10ObS317/92 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Manfred Lang und Mag.Martin Duhan aus dem Kreis der Arbeitgeber in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Eduard H*****, vertreten durch Dr.Franz Kandlhofer, Angestellter der Handelskammer Niederösterreich, 1014 Wien, Herrengasse 10, dieser vertreten durch Dr.Hans Pritz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vertreten durch Dr.Karl Leitner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Alterspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24.Jänner 1992, GZ 33 Rs 7/92-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 11.Oktober 1991, GZ 4 Cgs 698/91-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur neuen, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällenden Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Das Erstgericht wies das Begehren des am 19.5.1931 geborenen Klägers, ihm ab 1.10.1991 (richtig: ab 1.6.1991) die Alterspension im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, mit der Begründung ab, daß der Anspruch auf Alterspension gemäß § 130 Abs 1 GSVG die Vollendung des 65. Lebensjahres zum Stichtag voraussetze.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge, wobei es die vom Kläger gegen § 130 Abs 1 GSVG geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teilte.
Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit den Anträgen, beim Verfassungsgerichtshof die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 130 Abs 1 GSVG idF des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1991 zu beantragen und das angefochtene Urteil sodann im Sinne des Klagebegehrens abzuändern oder (die Rechtssache) zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Die beklagte Partei beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Mit dem Erkenntnis vom 2.12.1992, GZ G 132/92-8 ua, hat der Verfassungsgerichtshof auf Antrag des Obersten Gerichtshofes zu Recht erkannt, daß die Wortfolge "nach Vollendung des 65. Lebensjahres, die Versicherte" im § 130 Abs 1 GSVG idF des Art II Z 6 lit a des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1991 BGBl 157 bis zum Ablauf des 30.11.1991 verfassungswidrig war. Die vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig festgestellte Wortfolge ist gemäß Art 140 Abs 7 Satz 2 B-VG auf den Anlaßfall und somit auf den hier zu entscheidenden Fall nicht anzuwenden. Die Vollendung des 65. Lebensjahres ist daher nicht Voraussetzung für den Anspruch des Klägers auf Alterspension, sondern es genügt, daß er vor dem 1. Dezember 1991 das 60.Lebensjahr vollendet hat, wenn die übrigen im § 130 GSVG festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind. Da dies bisher nicht geprüft wurde, mußten die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben werden.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 2 Abs 1 ASGG iVm § 52 Abs 1 ZPO.