog der Ansnahmeregelungen § 1 Abs 3 lit l (heute lit j) neu aufgenommen. Demnach habe das VBG auf Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind und bei einer im Ausland gelegenen Dienststelle des Bundes verwendet werden, keine Anwendung zu finden. Die Gesetzesmaterialien brächten deutlich zum Ausdruck, daß Sur-place-Kräfte österreichischer Staatsbürgerschaft nicht vom Anwendungsbereich des VBG ausgenommen werden sollten. Auch auf Dienstverhältnisse österreichischer Staatsbürger, die nach Inkrafttreten der 21.VBG-Novelle als Sur-place-Kräfte aufgenommen worden seien, sei daher ex lege das VBG 1948 anzuwenden; da das Gesetz keine Rückwirkungsbestimmung enthalte, sei das maßgebliche Recht nach der zur Zeit des Abschlusses des Dienstvertrages geltenden Rechtslage zu beurteilen.
3.) Das IPRG sei nur kurze Zeit nach dieser Novelle in Kraft getreten und danach sei im Zug einer Novellierung des VBG die Sonderregelung für die Sur-place-Kräfte dadurch in ihrem Rechtsbestand bestätigt worden, daß sie im Rahmen einer Neugliederung der Ausnahmstatbestände eine neue Zuordnung erfahren habe (Umbenennung der bisherigen lit l in lit j). Daraus ergebe sich, daß das IPRG dem VBG 1948 nicht derogiert habe, sondern dieses als lex specialis über das Inkrafttreten des IPRG weiter in Geltung gestanden sei. Dies bedeute auch keinen Widerspruch zum IPRG, zumal für österreichische Staatsbürger die stärkste Beziehung (§ 1 Abs 1 IPRG) zum österreichischen Recht bestehe.
4.) Mit einer weiteren Novelle zum VBG, BGBl 1992/873, sei eine weitere Ausnahmeregelung für privatrechtliche Dienstverhältnisse zum Bund mit Auslandsbezug geschaffen worden. Danach ist das VBG 1948 auf Personen, die ausschließlich für eine Tätigkeit im Ausland aufgenommen werden und ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen im Ausland haben, nicht anzuwenden, wenn mit ihnen Dienstverträge nach dem für den Dienstort maßgebenden ausländischen Recht abgeschlossen werden (§ 1 Abs 3 lit k VBG 1948). Aus der Weitergeltung des § 1 Abs 3 lit j VBG ergebe sich, daß diese Neuregelung auf die hier in Frage stehenden Dienstverhältnisse der Sur-place-Kräfte mit österreichischer Staatsbürgerschaft nicht anzuwenden sei, sondern die lit k einen anderen Pesonenkreis erfassen solle. Sie sei nur auf Dienstnehmer anzuwenden, die ohne Zuordnung zu Auslandsdienststellen ihre Tätigkeit für die Republik Österreich im Ausland verrichten, etwa bei internationalen Organisationen, bei Tagungen oder Konferenzen, oder in internationalen Kommissionen und im Ausland aufgenommen werden. Selbst wenn aber die Regelung der neuen lit k auf die Dienstverhältnisse von Sur-place-Kräften österreichischer Staatsbürgerschaft anzuwenden wäre, könnte dies frühestens auf Sachverhalte bezogen werden, die sich nach dem 1. 1. 1993 ereigneten.
Der Antrag beziehe sich auf Personen, die bereits bei Begründung des Dienstverhältnisses österreichische Staatsbürger gewesen seien und erstrecke sich auch auf Doppelstaatsbürger, wobei der Begriff des privatrechtlichen Dienstverhältnisses im Sinne der österreichischen Arbeitsrechtsordnung zu verstehen sei. Nicht beziehe sich der Feststellungsantrag auf Personen, hinsichtlich derer ein Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 3 bis 5 Anwendung finde, der auch bei Beschäftigung im Inland die Geltung des VBG ausschließen würde. Die Dienstverhältnisse im Inland aufgenommener und ins Ausland entsandter Dienstnehmer seien ebensowenig Gegenstand des Begehrens wie die Dienstverhältnisse zu öffentlich-rechtlichen Körperschaften, zumal in diesem Fall die Legitimation der Antragsgegnerin fehle. Umfaßt vom Antrag seien jedoch Dienstverhältnisse von Personen, die von der Antragsgegnerin im Ausland als Sur-place-Kräfte aufgenommen und dort einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft zur Dienstleistung zugewiesen werden.
