JudikaturOGH

10ObS69/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Juni 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Norbert Schweitzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gerhard Bock (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Friedrich J*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Helmut Winkler, Dr. Otto Reich-Rohrwig und Dr. Udo Elsner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, wegen Höhe der Witwerpension, infolge Revision der klagendenPartei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. Dezember 1992, GZ 34 Rs 132/92-10 , womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 1. April 1992, GZ 24 Cgs 125/91-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Oberste Gerichtshof stellt beim Verfassungsgerichtshof den

Antrag,

Artikel II Abs 8 der 36. ASVG-Novelle, BGBl 1981/282, idF des Artikel V Abs 1 der 40. ASVG-Novelle, BGBl 1984/484, als verfassungswidrig aufzuheben.

Text

Begründung:

Mit Bescheid der beklagten Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 21.2.1983 wurde dem Kläger ab 1.2.1983 nach seiner am 19.1.1983 verstorbenen Gattin gemäß § 258 Abs 1 ASVG eine Witwerpension zuerkannt. Er erhielt jedoch zunächst nur ein Drittel und ab l.l.l989 zwei Drittel des sich unter Anwendung der entsprechenden Bemessungsbestimmungen ergebenden Betrages an Witwerpension ausgezahlt. Am 13.9.1991 beantragte er die rückwirkende Erhöhung der Witwenpension ab 1.1.1989 auf die volle Höhe. Zur Begründung führte er aus, die Bestimmung, wonach einem Witwer lediglich zwei Drittel der Pension zustünden, die einer Witwe unter gleichen Umständen zu zahlen wäre, sei spätestens seit 1.1.1989 verfassungswidrig. Die beklagte Partei lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 25.10.1991 ab und verwies auf die Bestimmungen des Art II Abs 8 der 36. ASVG-Novelle idF der 40. ASVG-Novelle. Danach gebühre eine gemäß § 258 Abs 1 ASVG zuerkannte Witwerpension ab 1.6.1981 zu einem Drittel, ab 1.1.1989 zu zwei Dritteln und erst ab 1.1.1995 in der vollen Höhe des sich unter Anwendung der entsprechenden Bemessungsbestimmungen ergebenden Betrages.

