JudikaturOGH

6Ob505/90 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Dezember 1992

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****Aktiengesellschaft, vertreten durch Dr.Harald Beck, Rechtsanwalt in Eisenstadt, wider die beklagte Partei Dipl.Ing.Dr.Friedrich H*****, vertreten durch Dr.Ernst Schilcher, Rechtsanwalt in Wr.Neustadt, wegen 498.647,52 S samt Nebenforderungen sowie Feststellung (Teilstreitwert 1 Mio S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das zum Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 8.September 1988, GZ 2 Cg 437/85-57, ergangene berufungsgerichtliche Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 5.September 1989, AZ 12 R 37/88 (ON 62), in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht stattgegeben.

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit 24.814,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer 3.335,70 S und an Barauslagen 4.800,-- S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft. Sie entstand aus der Verschmelzung (und Umwandlung) zweier Gesellschaften mbH. Eine von diesen betrieb ein Energieversorgungsunternehmen. Diese Gesellschaft war im November 1970 zur flächenmäßigen Versorgung des Bundeslandes mit dem Energieträger gegründet worden. In technischer Hinsicht war dazu die Errichtung örtlicher Leitungsnetze in den einzelnen Versorgungsräumen erforderlich. Die Ortsversorgungsnetze waren zu planen, zu errichten und zu warten, als Erdeinbauten aber auch zu dokumentieren. Dies sollte in der Form planlicher Darstellungen, der sogenannten Bestandpläne, erfolgen.

Der Beklagte war vor der Gründung der Gesellschaft mbH Vorstandsmitglied eines gleichartigen Energieversorgungsunternehmens in einem anderen Bundesland und Geschäftsführer der Holdinggesellschaft aller regionalen inländischen Versorgungsgesellschaften gewesen.

Die Gesellschaft bestellte den Beklagten zu ihrem alleinvertretungsbefugten Geschäftsführer. Nach seinem Geschäftsführervertrag war er verpflichtet, der Gesellschaft im Bedarfsfall jederzeit, jedoch mindestens 20 Stunden wöchentlich, zur Verfügung zu stehen. Es wurde ihm ausdrücklich gestattet, seine Tätigkeit als Zivilingenieur weiter auszuüben. Soweit die Gesellschaft mit dem Beklagten als selbständigem Zivilingenieur Verträge abschloß, holte der Beklagte als Geschäftsführer die Genehmigung durch den Beirat der Gesellschafter ein. Dieser setzte sich aus zwei Vertretern der Mehrheitsgesellschafterin und einem Vertreter der übrigen Gesellschafter, dem Bürgermeister der ersten mit Energie zu versorgenden Gemeinde, zusammen.

Nachdem der Beklagte im Februar 1971 den Auftrag der Gesellschaft zur technischen Planung des ersten Ortsnetzes übernommen hatte, kam es im Juli 1972 zwischen den Streitteilen zum Vertrag über die Vermarkung der Ortsrohrnetze (Erstellung der Bestandpläne). Das dabei vereinbarte Entgelt von 1.500 S je Kilometer war verhältnismäßig niedrig und beruhte auf dem Umstand, daß dem Büro des Beklagten die für die Planverfassung notwendigen Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden.

Nähere Abreden über die Art der Planverfassung wurden nicht getroffen.

Nach allgemeinem Verständnis hatten Bestandpläne als Lagepläne die durchgeführten Erdeinbauten grundrißgetreu und durch Signaturen darzustellen. Ein maßstäblicher Lageplan erfordert den Einsatz geschulter Kräfte, die während der Einbauarbeiten vermessen und dabei möglichst von Fixpunkten ausgehen, sowie eine Überprüfung der Vermessungsaufnahmen, um Fehler mit Sicherheit auszuschließen.

Zu Beginn des 8.Jahrzehnts dieses Jahrhunderts stellten die einzelnen Leitungsträger an die Dokumentation ihrer eigenen Leitungen sehr unterschiedliche, im allgemeinen aber geringe Anforderungen.

