JudikaturOGH

5Ob14/93(5Ob15/93) – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Mai 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Edith S*****, ***** Wien, G*****gasse 17/4, vertreten durch Dr.Josef Ostermayer, Funktionär der Mietervereinigung Österreichs, 1010 Wien, Reichsratstraße 5, sowie der beteiligten Mieter Dkfm.Axel S***** und Clemens G*****, beide ***** Wien, G*****gasse 17, wider die Antragsgegnerin Karin G*****, ***** Wien, G*****gasse 17, vertreten durch Dr.Gerhard Benn-Ibler, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 12 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 24.Juli 1992, GZ 41 R 267/92-23, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 25.November 1991, GZ 9 Msch 15, 20/91-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist Mieterin einer Wohnung im Haus G*****gasse 17 in Wien, das der Antragsgegnerin gehört; der auf sie entfallende Betriebskostenanteil beträgt 15,89 %.

Zum Haus gehört ein Garten, der wegen seiner Hanglage nicht zu Erholungszwecken genützt werden kann und auch keinen geeigneten Platz zum Aufstellen eines Tisches oder eines Liegestuhls bietet. Das gilt sowohl für den schmalen Vorgarten auf der Straßenseite als auch für den unteren Teil, der durch eine nicht versperrte Gittertür abgetrennt ist.

Bezüglich der Gartenbenützung besteht - insbesondere mit der Antragstellerin - keine Vereinbarung. Die Antragstellerin wurde allerdings von den Vermietern nie gehindert, den Garten zu betreten. In früheren Jahren hat sie das zum Pflanzen und Gießen von Blumen gelegentlich auch getan.

Seit einigen Jahren erfolgt die Bewässerung des Gartens durch eine Beregnungsanlage, die durch Feuchtigkeitsfühler automatisch gesteuert wird. Im Jahr 1988 stieg der Wasserverbrauch gegenüber dem Vorjahr deutlich an. Die Antragsgegnerin wurde hievon durch die Firma E*****, die den Wasserverbrauch prüfte, informiert. Die Ursache des erhöhten Wasserverbrauchs war ein Leck in einem im Garten vergrabenen Wasserrohr, doch fand dies die mit der Reparatur beauftragte Installationsfirma nach wiederholter Nachschau erst im September 1988 heraus.

Nunmehr begehrt die Antragstellerin die Feststellung, daß die Antragsgegnerin durch die Vorschreibung von S 25.075,-- für Gärtnerarbeiten und S 16.963,-- für Wassergebühren in der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 1989 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten habe; gleichzeitig soll die Antragsgegnerin gemäß § 37 Abs 4 MRG zur Rückzahlung des auf die Antragstellerin entfallenden Mehrbetrags verhalten werden. Begründet wird dies vor allem damit, daß der Antragstellerin weder ausdrücklich noch schlüssig ein Recht auf Benützung des - in Wahrheit gar nicht benützbaren - Gartens eingeräumt worden sei.

Demgegenüber vertritt die Antragsgegnerin den Standpunkt, daß der Garten allen Mietern zur Verfügung stehe und auch die Antragsgegnerin berechtigt sei, ihn zu benützen. Gemäß § 24 Abs 2 MRG sei daher die Betriebskostenvorschreibung zu Recht erfolgt.

Das Erstgericht wies den Sachantrag ab. Auch wenn der Garten nicht im herkömmlichen Sinn benützbar sei, stehe er doch allen Mietern zur Verfügung, verschönere das Haus und verbessere die Aussicht, sodaß es gerechtfertigt sei, die Mieter mit den Kosten der Bewässerung und gärtnerischen Betreuung zu belasten. § 24 Abs 2 MRG setze insoweit auch kein vereinbartes Nutzungsrecht der Mieter am Garten voraus; es genüge, daß ihnen die Grünanlage tatsächlich zur Verfügung steht.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

§ 24 Abs 1 MRG bestimme, daß dann, wenn der Hauptmieter eines Mietgegenstandes aufgrund des Mietvertrages oder einer anderen Vereinbarung berechtigt ist, eine der gemeinsamen Benützung der Bewohner dienende Anlage des Hauses, wie einen Personenaufzug, eine zentrale Wärmeversorgungsanlage oder eine zentrale Waschküche, zu benützen, sich - abgesehen vom Fall des Vorhandenseins von Meßgeräten - sein Anteil an den Gesamtkosten des Betriebes dieser Anlage nach den Grundsätzen des § 17 MRG bestimmt.