Mit der vorliegenden, fristgerecht erhobenen Klage begehrt der Kläger die rückwirkende Erhöhung seiner Witwenpension auf die volle Höhe ab 1.1.1988. Es sei nicht einsichtig, daß für ihn die ungünstigeren Bestimmungen des ASVG anzuwenden seien, während gemäß § 15 Abs 1 des Pensionsgesetzes 1965 einem Witwer 60 % des Ruhegenusses der verstorbenen beamteten Versicherten zustünden. Er erachte die betreffende Bestimmung des ASVG, wonach erst ab 1.1.1995 die Witwerpension mit jener der Beamten gleichrangig sei, als verfassungswidrig.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Abgesehen davon, daß die behauptete Verfassungswidrigkeit vom angerufenen Gericht nicht geprüft werden dürfe, liege sie deshalb nicht vor, weil die Pensionsregelungen in den einzelnen Sozialversicherungssystemen unterschiedlich seien und daher einzelne unterschiedliche Regelungen im Sinne der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht das Gewicht von Verfassungswidrigkeiten bekämen, zumal immer wieder auch ungünstigere Abweichungen auf einem Gebiet durch günstigere Regelungen auf einem anderen Gebiet ausgeglichen würden. Die vom Kläger als verfassungswidrig bezeichnete Gesetzesstelle solle gerade die Angleichung der Höhe der Witwerpension herbeiführen; eine die Anpassung herbeiführende Rechtsnorm widerspreche nicht dem Gleichheitsgrundsatz, wenn sie diese Angleichung stufenweise herbeiführe. Selbst der Verfassungsgerichtshof könne für die Änderung der Rechtslage und die Herstellung einer verfassungskonformen Rechtslage dem Gesetzgeber eine Frist für eine Neuregelung bestimmen. Auch in diesem Fall werde für die Herbeiführung einer verfassungskonformen Rechtslage eine Übergangszeit gewährt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren für den Zeitraum 1.1. bis 31.12.1988 mangels Vorliegens einer bescheidmäßigen Erledigung hierüber zurück und im übrigen (also ab 1.1.1989) ab. In rechtlicher Hinsicht führte es zur Abweisung aus, daß die Auszahlung der Witwenpension ab 1.1.1989 in der Höhe von zwei Dritteln dem Gesetz entspreche, das eine Witwerpension in voller Höhe erst ab 1.1.1995 vorsehe. Die behauptete Verfassungswidrigkeit könne von einem Gericht erster Instanz nicht überprüft werden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Zu Unrecht argumentiere der Kläger, die etappenweise Angleichung der Witwerpension an die Witwenpension überschreite den dem Gesetzgeber eingeräumten angemessenen Zeitraum. Die 36. ASVG-Novelle habe die Anspruchsvoraussetzungen für die Witwenpension und die Witwerpension völlig angeglichen. Selbst der Übergangszeitraum, der durch die 40. ASVG-Novelle auf etwa 15 Jahre verlängert worden sei, sei nicht bedenklich, auch darin sei ein allmählicher Abbau der Ungleichbehandlung zu erblicken, wie er von der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs grundsätzlich gebilligt werde. Ziehe man in Betracht, daß der Kläger im klagsgegenständlichen Zeitraum bereits zwei Drittel der nach Ablauf des Stufenplanes vorgesehenen Leistung beziehe, könne keine Rede davon sein, daß die Stufenregelung so lange erstreckt werde, daß sie für ihn praktisch nicht mehr relevant sei. Das Berufungsgericht sah sich daher nicht veranlaßt, die Überprüfung der einschlägigen Bestimmungen beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Antrag, nach Überprüfung der Verfassungsgemäßheit des Art II Abs 8 der 36.ASVG-Nov idF des Art V Abs 1 der 40.ASVG-Nov das angefochtene Urteil im klagestattgebendem Sinn abzuändern.

Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nach § 46 Abs 3 ASGG jedenfalls zulässig; sie ist auch rechtzeitig.

Einer sachlichen Erledigung dieses Rechtsmittels steht jedoch vorerst entgegen, daß der Oberste Gerichtshof gegen die von ihm anzuwendende zitierte Bestimmung folgende verfassungsrechtliche Bedenken hat:

Nach § 259 Abs 1 ASVG idF des Art XIV Z 5 des Bundesgesetzes über Änderungen des Ehegattenerbrechts, des Ehegüterrechts und des Ehescheidungsrechts, BGBl 1978/280, bestand der Anspruch eines Ehemannes auf Witwerpension nur, wenn die versicherte Ehefrau "seinen Lebensunterhalt überwiegend bestritten hat und er im Zeitpunkt ihres Todes erwerbsunfähig und bedürftig ist, solange diese beiden Voraussetzungen zutreffen." Der Verfassungsgerichtshof hob mit

Erkenntnis vom 26.6.1980, G 6/79 ua (VfSlg 8871/1980 = ZAS 1980, 220

= SozSi 1980, 349 = JBl 1981, 144 ua) diese unter Anführungszeichen

gesetzte Wortfolge als verfassungswidrig auf. Die Aufhebung sollte mit Ablauf des 26.6.1981 in Kraft treten, doch wurde § 259 ASVG durch die 36. Novelle bereits mit 1.6.1981 aufgehoben. Dieses Erkenntnis wurde im wesentlichen damit begründet, daß die Beibehaltung der unterschiedlichen Voraussetzungen für die Ansprüche auf Witwenpension und jene auf Witwerpension in der damaligen Gestalt nicht zu rechtfertigen seien und dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz widerspreche. Der Gesetzgeber sei allerdings nicht gehalten, die Witwerpension in allen Fällen zu gewähren oder die Witwenpension an die derzeit für die Witwerpension bestehenden Voraussetzungen zu binden, er müsse aber auch nicht unbedingt eine für beide Geschlechter gleicherweise geltende dritte Lösung finden. Unter den gegebenen Umständen könnte auch eine Gestaltung nicht als unsachlich angesehen werden, die sich unter Bedachtnahme auf die langfristigen Auswirkungen des Sozialversicherungsrechts auf einen allmählichen Abbau der Ungleichbehandlung beschränke.