In der Mehrzahl der Fälle dienten die von anderen Versorgungsunternehmen damals aufgenommenen Leitungsdokumentationen der bloßen Übersicht über die eigenen Leitungen und der Hilfe zum Aufsuchen der Leitungen sei es ohne, sei es mit zusätzlichen Probegrabungen.

Erkennbarer Zweck der vom Beklagten zu erstellenden Pläne war es, das Auffinden der verlegten Leitungen zu ermöglichen und als Hinweis auf die Lage der Leitungen für andere Einbautenträger zu dienen.

Die ÖNORM B 2533, Ausgabe August 1970, enthielt Richtlinien für die im Zusammenhang mit unterirdischen Einbauten in Straßen vorzukehrenden Maßnahmen, darunter auch im Punkt 5 Anregungen zur planlichen Darstellung sämtlicher Einbauten in der Form eines Einbaukatasters, den es aber tatsächlich noch nicht gab. Die ÖNORM-Richtlinien sahen für die Lagepläne einen Maßstab von 1 : 200 oder 1 : 250 vor; in solche Pläne sollten alle unterirdischen Einbauten maßstabgerecht eingetragen werden. Für kleinere ländliche Verhältnisse sahen die ÖNORM-Richtlinien als Maßstab der Lagepläne auch den der Katastralmappe oder dessen gebräuchliche Vergrößerung vor.

Die im August 1975 aufgestellte deutsche Norm DIN 2425 Teil 1, die ihre aus dem Jahr 1940 stammende Vorläuferin DIN 2425 : 2,40 ersetzte, sieht zur Dokumentation von Rohrnetzen der öffentlichen Gas- und Wasserversorgung nicht unbedingt maßstabgerechte Aufnahmeskizzen, auf Einmessungen durch fachkundige Personen beruhende Bestandpläne sowie Übersichtspläne in größerem Maßstab vor. Wesen und Zweck der Bestandpläne werden mit der Wendung umschrieben, daß sie alle für die Auffindung der Rohrleitungen wesentlichen Maßangaben enthalten sollen; als Maßstab für dicht bebaute Gebiete wird 1 : 500, für locker bebaute Gebiete 1 : 1000 empfohlen.

Erst im Jahr 1980 hat dann die Bundes-Ingenieurkammer durch deren Fachgruppe Vermessungswesen bundeseinheitliche Richtlinien für die Erfassung und Dokumentation von Leitungen (als Empfehlung) aufgestellt, um deren Verwendbarkeit auch in einem noch einzurichtenden Leitungskataster zu gewährleisten. Diese Richtlinien sehen im Punkt 2.2.3 vor, daß die Lage von unterirdischen Leitungen grundsätzlich nach dem Verlegen und vor dem Wiederverfüllen unmittelbar bei offener Künette zu bestimmen ist; auf jede andere Bestimmung soll wegen des starken Genauigkeitsabfalls durch einen deutlichen Hinweis auf dem Plan und Wahl der entsprechenden Signatur aufmerksam gemacht werden.

Die im Februar 1987 aufgestellte ÖNORM B 2527 über die Herstellung von Projekts- und Bestandunterlagen für Gasversorgungsleitungen im Ortsgebiet sieht vor, daß die Vermessung der verlegten Leitungen in der Regel bei offenem Rohrgraben von fachkundigem Personal durchzuführen ist.

Die neu gegründete Gesellschaft ließ die ersten Ortsnetze nicht durch eigene Arbeitskräfte, sondern durch werkvertraglich verpflichtete Unternehmungen verlegen. Diese hatten ihre Teilrechnungen "durch gemeinsame Aufmaßerstellung und vervollständigte Hausanschlußskizzen (mindestens 3 Maße)" zu belegen.

