JudikaturOGH

3Ob55/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. Juni 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*****bank, ***** vertreten durch Dr.Robert Galler, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die verpflichtete Partei Josef Anton H*****, vertreten durch Dr.Reinhold Glaser, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 131.739,20 s.A., infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 1.April 1993, GZ 22 R 733/92-10, womit infolge Rekurses der betreibenden Partei der Beschluß des Bezirksgerichtes Gastein vom 1.Dezember 1992, GZ E 927/91-7, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres unzulässigen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Betreibende beantragte, ihr aufgrund eines Versäumungsurteils des Landesgerichtes Salzburg vom 6.4.1989 zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung im Betrage von S 131.739,20 s.A. die Exekution durch Pfändung der dem Verpflichteten gegen die Drittschuldnerin S*****versicherung AG aufgrund des Versicherungsvertrages mit der Polizzennummer ***** (insbesondere Feuerversicherung, Betriebsunterbrechungsversicherung und Inventarentschädigung) angeblich zustehenden Forderung im Betrag von S 3,500.000,-- mehr oder weniger und die Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung bis zur Höhe der vollstreckbaren Forderung zu bewilligen. Das Erstgericht bewilligte die Exekution antragsgemäß.

Am 1.9.1992 beantragte der Verpflichtete die Einstellung der Exekution gemäß § 39 Abs.1 Z 2 EO. Der Forderungsexekution stünde die zwingende Pfändungsbeschränkung gemäß § 98 VersVG entgegen. Der Verpflichtete habe mit der Drittschuldnerin einen Versicherungsvertrag hinsichtlich mehrerer Objekte abgeschlossen, wobei unter anderem die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Feuerversicherung AFB idF 1984 zugrundegelegt worden seien. Die mit Hypotheken belasteten Versicherungsobjekte seien am 7.8.1989 durch Brand zerstört worden. Der Versicherungsvertrag habe eine Wiederherstellungsklausel beinhaltet, wonach die Drittschuldnerin verpflichtet sei, die Entschädigungssumme nur zur Wiederherstellung des Versicherungsobjektes zu bezahlen. Die Forderung auf die Entschädigungssumme könne seitens des Versicherungsnehmers (= Verpflichteter) vor Wiederherstellung des Gebäudes nur an bestimmte Personen übertragen werden, die Zwangsvollstreckung in die Entschädigungsforderung unterliege denselben Beschränkungen. Im Zeitpunkt der Forderungspfändung zugunsten der Betreibenden sei das Versicherungsobjekt, welches am 10.8.1990 durch rechtskräftigen Zuschlag von Harald W***** ins Eigentum erworben worden sei, nicht wiederhergestellt gewesen, der Verpflichtete habe aber eine den Wiederaufbau sichernde Wiederherstellungserklärung bereits abgegeben gehabt. Dadurch sei die Entschädigungsforderung der Exekution entzogen.

Die Betreibende sprach sich gegen die Einstellung der Forderungsexekution aus. Die Abgabe einer Wiederherstellungserklärung durch den Verpflichteten werde von diesem lediglich behauptet, die Drittschuldnerin habe sich auf eine solche Erklärung nie berufen und ihrerseits keine Drittschuldnererklärung nach § 301 EO abgegeben. Hierauf replizierte der Verpflichtete, daß er bereits am 14.9.1989 eine entsprechende Wiederherstellungserklärung abgegeben habe, die vom nunmehrigen Liegenschaftseigentümer am 10. bzw. 12.8.1990 wiederholt worden sei.

Das Erstgericht stellte das Exekutionsverfahren gemäß § 39 Abs.1 Z 2 EO ein. Zum Zeitpunkt der Exekutionsbewilligung sei bereits die Erklärung vorgelegen, das durch Brand zerstörte Objekt wiederherzustellen. Ob eine Drittschuldnererklärung seitens des Feuerversicherers abgegeben worden sei, sei bedeutungslos. Die betriebene Forderung unterliege dem Pfändungsschutz nach § 98 VersVG.