Die Antragsgegnerin beantragt die Abweisung des Antrages. Der Antrag sei jedenfalls unberechtigt, soweit er die Anwendbarkeit des VBG 1948 für alle Dienstverhältnisse des umschriebenen Personenkreises und damit auch für Fälle vertrete, in denen die Ausnahmsbestimmungen des § 1 Abs 3 lit a bis i und Abs 4 anzuwenden seien. Aber auch hinsichtlich der diesen Ausnahmsbestimmungen nicht unterliegenden Dienstverhältnisse sei das Begehren nicht berechtigt.
Mangels besonderer kollisionsrechtlicher Bestimmungen seien vor Inkrafttreten des IPRG die allgemeinen Regeln der §§ 36 und 37 ABGB zur Anwendung gekommen. Danach sei grundsätzlich das Recht des Abschlußortes maßgebend gewesen; gelegentlich sei auch die Ansicht vertreten worden, daß auf das Recht des Dienstortes abzustellen sei. Dies führe aber in den strittigen Fällen zum selben Ergebnis, weil für die Sur-place-Kräfte jeweils der Abschlußort und Dienstort ident gewesen seien. Der Schluß, daß dem VBG 1948 in seiner Stammfassung gleichsam eine Universalgeltung zugekommen sei und daher auch auf alle Sachverhalte mit Auslandsberührung anzuwenden gewesen sei, sei verfehlt; die würde im übrigen jedes Kollisionsrecht ad absurdum führen. Daran ändere auch § 3 Abs 1 lit a VBG 1948 nichts. Es handle sich dabei nicht um eine arbeitsrechtliche Vorschrift, die Bestimmung wende sich vielmehr ausschließlich an die Vertretungsorgane des Bundes, statuiere eine Ausnahme von grundsätzlich erforderlichen Aufnahmevoraussetzungen und ähnle damit den sogenannten Selbstbindungsgesetzen. Auch die Gesetzesmaterialien wiesen darauf hin, daß der Bestimmung keine kollisionsrechtliche Bedeutung zukomme. Es sollte damit nur die Möglichkeit eröffnet werden, in Einzelfällen für die Verwendung im Ausland ausländische Staatsangehörige aufzunehmen und mit diesen im Rahmen einer zulässigen Rechtswahl Verträge nach dem VBG 1948 abzuschließen.
Durch die 21.VBG-Novelle sei diese Ausnahmebestimmung neu gefaßt worden; die generelle Ausnahme von der Aufnahmevoraussetzung "Staatsangehörigkeit" für nur im Ausland verwendete Personen sei entfallen, die Ausnahme aber beinahe wortgetreu in den Katalog der Ausnahmen vom Anwendungsbereich des VBG transferiert worden. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, daß das VBG 1948 auf Dienstverhältnisse mit reiner Auslandsverwendung nicht ex lege anzuwenden sei, sondern grundsätzlich das Recht des Empfangsstaates zu gelten habe, daß aber bisher eine Verpflichtung bestanden habe, nach dem VBG 1948 abzuschließen, also dieses zu wählen. Dabei habe der Gesetzgeber allerdings geirrt, weil von einer solchen Pflicht nicht augegangen werden könne. Es sei ein Fehler des Gesetzgebers gewesen, diese Ausnahmevorschrift fast wortgetreu in den Ausnahmekatalog des § 1 Abs 3 zu verschieben, obwohl die Zielsetzungen eine unterschiedliche Formulierung verlangt hätten. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, warum Sur-place-Kräfte bei sonst gleicher Tätigkeit nur anhängig von der Staatsbürgerschaft unterschiedlichen arbeitsrechtlichen Normen unterworfen werden sollten. Die Übergangsbestimmungen wiesen deutlich darauf hin, daß der Gesetzgeber davon ausgegangen sei, daß das VBG nur im Rahmen einer Rechtswahl Anwendung zu finden habe.
