7Ob547/93 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Ing.Josef H*****, wegen freiwilliger Feilbietung einer Liegenschaft infolge Revisionsrekurses der Sonja H*****, vertreten durch Dr.Anton Pokorny, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 3.März 1993, GZ 47 R 11/93-24, womit der Rekurs der Sonja H***** gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 24.Juli 1992, GZ 3 Nc 147/92-9, zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der Antragsteller begehrte die freiwillige Feilbietung seines Hälfteanteiles an der Liegenschaft EZ 1016 der KatGem. Untersievering. Bei der am 14.7.1992 vom öffentlichen Notar Dr.Gerhard G***** als Gerichtskommissär durchgeführten freiwilligen Versteigerung wurde diese Liegenschaftshälfte den Bietern Peter B***** und Josef R***** um das Meistbot von S 5,5 Mill. zugeschlagen.
Mit Beschluß vom 24.7.1992 nahm das Erstgericht die Erteilung des Zuschlages zur Kenntnis und kündigte die Ausfertigung einer Amtsurkunde nach Erfüllung aller Versteigerungsbedingungen zur Einverleibung des Eigentumsrechtes der Ersteher an.
Mit einstweiliger Verfügung des Erstgerichtes vom 6.8.1992, GZ 7 C 1083/92-4, wurde dem Ing.Josef H***** (= Antragsteller) auf Antrag der Sonja H*****, seiner Ehefrau und Miteigentümerin der Liegenschaft, verboten, seine Liegenschaftshälfte zu veräußern oder zu belasten und die Anmerkung dieses Verbotes im Grundbuch verfügt.
Mit Beschluß vom 18.11.1992 wies das Gericht zweiter Instanz den von Sonja H***** gegen den Beschluß vom 24.7.1992 erhobenen Rekurs mangels Rekurslegitimation als unzulässig zurück, weil dem Miteigentümer einer Liegenschaft grundsätzlich keine Beteiligtenstellung in einem Verfahren nach §§ 267 ff AußStrG zustehe, in dem der Liegenschaftsanteil eines anderen Miteigentümers feilgeboten werde. Es erklärte den Revisionsrekurs für zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob dies auch für den Ehegatten des Antragstellers gelte, wenn sich auf der im Miteigentum beider Ehegatten stehenden Liegenschaft die Ehewohnung befinde.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist gemäß § 14 Abs.1 AußStrG zulässig, aber nicht berechtigt.
Gemäß § 361 ABGB hat jeder Miteigentümer das vollständige Eigentum des ihm gehörenden Teiles. Gemäß § 829 ABGB ist jeder Teilhaber vollständiger Eigentümer seines Anteiles. Insofern er die Rechte seiner Mitgenossen nicht verletzt, kann er denselben oder die Nutzungen davon willkürlich und unabhängig verpfänden, vermachen oder sonst veräußern.
Jedem Teilhaber steht somit das Vollrecht an seinem Anteil zu. Er kann nur seinen - nicht realen, sondern - ideellen Teil nicht mit solchen Rechten belasten, dessen Ausübung eine "reale" Sache erfordert, wie etwa die Einräumung eines Bestandrechtes. Vertragliche oder letztwillige Beschränkungen der Verfügungsmacht des einzelnen Teilhabers sind zwar zulässig und äußern unter der Voraussetzung des § 364c ABGB dingliche Wirkung. Ansonsten aber ist ihm die selbständige Verwertung des Miteigentumsanteiles nicht verwehrt (vgl. Gamerith in Rummel2 I Rz 1 zu § 829 ABGB). Auch die Gläubiger des Teilhabers, soweit es sich um Liegenschaften handelt, können unmittelbar durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung, Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung auf den Liegenschaftsanteil greifen, worauf die Bestimmungen der §§ 87, 97 und 238 EO ausdrücklich hinweisen.
Wie das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausgeführt hat, ist die freiwillige Feilbietung, die gemäß § 267 AußStrG jedem Eigentümer freisteht, ihrem Wesen nach ein Verkauf; sie wird in § 278 AußStrG auch so bezeichnet. Der Zuschlag ist nur der Titel für den Eigentumserwerb (NZ 1933, 199 ua). Zur Übertragung des bücherlichen Eigentums ist die Einverleibung erforderlich, die aufgrund der gemäß § 278 Abs.2 AußStrG auszustellenden Amtsurkunde "über den erfolgten Verkauf" durchzuführen ist.
Wie sich aus den §§ 361 und 829 ABGB ergibt, kann der eine Miteigentümer den Verkauf des Anteiles des anderen Miteigentümers nicht verhindern, wobei es keinen Unterschied macht, ob Verkäufer und Käufer einen Kaufvertrag - ohne Mitwirkung des Gerichtes - schließen oder ob dem Meistbietenden im Rahmen einer freiwilligen Feilbietung der Zuschlag erteilt wird. Die Rechtsfolgen sind in beiden Fällen gleich. Ein zwischen den Miteigentümern vereinbartes Veräußerungsverbot bezüglich der jeweiligen Anteile an der Liegenschaft würde den wirksamen Abschluß eines Kaufvertrages über den Liegenschaftsanteil oder die Zuschlagserteilung im Rahmen der freiwilligen Feilbietung ebensowenig hindern wie das sich aus § 97 ABGB ergebende Verbot, dem Ehepartner (und zugleich allfälligen Miteigentümer) durch den Verkauf des Miteigentumsanteiles die Ehewohnung zu entziehen. Ein vor Verbücherung sowohl des Kaufvertrages als auch der Zuschlagserteilung einverleibtes Veräußerungs- und Belastungsverbot hindert allerdings in beiden Fällen die bücherliche Eigentumsübertragung, nicht jedoch das wirksame Zustandekommen des Titels.
Auch aus den Bestimmungen der EO über das Zwangsversteigerungsverfahren, die gemäß § 272 AußStrG subsidiär auf das Verfahren nach den §§ 267 ff AußStrG anzuwenden sind, ergibt sich keine Verpflichtung, die Miteigentümer nicht zu versteigernder Anteile beizuziehen. Diese sind weder von der Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens noch vom Versteigerungstermin noch von der Zuschlagserteilung zu verständigen (vgl. Heller-Berger-Stix, Kommentar zur EO II, S.1101, 1311).
Einem Miteigentümer kommt daher unabhängig davon, ob es sich hiebei um den Ehepartner handelt und ob sich auf der Liegenschaft, deren Anteil feilgeboten wird, die im § 97 ABGB bezeichnete Wohnung befindet, keine Beteiligtenstellung im Verfahren nach den §§ 267 ff AußStrG, von dem ausschließlich der dem anderen Miteigentümer gehörende Anteil betroffen ist, zu.
Durch diese Erwägungen wird das Recht des Ehepartners (ob dieser nun Miteigentümer der Liegenschaft ist oder nicht), nicht berührt, sich im Rahmen eines Aufteilungsverfahrens nach den §§ 81 ff EheG oder auch im streitigen Rechtsweg, wie etwa durch eine Einrede im Räumungsprozeß, im Teilungsverfahren oder durch Einbringung einer Exszindierungsklage bei Versteigerung der Liegenschaft (vgl. die von Pichler in Rummel2 I in Rz 4 und 6 zu § 97 ABGB angeführten Judikaturbeispiele) und durch Antragstellung nach §§ 381 ff EO zur Wehr zu setzen.