Der Gesetzgeber wählte daraufhin die vom Verfassungsgerichtshof aufgezeigte Etappenlösung im Sinne eines gestaffelten Wirksamwerdens des § 258 Abs 1 Z 2 ASVG idF der 36. ASVG-Nov, die den Anspruch des Witwers auf Witwerpension nach dem Tod der versicherten Ehegatten ohne zusätzliche Voraussetzungen vorsieht. Art II Abs 8 dieser Novelle bestimmte jedoch, daß die Witwerpension ab 1.6.1981 zu einem Drittel, ab 1.1.1985 zu zwei Dritteln und erst ab 1.1.1989 in voller Höhe gebühre (vgl RV 671 BlgNR 15.GP, 7 ff bes 14 und 15; dazu auch Meisel, Die neue Witwerpension in der Sozialversicherung, ÖJZ 1981, 617 ff).

Durch Art V Abs 1 der 40. ASVG-Nov, BGBl 1984/484 wurde im Art II Abs 5 und 8 der 36. ASVG-Nov der Ausdruck "1. Jänner 1985" durch den Ausdruck "1. Jänner 1989" und der Ausdruck "1. Jänner 1989" durch den Ausdruck "1. Jänner 1995" ersetzt. Durch diese Regelung sollte die in der 36. ASVG-Nov vorgesehene zweite und dritte Etappe des Wirksamwerdens der Witwerpension aufgeschoben werden: Die Erhöhung der Witwerpension auf zwei Drittel sollte am 1.1.1989, die Witwerpension in voller Höhe erst am 1.1.1995 in Kraft treten. Nach den Erläuterungen zur RV handelte es sich hiebei um eine Maßnahme zur finanziellen Entlastung des Bundeshaushaltes im Bereich der Pensionsversicherung; andere Gründe für diese Änderung wurden nicht angegeben (327 BlgNR 16.GP 16 ff, bes 26). Gegen diese die Gleichheit von Witwen- und Witwerpension erst langfristig erreichende Lösung bestehen ungeachtet der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs, eine Gestaltung könne sich auf einen allmählichen Abbau der Ungleichbehandlung beschränken, verfassungsrechtliche Bedenken aus dem Aspekt des Gleichheitssatzes.