Selbst wenn man aber unterstellte, daß der genannten Ausnahmebestimmung in dem vom Antragsteller vertretenen Sinne die Bedeutung einer Kollisionsnorm zukomme, sei dieser jedenfalls durch die Bestimmungen des IPRG mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes derogiert worden, zumal der Anwendungsbereich des § 44 IPRG auch Rechtsverhältnisse zwischen Gebietskörperschaften und deren Dienstnehmern umfasse. Beim IPRG handle es sich um eine Kodifikation, die im Zeifel frühere Sonderbestimmungen aufhebe; dies werde im IPRG im übrigen ausdrücklich angeordnet. Allfällige frühere Sonderregelungen seien daher durch das IPRG verdrängt worden. Daran ändere nichts, daß nach Inkrafttreten des IPRG der Katalog des § 1 Abs 3 IPRG neu eingeteilt worden sei; der Gesetzgeber habe nur zufolge einer damit nicht im Zusammenhang stehenden Änderung des Kataloges eine Neuordnung desselben vorgenommen, sich aber mit dem hier aktuellen Problem überhaupt nicht befaßt. Eine Anknüpfung an das VGB 1948 sei auch über § 1 Abs 1 IPRG nicht möglich, weil die Staatsbürgerschaft im Arbeitskollisionsrecht keine Relevanz besitze und daher als Anknüpfungsmoment der "stärksten Beziehung" nicht herangezogen werden könne, selbst wenn berücksichtigt werde, daß es sich um eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst handle. Die stärkste Beziehung bestehe vielmehr zum Recht des Beschäftigungsortes, wo sich auch der Lebensmittelpunkt der Sur-place-Kräfte befinde. Daran ändere auch nichts, daß diese Personen bei Ausübung ihrer Tätigkeit dem österreichischen Strafrecht (insbesondere den die Beamtendelikte betreffenden Bestimmungen) unterliege. So würden etwa die arbeitsrechtlichen Fragen von Sur-place-Kräften im Empfangsstaat nach dem dort geltenden Arbeitsrecht beurteilt. Eine Unterstellung dieser Rechtsverhältnisse unter das VBG 1948 laufe dem kraß zuwider. Dies könnte dazu führen, daß diese Dienstnehmer durch entsprechende Wahl des Klageortes aus beiden Rechtsordnungen die für sie günstigsten Bestimmungen zunutze machen.
Die Bestimmung des Art III Z 1 BGBl 1992/873 eingefügte Bestimmung des § 1 Abs 3 lit k VBG 1948 statuiere nunmehr eine Ausnahme von der Anwendung des VBG 1948 für Sur-place-Kräfte. Für ein Einschränkung des Geltungsbereiches in dem vom Antragsteller vertretenen Sinne bleibe kein Raum. Ginge man von der ex-lege-Geltung des VBG 1948 auch auf diese Fälle aus, so würde man den Parteien die Geltung des österreichischen Rechtes aufzwingen, was mit § 44 Abs 3 IPRG unvereinbar sei.
Nach dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen unterliegen die Sur-place-Kräfte auch den Vorschriften des Empfangsstaaten über soziale Sicherheit. Zufolge der engen Verflechtung arbeitsrechtlicher und sozialrechtlicher Bestimmungen sei auch aus diesem Grund die Geltung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen des Vertragsstaates indiziert. Dem entspreche auch Art 41 dieses Übereinkommens, demzufolge die grundsätzliche Beachtung der Rechtsvorschriften des Empfangsstaates angeordnet sei. Auch völkerrechtliche Überlegungen sprächen daher gegen den Standpunkt des Antragsgegners. Mit Inkrafttreten des Europäischen Wirtschaftsraumes sei auch eine nur an die Staatsbürgerschaft geknüpfte Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern und damit auch von Sur-place-Kräften nicht möglich.