Nach dem zweiten Absatz der zitierten Gesetzesbestimmung zählten zu den besonderen Aufwendungen im Sinne deren ersten Absatzes auch die Kosten für die Betreuung von Grünanlagen sowie für den Betrieb von sonstigen Gemeinschaftsanlagen, die allen Mietern zur Verfügung stehen. Anders als bei den im ersten Absatz der zitierten Gesetzesbestimmung genannten Aufwendungen setze somit die Überwälzung der Kosten unter anderem für die Betreuung von Grünanlagen auf die Mieter nicht voraus, daß diese aufgrund des Mietvertrages oder einer anderen Vereinbarung berechtigt sind, die Grünanlage zu benützen, sofern diese nur allen Mietern zur Verfügung steht. Zur Verfügung stehe eine Grünanlage allen Mietern auch dann, wenn sie wegen ihrer Beschaffenheit nicht begangen oder zum Aufstellen von Liegestühlen oder Gartenmöbeln benützt werden kann, weil sie etwa keine ebenen Flächen aufweist oder nur aus Zierbeeten oder Rasenflächen besteht, die wegen der Gefahr der Zerstörung der Pflanzen nicht betreten werden dürfen, sofern nur die Verfügbarkeit für alle Mieter im gleichen Maße gegeben ist. Komme also eine Benützung der Grünanlage im herkömmlichen Sinne einer Gartenbenützung, also unter Verwendung von Liegestühlen oder Gartenmöbeln etc., durch die Mieter oder eine Eigennutzung des Vermieters schon wegen der Beschaffenheit dieser Anlage nicht in Betracht, dann stellten die Aufwendungen für die Betreuung der Grünanlage einschließlich der Kosten für deren Bewässerung besondere, auf alle Mieter überwälzbare Aufwendungen auch dann dar, wenn hinsichtlich der Gartenbenützung nichts vereinbart wurde. Dies erscheine deshalb gerechtfertigt, weil auch ein nur über einen Ziergarten oder - wie hier - über eine steile Rasenfläche verfügendes Wohnhaus grundsätzlich eine erhöhte Wohnqualität biete.

Im vorliegenden Fall könne von einer konkludenten Gestattung der Gartenbenützung entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht ausgegangen werden, weil die Feststellung, die Antragstellerin sei von den Vermietern niemals am Betreten des Gartens gehindert worden, noch nichts darüber besage, daß die Antragstellerin den Garten jemals in Kenntnis der Vermieter betreten hätte. Auch das gelegentliche Betreten des Gartens durch die Antragstellerin zum Pflanzen und Gießen von Blumen lasse nicht auf eine konkludente Zustimmung der Vermieter schließen, stehe doch deren Kenntnis hievon keineswegs fest. Im übrigen wäre die Annahme einer konkludenten Zustimmung auch schon deshalb äußerst zweifelhaft, weil das Pflegen und Gießen von Blumen durch die Antragstellerin offensichtlich in Wahrnehmung von üblicherweise dem Hausbesorger zufallenden Agenden und nicht in Ausübung eigener Mietrechte erfolgte.

Das Fehlen einer Vereinbarung über die Gartenbenützung schade aber nicht, weil wegen der starken Hanglage jegliche Nutzung für Erholungszwecke ausscheidet und damit die Grünanlage allen Mietern gleichermaßen nur als "Augenweide" zur Verfügung steht, wobei weder eine insoferne eingeschränkte noch eine darüber hinausgehende Benützung der Natur der Sache nach in Frage kommt. Unter derartigen Umständen scheine es gerechtfertigt, allen Mietern anteilsmäßig die Kosten für die Betreuung der Grünanlage anzulasten, auch wenn - naturgemäß - keine diesbezügliche Vereinbarung getroffen wurde.

