JudikaturOGH

12Os190/93(12Os191/93) – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Januar 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Jänner 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Mag.Strieder und Dr.Adamovic als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Straßegger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Kurt Z***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 24.Juni 1993, GZ 6d Vr 9874/91-53, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Bassler, und des Verteidigers Mag.Tomanek, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache gegen Kurt Z***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG und einer anderen Straftat, AZ 6 d Vr 9874/91 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, verletzt der Beschluß dieses Gerichtes vom 24.Juni 1993 (ON 53), mit dem der Antrag des Verurteilten auf nachträgliche Strafmilderung gemäß § 23 a Abs. 2 SGG abgewiesen wurde, das Gesetz in der genannten Bestimmung.

Dieser Beschluß wird aufgehoben und dem Erstgericht die amtswegige Prüfung nach § 23 a Abs. 2 SGG aufgetragen.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Am 29.Jänner 1991 wurde die am 13.Dezember 1990 über Kurt Z***** wegen des dringenden Verdachtes des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG (Handel mit Kokain) gemäß § 180 Abs. 2 Z 2 und 3 lit a StPO verhängte Untersuchungshaft (S 14/I iVm ON 16/II) unter Anwendung gelinderer Mittel (§ 180 Abs. 5 Z 1 bis 4 StPO) - unter anderem nach Leistung des Gelöbnisses, "sich einer ärztlichen Behandlung zu unterziehen" und schriftlich nachzuweisen, daß er sich "des Konsums von Suchtgiften jeglicher Art enthalte" - aufgehoben (S 19 bis 20/I). In Befolgung dieses Gelöbnisses legte er bis 31.Mai 1991 dem Gericht fünf Bestätigungen der Drogenambulanz des AKH Wien vor, denen zufolge er seit 31.Jänner 1991 in ärztlicher Behandlung stand und die durchgeführten Harntests "absolute Drogen- und Medikamentenfreiheit" ergaben (ON 21 bis 23, 26 und 28).

In der Hauptverhandlung vom 3.Dezember 1991 erklärte der Angeklagte, zuletzt vor seiner Verhaftung im Dezember 1990 Suchtgift konsumiert (S 138/II) und sich bis Herbst 1991 im AKH einer Therapie unterzogen zu haben (S 139/II). Mit (infolge Rechtsmittelverzichts beider Prozeßparteien) rechtskräftigem Urteil des Schöffengerichtes vom selben Tag (ON 32) wurde Kurt Z***** des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG sowie des Vergehens nach § 16 Abs. 1 SGG schuldig erkannt und (unter Anrechnung der Vorhaft) zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, wobei das Geständnis und die "Suchtgiftergebenheit" des Angeklagten als mildernd gewertet wurden. Über Antrag des Verurteilten gewährte ihm der Vorsitzende gemäß § 23 a Abs. 1 SGG einen Strafaufschub bis 1.Dezember 1992 unter der Bedingung, daß er die unterbrochene Therapie wieder aufnimmt bzw "um sich einer notwendigen ärztlichen Behandlung seiner Suchtgiftergebenheit zu unterziehen", sowie unter der weiteren Auflage, dem Gericht die Fortsetzung der Behandlung in Abständen von zwei Monaten nachzuweisen (S 141 und 155/II). Inhaltlich der in der Folge bis 17.November 1992 vorgelegten Bestätigungen der Magistratsabteilung 15, Gesundheitsamt waren bei Harnuntersuchungen des Kurt Z***** keine Abbauprodukte von im Suchtgiftgesetz genannten Stoffen nachweisbar (ON 40 bis 43, 45 und 47).

Am 17.April 1993 forderte der Vorsitzende den Verurteilten zum Strafantritt auf (S 184/II), worauf dieser am 25.Mai 1993 - gestützt auf § 23 a Abs. 2 SGG unter Hinweis auf den Erfolg der ärztlichen Behandlung - einerseits eine nachträgliche Milderung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe gemäß § 410 StPO, andererseits einen (weiteren) Strafaufschub bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Milderungsantrag beantragte (ON 48).

Das Landesgericht für Strafsachen Wien wies mit Beschluß vom 26.Mai 1993 unter Hinweis auf die inzwischen verstrichene Jahresfrist den Antrag "auf Gewährung eines weiteren Strafaufschubes gemäß dem § 6 Abs. 1 StVG" ab (ON 49); die Ablehnung des Antrages "auf nachträgliche Strafmilderung" begründete es im Beschluß vom 24.Juni 1993 im wesentlichen damit, daß weder "eine ärztliche Behandlung noch ein Erfolg derselben" nachgewiesen worden sei (ON 53).

Der letzterwähnte Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (ON 53) steht - wie der Generalprokurator in seiner deswegen gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Gemäß § 23 a Abs. 2 SGG hat das Gericht von Amts wegen zu prüfen, ob eine nachträgliche Milderung der über einen Verurteilten nach diesem Bundesgesetz verhängten Freiheitsstrafe gemäß § 410 StPO durch Gewährung einer bedingten Strafnachsicht vorzunehmen ist, wenn sich ein dem Mißbrauch eines Suchtgiftes ergebener Rechtsbrecher nach Rechtskraft eines gegen ihn gefällten Strafurteils mit Erfolg einer ärztlichen Behandlung unterzogen hat. Demgemäß hätte das Erstgericht zunächst zu prüfen gehabt, ob die von Kurt Z***** vor Rechtskraft des gegenständlichen Urteils (ON 32) begonnene und nach seiner (durch die vorgelegten Bestätigungen des Gesundheitsamtes immerhin gestützten) Behauptung fortgesetzte ärztliche Behandlung zum Erfolg geführt hat und dieser - bei Beurteilung der Straffrage im Urteil (noch) nicht berücksichtigte - Umstand allenfalls durch Gewährung einer bedingten Strafnachsicht hätte honoriert werden sollen (vgl EvBl 1992/183; Foregger-Litzka SGG2 § 23 a Erl II).

Durch die ohne vorherige amtswegige Prüfung erfolgte Abweisung des Antrages des Kurt Z***** auf nachträgliche Strafmilderung gemäß § 23 a Z 2 SGG unter Hinweis auf dessen (angebliche) Untätigkeit wurde sohin das Gesetz zum Nachteil des Verurteilten verletzt.

Somit war spruchgemäß zu erkennen.

Rückverweise