Die spätere Ausdehnung des Antrages auf Personen, die von der Antragsgegnerin für die Verwendung bei einer Körperschaft öffentlichen Rechtes im Sinne des § 1 Abs 2 VBG 1948 im Ausland aufgenommen wurden, sei unzulässig; dieser Personenkreis sei nicht Gegenstand des ursprünglichen Antrages gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 54 Abs 2 ASGG können kollektivvertragsfähige Körperschaften der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer (§ 4 bis 7 ArbVG) im Rahmen ihres Wirkungsbereiches gegen eine kollektivvertragsfähige Körperschaft der Arbeitnehmer bzw der Arbeitgeber beim Obersten Gerichtshof einen Antrag auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens von Rechten oder Rechtsverhältnissen anbringen, die einen von namentlich bestimmten Personen unabhängigen Sachverhalt betreffen. Der Antrag muß eine Rechtsfrage des materiellen Rechts auf dem Gebiet der Arbeitsrechtrechtssachen nach § 50 zum Gegenstand haben, die für mindestens drei Arbeitgeber oder Arbeitnehmer von Bedeutung ist. Über den Antrag hat der Oberste Gerichtshof auf der Grundlage des darin angegebenen Sachverhalts zu entscheiden (§ 54 Abs 4 ASGG). Dem § 235 ZPO entsprechende Bestimmungen über eine Beschränkung der Änderung des Antrages enthält das Gesetz nicht. Es ist daher davon auszugehen, daß die antragstellende Partei ihren Antrag bis zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in jeder Richtung ändern kann. Entsprechend § 54 Abs 3 ASGG ist im Fall einer Änderung des Antrages aber dem Antragsgegner Gelegenheit zu geben, zum Antrag Stellung zu nehmen. Dies ist im vorliegenden Fall erfolgt; die Antragsgegnerin hatte, Gelegenheit zum geänderten Antrag Stellung zu nehmen. Dieser ist daher der Entscheidung zugrunde zu legen.
Beide Parteien sind kollektivvertragsfähige Körperschaften; nach der der Entscheidung zugrunde zu legenden Behauptung des Antragstellers, die nicht von vornherein unrichtig erscheint, sind von dem strittigen Sachverhalt mehr als drei Dienstnehmer betroffen .
Der Antrag ist teilweise berechtigt.
§ 1 VBG 1948 hatte in der Stammfassung folgenden Wortlaut:
§ 1 Anwendungsbereich
(1) Dieses Bundesgesetz findet, soweit nicht die Abs. 3 bis 5 etwas
anderes bestimmen, auf Personen Anwendung, mit denen der Bund einen
Dienstvertrag abschließt.
§ 3 hatte (auszugsweise) folgenden Wortlaut:
§ 3 Aufnahme
(1) Als Vertragsbedienstete dürfen nur Personen aufgenommen werden, bei denen nachstehende Voraussetzungen zutreffen:
a) die österreichische Staatsbürgerschaft; bei Vertretungsbehörden im Ausland kann jedoch von dieser Voraussetzung Abstand genommen werden.
Durch die 3.Vertragsbedienstetengesetz-Novelle, BGBl 1961/165 wurde § 1 dahin abgeändert, daß er seither zu lauten hatte:
(1) Dieses Bundesgesetz findet, soweit nicht die Abs 3 bis 5 etwas anderes bestimmen, auf Personen Anwendung, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehen.
§ 3 Abs 1 lit a erhielt durch die Novelle die Fassung:
a) die österreichische Staatsbürgerschaft; bei Personen, die nur bei einer Dienststelle des Bundes im Ausland verwendet werden, kann jedoch von diesem Erfordernis abgesehen werden.
