JudikaturOGH

15Os50/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. April 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.April 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch, Mag.Strieder und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kirschbichler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Anton M***** wegen des Vergehens der versuchten Vollstreckungsvereitelung nach §§ 15, 12 (dritter Fall), 162 Abs 1 und Abs 2 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg vom 12. November 1992, GZ 12 c E Vr 586/92-27, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Bassler, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg vom 12.November 1992, GZ 12 c E Vr 586/92-27, mit dem zwar vom Widerruf der zu AZ 15 E Vr 452/88 des Landesgerichtes Eisenstadt gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen, die Probezeit aber auf fünf Jahre verlängert wurde, verletzt das Gesetz in dem im XX. Hauptstück der Strafprozeßordnung verankerten Grundsatz der materiellen Rechtskraft.

Dieser Beschluß wird aufgehoben und der Antrag der Staatsanwaltschaft Korneuburg auf Widerruf der bedingten Strafnachsicht abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 12.August 1988, GZ 15 E Vr 452/88-5, wurde Anton M***** des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 1, 224 StGB schuldig erkannt und nach § 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Monat verurteilt. Gemäß § 43 Abs 1 StGB wurde diese Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Nach Ablauf der Probezeit wurde die Strafe - in Unkenntnis des zu 12 c E Vr 586/92 des Kreisgerichtes Korneuburg wegen einer in der Probezeit begangenen strafbaren Handlung anhängig gewordenen Strafverfahrens - mit Beschluß vom 22.Oktober 1991, GZ 15 E Vr 452/88-12, endgültig nachgesehen.

In dem erwähnten neuerlichen Strafverfahren wurde Anton M***** mit Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 12.November 1992, GZ 12 c E Vr 586/92-27, des Vergehens der versuchten Vollstreckungsvereitelung nach §§ 15, 162 Abs 1, Abs 2 und 12 StGB schuldig erkannt (Tatzeit: 26. Mai 1989 und 21.August 1989) und zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten verurteilt. Gleichzeitig wurde gemäß § 53 Abs 2 StGB (§ 494 a Abs 1 Z 2 StPO) - in Unkenntnis der bereits erfolgten endgültigen Strafnachsicht - vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht im Verfahren 15 E Vr 452/88 des Landesgerichtes Eisenstadt abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert (AS 153).

Rechtliche Beurteilung

Der Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg vom 12.November 1992, GZ 12 c E Vr 586/92-27, steht mit dem Gesetz nicht im Einklang. Denn zufolge des Eintrittes der Rechtskraft des Beschlusses des Landesgerichtes Eisenstadt vom 22.Oktober 1991, GZ 15 E Vr 452/88-12, mit welchem die Strafe endgültig nachgesehen worden ist, war infolge der damit verbundenen, aus dem XX. Hauptstück der StPO abzuleitenden Bindungswirkung eine neuerliche Entscheidung über denselben Gegenstand ohne vorangegangene Aufhebung dieses Beschlusses nicht mehr zulässig. Dem vom Kreisgericht Korneuburg dennoch gefaßten Beschluß vom 12.November 1992 stand somit die Rechtskraftwirkung des zitierten Beschlusses des Landesgerichtes Eisenstadt entgegen, sodaß er nicht hätte ergehen dürfen.

Der von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher Folge zu geben und - weil der angefochtene Beschluß dem Verurteilten zum Nachteil gereicht - gemäß § 292 letzter Satz StPO spruchgemäß zu entscheiden.

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