JudikaturOGH

13Os52/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Mai 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Mai 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Massauer, Dr.Markel und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kirschbichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alfred Herbert R***** wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs 1, 143, zweiter und dritter Fall, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 11.November 1992, GZ 30 d Vr 5.475/92-60, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Raunig, und der Verteidigerin Dr. Mühl, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auf dem stimmeneinhelligen Wahrspruch der Geschworenen beruhenden - Urteil wurde der Angeklagte Alfred Herbert R***** des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs 1, 143, zweiter und dritter Fall, StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 25.April 1992 in Wien in Gesellschaft zumindest eines unbekannt gebliebenen Mittäters dem Ernst E***** mit Gewalt gegen dessen Person, nämlich dadurch, daß er ihm mit einem Messer mit einer Klingenlänge von ca. 8 cm eine tiefgehende Stichverletzung an der rechten Brustkorbseite, die mit der Eröffnung der Brusthöhle, einer Durchsetzung des Zwerchfells und einer Anstechung der Leber verbunden war, sowie eine oberflächliche weitere Stichwunde am Hals zufügte, Heroin im Wert von 6.300 S, somit eine fremde bewegliche Sache, mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, sich oder einen Dritten durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er den Raub unter Verwendung einer Waffe verübte und Ernst E***** durch die ausgeübte Gewalt schwer verletzt (§ 84 Abs 1 StGB) wurde.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil wird vom Angeklagten mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 6 und 10 a des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft, die jedoch unbegründet ist.

Einen Verstoß gegen das im § 312 StPO verankerte Gebot der deutlichen Bezeichnung der Tat und somit eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) macht der Angeklagte mit der Begründung geltend, daß der Hauptfrage Art und Umfang der Mitwirkung des unbekannten Mittäters an der Tatausführung nicht zu entnehmen sei. In der Frage würden trotz angenommener Mittäterschaft einer anderen Person allein dem Beschwerdeführer - undifferenziert - alle Ausführungshandlungen angelastet, sodaß es den Geschworenen verwehrt gewesen sei, ihre Ansicht über seinen eigentlichen "Tatbeitrag" zum Ausdruck zu bringen.

Dieser Einwand ist nicht berechtigt.

Gegenstand des vorliegenden Strafverfahrens und demzufolge auch der Fragestellung an die Geschworenen war ausschließlich das Tatverhalten des Angeklagten. Dagegen war es nicht Aufgabe dieses Verfahrens, abschließende (bindende) Feststellungen über das Tatverhalten eines Mittäters zu treffen, über dessen strafrechtliche Verantwortlichkeit hier nicht abzusprechen war. Dessen Tatanteil bedurfte daher - zumal Raubgenossenschaft seit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1987 auch keine Deliktsqualifikation mehr bildet - in der allein den Beschwerdeführer betreffenden Fragestellung keiner näheren Individualisierung. Es genügte vielmehr, daß in der Hauptfrage entsprechend der Bestimmung des § 312 StPO die der modifizierten (S 352) Anklage zugrundeliegende strafbare Handlung des Beschwerdeführers mit den dort näher bezeichneten, zu ihrer deutlichen Umschreibung erforderlichen Umständen unverwechselbar wiedergegeben wurde. Daß es den Geschworenen solcherart nicht möglich war, den Tatanteil des unbekannten Mittäters festzustellen, trifft zwar zu, vermag aber den Angeklagten zufolge der Rechtsnatur der Mittäterschaft (vgl. Leukauf-Steininger Komm3 § 12 RN 21; § 142 RN

19) nicht zu belasten, zumal es den Laienrichtern unbenommen war, durch bloß teilweise Bejahung der Hauptfrage (§ 330 Abs 2 StPO) den Tatanteil des Angeklagten, hätten sie ihn nicht im vollen Umfang der Fragestellung für erwiesen gehalten, entsprechend einzugrenzen.