Durch die 21.VBG-Novelle, BGBl 1973/319 wurde der Ausnahmekatalog des § 1 Abs 3 durch Aufnahme der lit l mit folgendem Wortlaut ergänzt
l) auf Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind und die bei einer im Ausland gelegenen Dienststelle des Bundes verwendet werden.
Durch Art III Z 1 BGBl 1988/148 wurde der § 1 Abs 3 dahin geändert, daß die lit b und c entfielen und die bisherigen lit d bis m die Bezeichnung b bis k erhielten.
Durch Art III Z 1 BGBl 1992/299 erhielt die bisherige lit k des § 1 Abs 3 VBG 1948 die Bezeichnung lit l und es wurde unter der Bezeichnung lit k folgende Bestimmung eingeführt:
"k) auf Personen, die ausschließlich für eine Tätigkeit im Ausland aufgenommen werden und ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen im Ausland haben, wenn mit ihnen Dienstverträge nach dem für den Dienstort maßgebenden ausländischen Recht abgeschlossen werden."
Das Internationale Privatrecht ist einzelstaatliches, nicht überstaatliches Recht; jeder Staat hat grundsätzlich seine eigene Privatrechtsordnung und sein eigenes Internationales Privatrecht. Nur auf wenigen Gebieten gibt es staatsvertraglich vereinheitlichtes Internationales Privatrecht (Schwimann, Grundriß des Internationalen Privatrechtes, 2). Jeder Staat ist daher bei der Rechtssetzung auf dem Gebiet des Internationalen Privatrechtes weitgehend autonom. Bestehen auf dem Gebiet eines Staates für die kollisionsrechtliche Beurteilung einer Frage verschiedene Rechtsvorschriften, so sind diese nach allgemeinen Grundsätzen (Derogation durch die lex posterior bzw Vorrang der lex specialis) zu lösen.
Vor der 21.VBG-Novelle bestand eine dem IPRG vergleichbare Kodifikation in Österreich nicht. Das österreichische Recht kannte für das internationale Arbeitsrecht mit Ausnahme von § 49 SchSpG keine Kollisionsnormen. Soweit es sich dabei um Privatrecht handelte, wurde von der Geltung der allgemeinen Regeln der §§ 36 und 37 ABGB ausgegangen. Danach war grundsätzlich der Abschlußort maßgebend; die ältere Judikatur nahm gelegentlich an, daß für Dienstverträge das am Dienstort geltende Recht maßgebend sei (Schwind, Handbuch des Österreichischen Internationalen Privatrechtes, [1975], 320 f). Diese Grundsätze kamen jedoch nur zur Anwendung, soweit die österreichische Rechtsordnung nicht Sonderbestimmungen für bestimmte Fälle vorsah. Eine solche Sonderbestimmung fand sich in § 1 VBG 1948. Danach regelte der Gesetzgeber mit diesem Gesetz alle - die dritte VBG-Novelle brachte diesbezüglich gegenüber der Stammfassung keine Änderung - privatrechtlichen Dienstverhältnisse zum Bund ohne Rücksicht auf den Ort des Abschlusses des Dienstvertrages und den Ort der dienstlichen Verwendung. § 3 Abs 1 lit a VBG ordnete zwar nicht positiv die Anwendung des VBG auf Sur-place-Kräfte, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen an, doch zeigt die Bestimmung, daß der Gesetzgeber den Fall der Beschäftigung von an Ort und Stelle im Ausland aufgenommenen Dienstnehmern sehr wohl bedachte, jedoch davon ausging, daß auch diese Dienstverhältnisse nach dem VBG zu beurteilen seien; anders ist die Regelung, daß für diese Fälle eine Ausnahme von dem sonst nach dem VBG generellen Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft zu gelten habe, nicht erklärlich.
