JudikaturOGH

15Os42/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
01. April 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.April 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch, Dr.Schindler und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kirschbichler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Lothar G***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 25. Jänner 1993, GZ 36 Vr 2860/92-96, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der deutsche Staatsangehörige Lothar G***** zu A des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB, zu B des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB sowie zu C des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er

A) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten

unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung von schweren Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nachgenannte Personen durch die Vorspiegelung, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Unternehmer zu sein, sohin durch Täuschung über Tatsachen zu nachangeführten Handlungen verleitet, welche die Genannten an ihrem Vermögen schädigten, wobei der Schaden 507.113,88 S betrug und somit den Betrag von 500.000 S überstieg, und zwar

1. in der Zeit zwischen 16.Juli und 9.Oktober 1991 in Kramsach Angestellte der Firma K***** HandelsGmbH in Verbindung mit der Behauptung, Jutta S***** werde für die Warenlieferungen aufkommen, wobei er in ihrem Namen auch zur Bestätigung des Zahlungswillens Wechsel akzeptierte, zur Ausfolgung und Lieferung von Waren, wobei der Schaden zumindest 77.781,80 S betrug;

2. in der Zeit zwischen 6.September und 25.September 1991 in Kramsach Angestellte der Firma T***** Handelsagentur ***** GesnbR in Verbindung mit der Behauptung, Jutta S***** würde als Bestellerin auftreten, die auch die Zahlungsverpflichtung übernommen habe, und seinen Zahlungswillen durch gefälschte Wechsel unterstrich, zur Ausfolgung von Waren, wobei der Schaden 62.774 S betrug;

3. am 13.Jänner 1992 in Kitzbühel den Roland J***** als Angestellten der Firma A***** in Verbindung mit der Behauptung, einen PKW lediglich für einen Tag mieten zu wollen, zur Anmietung und Ausfolgung eines PKWs der Marke Ford Escort, wobei durch die unberechtigte Weiterbenützung des PKWs ein Schaden in der Höhe von 9.321,84 S entstand;

4. am 17.Feber und 6.März 1992 in Salzburg und Kufstein Angestellte der Firma Gotthard S***** unter Verschweigung seines unsteten Aufenthaltes zur Lieferung von Babykleidung, wobei der Schaden 10.124,40 S betrug;

5. am 17.Februar 1992 in Kufstein den Gernot T***** unter Verschweigung seines unsteten Aufenthaltes und Angabe einer unrichtigen Adresse zur Lieferung von Waren, wobei der Schaden 62.715,60 S betrug;

6. am 8. April 1992 in A***** Angestellte der Firma D***** ***** GmbH zur Ausfolgung und Lieferung von Kinderbekleidung im Wert von 21.674 DM, wobei der Schaden 153.880 S betrug;

7. am 13.April 1992 in Innsbruck Angestellte der Firma Gebrüder W***** GesmbH in Verbindung mit der Behauptung, innerhalb von zehn Tagen Zahlung leisten zu wollen, zur Durchführung einer Verzollung von sechzehn Karton Textilien, wobei der Schaden 69.505 S betrug;

8. in der Zeit zwischen 3.Juli und 21.Juli 1992 in Innsbruck Angestellte der Firma Alois W***** in Verbindung mit der Behauptung, Jutta S***** habe die Zahlungsverpflichtung übernommen, zur Ausfolgung von Waren, wobei der Schaden 61.011,24 S betrug;

B) in der Zeit zwischen 23.September und 20.November 1991

nachangeführte, mit der Unterschrift der Jutta S***** gefälschte Wechselakzepte, mithin nicht im § 237 StGB genannte Wertpapiere zur Erlangung eines weiteren Zahlungsaufschubes nachangeführten Personen vorgelegt, mithin gefälschte und nicht im § 237 StGB genannte Wertpapiere zum Beweise eines Rechtsverhältnisses gebraucht, und zwar:

1. Am 23.September 1991 in Kramsach den Wechsel der Firma T***** ***** GesnbR über 25.734 S;

2. am 25.November 1991 in Kramsach den Wechsel der Firma K***** HandelsGmbH über 30.000 S;

3. am 25.September 1991 in Kramsach den Wechsel der Firma K***** HandelsGmbH über 37.774,60 S;

4. am 20.November 1991 in Kramsach den Wechsel der Firma T***** GesnbR über 18.040 S und

5. am 20.November 1991 in Kramsach den Wechsel der Firma T***** GesnbR über 19.000 S;

C) in der Zeit vom 1.September 1991 bis 4.November 1992 in

verschiedenen Orten Österreichs dadurch, daß er für seinen am 30. Dezember 1990 geborenen außerehelichen Sohn Daniel S***** keinerlei Zahlungen leistete, seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gröblich verletzt und dadurch bewirkt, daß der Unterhalt des Unterhaltsberechtigten ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet wäre.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, die nominell und ohne getrennte Darstellung auf die Gründe der Z 3, 4, 5, 5 a, "9", 10 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützt wird.

Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde die Gründe der Z 3, 5 a, "9" und 11 releviert, ist sie mangels deutlicher Anführung der Tatumstände, welche diese Nichtigkeitsgründe bilden sollen, nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt (§ 285 a Z 2 StPO).

