2Ob510/94 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Graf, Dr.Schinko und Dr.Tittel als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj.Andreas B*****, geboren am 1.Oktober 1987, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Mutter Monika B*****, vertreten durch Schuppich, Sporn Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 6.Oktober 1993, GZ 47 R 531/93-32, womit der Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 21.Juni 1993, GZ 1 P 83/92-22, zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.
Text
Begründung:
Mit Beschluß vom 21.6.1993, GZ 1 P 83/92-22, erweiterte das Erstgericht das Besuchsrecht des Vaters.
Wegen Versäumung der Rekursfrist beantragte die Mutter die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und holte die versäumte Prozeßhandlung (Rekurs) nach. Mit Beschluß vom 29.7.1993, GZ 1 P 83/92-25, bewilligte das Erstgericht der Mutter die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Frist zur Versäumung zur Erhebung des Rekurses gegen den Beschluß vom 21.6.1993 und legte den Akt in der Folge dem Rekursgericht vor. Dieses wies mit dem angefochtenen Beschluß (unter Außerachtlassung der Bewilligung der Wiedereinsetzung) den Rekurs der Mutter wegen Verspätung zurück; der ordentliche Revisionsrekurs wurde mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 14 Abs.1 AußStrG nicht für zulässig erklärt.
Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter, welche auf die Bewilligung der Wiedereinsetzung durch das Erstgericht verweist und geltend macht, der Beschluß, mit dem ein Rekurs vom Rekursgericht zurückgewiesen wurde, sei unabhängig vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zulässig. Die gegenteilige Judikatur stehe mit der Lehre (Kralik, JBl. 1991, 283) und dem Grundsatz, jedes Rechtsmittel sei zulässig, wenn es nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde, nicht im Einklang.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel ist zulässig und auch berechtigt. Nach ständiger Rechtsprechung (EFSlg. 67.427, 67.428 mwN) ist unter einem "Revisionsrekurs" jeder Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu verstehen, auch der gegen einen Zurückweisungsbeschluß. Die gegenteilige Ansicht von Kralik (JBl. 1991, 283) wurde in der Entscheidung EFSlg. 67.428 abgelehnt.
Der Revisionsrekurs der Mutter ist aber deshalb zulässig, weil die Voraussetzungen des § 14 Abs.1 AußStrG gegeben sind. Wenn das Rekursgericht nicht berücksichtigt, daß das Erstgericht dem Rekurswerber die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rekursfrist bewilligt hat und das Rechtsmittel wegen Verspätung zurückweist, dann hat es eine Rechtsfrage des Verfahrensrechtes, der zur Wahrung der Rechtssicherheit erhebliche Bedeutung zukommt, unrichtig gelöst.
Der Rekurs ist auch berechtigt. Gemäß § 17 AußStrG finden die Vorschriften der ZPO über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch in Geschäften außer Streitsachen grundsätzlich Anwendung. Gemäß § 150 Abs.1 ZPO tritt durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung der Rechtsstreit in die Lage zurück, in welcher er sich vor dem Eintritte der Versäumung befunden hat, alle Versäumungsfolgen fallen ex lege weg. Das Gericht hat nach Bewilligung der Wiedereinsetzung das Verfahren unter Bedachtnahme auf die nunmehr zulässige und als rechtzeitig anzusehende Prozeßhandlung des Antragstellers fortzusetzen (Fasching, ZPR2, Rz 582). Das bedeutet im vorliegenden Fall, daß die Zurückweisung des Rekurses der Mutter durch das Rekursgericht zu Unrecht erfolgte und über dieses nunmehr als rechtzeitig anzusehende Rechtsmittel zu entscheiden ist.