JudikaturOGH

15Fs1/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. November 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.November 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner und Dr.Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Wimmer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Michael S***** und andere wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über den Fristsetzungsantrag des Christof B***** nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Fristsetzungsantrag wird, soweit eine Säumnis des Oberlandesgerichtes Wien bei der Ausfertigung der Entscheidung über den Antrag vom 29.November 1988 auf Feststellung eines Entschädigungsanspruchs gemäß § 2 Abs. 1 lit. a StEG geltend gemacht wird, abgewiesen; soweit damit jedoch der Sache nach auch eine Säumnis bei der Veranlassung der Anhörung des Antragstellers gemäß § 6 Abs. 3 StEG als Voraussetzung für die zu treffende Entscheidung geltend gemacht wird, wird dem Oberlandesgericht Wien für die Vornahme der erforderlichen Verfahrenshandlungen eine Frist von 1 Monat gesetzt.

Text

Gründe:

Aus dem Akt 23 c Vr 8033/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien geht hervor, daß Christof B***** am 12.August 1988 über Anordnung des an Ort und Stelle in Wien 6, Ägidigasse 13 anwesenden Journalrichters festgenommen und anschließend in das Landesgericht für Strafsachen Wien eingeliefert wurde. Nach Erlassung eines schriftlichen Haftbefehls durch den Journalrichter wurde am 13.August 1988 die Voruntersuchung gegen Christof B***** wegen des Verdachts der Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt (§§ 15, 269 Abs. 1 StGB), der schweren Körperverletzung (§ 83 Abs. 2 Z 2 und 4 StGB) und des Landfriedensbruchs (§ 274 Abs. 1 StGB) eingeleitet und über ihn gemäß § 180 Abs. 2 Z 1, Z 2 und Z 3 lit. b und c StPO die Untersuchungshaft verhängt.

Am 25.August 1988 wurde Christof B***** enthaftet und schließlich am 4. November 1988 das gegen ihn eingeleitete Strafverfahren gemäß § 109 Abs. 1 StPO eingestellt.

Am 29.November 1988 beantragte Christof B***** die Feststellung, daß in Ansehung seiner strafgerichtlichen Anhaltung ein Ersatzanspruch gemäß § 2 Abs. 1 lit. a StEG bestehe, weil seine Anhaltung gesetzwidrig angeordnet worden sei. Mit der Begründung, daß ihm das gemäß § 6 Abs. 1 StEG zuständige Oberlandesgericht Wien bis jetzt keine Entscheidungsausfertigung zugestellt habe, brachte Christof B***** am 9.September 1993 gemäß § 91 GOG einen Fristsetzungsantrag des Inhaltes ein, der Oberste Gerichtshof möge dem Oberlandesgericht Wien für die Vornahme der Ausfertigung einer Entscheidung über den Antrag vom 29.November 1988 eine angemessene Frist setzen.

Rechtliche Beurteilung

Dem Fristsetzungsantrag kann teilweise Berechtigung nicht abgesprochen werden.

Voraussetzung eines - berechtigten - Fristsetzungsantrages ist, daß ein Gericht mit der Vornahme einer Verfahrenshandlung, etwa (ua) der Ausfertigung einer Entscheidung, säumig ist (§ 91 Abs. 1 GOG).

Aus dem eingangs erwähnten Akt ergibt sich, daß Christof B***** den Antrag gemäß § 2 Abs. 1 lit. a StEG, über den das Oberlandesgericht Wien zu befinden hat, am 29.November 1988 beim Landesgericht für Strafsachen Wien zum AZ 23 c Vr 8033/88 eingebracht hat, wo er am 1. Dezember 1988 einlangte. Da dieser Akt jedoch am 23.November 1988 dem Oberlandesgericht Wien zur Entscheidung über Beschwerden gegen Beschlüsse nach dem StEG vorgelegt worden war, wurde der Antrag zunächst prioriert.

Nach Rücklangen des Aktes beim Landesgericht für Strafsachen Wien wurde der Antrag des Christof B***** zum Akt genommen und dieser am 6. April 1989 erneut dem Oberlandesgericht Wien "... allenfalls zur Entscheidung auch hinsichtlich übriger Antragsteller sowie zur Entscheidung über die bereits beim Oberlandesgericht Wien eingebrachten Anträge über Ersatzansprüche nach dem StEG ..." (S 3 ff verso, 3 gg) vorgelegt.

Das Oberlandesgericht stellte den Akt mit Note vom 3.Juli 1989 (ON 582 des erwähnten Vr-Aktes) dem Landesgericht für Strafsachen Wien mit dem Auftrag zurück, vorerst gemäß § 6 Abs. 3 StEG die Antragsteller zu hören.

Dabei hat es der Gerichtshof zweiter Instanz jedoch verabsäumt, für eine entsprechende Überwachung der Erledigung seines Auftrags in bezug auf den gegenständlichen Entschädigungsantrag des Christof B***** durch das Landesgericht für Strafsachen Wien vorzusorgen. Eine solche Überwachung wäre durch Eintragung des Antrags in das Ns-Register sowie Anlegung eines Teilaktes und Kalendierung desselben durchaus möglich gewesen. Dadurch wäre das Oberlandesgericht in die Lage versetzt worden, durch entsprechende Urgenzen auf eine Erledigung seines Auftrags durch den Gerichtshof erster Instanz hinzuwirken und dafür Sorge zu tragen, daß die formellen Voraussetzungen für seine Entscheidung über den Entschädigungsantrag in angemessener Zeit geschaffen werden. Indem der Gerichtshof zweiter Instanz dies unterließ, ist er mit der Vornahme einer Verfahrenshandlung säumig gewesen, sodaß sich der Fristsetzungsantrag in diesem Umfang als berechtigt erweist. Nach Lage des Falles war dem Oberlandesgericht Wien zur Vornahme der unterlassenen Verfahrenshandlung eine Frist von einem Monat zu setzen.

Da eine Vernehmung des Antragstellers zu seinem Entschädigungsanspruch bis zum Zeitpunkt der Einbringung des Fristsetzungsantrags nicht erfolgt ist, konnte eine Sachentscheidung durch den Gerichtshof zweiter Instanz noch nicht ergehen und demgemäß auch noch keine Zustellung einer Ausfertigung dieser Entscheidung erfolgen. Diesbezüglich liegt eine Säumnis des Oberlandesgerichtes demnach nicht vor, sodaß dem die Unterlassung dieser Zustellung monierenden Fristsetzungsantrag insofern Berechtigung nicht zukommt.

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