10ObS192/93 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Bauer als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Fritz Stejskal (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr.Peter Fischer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Alexandros T*****, vertreten durch Dr.Elisabeth Petritsch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, wegen Alterspension infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28.Juni 1993, GZ 32 Rs 52/93-30, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 18.November 1992, GZ 27 Cgs 530/92-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 23.9.1991 stellte der Kläger, ein griechischer Staatsangehöriger, bei der griechischen Verbindungsstelle den Antrag auf eine (österreichische) Alterspension.
Die Beklagte wies den Pensionsantrag mit Bescheid vom 17.8.1992 mit der Begründung ab, daß der Kläger in der österreichischen Pensionsversicherung keine Versicherungszeiten erworben habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die erkennbar auf die abgewiesene Leistung gerichtete Klage, die sich im wesentlichen auf die im Verfahren vor dem Pensionsversicherungsträger erwähnten Tätigkeiten des Klägers im Zusammenhang mit seiner Anhaltung im Gefängnis in Göllersdorf stützt. Der Kläger habe 35 Dienstjahre (in Griechenland) und sei 20 Jahre Direktor öffentlicher Kassen gewesen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger habe in der österreichischen Pensionsversicherung keine Versicherungszeiten erworben, weshalb die Wartezeit nicht erfüllt sei. Die Zeit, in der sich der Kläger als Kriegsgefangener in einem Lager in Göllersdorf befunden habe, sei keine Ersatzzeit nach § 228 Abs 1 Z 1 lit a ASVG, weil ihr keine Beitrags- oder Ersatzzeit vorangehe oder nachfolge. Das österreichisch-griechische Abk über soziale Sicherheit sei nicht anwendbar, weil der Kläger vom griechischen Pensionsversicherungsträger eine Pension nach den Vorschriften über die Staatsbeamten erhalte.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren, "die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei ab 1.10.1991 eine Alterspension im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren," ab.
Es stellte fest, daß der am 14.11.1909 geborene Kläger zum Stichtag, dem 1.10.1991 in der österreichischen Pensionsversicherung keine Versicherungszeiten erworben hat. Er befand sich vom 20.7.1944 bis 20.4.1945 als Kriegsgefangener in einem Lager in Göllerdorf in Österreich. Dieser Zeit ging keine Beitrags- oder Ersatzzeit vor oder nach. Der Kläger erhält eine griechische Pension gemäß den Bestimmungen für Staatsangestellte.
Nach der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes könnten die in Griechenland erworbenen Versicherungsmonate nicht berücksichtigt werden, weil das Pensionssystem der Staatsangestellten vom Abk nicht erfaßt sei. Mit den bis zum Stichtag erworbenen 26 (?) Beitragsmonaten (?) sei die Wartezeit nicht erfüllt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und "bestätigte das angefochtene Urteil mit der Maßgabe, daß der Spruch noch zusätzlich zu lauten habe: Das Begehren, die Zeit vom 10.7.1944 bis 8.5.1945 als Versicherungszeit für die Alterspension festzustellen, wird zurückgewiesen".