Dagegen erhob die Betreibende Rekurs mit dem wesentlichen Vorbringen, eine Wiederherstellungserklärung sei seitens des Verpflichteten tatsächlich nicht abgegeben worden, jedenfalls aber nicht vor der Zustellung des Zahlungsverbotes an die Drittschuldnerin.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs teilweise Folge und änderte den erstinstanzlichen Beschluß wie folgt ab:

"1. Die mit Beschluß des Bezirksgerichtes Gastein vom 9.4.1991, E 927/91-1, bewilligte Exekution durch "Pfändung und Überweisung der der verpflichteten Partei gegen den Drittschuldner S*****versicherung AG aufgrund des Versicherungsvertrages mit der Polizzennummer ***** (insbesondere Feuerversicherung ,Betriebsunterbrechungsversicherung und Inventarentschädigung) angeblich zustehenden Forderung im Betrag von S 2,5 Millionen" wird hinsichtlich der Entschädigung aus der Feuerversicherung mit Ausnahme etwaiger Ansprüche aus einer Betriebsunterbrechung gemäß § 39 Abs.1 Z 2 EO eingestellt.

Alle schon vollzogenen Exekutionsakte, soweit sie zugunsten der oben bezeichneten vollstreckbaren Forderung der betreibenden Partei vorgenommen wurden, werden hiemit im Umfange der Einstellung aufgehoben.

2. Die Kosten für die Äußerung hat die betreibende Partei selbst zu tragen.

3. Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihrer Mitteilung ON 5 selbst zu tragen.

4. Im übrigen wird der Einstellungsantrag der verpflichteten Partei abgewiesen."

Es führte aus, beim vorliegenden Versicherungsvertrag handle es sich um eine Bündelversicherung, die neben einer Feuerversicherung noch eine Haushaltsversicherung sowie eine Versicherung bei Sturmschäden, Glasbruch, Leitungswasserschäden und Einbruch umfasse. Zusätzlich sei auch eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen worden. Die Feuerversicherung betreffe das Wohnhaus, das Restaurant im Erdgeschoß und zwei Lokale, wobei die gewerbliche Einrichtung sämtlicher Lokale mitversichert sei. Überdies umfasse die Feuerversicherung Schäden an Brennstoffvorräten sowie Abbruch-, Aufräumungs- und Feuerlöschkosten. Schließlich decke die Feuerversicherung auch Schäden aus einer Betriebsunterbrechung im Tanzcafe "*****". Der Versicherung lägen die Allgemeinen Feuerversicherungsbedingungen (AFB) 1984 zugrunde. Deren Art.9 lege fest, daß für Gebäude, die zur Zeit des Schadensfalles mit Hypotheken, Reallasten oder Rentenschulden belastet seien, die Entschädigung nur gezahlt werde, soweit ihre Verwendung zur Wiederherstellung gesichert sei. Die mit Hypotheken belasteten Versicherungsobjekte seien am 7.8.1989 durch Brand teilweise zerstört und beschädigt worden. Im Zusammenhang mit der Feuerversicherung der Gebäude greife der Pfändungsschutz des § 98 VersVG Platz, ohne daß es einer Wiederherstellungserklärung des Verpflichteten gegenüber der Versicherung bedurft hätte. Von der Abgabe einer solchen Erklärung sei überdies unbedenklich auszugehen. Der Pfändungsschutz umfasse auch die gewerbliche Einrichtung und anderes mehr. Nicht umfaßt sei allerdings eine Entschädigung im Zusammenhang mit einer Betriebsunterbrechung aufgrund des Feuers, sodaß in diesem Umfang der Pfändungsschutz nicht zum Tragen komme. Der Pfändungsschutz sei auch nicht dadurch verlorengegangen, daß Miteigentumsanteile der Liegenschaft des Verpflichteten durch Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren E 5063/88 des Bezirksgerichtes Gastein von Harald W***** eigentümlich erworben worden seien. Dieser Zuschlag habe 1466/3238stel Anteile der Liegenschaft EZ 574 Grundbuch Bad Hofgastein betroffen. Es könne dem Gesetz nicht entnommen werden, daß die Wiederherstellungsklausel im Falle der Zwangsversteigerung außer Kraft trete, wenn die Wiederherstellung nicht vor Erteilung des Zuschlags an den Ersteher durchführbar gewesen sei.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof lediglich in einer älteren Entscheidung mit der Frage, ob die Wiederherstellungsklausel im Falle der Zwangsversteigerung außer Kraft trete, befaßt habe, und es in dieser Entscheidung vor allem darum gegangen sei, ob die Entschädigungssumme in die Verteilung des erzielten Meistbots einzubeziehen sei.