Daß es dem Verständnis des Gesetzgebers entsprach, daß vom VBG 1948 ursprünglich auch alle Sur-place-Kräfte erfaßt waren, ergibt sich deutlich aus der 21.VBG-Nov. Mit der Regelung, daß in den Ausnahmekatalog Personen aufgenommen wurden, die nicht österreichische Staatsbürger sind und die bei einer im Ausland gelegenen Dienststelle des Bundes verwendet werden, wurde nur dieser Personenkreis neu aus dem Anwendungsgebiet des VBG 1948 ausgenommen. Die Gesetzesmaterialien (750 BlgNR 13.GP, 3 f) führen dazu aus, daß es in zunehmenden Maß notwendig geworden sei, daß österreichische Dienststellen im Ausland ausländisches Personal einstellen. Für ein solches Dienstverhältnis sei, sofern nichts anderes vereinbart ist, das Recht des Empfangsstaates anzuwenden. Bisher seien Verträge nach dem VBG 1948 abgeschlossen worden; da den Entlohnungssätzen des VBG jedoch österreichische Einkommensverhältnisse und nicht jene des betreffenden ausländischen Staates zugrunde lägen, hätten sich in der Praxis Schwierigkeiten ergeben. Durch eine Ausnahme dieser Bediensteten aus dem Anwendungsbereich des VBG werde nun ermöglicht, daß mit solchen Bediensteten Dienstverträge nach dem Recht ihres Staates abgeschlossen werden können, die den tatsächlichen Einkommensverhältnissen Rechnung tragen. Durch diese Neuregelung werde jedoch die Möglichkeit, das VBG 1948 im Einzelfall als lex contractus heranzuziehen, in keiner Weise beschränkt. Diese Ausführungen zeigen deutlich, daß der Gesetzgeber davon ausging, daß vor der 21.VBG-Novelle aufgrund des VBG, das damals eine entsprechende Ausnahmsbestimmung nicht enthielt, die Dienstverträge aller Sur-place-Kräfte den Bestimmungen dieses Gesetzes unterlagen. Daß die Geltung des VBG 1948 nicht nur kraft Vereinbarung, sondern aufgrund des Gesetzes selbst bestand, wird in den Erläuternden Bemerkungen durch die Bemerkung zum Ausdruck gebracht, daß erst durch die Novelle die Möglichkeit eröffnet werde, Verträge abzuschließen, die nicht dem VBG unterliegen; die Möglichkeit die Anwendung des VBG zu vereinbaren, wurde offengehalten.
Daraus ergibt sich aber umgekehrt die Geltung des VBG 1948 für alle privatrechtlichen Dienstverhältnisse zum Bund, die vom Ausnahmekatalog nicht erfaßt waren. Da die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 3 (in der damaligen Fassung) lit l nur Personen erfaßte, die nicht österreichische Staatsbürger waren, wurden Sur-place-Kräfte mit österreichischer Staatsbürgerschaft hievon nicht erfaßt. Für sie war daher zufolge der Definition des Anwendungsbereiches des § 1 VBG dieses Gesetz weiter anzuwenden. Es mag zugestanden werden, daß die Gründe, die in den Gesetzesmaterialien für die neue Ausnahmebestimmung dargelegt wurden, im wesentlichen auch auf Sur-place-Kräfte mit österreichischer Staatsbürgerschaft übertragbar sind; auch sie haben zumeist den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Ausland und es sind daher auch für sie die Einkommensverhältnisse im betreffenden Staat von besonderer Bedeutung. Dies ändert aber nichts daran, daß der Gesetzgeber diese Gruppe in den Ausnahmekatalog nicht aufgenommen hat. Ob hiefür allenfalls die durch die Staatsbürgerschaft bestehende engere Bindung an Österreich oder andere Gründe maßgebend waren, braucht nicht erörtert werden. Auszugehen ist jedenfalls vom Gesetzeswortlaut; danach war das VBG 1948 auch nach der 21.Novelle auf Sur-place-Kräfte österreichischer Staatsbürgerschaft weiterhin anzuwenden. Dafür, daß dem Gesetzgeber bei Fassung der Novelle ein Irrtum unterlaufen wäre, wie dies die Antragsgegnerin darzustellen versucht, besteht kein Anhaltspunkt. Es ist daher entbehrlich, zu erörtern, ob ein allfälliger Irrtum im Weg der Interpretation korrigierbar wäre.
