JudikaturOGH

9ObA274/92 – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. November 1992

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie durch die fachkundigen Laienrichter Theodor Kubak und Franz Murmann in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei M***** S*****, vertreten durch ***** Rechtsanwalt ***** (Verfahrenshilfevertreter), wider die beklagte Partei Stadt ***** vertreten durch den Bürgermeister H***** W*****, dieser vertreten durch ***** Rechtsanwalt ***** wegen S 108.402 sA (Streitwert im Rechtsmittelverfahren S 16.684,80 sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16.Juni 1992, GZ 5 R 90/92-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 20.September 1991, GZ 33 Cga 90/91-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der Klägerin wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin die mit S 7.239,36 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (davon S 906,50 Umsatzsteuer und S 1.800 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war vom 1.4.1971 bis 31.3.1985 Bedienstete der beklagten Stadt *****. In der Zeit vom 1.4.1971 bis 30.9.1979 war sie nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) pflichtversichert. Mit dem Inkrafttreten der Änderung des Vorarlberger (Vlbg) Gemeindebedienstetengesetzes (GBedG) LGBl 1979/33 (Anlage zur Neukundmachungsverordnung Vlbg LGBl 1979/38) am 1.10.1979 wurde die Klägerin in ein (kündbares) öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis (Gemeindeangestellte iS des damaligen § 2 Abs 3 GBedG) übernommen, obwohl sie nicht im Bereich der Hoheitsverwaltung beschäftigt war. Ab diesem Zeitpunkt war sie (gemäß § 1 Abs 2 lit b AlVG) nicht mehr arbeitslosenversicherungspflichtig.

Nach dem Ausscheiden aus diesem Dienstverhältnis war die Klägerin beschäftigungslos. Sie ist seit mehreren Jahren beim Arbeitsamt ***** zur Vermittlung einer Beschäftigung gemeldet; trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit ist es ihr nicht gelungen, eine Beschäftigung zu finden. Vom 1.4. bis 23.6.1985 bezog die Klägerin vom Arbeitsamt ***** Arbeitslosengeld (nach den bundesrechtlichen Vorschriften) und (infolge Erschöpfung der Anspruchsberechtigung) vom 24.6. bis 27.10.1985 von der Beklagten Arbeitslosengeld nach § 134 Abs 5 Vlbg GBedG iVm der Verordnung der Vlbg Landesregierung über die Gewährung von Arbeitslosenbeihilfe an Gemeindeangestellte und Gemeindearbeiter LGBl 1980/9 (im folgenden kurz: V LGBl 1980/9). Vom 6.12.1985 bis 1.6.1986 gewährte ihr die Beklagte nach § 134 Abs 5 Vlbg GBedG iVm § 17 der V LGBl 1980/9 Notstandshilfe.

Die Klägerin hat seit September 1988 keinerlei Einkünfte. Sie bestreitet ihren Lebensunterhalt ausschließlich aus Ersparnissen, die sich im Laufe der Jahre auf etwa 30.000 S verringert haben. Sie bewohnt das in ihrem Eigentum stehende Haus ***** Sch*****platz 1. Dieses Haus hat sie bisher nicht vermietet, so daß sie auch aus diesem Titel bisher keine Einkünfte hatte.

Am 12.7.1990 brachte die Klägerin neuerlich einen Antrag auf Gewährung der Notstandshilfe ein, der von der Beklagten abgewiesen wurde.

Die Klägerin begehrte zuletzt von der Beklagten gemäß Art II Abs 2 des Vlbg Gesetzes über eine Änderung des Gemeindebedienstetengesetzes LGBl 1988/34 (im folgenden kurz: LGBl 1988/34) vom 1.7.1990 bis 20.9.1991 eine Notstandshilfe von S 243,60 pro Tag, d.s. S 108.402 sA. Sie befinde sich in einer Notlage.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Antrag sei verspätet gestellt worden. Nach § 37 AlVG könne im Fall einer Unterbrechung des Bezuges der Notstandshilfe der Fortbezug der Notstandshilfe nur innerhalb von drei Jahren, gerechnet vom Tag des letzten Bezuges der Notstandshilfe gewährt werden. Diese Frist habe am 1.6.1986 begonnen und sei daher am 31.5.1989 abgelaufen.