Solche Skizzen der bauausführenden Unternehmungen, die Projektspläne sowie die Ortskenntnis der örtlichen Bauleiter, die die Baustellen regelmäßig zu kontrollieren hatten, sowie nachträgliche Überprüfungen an Hand des Verlaufes der auch nach Wiederauffüllung noch erkennbaren ca. 50 cm bis 60 cm breiten Aushubgräben dienten ohne systematische Kontrolle der mitgeteilten Maße durch die Gesellschaft oder den Beklagten als Grundlage der vom Beklagten durch sein Büro als Dokumentation des tatsächlichen Rohrnetzbestandes verfaßten planlichen Darstellungen. Diese sind nicht als maßstabgetreu zu werten.

Das erste Ortsrohrnetz wurde auf solche Weise erst zu einem Zeitpunkt zur planlichen Darstellung gebracht, als es bereits unter Druck stand, also erst nach Wiederauffüllung der Künetten. Auch das Ortsrohrnetz der Landeshauptstadt wurde erst nach Wiederauffüllung der Aushubschächte (also bei geschlossener Künette) planlich dargestellt.

Als Geschäftsführer der Gesellschaft teilte der Beklagte den Mitarbeitern der Gesellschaft in einem Rundschreiben vom Mai 1973 die Zielsetzungen des Unternehmens mit dem Hinweis darauf mit, daß mit Rücksicht auf die steigenden Anforderungen eine Unternehmensführung unter Delegierung von Aufgaben und der damit verbundenen Verantwortlichkeit notwendig geworden sei. In diesem Sinne wurde eine Planungsabteilung sowie eine Bauabteilung mit je einem eigenen Leiter eingerichtet. Der mit Vertrag vom 1.Oktober 1973 bestellte Leiter der Planungsabteilung hielt in einem mit 19.März 1974 datierten Aktenvermerk fest, daß beispielsweise die zur Herstellung des Ortsrohrnetzplanes der Landeshauptstadt verwendeten Hausanschlußskizzen der Rohrverlegungsunternehmen "in 70 von 360 Fällen falsch" gewesen seien. Die aufgelisteten Fehler hätten erkannt und richtiggestellt werden können, obwohl die Künetten teilweise bereits mehr als 2 Jahre zugeschüttet gewesen waren. Die Probleme der Bestandpläne aller anderen Ortsnetze seien ähnlich. Dazu schlug der Leiter der Planungsabteilung wörtlich vor, "die Einmessung der Hauptleitung und der Hausanschlüsse während des Baues (offene Künette) durch einen Techniker durchführen zu lassen. Nur so lassen sich Bestandpläne mit der notwendigen Genauigkeit +/- 0,2 m erstellen".

Die in diesem Aktenvermerk des Leiters der Planungsabteilung festgehaltenen Beobachtungen und Anregungen führten dazu, daß die Gesellschaft ihre Leitungen nicht mehr durch werkvertraglich verpflichtete Unternehmer, sondern durch eigene Arbeitskräfte verlegen ließ.

In einer im April 1974 abgehaltenen Betriebsbesprechung erfolgte die Festlegung, daß zur Verbesserung der Genauigkeit der Bestandpläne die Einmessung der verlegten Leitungen durch die Planungsabteilung an der Baustelle zu erfolgen habe.

Nach dem Inhalt einer im August 1974 abgehaltenen Betriebsbesprechung erfolgte eine weitere Aufstockung der Planungsabteilung. Dieser Abteilung wurden vier Mitarbeiter aus dem Büro des Beklagten zugeordnet, die organisatorisch der Gesellschaft unterstellt waren.

Fortan verfaßte der Beklagte (als selbständiger Zivilingenieur) nur noch die Projektpläne; die Bestandpläne verfaßte die Gesellschaft selbst. Soweit dabei Dienstnehmer aus dem Büro des Beklagten tätig waren, verrechnete dieser der Klägerin nur das Entgelt für die Beistellung der Arbeitskräfte.

Betriebsbesprechungen fanden etwa allmonatlich statt. Bei keiner dieser Besprechungen teilte einer der Abteilungsleiter dem Beklagten als Geschäftsführer mit, daß es Schwierigkeiten bei der Verfassung der Einmeßskizzen gegeben hätte.