Auch mit dem Inkrafttreten des IPRG trat keine Änderung ein. Das gesatzte IPR Österreichs ist in Gesetzen (autonomes IPR) und in Staatsverträgen enthalten. Der Erhaltung der Widerspruchsfreiheit bei Konkurrenz mehrerer Rechtsquellen dienen folgende Regeln über die Normenhierarchie: Staatsvertragliches IPR geht gemäß § 53 IPRG den autonomen Gesetzen vor; innerhalb des autonomen IPR gehen jüngere Bestimmungen den älteren (lex posterior derogat priori), spezielle Vorschriften den allgemeinen vor (lex specialis derogat generali). Neben dem IPRG gelten vereinzelte Kollisionsnormen privatrechtlicher Nebengesetze weiter; die Aufzählung in § 52 IPRG ist nur demonstrativ (Schwimann, Grundriß des internationalen Privatrechtes, 8 f, ders in Rummel, Anm 11 und 12 vor § 1 IPRG und Anm 1 zu § 52 IPRG).
Bei der Bestimmung des § 1 VBG 1948 handelt es sich um eine Norm mit auch kollisionsrechtlichem Inhalt, zumal der Gesetzgeber damit die Regelungskompetenz für alle privatrechtlichen Dienstverhältnisse zum Bund in Anspruch nimmt, ohne, abgesehen von den im Gesetz ausdrücklich genannten Ausnahmebestimmungen, Sachverhalte mit Auslandsberührung davon auzunehmen. § 1 VBG 1948 stellt gegenüber den generellen Normen des IPRG eine Sondernorm dar, die für ihren Anwendungsbereich den Bestimmungen des IPRG derogiert. Auch die Antragsgegnerin ging offenbar von diesem Rechtsstandpunkt aus, zumal im Handbuch für den auswärtigen Dienst (Ausgabe Juni 1979) in § 102 Abs 4 ausdrücklich ausgeführt wird, daß auf Sur-place-Bedienstete österreichischer Staatsbürgerschaft das Vertragsbedienstetengesetz 1948 Anwendung zu finden habe.
Aus dem Umstand, daß durch Art III Z 1 BGBl 1988/148 eine andere Bezeichnung der Bestimmungen des Ausnahmekataloges des § 1 Abs 3 erfolgte, kann für die hier strittige Frage nichts abgeleitet werden; da aber § 1 VBG 1948 auch nach Inkrafttreten des IPRG keine Änderung erfuhr, galt für die hier in Frage stehenden Dienstnehmer ohnehin das Recht des VBG 1948 weiter.
