14Os96/93 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Juni 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kobinger als Schriftführerin, in der bei dem Landesgericht Linz (nunmehr) zum AZ 26 E Vr 851/93 anhängigen Strafsache gegen Leopold R***** wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB über die Grundrechtsbeschwerde des Leopold R***** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 4.Mai 1993, AZ 8 Bs 139/93, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Durch den bezeichneten Beschluß wurde Leopold R***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Im Verfahren 21 Vr 851/93 des Landesgerichtes Linz wurde am 13.April 1993 über den Beschuldigten Leopold R***** gemäß § 180 Abs. 2 Z 3 lit. d StPO die Untersuchungshaft verhängt.
Seiner dagegen erhobenen Beschwerde gab die Ratskammer des genannten Gerichtshofes - der Sache nach - nicht Folge (ON 17).
Über die dagegen ergriffene Beschwerde entschied das Oberlandesgericht Linz am 4.Mai 1993 zum AZ 8 Bs 139/93 (ON 26) abschlägig.
Leopold R***** steht - in Übereinstimmung mit dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft Linz vom 14.Mai 1993, über den der Einzelrichter am 1.Juli 1993 die Hauptverhandlung abführen wird - im dringenden Verdacht, das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und Abs. 2 StGB dadurch begangen zu haben, daß er am 11.April 1993 gegen
15.15 Uhr in Leonding (seine Nichte) Katrin R*****, (deren Vater) Dr.Ernst R***** und dessen Familienangehörige mit dem Tod gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er Katrin R***** gegenüber telefonisch äußerte: "Und jetzt bringe ich euch alle um ! Den Vater schieß ich in den Kopf !".
Rechtliche Beurteilung
Gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz richtet sich die (fristgerecht) beim Erstgericht eingebrachte Grundrechtsbeschwerde, in der sich Leopold R***** durch "die Annahme des dringenden Tatverdachtes" sowie durch "die Nichtanwendung gelinderer Mittel" in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit beschwert erachtet.
Dies jedoch zu Unrecht.
Entgegen der Beschwerdebehauptung hat der Gerichtshof zweiter Instanz den dringenden Tatverdacht ausdrücklich auch auf die Aussage der Zeugin Katrin R***** vor dem Untersuchungsrichter (S 81-83) gegründet (vgl. S 2 oben des OLG-Beschlusses). Diese Aussage ist nicht isoliert, sondern im Zusammenhalt mit den Depositionen des Dr.Ernst R***** vor den Sicherheitsbehörden (S 19-21) und vor dem Untersuchungsrichter (ON 9) zu sehen. Nach der maßgebenden Aktenlage stellt sich nicht nur die inkriminierte gefährliche Drohung als hinreichend objektiviert dar, sondern ist auch der Beschwerdeführer - unter Einbeziehung der jahrelang schwelenden und durch den Tod seiner Schwiegermutter im März 1993 wieder aktualisierten Erbschaftsstreitigkeiten als plausibles Motiv - als Anrufer so weit identifiziert, daß das Beschwerdegericht zutreffend zur Annahme gelangen konnte, es liege auf Grund bestimmter Tatsachen ein höherer Grad an Wahrscheinlichkeit vor, daß der Beschuldigte die ihm angelastete Tat begangen habe.
Die in der Grundrechtsbeschwerde dagegen ins Treffen geführten Argumente (Beweiswert der Aussagen der Zeugin Katrin R*****, Zweifel über deren Identifizierung des Anrufers; Behauptung des Vorliegens einer bloßen milieubedingten Unmutsäußerung etc.) sind nicht geeignet, die vom Gerichtshof zweiter Instanz bejahte Intensität des Tatverdachtes zu entkräften. Ob die bislang vorliegenden - die Annahme eines dringenden Tatverdachtes rechtfertigenden - Verfahrensergebnisse auch ausreichen, den Beschwerdeführer im Sinne des gegen ihn erhobenen Strafantrages zu überführen, darf vom Obersten Gerichtshof im Grundrechtsbeschwerdeverfahren nicht geprüft werden, sondern muß nach den das österreichische Strafverfahrensrecht beherrschenden Grundsätzen der Mündlichkeit, Unmittelbarkeit und freien richterlichen Beweiswürdigung ausschließlich dem zur Urteilsfällung berufenen Gericht vorbehalten bleiben (12 Os 13/93 = NRsp 1993/52).
Dem Oberlandesgericht Linz ist auch beizupflichten, wenn es angesichts der in der bekämpften Entscheidung hervorgekehrten Umstände (animose Grundhaltung des Beschuldigten gegenüber Dr.Ernst R***** und dessen Familie; durch Vorstrafen belastete Täterpersönlicheit; bereits länger anhaltende und noch nicht bereinigte Erbschaftsauseinandersetzungen; vom Beschwerdeführer selbst behauptete gute Kontakte zum Milieu [ehemalige Insassen der Strafvollzugsanstalt Stein] und Möglichkeit, sich jederzeit eine Waffe zu besorgen) von einer besonderen Intensität der Ausführungsgefahr gemäß § 180 Abs. 2 Z 3 lit. d StPO ausging und eine Substituierung der Haft durch Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 180 Abs. 5 StPO verneinte. Nach Lage des Falles können auch die in der Beschwerdeschrift unter 5. a-d vorgeschlagenen Maßnahmen (Weisung, mit der Familie Dr.R***** keinen (auch nicht telefonisch) Umgang zu pflegen; deren Wohnort (Linz) nicht zu betreten; Gelöbnis, keine Waffe zu erwerben oder zu besitzen; Bestellung eines Bewährungshelfers) die angestrebte Haftverschonung des Beschwerdeführers nicht rechtfertigen, weil sie die evidente Ausführungsgefahr nicht effektiv hintanzuhalten vermögen.
Da sohin der bezeichnete Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz das Grundrecht des Beschwerdeführers auf persönliche Freiheit nicht verletzt (§ 2 Abs. 1 iVm § 7 GRBG), war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Demzufolge hatte gemäß § 8 GRBG ein Ausspruch über den beantragten Ersatz der Beschwerdekosten zu entfallen.