Techniker und Monteure der Gesellschaft suchten im wöchentlichen oder vierzehntägigen Intervall die Baustellen zum Zweck der Leitungseinmessungen auf, gelegentlich aber auch erst nach längeren Zeitspannen. Die Künetten mußten meist innerhalb von 4 Tagen wieder zugeschüttet werden. So unterblieb vielfach eine Einmessung bei offener Künette.

Nach dem Besprechungsprotokoll vom 9.September 1976 erteilte der Beklagte als Geschäftsführer die Weisung, Einmeßskizzen während des Baues anzufertigen und die Künetten erst nach Vermessung der Leitungen durch einen Techniker wieder zuzuschütten.

Im Juni 1978 erfolgte ein Wechsel in der Person des Leiters der Planungsabteilung. Erst seither wurde die Weisung zur Einmessung der Leitungen bei offener Künette ausnahmslos befolgt.

Der Beklagte unterfertigte Pläne unabhängig davon, ob sie in seinem Büro oder durch die Gesellschaft selbst hergestellt wurden, in seiner Eigenschaft als Zivilingenieur.

Die bis 1978 hergestellten planlichen Darstellungen der Ortsrohrnetze entsprechen wegen der Art ihrer verwendeten Grundlagen nicht den heute an Bestandpläne gerichteten Anforderungen. Die mit Fehlerquellen verbundene Art, nicht bei offener Künette und nicht durch Techniker hergestellte Skizzen als Dokumentationsgrundlage heranzuziehen, war aber zur Zeit der Verfassung der Pläne bei vergleichbaren Leitungsträgern nicht unüblich.

Die Klägerin verweist bei Weitergabe ihrer planlichen Darstellungen durch Stempelaufdruck ausdrücklich auf die Möglichkeit von Maßabweichungen.

Der 1976 erst nach Zuschüttung der Künetten verfaßte Plan über ein bestimmtes Ortsrohrnetz brachte einen Z-förmigen Leitungsverlauf (Etagierung) nicht zur Darstellung. Bei Grabungsarbeiten im Auftrag eines anderen Leitungsträgers kam es im Sommer 1978 zu einer zunächst unbemerkt gebliebenen Beschädigung der planlich unrichtig geradlinig eingetragenen Hauptleitung; ausströmendes Sickergas führte Mitte Oktober 1978 im nächststehenden Haus zu einer Explosion. Ein Mann erlitt dabei Verletzungen, denen er zwei Tage später erlag.

Wegen dieses Vorfalles wurde unter anderem auch gegen den Beklagten ein Strafverfahren eingeleitet, in dem er mit dem Berufungsurteil vom 13. September 1982 des Vergehens der fahrlässigen Gemeingefährdung nach § 177 Abs 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt wurde, weil er als der vom Energieversorgungsunternehmen für die Erstellung des Bestandplanes des Ortsrohrnetzes beauftragte Ziviltechniker den Bestandplan verantwortlich fertigte bzw. in seinem Namen verantwortlich fertigen ließ, obwohl er wußte, daß dies auf einer nachträglichen Rekonstruktion des Leitungsverlaufes und nicht auf Einmessungen beruhte, die bei offener Künette vorgenommen worden waren.

Im Herbst 1981 ließ die Klägerin ein anderes Ortsrohrnetz zur Kontrolle des darüber errichteten Planes zunächst mittels der sogenannten induktiven Methode vororten und anschließend nach der Radionuklidtechnik orten. Diese Überprüfung ergab Planabweichungen vom tatsächlichen Leitungsverlauf, die in einem Fall mehrere Meter ausmachten.

Der Beklagte hat bei der Klägerin (jedenfalls seit Verschmelzung und Umwandlung) keine Organstellung inne.

Mit der im Februar 1983 angebrachten Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten einerseits den Ersatz der Kosten der Überprüfung und Richtigstellung des erwähnten Ortsrohrnetzplanes im - eingeschränkten - Betrag von knapp 0,5 Mio S sowie die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten hinsichtlich aller Kosten, die der Klägerin in Hinkunft im Zusammenhang mit der Überprüfung 32 weiterer vom Beklagten angefertigten Ortsrohrnetzbestandpläne entstehen werden.