Der Sachbeschluß des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Begründet wurde dies mit dem Fehlen einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Frage der Überwälzbarkeit von Kosten für die Betreuung von Grünanlagen, die von den Mietern nicht im herkömmlichen Sinn benützt werden können.

Im nunmehr vorliegenden Revisionsrekurs vertritt die Antragstellerin den Rechtsstandpunkt, daß eine unterschiedliche Behandlung der Aufwendungen für Grünanlagen und sonstige Gemeinschaftsanlagen nicht gerechtfertigt sei. Auch mit der in § 24 Abs 2 MRG gebrauchten Wendung, die Grünanlagen "müßten allen Mietern zur Verfügung stehen", sei die in § 24 Abs 1 MRG vorausgesetzte Benützungsberechtigung auf Grund des Mietvertrages oder einer anderen Vereinbrung gemeint, weil der Gesetzgeber offensichtlich nur eine Wortwiederholung vermeiden wollte. Ein Garten, der lediglich das Betrachten des Grüns von den Fenstern aus ermögliche, stehe den Mietern im übrigen gar nicht zur Verfügung, weil sonst die Mieter in weiterer Konsequenz sogar zu den Kosten der Betreuung eines an sich zu Erholungszwecken geeigneten, laut Anordnung des Hauseigentümers aber nicht zu betretenden Gartens beitragen müßten. Im übrigen werde zwar nicht bezweifelt, daß eine Grünanlage grundsätzlich die Wohnqualität eines Hauses steigere, doch hätte es konkreter Feststellungen bedurft, inwieweit die Mieter von einer schöneren Aussicht oder besseren Luftqualität profitieren und ob sie auch Einfluß auf die Gartengestaltung nehmen können. Wenn dann noch im Verfahren hervorgekommen sei, daß der Vorgarten vom Hund der Antragsgegnerin benützt wird, hätte geklärt werden müssen, ob er auch für Haustiere der Mieter zur Verfügung stünde. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Sachbeschluß entweder im Sinne einer Stattgebung des Feststellungs- und Leistungsbegehrens abzuändern oder aber aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Von der Antragsgegnerin liegt dazu eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, den angefochtenen Sachbeschluß zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Gemäß § 24 Abs 2 MRG zählen die Kosten für die Betreuung von Grünanlagen zu jenen Aufwendungen, die der Vermieter - gleich Betriebskosten - auf die Mieter des Hauses überwälzen kann. Der Grund für die besondere Erwähnung dieser Kosten liegt darin, daß der Gesetzgeber in der zuvor geltenden Regelung des § 5 MG eine Lücke erkannte (vgl. Würth-Zingher, MRG**2, Anm 11 zu § 24), gleichzeitig aber auch dem Umstand Rechnung getragen werden mußte, daß sich Aufwendungen für Grünanlagen nicht so ohne weiteres in ein auf technische Anlagen zugeschnittenes Schema der Betriebskostenverteilung einfügen lassen (vgl. Call-Tschütscher, MRG, 256, FN 6).

Diese Sonderstellung der Grünanlagen eines Hauses läßt es durchaus gerechtfertigt erscheinen, die Beteiligung der Mieter an den Kosten der gärtnerischen Betreuung nicht von der Voraussetzung abhängig zu machen, daß den Mietern auf Grund des Mietvertrages oder einer anderen Vereinbarung "Benützungsrechte" zustehen. Der Nutzen einer Grünfläche kann nämlich - wie schon die Vorinstanzen bemerkten - auch allein darin bestehen, daß sie den Mietern die Annehmlichkeiten einer gefälligen Umgebung, einer schöneren Aussicht oder besseren Luft verschaffen. Ob ihnen auch das Recht zusteht, die Grünflächen zu betreten und sie - gleich einem eigenen Garten - für Erholungs- oder gar Ertragszwecke zu nutzen, ist nicht entscheidend (vgl. SZ 56/151). Es handelt sich um eine Gemeinschaftseinrichtung besonderer Art (vgl. Call - Tschütscher, aaO), bei der es in der Regel weder notwendig noch üblich ist, besondere Vereinbarungen über die Benützung zu treffen.