Beide Vorinstanzen bejahten ausdrücklich die Zulässigkeit des Rechtsweges (§ 42 Abs 3 JN).

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit dem Betrag von S 16.684,80 samt Stufenzinsen statt und wies das Mehrbegehren von S 91.717,20 sA - insoweit unbekämpft - ab.

Die Klägerin habe nach ihrem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis zur Beklagten im Jahre 1985 zunächst Arbeitslosengeld nach den bundesrechtlichen Bestimmungen in Anspruch genommen, weil sie die Anwartschaft auf diesen Bezug durch das arbeitslosenversicherungspflichtige Dienstverhältnis zur Beklagten bis 1.10.1979 erfüllt hatte. Die Rahmenfrist des § 514 Abs 1 AlVG habe sich nämlich um die Zeiträume, in denen die Klägerin in einem arbeitslosenversicherungsfreien Dienstverhältnis gestanden sei (§ 15 Abs 1 Z 1 lit a AlVG) verlängert. Als Differenzanspruch gemäß § 134 Abs 5 GBedG iVm der V LGBl 1980/9 habe die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 24.6. bis 27.10.1985 Arbeitslosengeld gewährt, womit die Dauer ihres Bezuges 30 Wochen erreicht habe. Damit sei der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld nach den bundesrechtlichen und nach den landesrechtlichen Vorschriften erschöpft gewesen. Sie hätte ab 28.10.1985 Notstandshilfe sowohl nach § 33 AlVG als auch nach den landesgesetzlichen Vorschriften in Anspruch nehmen können; sie habe jedoch um die Gewährung der Nostandshilfe bei der Beklagten angesucht und von dieser im Höchstausmaß von 26 Wochen (6.12.1985 bis 1.6.1986) bezogen. Damit sei ihr Anspruch nach den (damaligen) landesrechtlichen Vorschriften erschöpft gewesen; Notstandshilfe nach § 33 AlVG hätte sie allerdings noch bis 23.6.1988 beantragen können.

Mit Erkenntnis vom 3.12.1986 G 117/86 (= VfSlg 11.151) habe der VfGH die dem § 2 Abs 3 Vlbg GBedG entsprechende Bestimmung für Landesbedienstete, nämlich § 2 Abs 3 Vlbg LandesbedienstetenG LGBl 1979/37 idF des Gesetzes LGBl 1983/41 aufgehoben. Daraufhin habe der Landesgesetzgeber mit dem Gesetz LGBl 1988/34 in § 2 Abs 3 Vlbg GBedG das Wort "Ernennung" durch "Vertrag" ersetzt und in Art II Abs 2 leg cit angeordnet, daß die Gemeinde (ehemaligen) Gemeindebediensteten, die nur wegen ihres öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses keine oder geschmälerte Leistungen aus der durch Bundesgesetz geregelten Arbeitslosenversicherung beziehen, in der Höhe des Ausfalls gleichartige Leistungen zu gewähren seien, wie sie nach den bundesrechtlichen Bestimmungen über die Arbeitslosenversicherung vorgesehen sind; dieses Gesetz ist am 1.9.1988 in Kraft getreten.

