14Os157/92 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 29.Dezember 1992 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Dr.Massauer, Dr.Hager und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Munsel als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz R***** wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25.August 1992, GZ 3 b Vr 4195/92-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz R***** - abweichend von der auf das Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 2 und 15 StGB lautenden Anklage (ON 4 iVm S 181 f) - (I.) des Vergehens (der Begehung) einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs. 1 (§§ 127, 129 Z 2; 229 Abs. 1) StGB und (II.) des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er in Wien
(zu I) am 2.April 1992, wenn auch nur fahrlässig, durch den Genuß von Alkohol sich in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt und in diesem Zustand dadurch, daß er
1. fremde bewegliche Sachen, nämlich eine schwarze Lederhandtasche, ein rotes Lederetui, eine schwarze Ledergeldbörse, 500 S Bargeld sowie vier Zylinderschlüssel und zwei Postkastenschlüssel der Anneliese B***** (nunmehr verehelichte P*****) durch Aufbrechen eines Behältnisses, indem er die Stahltür eines Garderobespindes gewaltsam verbog, mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz weggenommen hat, und
2. für die oben Genannte ausgestellte Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, nämlich einen von der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See ausgestellten Führerschein, eine Scheck- und Bankomatkarte der B***** und eine Monatskarte der W*****, mit dem Vorsatz unterdrückte, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden,
Handlungen begangen, die ihm außer diesem Zustand (zu 1) als Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 2 StGB und (zu 2) als Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB zugerechnet würden;
(zu II) am 30.Jänner 1992 fremde bewegliche Sachen anderen mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz wegzunehmen versucht, und zwar
1. Verfügungsberechtigten der Firma B***** zwei Flaschen Whisky im Gesamtwert von 358,90 S und
2. Verfügungsberechtigten der Firma M***** Wurst im Wert von 69,90 S.
Rechtliche Beurteilung
Nur den Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 287 Abs. 1 StGB (Punkt I) bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5 a und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.
Das Schöffengericht hat seine Feststellung, daß der Angeklagte auch hier der Täter war, insbesondere auf die als glaubwürdig beurteilten Bekundungen der Zeugin Anneliese P***** und die Aussagen der (gleichfalls als Zeugen vernommenen) Polizeibeamten Othmar S***** und Alfred L***** gestützt, durch welche es die leugnende Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung als eindeutig widerlegt erachtete (US 9 ff). Nachdem die Zeugin P*****, die am 2.April 1992 den Angeklagten im Verkaufsraum der K***** sah, das (später bemerkte) Fehlen ihrer Handtasche aus dem beschädigten Spind zur Anzeige gebracht hatte, gab der Angeklagte gegenüber den Sicherheitswachebeamten S***** und L*****, die ihn etwa drei Stunden vorher in einem nahegelegenen Park einer routinemäßigen Kontrolle unterzogen hatten und auf Grund der nunmehrigen Anzeige neuerlich überprüften, den Einbruchsdiebstahl in den Spind durch Aufbiegen der Metalltür ebenso zu, wie das Zurücklassen der Tasche nach Entnahme aller ihm verwertbar erschienenen Sachen in der Toilette des Bahnhofs Heiligenstadt (US 8 ff iVm 35 f, 177 f, 179 f, 181 f).
Die Beschwerde wendet in der Tatsachenrüge (Z 5 a) dagegen ein, daß die Angaben des Angeklagten gegenüber den beiden Polizisten, sollte er tatsächlich "irgend etwas dahergelallt haben", unter dem Aspekt des als erwiesen angenommenen Rauschzustandes zu beurteilen gewesen wären. Ein "wirres Gestammel", das sich die beiden Polizeibeamten "hatten anhören müssen", könne jedenfalls nicht "zur Grundlage für die gegenständliche Verurteilung gemacht" werden; dies umsoweniger als die Polizeibeamten entgegen den Ausführungen des gerichtsmedizinischen Sachverständigen in der Hauptverhandlung versucht hätten, den Angeklagten "als gar nicht so alkoholisiert" hinzustellen. Damit unternimmt die Beschwerde aber nur den Versuch, die Beweiskraft der in Rede stehenden Zeugenaussagen in Zweifel zu ziehen, ohne jedoch aktenkundige Verfahrensergebnisse aufzeigen zu können, die geeignet wären, schwerwiegende Bedenken gegen die Beweiswürdigung der Tatrichter zu erwecken. Daß der Angeklagte bei seinem von der Zeugin P***** beobachteten Aufenthalt am 2.April 1992 in der K***** stark alkoholisiert gewesen ist, hat das Schöffengericht ohnedies als erwiesen angenommen (US 12). Es ist jedoch dem Gutachten des Sachverständigen Dr.Bauer folgend zur Überzeugung gelangt, daß der Angeklagte, dem zur Tatzeit die Dispositionsfähigkeit mangelte, bei der Befragung durch die Polizeibeamten im Park noch eine genaue Erinnerung an das Tatgeschehen hatte, die allerdings, nachdem er anschließend in der Zelle geschlafen hatte, nur mehr lückenhaft und unpräzise vorhanden war, und in der Folge in einer ihm günstig erscheinenden Weise - nämlich durch Leugnen - ersetzt wurde (US 11,12). Insgesamt erschöpft sich das bezügliche Beschwerdevorbringen der Sache nach in einer bloßen Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung; eine Urteilsnichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 5 a StPO wird damit nicht aufgezeigt.
Soweit der undifferenziert ausgeführten Beschwerde überhaupt eine Rechtsrüge (Z 9 lit. a) entnommen werden kann, entbehrt sie der prozeßordnungsgemäßen Ausführung. Denn sie hält nicht am festgestellten Urteilssachverhalt fest, wonach der Beschwerdeführer bei der Rauschtat laut Punkt I des Urteilssatzes mit dem jeweiligen Tatbestandsvorsatz, bei der Urkundenunterdrückung auch mit dem (außerdem geforderten) Gebrauchsverhinderungsvorsatz gehandelt hat (US 7, 14 f, 16 f).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285 d Abs. 1 StPO zurückzuweisen, woraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufung das Oberlandesgericht Wien zuständig ist (§ 285 i StPO).