Für den Standpunkt des Beschwerdeführers ist auch aus der Niederschrift der Geschworenen nichts zu gewinnen. Abgesehen davon, daß die Laien gemäß dem § 331 Abs 3 StPO gar nicht verpflichtet sind, sämtliche für ihren Wahrspruch maßgeblichen Überlegungen formgerecht und nach Art einer Urteilsbegründung im schöffengerichtlichen Verfahren in überprüfbarer Weise darzulegen, kann aus der Niederschrift in Verbindung mit dem Wahrspruch selbst nicht im entferntesten herausgelesen werden, daß sich - wie der Beschwerdeführer meint - die Geschworenen infolge der Art der gerügten Fragestellung nicht einmal darüber im klaren gewesen wären, "ob überhaupt ein Raub und mit welchen Tatbeiträgen vorlag".

Aber auch die Tatsachenrüge (Z 10 a) des Angeklagten versagt.

Soweit er - teilweise unter Hinweis auf seine von den Geschworenen als unglaubwürdig erachtete Verantwortung - durch Hervorheben von Details aus den Angaben des Zeugen Ernst E***** zum Tathergang dessen Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen versucht, erschöpft sich das Beschwerdevorbringen in dem Versuch, einer für den Angeklagten günstigeren Tatversion zum Durchbruch zu verhelfen. Damit werden jedoch keine sich aus dem Akteninhalt ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des dem Wahrspruch der Geschworenen zugrundegelegten Tatsachensubstrates aufgezeigt. Das Gleiche gilt für die - zudem nicht aktengetreuen - Ausführungen des Beschwerdeführers zu den Angaben des Zeugen Ernst E*****, soweit dieser den Angeklagten als denjenigen Täter, von dem ihm die Stichverletzungen zugefügt worden sind, bezeichnet hatte. Hat dieser Zeuge den Angeklagten doch bei einer polizeilichen Gegenüberstellung vorbehaltlos als den solcherart handelnden Täter identifiziert (S 69) und dieses den Beschwerdeführer belastende Vorbringen auch bei seiner Vernehmung durch den Untersuchungsrichter aufrechterhalten (S 116). Insoweit hat dieser Zeuge den Angeklagten aber auch in der Hauptverhandlung keineswegs entlastet (S 344, 346, 347, 350, 351).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sohin zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Geschworenengericht als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und die zweifache Qualifikation zum schweren Raub, als mildernd, daß es beim Versuch geblieben ist. Es verhängte über den Angeklagten nach dem (ersichtlich: ersten Strafsatz des) § 143 StGB eine Freiheitsstrafe von acht Jahren.

Gegen diesen Strafausspruch richtet sich die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung des Strafausmaßes anstrebt.

Auch die Berufung ist unbegründet.

Von einem Teilgeständnis (in Richtung vorsätzlicher Körperverletzung) kann keine Rede sein, weil sich der Angeklagte auf Notwehr berufen hat (S 320). Auch seine tataktuelle Suchtgiftbeeinträchtigung kann ihm nicht zugutegehalten werden, weil angesichts der wiederholten Entziehungsbehandlungen (S 329), insbesondere auch im Rahmen der Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher (S 17), der Vorwurf des neuerlichen Suchtgiftmißbrauchs überwiegt (§ 35 StGB). Demgegenüber kommt als erschwerend noch hinzu, daß der Berufungswerber bereits drei Monate nach seiner Entlassung aus der Maßnahme (§ 22 StGB) wieder rückfällig geworden ist und die Tat im Zusammenwirken mit einem Komplizen begangen hat. Unter Berücksichtigung dieser zusätzlichen Erschwerungsgründe, vor allem aber angesichts der zweifachen Verwirkung des Strafsatzes von fünf bis zu fünfzehn Jahren erscheint die ohnedies nahe der gesetzlichen Untergrenze verhängte Freiheitsstrafe nicht überhöht.

Die Kostenentscheidung ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet.

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