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Im Revisionsrekurs kommt die Betreibende auf ihre Rekursausführungen, wonach der Verpflichtete eine Wiederherstellungserklärung gegenüber der Drittschuldnerin nicht abgegeben habe, nicht mehr zurück. Sie führt lediglich aus, daß durch die Erteilung des Zuschlags an Harald W***** im Zuge der Zwangsversteigerung die Wiederherstellungsklausel außer Kraft getreten sei und die Pfändungsbeschränkung nach § 98 VersVG daher nicht zur Anwendung gelange. Ob aufgrund der Erteilung des Zuschlags im Zwangsversteigerungsverfahren bezüglich der Liegenschaft des Verpflichteten der Pfändungsschutz gemäß § 98 VersVG verlorengegangen sei, stellt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 528 Abs.1 ZPO dar.

Schon in SZ 10/371 hat der Oberste Gerichtshof die Ansicht vertreten, daß die Wiederherstellungsklausel im Falle einer Zwangsversteigerung nicht außer Wirksamkeit trete, wenn die Wiederherstellung nicht noch vor der Erteilung des Zuschlags an den Ersteher durchführbar war. Eine gegenteilige Auffassung würde dem Zweck der Brandschadenversicherung widerstreiten, und gehe dieser Zweck der Rücksicht auf die Deckung der Pfandgläubiger voran. Die Entschädigungssumme sei daher jeder Exekution entzogen.

In SZ 19/170 wurde eindeutig klargestellt, daß nach Abgabe der Wiederherstellungserklärung durch den Versicherungsnehmer die Entschädigungssumme der Exekution entzogen sei, zumal diese Entschädigung nur zum Zwecke der Wiederherstellung verwendet werden könne. Gleiches wird in der Entscheidung VersR 1980, 542 zum Ausdruck gebracht.

In der Entscheidung VersRdSch 1991/241 hat der Oberste Gerichtshof dargelegt, daß für den Fall der Zwangsversteigerung einer feuerversicherten Liegenschaft vor dem Wiederaufbau, wenn bei Zuschlagserteilung die bestimmungsgemäße Verwendung der Entschädigungssumme für die Wiederherstellung noch nicht gesichert war, die Chance, die Restentschädigung durch Sicherung des Wiederaufbaus zu erlangen, als Bestandteil des Versicherungsvertrags auf den Erwerber übergehe. Dieser habe Anspruch auf die Wiederaufbauentschädigung, die Wiederherstellungsklausel werde nicht hinfällig.

Die dargelegte Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes wird im übrigen auch von der Lehre geteilt (siehe Ehrenzweig, Deutsches (österreichisches) Versicherungsvertragsrecht, 307; Grassl-Palten, Feuerversicherung und Realkredit, 158 f).

Hinsichtlich der von der Revisionsrekurswerberin aufgezeigten Rechtsfrage liegt sohin eine völlig einheitliche, auch von der Lehre gebilligte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor.

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.

Rückverweise