Die Klägerin leitete die Haftung des Beklagten daraus ab, daß er - als Auftragnehmer der Versorgungsgesellschaft und als deren Geschäftsführer - als Bestandpläne gedachte Dokumentationen der Ortsrohrnetze herstellen und in seiner Eigenschaft als Zivilingenieur fertigen habe lassen, wiewohl er gewußt habe, daß bei der nachträglich erfolgten Lageermittlung der Rohre bei geschlossener Künette die erforderliche Genauigkeit nicht erreicht worden sein konnte, und daß er nach dem Hinweis auf die Fehlerhaftigkeit der Skizzen seinen Auftrag, bei offener Künette einzumessen, nicht kontrolliert habe.

Der Beklagte wendete zum Grund seiner Haftung ein, er sei seiner Geschäftsführerverpflichtung durch zweckmäßige Weisung nachgekommen, deren Einhaltung nicht er persönlich zu überprüfen gehabt hätte. Die Erhebungsmethode zur Planverfassung habe der zur Zeit der Planerrichtung auch bei vergleichbaren Energieversorgungsunternehmen beobachteten Vorgangsweise entsprochen. Etwa unterlaufene, nie zu vermeidende einzelne Fehler lägen im Bereich des Üblichen.

Das Prozeßgericht erster Instanz hatte das Klagebegehren im ersten Rechtsgang abgewiesen. Der Oberste Gerichtshof bestätigte einen berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß (ON 23 = 6 Ob 695/84). Im zweiten Rechtsgang gelangte das Prozeßgericht erster Instanz neuerlich zur Klagsabweisung. Dieses Urteil bestätigte das Berufungsgericht.

Die Klägerin ficht dieses bestätigende Berufungsurteil aus den Revisionsgründen nach § 503 Z 3 und 4 ZPO mit einem auf die Erlassung eines das Leistungsbegehren dem Grunde nach bejahenden Zwischenurteils abzielenden Abänderungsantrag und einem im übrigen gestellten Aufhebungsantrag an.

Der Beklagte strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist gemäß der im Sinne der Übergangsbestimmung des Art XLI Z 5 WGN 1989 anzuwendenden Regel des § 502 Abs 4 Z 2 aF ZPO zulässig.

Sie ist aber nicht berechtigt.

Der Beklagte war in der Zeit, in der die planlichen Dokumentationen über die bestehenden Leitungsnetze des Energieversorgungsunternehmens in Auftrag gegeben und erstellt wurden, (alleiniger) Geschäftsführer der Gesellschaft mbH. Soweit er als solcher für die Gesellschaft mit sich selbst als selbständigem Zivilingenieur Verträge über die Planverfassung abgeschlossen hat, war er für den Inhalt der Verträge der Gesellschaft gegenüber zur Anwendung der im § 25 Abs 1 GmbHG umschriebenen Sorgfalt verpflichtet, deren Verletzung für einen daraus entstandenen Schaden haftbar macht. (Ein Verstoß gegen § 25 Abs 4 GmbHG wurde nicht behauptet; andererseits hat der Beklagte Verjährung nicht eingewendet.)

Dabei ist zu unterstellen, daß bei der Bestellung des Beklagten zum ersten Geschäftsführer der neu gegründeten GesmbH, die die Energieversorgungseinrichtungen und die Organisation erst einzurichten hatte, die Fachkenntnis und die einschlägige Berufserfahrung des Beklagten in der Geschäftsführung von gleichartigen Energieversorgungsunternehmen bestimmend waren. Der Beklagte hätte zwar auch ohnedies die für die Geschäftsführung eines Energieversorgungsunternehmens der konkreten Art erforderlichen Kenntnisse zu vertreten; im speziellen Fall mußte er aber davon ausgehen, daß den Gesellschaftern ein besonderes Fachwissen mangelte und diese sich gerade diesbezüglich auf ihn verlassen mußten.

