JudikaturOGH

9ObS21/92 – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Dezember 1992

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Herbert Vesely und Mag. Karl Dirschmied als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei J***** B*****, Angestellter, ***** vertreten durch *****, Sekretär *****, ***** wider die beklagte Partei ARBEITSAMT VERSICHERUNGSDIENSTE, 1040 Wien, Schwindgasse 5, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen S 1,363.182 netto (im Revisionsverfahren S 1,363.182 netto abzüglich S 741.867,24 brutto) infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Oktober 1992, GZ 31 Rs 127/92-21, womit die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 9. April 1992, GZ 7 Cgs 1001/91-18, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung über die Berufung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Die beklagte Partei erhob gegen die Entscheidung des Erstgerichts, mit der dem Kläger Insolvenzausfallgeld zugesprochen wurde, Berufung.

Das Berufungsgericht wies diese Berufung zurück. Das Urteil des Erstgerichts sei der beklagten Partei am 3. Juni 1992 zugestellt worden. Die Berufungsfrist betrage vier Wochen und habe am 2. Juli 1992 (gemäß den §§ 464 Abs 1, 125 Abs 2 ZPO richtig am 1. Juli 1992) geendet. Die von der beklagten Partei erst am 3. Juli 1992 überreichte Berufung sei sohin verspätet.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, dem Berufungsgericht die Entscheidung über die Berufung unter Abstandnahme des zu Unrecht herangezogenen Zurückweisungsgrundes aufzutragen. Das Urteil des Erstgerichts sei ihren ausgewiesenen Vertretern nicht am 3. Juni 1992, sondern erst am 9. Juni 1992 zugestellt worden, so daß die Berufung rechtzeitig erhoben worden sei.

Der Rekurs ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Da es sich im vorliegenden Fall um eine Rechtsstreitigkeit nach § 65 Abs 1 Z 7 ASGG handelt, sind die Bediensteten von Arbeitsämtern gemäß § 40 Abs 1 Z 4 ASGG zur Vertretung der beklagten Partei vor den Gerichten erster und zweiter Instanz qualifiziert. In diesem Sinn hat unter anderem der Bedienstete des Landesarbeitsamtes Wien, Gruppe IV, Abteilung IVc, 1040 Wien, Schwindgasse 5, Ronald RIEGLER, seine Vertretung der beklagten Partei unter Vorlage einer Vollmacht angezeigt und diese auch in der mündlichen Streitverhandlung vertreten.

Nach dem dem erstgerichtlichen Urteil angehefteten Rückschein sollte das Urteil an "Arbeitsamt-Versicherungsdienste - Ronald RIEGLER - Schwindgasse 5, 1040 Wien" zugestellt werden. An wen und unter welcher Adresse das Urteil aber tatsächlich zugestellt wurde, ist dem Rückschein nicht zweifelsfrei zu entnehmen, da auf ihm - von wem immer - handschriftliche Streichungen und Ergänzungen vorgenommen wurden. So wurde 1040, Schwindgasse 5, gestrichen und statt dessen 1010, Weihburgg. 30 angefügt. Als Übernehmer der Sendung scheint in einer Stampiglie "Landesarbeitsamt Wien" ohne Anschrift auf. Eine Zustellung an der Adresse 1010 Wien, Weihburgg. 30, hätte aber der von den Bevollmächtigten (§ 93 Abs 1 ZPO) bekanntgegebenen Anschrift nicht entsprochen. Sind bei einer Zustellung Mängel unterlaufen, so gilt sie erst in dem Zeitpunkt vollzogen, in dem das Schriftstück dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist (§ 7 ZustG).

Da Zustellungsmängel von Amts wegen zu beachten sind, wird das Berufungsgericht daher vorerst ergänzend zu erheben und zu prüfen haben, ob die Zustellung an den Vertreter der beklagten Partei Ronald RIEGLER per Adresse Schwindgasse 5, 1040 Wien, erfolgt ist und verneinendenfalls, wann ihm oder einem der anderen ausgewiesenen Vertreter die Sendung tatsächlich zugekommen ist.

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