Wie Tomandl (Bemerkungen zum Witwerpensions-Erkenntnis des VfGH, ZAS 1980, 203 ff[209]) ausgeführt hat, war dem Verfassungsgesetzgeber durchaus bewußt, daß die Aufhebung eines Gesetzes schwierige Probleme aufwerfen kann. Der Bundesverfassungsgesetzgeber hat diesem Bedürfnis dadurch Rechnung getragen, daß er im Art 140 Abs 5 B-VG dem Verfassungsgerichtshof das Recht einräumte, dem Gesetzgeber eine Frist zur Sanierung verfassungwidriger Bestimmungen zu setzen, dabei diese Frist aber nach oben hin mit einem Jahr begrenzt und damit klar zum Ausdruck gebracht, daß er eine als verfassungswidrig befundene Gesetzesbestimmung höchstens für ein Jahr zu tolerieren bereit ist; innerhalb dieser Frist hat der Gesetzgeber für eine verfassungskonforme Regelung Sorge zu tragen. Es bestehen Bedenken dagegen, diese Jahresfrist dadurch zu unterlaufen, daß der Gesetzgeber zwar binnen Jahresfrist eine Neuregelung vornimmt, die aber langfristig zu einem gleichheitsgemäßen Ergebnis führt. Dem wurde allerdings von Rebhahn (Gleichheitssatz und Witwerpension, DRdA 1981, 111 ff[123ff]) entgegengehalten, daß der Verfassungsgerichtshof zu Recht Übergangslösungen großzügiger behandelt als Dauerlösungen und daß für Überleitungsbestimmungen der Prüfungsmaßstab lockerer sein dürfe als bei Dauerlösungen, und zwar nicht nur, weil die Überleitungsbestimmungen bloß vorübergehenden Charakter haben, sondern vor allem, weil sie notwendig auf zwei Rechtslagen - die alte und die neue - Bezug nehmen müssen. Ein bloß schrittweises Erreichen einer gleichheitskonformen Dauerlösung sei mit dem Gleichheitssatz vereinbar und widerspreche auch nicht der im Art 140 B-VG vorgesehenen Maximalfrist von einem Jahr, weil diese Gesetzesstelle nur verbiete, als verfassungswidrig erkannte Lösungen durch länger als ein Jahr aufrecht zu erhalten. Diese Ausführungen (denen sich auch Meisel, aaO, 619 f angeschlossen hat; vgl. auch Schäffer in Tomandl [Hrsg.], Verfassungsrechtl. Probleme des SozVersR 17), sind nicht geeignet, die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine langfristige Herbeiführung einer dem Gleichheitssatz entsprechenden Regelung zu zerstreuen. Die Bedenken werden vielmehr dadurch verstärkt, daß die stufenweise Anpassung der Witwerpension zudem völkerrechlichen Verpflichtungen Österreichs widerspricht: Nach der Entscheidung des UN-Ausschusses für Menschenrechte vom 26. März 1992, Beschwerde Nr. 415/1990 (Übersetzung in der EuGRZ 1992, 344) verletzt die österreichische Witwerpensions-Übergangsregelung das Recht auf Gleichheit gemäß Art 26 des internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR), der in Österreich am 10. März 1988 in Kraft getreten ist. In dieser Entscheidung heißt es unter anderem:

"Der Ausschuß wiederholt seine ständige Rechtsprechung, wonach das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf gleichen Schutz durch das Gesetz ohne jede Diskriminierung nicht jede unterschiedliche Behandlung zur Diskriminierung macht. Eine Unterscheidung, die auf vernünftigen und objektiven Kriterien beruht, ist keine verbotene Diskriminierung im Sinn von Art 26. Zur Entscheidung der Frage, ob das österreichische Pensionsgesetz in seiner Anwendung auf den Beschwerdeführer auf unvernünftigen und unobjektiven Kriterien beruhte, weist der Ausschuß darauf hin, daß das österreichische Familienrecht beiden Ehegatten gleiche Rechte und Pflichten hinsichtlich ihres Einkommens und der wechselseitigen Unterhaltspflichten auferlegt. Das Pensionsgesetz idF vom 22.10.1985 sieht demgegenüber volle Pensionsansprüche für Witwer nur dann vor, wenn sie über kein anderes Einkommen verfügen; dieses Einkommenserfordernis gilt für Witwen nicht. Auf Grund des genannten Gesetzes werden Witwer erst ab 1. Januar 1995 ein Recht auf volle Pensionsbezüge in völliger Gleichheit mit Witwen haben. Das bedeutet, daß Männer und Frauen, deren Sozialverhältnisse ähnlich sind, ausschließlich auf Grund ihres Geschlechts unterschiedlich behandelt werden. Eine derartige Unterscheidung ist nicht sachlich gerechtfertigt, was vom Vertragsstaat implizit zugegeben wurde, wenn er die Erreichung voller Gleichheit von Männern und Frauen im Jahr 1995 als das letztliche Ziel dieser Gesetzgebung bezeichnet hat. Gemäß Art 5 Abs 4 des Fakultativprotokolls kommt der Menschenrechtsausschuß zur Auffassung, daß die Anwendung des österreichischen Pensionsgesetzes auf den Beschwerdeführer nach dem 10. März 1988, dem Tag des Inkrafttretens des Fakultativprotokolls für Österreich, diesen insofern in seinem Recht gemäß Art 26 des internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte verletzte, als ihm als Witwer die vollen Pensionsbezüge im gleichen Ausmaß wie Witwen vorenthalten wurden."