Was die Verfassung der Pläne und die dazu erforderlichen Datenerhebungen anlangt, hätte der Beklagte als Auftragnehmer der Gesellschaft für Fehler seiner Angestellten als seiner Erfüllungsgehilfen einzustehen, als Geschäftsführer der Gesellschaft aber bei Planerstellung durch die eigene Planungsabteilung der Gesellschaft nur für eigenes Organisations- und Überwachungsverschulden.

Der Beklagte hat sich im Ergebnis mit planlichen Darstellungen zufriedengegeben, die schon nach ihrer zunächst ausschließlich, später vornehmlich und zuletzt immerhin nicht nur ausnahmsweise beobachteten Art, erst bei bereits geschlossener Künette den Leitungsverlauf zu erheben, mit Ungenauigkeiten behaftet sein mußten, die weit über die bei einer maßstabgetreuen Einzeichnung in Kauf zu nehmenden Abweichungen hinausgingen. Bei der großen Zahl der Pläne und dem Abgang von Bemängelungen und sofortigen Verbesserungen zwingt das zu dem Rückschluß, daß der auf niedrigem Genauigkeitsstand verbliebene Leistungserfolg nach den Vorstellungen des Beklagten auch schon vertraglicher Leistungsinhalt gewesen war. Konkrete Festlegungen hierüber erfolgten nicht.

Damit scheiden die auf die gepflogene Datenerhebungsmethode (bei geschlossener Künette) zurückzuführenden Planungenauigkeiten als Ausführungsfehler aus. Ungeachtet solcher Ungenauigkeiten der Pläne läge Vertragserfüllung vor. Daß andere Fehler in einer solchen Häufigkeit oder in einem solchen Einzelausmaß unterlaufen wären, daß die Leitungsdarstellung eines bestimmten oder gar aller Pläne auch auf dem niedrigen, bloß einem Übersichtsplan entsprechenden Genauigkeitsniveau als unzuverlässig anzusehen wäre, wurde im erstinstanzlichen Verfahren nicht konkret geltend gemacht. Deshalb hängt die Entscheidung des Rechtsstreites von der Frage ab, ob es der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes widersprach, sich von vornherein (bei Auftragserteilung oder innerbetrieblicher Anweisung) mit Plandarstellungen von der Art bloßer Übersichtspläne zu begnügen anstatt maßstabgetreue Einzeichnungen zu fordern.

Mangels verbindlicher allgemeiner Regelung oder konkreter behördlicher Vorschreibungen ist der konkrete, bei Auftragserteilung oder innerbetrieblicher Anordnung vorgeschwebte Dokumentationszweck maßgebend. Ungeachtet des gebrauchten Ausdruckes "Bestandplan" hat der Beklagte als Geschäftsführer ganz offenbar bewußt auf maßstabgetreue Darstellung in der von ihm in Auftrag gegebenen und angeordneten Plandarstellungen aufgrund von Erhebungen bei geschlossener Künette zunächst vorweg verzichtet.

Dies erachteten zur damaligen Zeit nach den getroffenen Tatsachenfeststellungen vergleichsweise Leitungsträger für ihre Belange nicht als unzulänglich.

Das mag aus heutiger Sicht ungenügend und auch schon nach seinerzeitiger, bei Auftragserteilung und betrieblicher Anordnung gegebener Sicht als nicht gerade vorausschauend erscheinen. Der Klägerin ist es jedoch nicht gelungen, eine sorgfaltswidrige Unzweckmäßigkeit der Geschäftsführerentscheidung darzutun. Es wurde nicht erwiesen, daß die mit der Einmessung der Leitungen bei geschlossener Künette notwendig in Kauf genommenen Ungenauigkeiten die Plandarstellung für eigene Zwecke der Gesellschaft unbrauchbar machten. Es mag sein, daß das Aufsuchen der Leitungen zur routinemäßigen Kontrolle (Gasspüren) oder aus besonderem Anlaß (Gebrechensverdacht) im Einzelfall erschwert ist, wenn anstelle einer maßstabgetreuen Darstellung mit Abweichungen von höchstens +/- 20 cm nur eine zeichnerische Information mit 3- oder 4facher Vergröberung der Genauigkeit zur Verfügung steht. Daß dies aber aus den konkreten Umständen der Personalstruktur und des Leistungsdruckes in den ersten Aufbaujahren in Kauf genommen wurde, muß keine Fehlentscheidung gewesen sein. Daß es aus seinerzeitiger Sicht eine gewesen war, wurde jedenfalls nicht konkret dargetan.

