JudikaturOGH

15Os55/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. Mai 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.Mai 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch, Dr.Schindler und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kirschbichler als Schriftführerin, in der Auslieferungssache Alla R*****, geborene Bulgakova AZ 17 Vr 758/92 des Landesgerichtes Wels über deren Beschwerde gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 1.März 1993, AZ 11 Ns 515/92 nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Oberlandesgericht Linz bewilligte mit Beschluß vom 29.Dezember 1992 die Auslieferung der im Verfahren 17 Vr 758/92 des Kreis-(nunmehr Landes-)gerichtes Wels in Auslieferungshaft angehaltenen russischen Staatsangehörigen Alla R*****, geborene B***** an die Russische Föderation zur Strafverfolgung wegen der im Haftbefehl der Prokuratur von Severodvinsk vom 29.März 1992, Nr 92065027, beschriebenen Straftat (vorsätzliche Tötung des Vladimir P*****).

Rechtliche Beurteilung

Unmittelbar nach der Bewilligung der Auslieferung unternahm Alla R***** einen Selbstmordversuch, den sie in der Folge zur Begründung eines Wiederaufnahmsantrages heranzog, der jedoch vom Oberlandesgericht Linz mit Beschluß vom 1.März 1993, 11 Ns 515/92, abgewiesen wurde.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die vorliegende Beschwerde, die jedoch unzulässig ist.

Das Verfahren in Auslieferungssachen ist in den §§ 26 ff des Auslieferungs- und Rechtshilfegesetzes (ARHG), BGBl 1979/529 idF BGBl 1988/599, geregelt. Nur soweit sich aus den Bestimmungen dieses Gesetzes nichts anderes ergibt, ist die StPO 1975 sinngemäß anzuwenden (§ 9 Abs 1 ARHG).

Nach § 33 ARHG entscheidet über die Zulässigkeit der Auslieferung - sofern eine vereinfachte Auslieferung nicht in Betracht kommt - der Gerichtshof zweiter Instanz durch Beschluß, gegen den kein Rechtsmittel zulässig ist (§ 33 Abs 5 leg cit).

§ 39 ARHG sieht die Möglichkeit der Wiederaufnahme des Auslieferungsverfahrens dann vor, wenn sich neue Tatsachen oder Beweismittel ergeben, die allein oder in Verbindung mit den Auslieferungsunterlagen und dem Ergebnis allfälliger Erhebungen erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Beschlusses bewirken. Wird die Wiederaufnahme von dem auch hier zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz verfügt, richtet sich das weitere Verfahren, dem § 39 letzter Satz ARHG gemäß, nach den §§ 31, 33 und 34 leg cit.

Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichtes über die Wiederaufnahme des Auslieferungsverfahrens ist ein Rechtsmittel nicht zulässig. Wenngleich § 39 ARHG dies nicht ausdrücklich ausspricht, so folgt die Unanfechtbarkeit einer derartigen Entscheidung daraus, daß der Beschluß, mit welchem über die Auslieferung selbst abgesprochen wird, gemäß der Vorschrift des § 33 Abs 5 zweiter Satz ARHG unanfechtbar ist, was - auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung in § 39 ARHG - umso mehr für den Beschluß des Gerichtshofes zweiter Instanz gelten muß, mit welchem (bloß) über die Wiederaufnahme des Auslieferungsverfahrens und damit darüber entschieden wird, ob der nach § 33 ARHG gefaßte Beschluß Bestand hat oder nicht. Der andernfalls vorliegende Wertungswiderspruch wäre sachlich nicht zu rechtfertigen; es kann dem Gesetzgeber des ARHG nicht unterstellt werden, ihn gewollt zu haben.

Da sich somit die Unzulässigkeit der vorliegenden Beschwerde bereits aus dem ARHG selbst ergibt, kommt eine subsidiäre Anwendung der Bestimmungen der StPO über das Wiederaufnahmeverfahren im Sinne des § 9 Abs 1 ARHG - der Beschwerdeauffassung zuwider - nicht in Betracht.

Die Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen.

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