11Os128/93 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Oktober 1993 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut, Dr. Hager, Dr. Schindler und Dr. Mayrhofer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wimmer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Wolfgang G***** wegen des Verbrechens der gewerbsmäßigen Hehlerei nach dem § 164 Abs 1 Z 2, Abs 2 und 3 (zweiter und dritter Deliktsfall) StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 6. Mai 1993, GZ 6 Vr 1398/92-48, und die Beschwerde des Angeklagten gegen den gleichzeitig gefaßten Beschluß auf Widerruf der bedingten Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, Wolfgang G***** habe die Hehlerei (auch) gewerbsmäßig (§ 164 Abs 3, zweiter Fall, StGB) begangen, und demgemäß im Strafausspruch sowie dem mit dem Strafausspruch eine Einheit bildenden Widerrufsbeschluß (§ 494a Abs 1 Z 4 StPO) aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.
Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf den kassatorischen Teil der Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 25. Februar 1950 geborene Verkaufsingenieur Wolfgang G***** des Verbrechens der gewerbsmäßigen Hehlerei nach dem § 164 Abs 1 Z 2, Abs 2 und Abs 3 (zu ergänzen: zweiter und dritter Deliktsfall) StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt zwei im Jahr 1989 in Deutschland durch Einbruch gestohlene Kraftfahrzeuge, nämlich einen PKW der Marke Porsche 928 S im Wert von 364.000 S und einen Golf GTI im Wert von 71.500 S vorsätzlich an sich gebracht, wobei ihm alle die Vortat zum Einbruchsdiebstahl qualifizierenden Umstände bekannt waren und er überdies nach den Urteilsannahmen in der Absicht handelte, sich durch wiederkehrende Tatbegehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Z 5, 9 lit c (der Sache nach Z 9 lit a) und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der teilweise Berechtigung zukommt.
Soweit sich die Mängelrüge auf den Grundtatbestand der Hehlerei bezieht, wird ein dem Urteil anhaftender Begründungsmangel nicht nachgewiesen. Aus der Gesamtheit der Urteilsgründe ergibt sich nämlich mit ausreichender Deutlichkeit, daß das erkennende Gericht die Feststellung der Kenntnis des Angeklagten von den Modalitäten der Vortat insbesondere auf das Gutachten des kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigen Ing. Gerhard Lippitsch und auf die weiteren Urteilsannahmen stützte, wonach es sich bei den beiden vom Angeklagten erworbenen und später von ihm selbst bzw. seiner ehemaligen Lebensgefährtin benützten Kraftfahrzeugen der Marken Porsche 928 S und Golf GTI um die im Jahr 1989 in Deutschland gestohlenen Kraftfahrzeuge handelte und der Ankauf zweier gleichartiger Havariefahrzeuge durch den Angeklagten in Österreich nur dazu diente, die gestohlenen Kraftfahrzeuge nach entsprechender Adaptierung unter Verwendung der Fahrzeugdaten und -dokumente der Havariefahrzeuge im Inland polizeilich anmelden zu können. Der daraus von den Tatrichtern ersichtlich abgeleitete Schluß, daß eine derartige Handlungsweise nur von einer Person gesetzt wird, die eine diebische Herkunft des Kraftfahrzeuges zumindest ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet, ist denkrichtig und steht in Einklang mit der forensischen Erfahrung. Die vom Angeklagten vermißte nähere Begründung dafür, wie er in den Besitz der (in Deutschland gestohlenen) Kraftfahrzeuge gelangt sei, war demgegenüber mangels Entscheidungswesentlichkeit entbehrlich, weil der Hehler lediglich - wie hier - mit bedingtem Vorsatz von einer hehlereibegründenden Vortat, durch die der Vortäter die Sache erlangt hat, ausgehen muß. Den Vortäter, das Tatopfer oder die näheren Umstände der Vortat zu kennen, ist für den Grundtatbestand indes ohne Bedeutung (Leukauf-Steininger Komm3, § 164 RN 24 und 29). Wenn der Angeklagte mit dem an sich richtigen Hinweis, daß im Urteil der Ankaufszeitpunkt des havarierten PKWs Porsche bei der Firma Porsche Leasing (richtig: Liesing) in Wien fälschlich mit Juni 1992 (statt richtig Juni 1991) angegeben ist, eine Aktenwidrigkeit behauptet, kann ihm nicht gefolgt werden, weil - wie die Nichtigkeitsbeschwerde im übrigen selbst einräumt - diesbezüglich eindeutig bloß ein Schreibfehler vorliegt, woraus ein Begründungsmangel nicht abgeleitet werden kann.