Die Klägerin mag heute im Besitz von Plänen sein, die den zeitgemäßen Anforderungen nicht entsprechen. Die sich daraus etwa ergebenden Folgerungen hat sie unter ihrer eigenen Verantwortlichkeit zu ziehen, insbesondere bei einer Weitergabe der Pläne zur Information anderer Leitungsträger. Eine haftungsbegründende Geschäftsführersorglosigkeit des Beklagten nachzuweisen, ist der Klägerin aber weder in der Richtung gelungen, daß der Beklagte es verabsäumt hätte, auf maßstabgetreue Plandarstellung der verlegten Leitungen zu dringen, die aufgrund einer Datenerhebung bei geschlossener Künette nicht zu erwarten gewesen war, weil Maßstabgenauigkeit seinerzeit nicht allgemeiner Standard gewesen ist. Aber auch ein Organisations- oder Überwachungsverschulden des Beklagten als Geschäftsführer wurde nicht schlüssig dargetan, da nach dem festgestellten Sachverhalt der Beklagte auf die Meldung des ihm unterstellten Leiters der Planungsabteilung dessen Anregung, grundsätzlich bei offener Künette einzumessen, gutgeheißen hat und mangels gegenteiliger Berichte oder eigener Wahrnehmungen davon ausgehen durfte, daß der Leiter der Planungsabteilung dessen eigene Anregung beachten und für deren Einhaltung sorgen würde.

Zur praktischen Bedeutungslosigkeit des verurteilenden Straferkenntnisses für die in der anhängigen Rechtssache verfolgten Begehren hat der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Rekursentscheidung abschließend Stellung genommen.

Den im Zivilrechtsstreit ergangenen Entscheidungen liegt die Ansicht zugrunde, daß keine verbindliche, als Schutznorm zugunsten anderer Leitungsträger zu qualifizierende Regelung über Leitungsdokumentationen bestand. Dies vermochten auch die Revisionsausführungen nicht zu entkräften.

Die gerügten Aktenwidrigkeiten liegen nicht vor. Das Berufungsgericht hat die erstinstanzlichen Feststellungen nur ergänzt und damit die erstgerichtliche Feststellung über die ÖNORM 2533 als solche übernommen. Die von der Revisionswerberin bemängelten Ausführungen des Berufungsgerichtes im Zuge dessen rechtlicher Beurteilung sind dahin zu verstehen, daß keine verbindlichen Richtlinien bestanden. Der Begriff "Lageplan" mag bei bewußter Inkaufnahme nicht maßstabgetreuer Einzeichnungen mißverständlich sein; für die Beurteilung dessen, was als vereinbart oder angeordnet zu gelten hatte, ist aber nicht die Bezeichnung, sondern der nach den konkreten Umständen zu unterstellende Begriffsinhalt entscheidend. Die Äußerungen von Mitgliedern des Gesellschafterausschusses zum Selbstkontrahieren wären nur für eine Beurteilung nach § 25 Abs 4 GmbHG erheblich; ein Verstoß gegen diese Norm wurde aber nicht zum Klagsgrund erhoben. Die Feststellungen über die Übung anderer Leitungsträger diente nur zur Abklärung des Bestehens einer allgemein anerkannten Übung und Wertung.

Aus diesen Erwägungen mußte der Revision ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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