Für Österreich ergibt sich aus dieser Entscheidung die Notwendigkeit, die letzten ausschließlich geschlechtsspezifischen Unterschiede im Pensionsgesetz wie in anderen sozialrechtlichen Gesetzen unverzüglich zu eliminieren. Sollte dies zu unüberwindlichen budgetären Problemen führen, wäre (allenfalls) eine entsprechende einkommensorientierte Abstufung, sofern sie für Witwen und Witwer gleichermaßen angewendet wird, ein möglicher Ausweg (Nowak in seiner Entscheidungsanmerkung EuGRZ 1992, 346; vgl auch Pauger in ZAS 1992, 145 und Tomandl, Ungleiches Pensionsalter, ecolex 1993, 102 f).

Der Verfassungsgerichtshof hat zu diesen Bedenken gegen die nur etappenweise und nicht sofort herbeigeführte Gleichstellung von Witwer und Witwe bisher nicht Stellung genommen, so daß auch nicht ausgeschlossen werden kann, daß er von seiner Ansicht, ein allmählicher Abbau der Ungleichbehandlung sei nicht unsachlich, möglicherweise wieder abrücken könnte. Die aufgezeigten Bedenken rechtfertigen jedenfalls den Antrag auf Überprüfung der anzuwendenden Norm auf ihre Verfassungsgemäßheit. In diesem Sinn führt auch der Revisionswerber aus, gegen diesen Etappenplan bestünden neuerlich verfassungsrechtliche Bedenken, weil die vom Verfassungsgerichtshof aufgezeigte Ungleichbehandlung, somit der Verstoß gegen das Gleichheitsgebot, tatsächlich bestehen bleibe, wenn eine Übergangsregelung derart in die Länge gezogen werde, daß von einer zügigen Anpassung der Rechtslage an die vom Verfassungsgerichtshof vorgezeigte Gesetzeslinie nicht mehr gesprochen werden könne. Wenn diese Etappenregelung derart verzögert werde, daß die Beseitigung des verfassungswidrigen Zustands erst 15 Jahre nach Fällung des gegenständlichen Erkenntnisses eintrete, sei diese Vorgangsweise des Gesetzgebers erneut gleichheitswidrig. Durch die Verlängerung der Etappenlösung in Form eines Hinausschiebens des Eintrittes der einzelnen Etappen erreiche der Gesetzgeber, daß für viel weniger Personen, die an sich anspruchsberechtigt wären, die dem Gleichheitssatz entsprechende Lösung eintrete. Eine Budgetbelastung, die zur Änderung des Stufenplanes veranlaßte, sei jedenfalls kein ausreichendes Argument für eine sachliche Differenzierung. Der Oberste Gerichtshof tritt diesen vom Revisionswerber aufgezeigten Bedenken bei.

Dazu kommt noch, daß durch die auf lange Zeit hinausgeschobene Etappenregelung auch eine sachlich nicht begründete Ungleichbehandlung von Witwern bewirkt wird, je nachdem, in welche Etappe ihr Stichtag auf Witwerpension fällt.

Zusammenfassend ist der Oberste Gerichtshof daher der Ansicht, daß gegen den von ihm anzuwendenden Art II Abs 8 der 36.ASVG-Nov idF der

40. ASVG-Nov aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit (Gleichheitswidrigkeit) Bedenken bestehen, die ihn gemäß § 89 Abs 2 B-VG verpflichten, beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Aufhebung der zitierten Bestimmung zu stellen.

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