Mit den als Verfahrensrüge (Z 4) zu deutenden Beschwerdeausführungen bemängelt der Beschwerdeführer mit Bezugnahme auf die Fakten A/1, A/2, B und C das Unterbleiben der Einvernahme der Zeugin Jutta S***** sowie in bezug auf die Fakten A/6, A/7 und A/8, daß "viel zu wenig Recherchen darüber eingeholt wurden, ob der Angeklagte lediglich die Bezahlung seiner Schulden hinausgezögert hat, oder ob er tatsächlich, wie ihm nun vorgeworfen wird, die Waren in betrügerischer Absicht herausgelockt hat". Zur Relevierung dieser (behaupteten) Verfahrensmängel ist der Angeklagte allerdings nicht legitimiert, weil die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO voraussetzt, daß über einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag nicht oder nicht im Sinne des Antragstellers entschieden wurde; der Beschwerdeführer hat es aber unterlassen, entsprechende Anträge in der Hauptverhandlung zu stellen.

In der - der Sache nach erhobenen - Mängelrüge (Z 5) verweist der Angeklagte zunächst auf die Aussage des Zeugen Hans Peter S*****, aus der eindeutig hervorgehe, daß Jutta S***** ganz maßgeblich daran beteiligt gewesen sei, die zu A 1 und A 2 inkriminierten Einkäufe zu tätigen. Die damit reklamierte Urteilsunvollständigkeit betrifft aber keinen Ausspruch des Erstgerichtes über eine entscheidende Tatsache in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes, weil ein allfälliger Tatbeitrag der Jutta S***** bei der Warenbestellung an der Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers nichts zu ändern vermag. Nur der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, daß der Angeklagte nach seiner eigenen Verantwortung von den Firmen K***** GmbH und T***** GesbR die Waren selbst bezogen hat (S 24/II).

Die zum Faktum A/3 erhobenen Einwände hinwieder, der Beschwerdeführer habe um die Bewilligung einer längeren Fahrzeugmietdauer angesucht, die gestattet worden wäre, und er habe das Kraftfahrzeug "am darauffolgenden Montag" zurückstellen wollen, übersehen, daß dem Angeklagten die betrügerische Schädigung des Fahrzeugvermieters um das Benützungsentgelt zur Last gelegt wird; diese Schädigung wird aber durch die erwähnten Bemängelungen nicht berührt, sodaß auch dieses Beschwerdevorbringen keine entscheidende Tatsache betrifft.

Mit den Behauptungen zu den Fakten A/4 und A/5, es könne ihm weder als nachteilig angelastet werden, daß er als Marktfahrer keinen ständigen Aufenthaltsort habe, noch daß ihm aus Verschulden oder Nichtwissen anderer Personen diverse Post nicht zugestellt werden konnte, er habe auch nicht mit den Geschäftsführern der Firmen, sondern mit dem jeweiligen Verkaufspersonal gesprochen, bringt der Beschwerdeführer der Sache nach überhaupt keinen Nichtigkeitsgrund zur Darstellung. Mit dem Einwand aber, er habe wegen seines phlegmatischen Charakters die Bezahlung seiner Schulden verzögert, es sei keinesfalls erwiesen, daß er bei der Bestellung der Waren eine betrügerische Absicht gehabt habe, bekämpft er lediglich in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Tatrichter, welche die mangelnde Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit des Angeklagten formal mängelfrei begründet festgestellt haben.

Auch zum Faktum B erschöpft sich das Beschwerdevorbringen, die Unterfertigung der Wechsel sei im Einverständnis mit Jutta S***** erfolgt, in einer Bekämpfung der schöffengerichtlichen Beweiswürdigung, ohne einen Begründungsmangel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO aufzuzeigen.

In bezug auf die unter Punkt A angeführten Fakten wendet der Beschwerdeführer mit seiner Subsumtionsrüge (Z 10) ein, daß ihm nach Lage des Falles ein betrügerischer Vorsatz jedenfalls gefehlt habe; angesichts der verzögerten Zahlungen an die Lieferanten wäre der Sachverhalt vielmehr (nur) nach § 159 StGB zu subsumieren gewesen. Damit verläßt der Angeklagte aber den Boden der schöffengerichtlichen Tatsachenfeststellungen, wonach er mit bedingtem Vorsatz die einzelnen Firmen durch Täuschung über Tatsachen in Irrtum geführt und an ihrem Vermögen geschädigt hat (US 10, 12); er bringt solcherart den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund, dessen gesetzmäßige Ausführung einen Vergleich des Urteilssachverhaltes mit dem darauf angewendeten Strafgesetz zur Voraussetzung hat, nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung.

Abschließend sei zum Faktum A/6 der Vollständigkeit halber angeführt, daß als Tatzeit richtig der 7.April 1992 und als Tatort richtig Söll in Tirol anzunehmen ist, weil die Täuschungshandlung ersichtlich durch einen telefonischen Auftrag am 7.April 1992 aus Söll erfolgte; am 8.April 1992 wurden in Albstadt (BRD) lediglich die Rechnungen ausgestellt (vgl S 349 und 351/I). Damit ist auch in Ansehung dieses Faktums ein inländischer Tatort (§ 62 StGB) gegeben, sodaß die Tat (schon deshalb) den österreichischen Strafgesetzen unterliegt.

Die teils offenbar unbegründete, teils nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO bzw Z 1 leg.cit. iVm § 285 a Z 2 StPO).

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten ist demnach das Oberlandesgericht Innsbruck zuständig (§ 285 i StPO).

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