Durch BGBl 1992/299 wurde in den Katalog des § 1 Abs 3 VBG 1948 die Ausnahmebestimmung des lit k neu eingeführt. Die Gesetzesmaterialien (Bericht des Verfassungsausschusses 902 BlgNR 18.GP, 4 - die Bestimmung war in der Regierungsvorlage noch nicht enthalten und wurde erst im Rahmen der parlamentarischen Behandlung der Vorlage eingefügt - ) führen dazu nur aus, daß damit eine Klarstellung bei der Ausnahme von Sur-place-Kräften aus dem Anwendungsbereich des VBG 1948 erfolge; die Neuregelung stelle sicher, daß die Entgelthöhe dieser Bediensteten dem dafür üblichen Lohnniveau des jeweiligen Dienstortes gerecht werde. Sonstige Anhaltspunkte über die der Neuregelung zugrundeliegenden Motive sind aus dem Gesetz oder den Materialien nicht zu entnehmen. Unverändert blieb aber im Gesetz die (der lit l in der Fassung der 21.VBG-Novelle entsprechende Bestimmung) des § 1 Abs 3 lit j VBG 1948. Bei Vergleich der lit j und der lit k ergibt sich ein deutlich verschiedener Regelungsinhalt:
während gemäß § 1 Abs 3 lit j Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind und die bei einer im Ausland gelegenen Dienststelle des Bundes verwendet werden, jedenfalls aus dem Anwendungsbereich des VBG 1948 ausgenommen sind, ist das für andere Personen - sohin österreichische Staatsbürger - , die ausschließlich für eine Tätigkeit im Ausland aufgenommen werden und ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen im Ausland haben, nur dann der Fall, wenn mit ihnen Dienstverträge nach dem für den Dienstort maßgebenden ausländischen Recht abgeschlossen werden. Der Gesetzgeber geht daher auch für diese Personengruppe von der grundsätzlichen Geltung des VBG 1948 aus, eröffnet jedoch die Möglichkeit des Abschlusses von Dienstverträgen nach ausländischem Recht und statuiert nur für diesen Fall eine Ausnahme von der Anwendung des VBG 1948; vor dieser Novelle war zufolge des imperativen Charakters des § 1 Abs 1 VBG 1948 mangels einer entsprechenden Ausnahmebestimmung für Sur-place-Kräfte mit österreichischer Staatsbürgerschaft (abgesehen vom Abschluß allfälliger, hier nicht in Frage stehender Sonderverträge gemäß § 36 VBG 1948) der Abschluß von Dienstverträgen nach einem vom VBG 1948 abweichenden Recht gar nicht möglich. Auch für die Zeit nach Inkrafttreten der Novelle BGBl 1992/873 gilt daher für Sur-place-Kräfte mit österreichischer Staatsbürgerschaft grundsätzlich das Recht des VBG 1948. Eine Ausnahme hievon besteht nur dann, wenn mit den Dienstnehmern Verträge nach dem Recht des ausländischen Staates abgeschlossen wurden. Nur soweit sich der Antrag auf diese Fälle bezieht, ist er nicht berechtigt.
Im übrigen kommt dem Antrag jedoch Berechtigung zu. Da nach dem VBG 1948 allein dem Umstand Bedeutung zukommt, daß das Dienstverhältnis mit dem Bund begründet wurde, ist es nicht entscheidend, ob die Dienstnehmer, die mit der Antragsgegnerin kontrahierten, im Ausland später bei einer Dienststelle des Bundes verwendet wurden oder vom Bund bei einer Körperschaft öffentlichen Rechtes im Sinne des § 1 Abs 2 VBG 1948 eingesetzt wurden.
Aus der Berufung auf das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen BGBl 1966/66 ist für die Antragsgegnerin nichts gewonnen. Nach dem zitierten Art 37 Abs 2 iVm Art 33 Abs 1 WDK unterstehen Mitglieder des verwaltungs- und technischen Personals der Mission den im Empfangsstaat geltenden Vorschriften über soziale Sicherheit nur dann nicht, wenn sie weder Angehörige des Empfangsstaates noch in demselben ansässig sind. Die Antragsgegnerin versucht ihren im Verfahren vertretenen Standpunkt darauf zu stützen, daß nach der zitierten Bestimmung Sur-place-Kräfte grundsätzlich den Bestimmungen des Empfangsstaates über soziale Sicherheit unterliegen, zumal sie dort ansässig sind. Im Unterschied vom Arbeitsrecht, bei dem es sich um privatrechtliche Rechtsbeziehungen handelt, ist das Sozialrecht dem öffentlich-rechtlichen Bereich zuzuordnen. Daraus, daß hinsichtlich der sozialen Sicherheit die Anwendung einer bestimmten Rechtsordnung statuiert ist, kann für die arbeitsrechtliche Anknüpfung nichts abgeleitet werden. Beide Rechtsgebiete folgen unterschiedlichen Regeln.