Der Kläger habe beim griechischen Versicherungsträger einen Antrag auf Gewährung einer Alterspension in Österreich gestellt und diesen Antrag in der Folge mehrfach schriftlich wiederholt. Darüber habe die Beklagte bescheidmäßig abgesprochen. Nur dieser Bescheid könne Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens sein. Richtig sei, daß der Kläger sein Klagebegehren iS der Anerkennung der Zeit vom 10.7.1944 bis 8.5.1945 als Pensionszeit richtiggestellt und das Erstgericht nur über den Anspruch auf Gewährung einer Alterspension, nicht aber über das Feststellungsbegehren spruchmäßig abgesprochen habe. Da jedoch ohne bescheidmäßige Erledigung eines Feststellungsbegehrens über Versicherungszeiten ein Leistungsstreitverfahren nicht zulässig sei, sei das angefochtene Urteil mit der Maßgabe zu bestätigen gewesen, daß das Feststellungsbegehren zurückgeweisen werde. Dieses Begehren wäre auch materiell nicht berechtigt, da keine Rechtsgrundlage für die Feststellung von Kriegsgefangenenzeiten als Versicherungszeiten bestehe. Die Begünstigungsbestimmungen der §§ 500 f ASVG seien auf ausländische Kriegsgefangene, mögen sie auch im Inland interniert gewesen sein, nicht anwendbar. Das Erstgericht habe auch richtig erkannt, daß das Abk nicht anwendbar sei. Die Behauptung, der Kläger habe neben seiner Tätigkeit als Staatsbeamter in Griechenland noch weitere griechische Versicherungszeiten erworben, sei durch nichts begründet. Aus dem Pensionsakt ergebe sich vielmehr eindeutig das Gegenteil. Die Unterlassung der Vernehmung des Klägers bilde keinen Verfahrensmangel. Auch die Beweisrüge sei nicht berechtigt.
Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die nicht beantwortete Revision des Klägers mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben, die Rechtssache an das Berufungs- oder Erstgericht zurückzuverweisen und diesem eine neuerliche Entscheidung über den Antrag auf Gewährung der Alterspension nach Verfahrensergänzung aufzutragen.
Das Rechtsmittel bekämpft, wie sich aus seiner Begründung und seinem Antrag ergibt, nur die Bestätigung des das Klagebegehren auf Leistung einer Alterspension abweisenden erstgerichtlichen Urteiles, nicht aber die - einen Beschluß darstellende - Zurückweisung des Feststellungsbegehrens durch das Berufungsgericht und wurde daher vom Kläger zutreffend als Revision bezeichnet.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nach § 46 Abs 3 ASGG auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1 leg cit zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
Die im Zusammenhang mit der Unterlassung der Vernehmung des Klägers als Partei geltend gemachte Mangelhaftigkeit (§ 503 Z 2 ZPO) liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 leg cit). Dieser angebliche Mangel des Verfahrens erster Instanz wurde bereits in der Berufung behauptet, vom Berufungsgericht aber verneint und darf daher auch in einer sozialgerichtlichen Revision nicht neuerlich gerügt werden (stRsp des erkennenden Senates, zB SSV-NF 6/28 mwN; zuletzt 24.8.1993, 10 Ob S 134/93 unter Hinweis auf Ballon in Matscher-FS (1993) 15 f).
Der unter dem einzigen benannten Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit unternommene Versuch, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichtes zu bekämpfen, muß daran scheitern, daß die Beweisrüge in der abschließenden Aufzählung der zulässigen Revisionsgründe im § 503 ZPO fehlt.
Abschließend sei bemerkt:
Selbst wenn der Kläger nach den Rechtsvorschriften beider Vertragsstaaten des Abk zwischen der Republik Österreich und der Hellenischen Republik über Soziale Sicherheit vom 14.12.1979 BGBl 1981/420 idF d. Zusatzabkommens vom 21.5.1986 BGBl 1987/381 Versicherungszeiten erworben hätte und diese nach Art 15 des Abk für den Erwerb eines Leistungsanspruches zusammenzurechnen wäre, so könnte nach den Behauptungen des Klägers nach den österreichischen Rechtsvorschriften höchstens die Zeit vom 17.7.1944 bis 8.5.1945, das sind also höchstens zehn Versicherungsmonate iS des § 231 ASVG, berücksichtigt werden. Selbst in diesem Fall würde gemäß Art 16 Abs 3 des Abk nach den österreichischen Rechtsvorschriften keine Leistung gewährt, weil die nach diesen Rechtsvorschriften zu berücksichtigenden Versicherungszeiten insgesamt nicht zwölf Monate für die Berechnung der Leistung erreichen würden.
Das angefochtene Urteil war daher zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
