10ObS160/93 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Josef Fellner und Mag.Kurt Resch (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ing.Christian B*****, Techniker, ***** vertreten durch Dr.Hans Pritz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vertreten durch Dr.Karl Leitner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung der Erwerbsunfähigkeit, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5.Mai 1993, GZ 32 Rs 26/93-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 15.September 1992, GZ 2 Cgs 1/92-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht wies das auf Feststellung der Erwerbsunfähigkeit gerichtete Klagebegehren ab. Es stellte fest, daß der am 4.9.1957 geborene Kläger noch leichte Arbeiten im Sitzen und im Gehen in der normalen Arbeitszeit mit den üblichen Pausen verrichten kann. Ein regelmäßiger Haltungswechsel ist nötig. Die Beine sollten dreimal während eines Achtstundentages für jeweils 15 Minuten hochgelagert werden. Wärmeeinwirkung ist zu vermeiden, Arbeiten unter Tischhöhe scheiden aus. Das Tragen von elastischen Gummistrümpfen ist geboten. Der Kläger kann zwar nicht seinen bisherigen Beruf als selbständiger Unternehmer in der EDV-Programmierung und Programmgestaltung ausüben, jedoch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in verschiedenen Berufen wie Portier in Fabriken, Ämtern, Geschäftshäusern und dergleichen, Aktenträger und Werkstättenschreiber tätig sein. In diesen Berufen ist ein annähernd regelmäßiger Haltungswechsel zwischen Sitzen und Gehen möglich; das Hochlagern der Beine wird von Arbeitgebern für die erforderten kurzen Zeiträume toleriert. Rechtlich folgerte das Erstgericht aus diesen Feststellungen, daß der Kläger nicht erwerbsunfähig im Sinne des § 133 Abs 1 GSVG sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es verneinte das Vorliegen der gerügten Verfahrensmängel und trat der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes bei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.
Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache macht der Kläger geltend, das Erfordernis des Hochlagerns der Beine erfordere besondere Arbeitspausen und eine besondere Körperhaltung, damit ein besonderes Entgegenkommen des Arbeitgebers und führe zum Ausschluß vom Arbeitsmarkt. Er läßt aber die gegenteiligen Feststellungen des Erstgerichtes außer Acht, wonach das Hochlagern der Beine im geforderten Ausmaß von Arbeitgebern toleriert wird. Ob besondere gesundheitsbedingte Vorkehrungen im Arbeitsleben toleriert werden, ist entgegen der Ansicht des Revisionswerbers Tat- und nicht Rechtsfrage. Hingegen ist den Feststellungen nicht zu entnehmen, daß der Kläger besondere, über die gesetzlichen Arbeitspausen hinausgehende Pausen einhalten muß. Es besteht vielmehr kein Zweifel, daß er zumindest den Verweisungsberuf eines Portiers ausüben kann. Die Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 133 Abs 1 GSVG ist an strengere Voraussetzungen geknüpft als die Invalidität in der Pensionsversicherung der Arbeiter oder die Berufsunfähigkeit in der Pensionsversicherung der Angestellten; sie erfordert die gänzliche Unfähigkeit, einem regelmäßigen - selbständigen oder unselbständigen - Erwerb nachzugehen und sieht keine Einschränkung dahin vor, daß die Verweisungstätigkeit dem Versicherten im Hinblick auf die bisher ausgeübte Tätigkeit auch zumutbar sein müsse (SSV-NF 4/81 mwN). Von einer gänzlichen Erwerbsunfähigkeit des Klägers ist ungeachtet seiner gesundheitsbedingten Einschränkungen keine Rede.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.