In der Rechtsrüge (9 lit c, der Sache nach 9 lit a) wird unter Übergehung der ausreichenden Urteilsannahmen (US 1 verso und 5 verso unten) das Fehlen von Feststellungen zur subjektiven Tatseite behauptet und damit die Rechtsrüge nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung gebracht.
Hingegen ist die Beschwerde mit den Ausführungen zur Subsumtionsrüge (Z 10) insofern im Recht, als die eine gewerbsmäßige Begehung der Hehlerei betreffenden Urteilsfeststellungen tatsächlich nur unzureichend mit der wiederholten Tatbegehung begründet werden (US 6). Es steht nach dem angefochtenen Urteil nicht einmal fest, wann und unter welchen Umständen der Angeklagte die beiden in Deutschland gestohlenen Kraftfahrzeuge erworben hat, sodaß schon die Annahme der Tatwiederholung unbegründet blieb. Andererseits kann selbst bei Annahme einer (hier bloß einmaligen) Tatwiederholung mangels Fehlens jeglicher Feststellungen über die Erwerbsmodalitäten und die allfälligen Verwertungsmöglichkeiten (auch für andere gestohlene Kraftfahrzeuge) nach den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung ein Schluß auf die zu begründende Tatsache, der Angeklagte habe beabsichtigt, sich durch wiederholte Begehung derartiger Straftaten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nicht gezogen werden. Dies umso weniger, als selbst nach den Urteilsannahmen nicht einmal eine Verwertung der verfahrensgegenständlichen PKW stattfand, der Angeklagte vielmehr den PKW Porsche selbst verwendete und den PKW VW Golf seiner damaligen Lebensgefährtin unentgeltlich zur Verwendung überließ.
Nur der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, daß auch Feststellungen über die Kenntnis des Angeklagten von der Herkunft des PKW Golf durch einen Einbruchsdiebstahl dem angefochtenen Urteil nicht entnommen werden können. Dieser Mangel wirkt sich jedoch nicht zum Nachteil des Beschwedeführers aus, weil die Qualifikation nach dem dritten Fall des § 164 Abs 3 StPO in Ansehung des aus einem Einbruchsdiebstahl erlangten PKW Porsche mit Recht angenommen wurde, zumal die dafür maßgebende Feststellung dem angefochtenen Urteil mit hinlänglicher Klarheit und unter Hinweis auf die beim PKW Porsche 928 S erforderlichen Umbauarbeiten am Tür- und Zündschloß inklusive der Lenkradsperre auch mit ausreichender Begründung zu entnehmen ist.
Da die aufgezeigten Mängel des angefochtenen Urteiles in bezug auf die Qualifikation der gewerbsmäßigen Begehung der Hehlerei gemäß dem § 285 e StPO zur Aufhebung des Urteils in diesem Ausspruch führen mußten, die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung sohin nicht zu vermeiden war und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache noch nicht einzutreten hatte, war in diesem Umfang bei der nichtöffentlichen Beratung mit Aufhebung des von diesen Mängeln betroffenen Teiles des Urteils und im Zusammenhang damit des Strafausspruchs und des zugehörigen Widerrufsbeschlusses vorzugehen.
Im übrigen war die sonst teilweise unbegründete, teilweise nicht den Prozeßgesetzen gemäß ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten nach dem § 285 d ebenfalls schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Der Angeklagte war daher mit seinen den Strafausspruch betreffenden Rechtsmitteln auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.