4Ob529/93 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek, Dr. Niederreiter, Dr. Redl und Dr. Griß als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Christian Walter P*****, geboren am 24. April 1990, infolge Revisionsrekurses der Mutter Petra D*****, und des Stiefvaters Christian D*****, ***** gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 10. September 1993, GZ 18 R 604/93-34, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 4. August 1993, GZ 1 P 98/90-29, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Text
Begründung:
Christian Walter P***** wurde am 24.4.1990 außer der Ehe geboren; er befindet sich in der Obsorge der Mutter, welche nach der am 23.11.1989 geschiedenen ersten Ehe mit Christian D***** (geschlossen am 22.10.1987) wieder ihren Geschlechtsnamen angenommen hatte. Am 30.12.1992 schloß die Mutter eine zweite Ehe mit Christian D*****. Dieser will dem Kind seinen Familiennamen geben.
Die Mutter und ihr Ehemann stellen den Antrag, die mangelnde Zustimmung des Vaters zur beabsichtigten Namensgebung durch den Ehemann zu ersetzen, weil das Kind nunmehr im Rahmen des Familienverbandes der Ehegatten aufwachse, im Herbst den Kindergarten besuchen werde und die Mutter nunmehr auch mit einem ehelichen Kind schwanger sei.
Der Vater stimmt der beantragten Namensgebung nicht zu, weil der Ehemann der Mutter Alkoholiker gewesen sei und auch die zweite Ehe mit ihm nicht halten werde; der Sohn solle nicht immer wieder anders heißen. Die Mutter sei außerstande, eine Ehe länger aufrecht zu erhalten. Der Kindergartenbesuch allein könne noch kein Grund für eine Namensänderung sein; ausschlaggebend dafür dürfte die - unzutreffende - Meinung des Ehemannes sein, daß er selbst der Vater des Minderjährigen sei.
Das Erstgericht gab auch im zweiten Rechtsgang dem Antrag statt, weil die Vermutungen des Vaters durch die Ergebnisse des ergänzend durchgeführten Beweisverfahrens nicht bestätigt wurden.
Das Rekursgericht wies den Antrag ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Im Hinblick auf das Alter des Minderjährigen von etwas mehr als 3 Jahren könnten sich aus der Namensverschiedenheit zur Mutter und zum Stiefvater auch im Kindergarten noch keine Schwierigkeiten ergeben. Die Namensverschiedenheit stehe einer weiteren Eingliederung des Minderjährigen in den bestehenden Familienverband nicht im Wege, lebe er doch mit der Mutter und dem Stiefvater ohnehin zusammen, so daß auch eine Namensänderung nichts an den bestehenden persönlichen Beziehungen ändere. Derzeit sei daher eine Namensänderung im Interesse des Kindeswohles noch nicht erforderlich, könne doch nicht von vornherein abgeschätzt werden, ob nicht auch die zweite Ehe der Mutter - so wie bereits einmal - wieder in die Brüche gehen wird. Um den Minderjährigen davor zu schützen, daß er in relativ häufigen Abständen mit einem geänderten Familiennamen leben muß, werde erst bei Erreichen des schulpflichtigen Alters überlegt werden können, ob eine Namensänderung gerechtfertigt ist.
Der dagegen zu Protokoll gegebene außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter und des Stiefvaters ist zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 165 a Abs 1 ABGB kann der Ehemann der Mutter dem minderjährigen unehelichen Kind, das nach § 165 ABGB den Geschlechtsnamen der Mutter erhält, seinen Familiennamen geben. Diese Namensgebung bedarf gemäß § 165 a Abs 2 ABGB (ua) der Zustimmung des Vaters. Wird sie ohne gerechtfertigten Grund verweigert, dann hat sie das Gericht gemäß § 165 b Abs 2 ABGB auf Antrag eines Beteiligten zu ersetzen, wenn dies dem Wohl des Kindes entspricht.
Nach den Materialien (RV 6 BlgNR 12. GP, abgedruckt in Klang**2 ErgBd 91) soll das Rechtsinstitut der Namensgebung dem Bedürfnis des minderjährigen unehelichen Kindes Rechnung tragen, daß sein Familiennamen mit dem seines Stiefvaters (oder unehelichen Vaters), in dessen Familie es aufwächst, übereinstimmt (SZ 61/137; EFSlg 62.853; im gleichen Sinn Edlbacher, Namensrecht 112). Verweigert eine zustimmungsberechtigte Person ihre Zustimmung zur Namensgebung ohne gerechtfertigten Grund, so darf diese nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 165 b Abs 2 ABGB nur dann ersetzt werden, wenn die Erklärung des Zustimmungsberechtigten gerechtfertigter Gründe entbehrt und deren Ersetzung dem Wohl des Kindes entspricht (so auch JAB, 155 BlgNR 12. GP); führt der Zustimmungsberechtigte gerechtfertigte Gründe ins Treffen, obwohl die beabsichtigte Namensgebung das Kindeswohl fördern würde, dann sind die Weigerungsgründe gegen die Kindesinteressen abzuwägen (Pichler in Rummel, ABGB**2 Rz 12 zu §§ 165 a bis 165 c; SZ 61/137; NRsp 1993/93). Letztlich ausschlaggebend für die in § 165 b ABGB vorgesehene gerichtliche Entscheidung ist demnach das Wohl des Kindes (Edlbacher aaO 116; EFSlg 56.760, 62.851 uva; zuletzt etwa 1 Ob 622/92); grundsätzlich entspricht es aber dem Kindeswohl, daß das Kind denselben Familiennamen wie Mutter und Stiefvater trägt (SZ 61/137; EFSlg 56.761 ua).
Im Sinne dieser von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze entspricht es entgegen der Meinung des Rekursgerichtes auch dem Bedürfnis eines rund dreieinhalbjährigen unehelichen Kindes, welches in den Kindergarten eintreten soll, daß sein Familienname mit dem seines Stiefvaters übereinstimmt, in dessen Familie es aufwächst; dies umso mehr, als seine Mutter aus der nunmehr geschlossenen Ehe ein Kind erwartet, so daß der Sohn in Kürze überdies noch mit einem andersnamigen Stiefbruder oder einer andersnamigen Stiefschwester konfrontiert sein wird. Gegenüber diesen Erfordernissen des Kindeswohles müssen die Bedenken des Vaters gegen den Bestand der zweiten Ehe der Mutter jedenfalls in den Hintergrund treten, zumal sie auch allein durch die relativ kurze Dauer der ersten Ehe der Mutter mit dem Stiefvater noch keineswegs zwingend belegt werden. Im übrigen behält aber nach dem Grundsatz des § 62 EheG auch ein geschiedener Gatte den Namen, den er während der Ehe geführt hat, so daß die Übereinstimmung des Familiennamens des Minderjährigen mit dem Namen der Mutter und seiner Stiefgeschwister auch im Fall des Scheiterns der Ehe der Mutter gewahrt bliebe. Die in §§ 63 bis 65 EheG geregelten Ausnahmefälle können in diesem Zusammenhang außer Betracht bleiben (vgl in diesem Sinne auch LGZ Wien EFSlg 66.027).
Diese Erwägungen führen zur Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.