Der Gesetzeswortlaut, der gemäß § 6 ABGB die Grenzen für die Auslegung einer generellen Norm absteckt, deckt diese Interpretation. Da dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, nur einer gefälligeren Sprache wegen verschiedene Ausdrücke für dieselbe normative Aussage zu verwenden, ist in der besonderen Formulierung des § 24 Abs 2 MRG ein vom Regelungsgehalt des Abs 1 leg cit abweichender Sinn zu suchen und das maßgebliche Kriterium für die Beteiligung der Mieter an den in Abs 2 leg cit angeführten Aufwendungen für Grünanlagen darin zu sehen, daß die Grünanlagen allen Mietern - in gleicher Weise - zur Verfügung stehen. Während also § 24 Abs 1 MRG die auf Grund des Mietvertrages oder einer besonderen Vereinbarung benützungsberechtigten Mieter in die Verteilung der besonderen Aufwendungen für Gemeinschaftsanlagen einbezieht, behandelt § 24 Abs 2 MRG von vorne herein nur solche Gemeinschaftseinrichtungen, die entweder vereinbarungsgemäß oder auch naturgegeben von allen Mietern in Anspruch genommen werden können (vgl. Palten, Betriebskostenberechnung, HB zum MRG, 422 ff). Im zuletzt genannten Fall kommt es dann auf eine ausdrücklich oder konkludent zustandegekommene Benützungsvereinbarung gar nicht mehr an; die Betriebskostenregelung des § 24 Abs 2 MRG iVm § 17 MRG greift vielmehr schon beim bloßen Faktum der gleichen Benützbarkeit der betreffenden Gemeinschaftseinrichtung für alle Mieter sowie den allenfalls selbstbenützenden Vermieter ein.

Tatsächlich war es dem Gesetzgeber des MRG um eine kontinuierliche Weiterentwicklung der in §§ 4 und 5 MG festgelegten Grundsätze zu tun, als er die Kosten für die Betreuung von Grünanlagen ausdrücklich in den Kreis der auf die Mieter überwälzbaren besonderen Aufwendungen für Gemeinschaftsanlagen einbezog (s. die EB zur RV bei Derbolav, MRG, 252). Die dazu ergangene Judikatur sah die Herausnahme der Bewirtschaftungskosten eines Gartens aus der allgemeinen Betriebskostenabrechnung dann vor, wenn der Garten vom Vermieter oder einem der Mieter allein benützt wurde (MietSlg. 16/33). Das läßt den Umkehrschluß zu, daß für die Betreuung von Grünflächen, die allen Mietern in gleicher Weise zur Verfügung stehen, der allgemeine Kostenverteilungsschlüssel gelten sollte. Zu Recht haben daher die Vorinstanzen nur diesem Aspekt des Allgemeinnutzens unter Ausschluß von Sonderbenützungsrechten Beachtung geschenkt.

Auf Art und Ausmaß des Nutzens, etwa den Grad der Luftverbesserung durch die Grünanlagen beim verfahrensgegenständlichen Haus, war bei dieser Sach- und Rechtslage nicht mehr einzugehen. Auch die Frage, inwieweit die einzelnen Mieter auf die Gestaltung des Gartens (zB die Auswahl der Blumen) Einfluß nehmen und ihn für den Auslauf ihrer Haustiere nutzen können, erforderte keine weitere Behandlung, weil der wichtigste Nutzen des Gartens in der allen Hausbewohnern gleichermaßen zugutekommenden Anhebung der Wohnqualität besteht und keinerlei Anhaltspunkte für Sonderbenützungsrechte der Antragsgegnerin oder einzelner Mieter vorliegen. Das Problem, ob alle in die Betriebskostenabrechnung des Jahres 1989 aufgenommenen Gärtnerarbeiten sowie die auf den Garten entfallenden Wassergebühren auch tatsächlich Aufwendungen iSd § 24 MRG sind und nicht etwa Erhaltungs- oder Verbesserungsaufwand darstellen (s. Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 3 zu § 24; Palten aaO, 422), hat die Revisionsrekurswerberin selbst nicht angesprochen, sodaß die Abweisung des Sachantrags zu bestätigen war.

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