Die Gemeinde treffe danach (auf dem Gebiet der Arbeitslosenversicherung) eine subsidiäre Leistungspflicht. Mit dem Gesetz sollte eine soziale Absicherung jener (ehemaligen) Gemeindebediensteten erreicht werden, die daraus Nachteile haben, daß sie zwischen 1.9.1979 und 31.8.1988 als öffentlich-rechtliche Bedienstete nicht arbeitslosenversicherungspflichtig gewesen seien. Aus diesem Grund könne sich die Beklagte nicht auf § 37 AlVG (Unterbrechung des Bezuges der Nostandshilfe nach bundesgesetzlichen Vorschriften) berufen, da eine solche Unterbrechung gar nie stattgefunden habe. Im übrigen habe die Klägerin auch den Bezug der Notstandshilfe auf Grund landesrechtlicher Vorschriften nie unterbrochen; dieser sei vielmehr mit 1.7.1986 erschöpft gewesen. Daß der Landesgesetzgeber mit Art II Abs 2 LGBl 1988/34 einen Anspruch einräumen wollte, der bei Erschöpfung des seinerzeitigen Notstandshilfebezuges vor dem 1.9.1985 bereits verjährt gewesen wäre, könne nicht angenommen werden. Der Klägerin stehe daher aufgrund ihres Antrages vom 12.7.1990 Notstandshilfe nach Art II Abs 2 LGBl 1988/34 zu; dies allerdings nur in jenem Ausmaß, um das sich ihr mittlerweile verjährter Anspruch auf Notstandshilfe nach dem AlVG durch die nicht arbeitslosenversicherungspflichtigen Zeiten während ihres öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses verringere. Für die Höhe des Anspruchs der Klägerin auf Arbeitslosengeld sei nämlich das in den letzten sechs Kalendermonaten vor dem Ende der Versicherungspflicht (im Jahre 1979) erzielte Monatseinkommen von S 12.372,50 maßgebend gewesen. Da bei der Ermittlung des maßgeblichen Entgeltes Verdienste heranzuziehen gewesen seien, die weiter als drei Jahre vor dem Tag der Geltendmachung zurücklagen, sei dieses Entgelt gemäß § 21 Abs 2 AlVG mit dem der seinerzeitigen Lagerung entsprechenden, am Tag der Geltendmachung in Geltung stehenden Aufwertungsfaktor gemäß § 108c ASVG zu vervielfachen gewesen. Daraus hätte sich schließlich am 24.10.1985 ein Anspruch auf Notstandshilfe von S 183,50 täglich (= 92 % des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes ergeben). In dem vom Klagebegehren umfaßten Zeitraum (1.7.1990 bis 20.1.1991) hätte hingegen der Notstandshilfeanspruch der Klägerin (bei Zugrundelegung ihres letzten Monatseinkommens bei der Beklagten) S 243,60 (Außerstreitstellung) betragen. Die sich daraus ergebende Differenz sei der Klägerin zuzusprechen. Daß sie den Antrag auf Gewährung der Notstandshilfe beim Arbeitsamt nicht rechtzeitig gestellt habe, könne der Beklagten nicht angelastet werden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten (mit Ausnahme der Nichtigkeitsberufung) Folge und änderte das Ersturteil im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens ab. Es sprach aus, daß die Revision zulässig sei.

Artikel II Abs 2 LGBl 1988/34 habe nicht den Zweck, Personen, die nach den bisherigen Vorschriften keine Ansprüche mehr hatten, neue Ansprüche zu gewähren. Die Bestimmung sollte vielmehr die durch die Überleitung der öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse in privatrechtliche auftretenden Härtefälle vermeiden oder mindern. Schon nach der V LGBl 1980/9 sei der Bezug der Notstandshilfe von der Antragstellung innerhalb von drei Jahren ab Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld (§ 15) bzw ab Unterbrechung des Notstandshilfebezuges (§ 17) abhängig gewesen. Die Klägerin habe nach den bis 31.8.1988 bestehenden gesetzlichen Vorschriften im Land Vorarlberg ihren gesamten Anspruch auf Notstandshilfe bereits verbraucht, so daß auch nicht anzunehmen sei, daß für sie die Übergangsvorschrift des Art II Abs 2 LGBl 1988/34 gelten sollte. § 17 Abs 1 der V LGBl 1980/9 habe zwar der Ermächtigung des § 134 Abs 5 Vlbg GBedG 1979 widersprochen, weil der Notstandshilfebezug - anders als nach den bundesgesetzlichen Vorschriften - auf 26 Wochen beschränkt worden sei. Von einer Feststellung der Gesetzwidrigkeit dieser Verordnung hätte aber die Klägerin keinen Vorteil, da jedenfalls Anspruchsverlust wegen Versäumens der Antragstellung innerhalb von drei Jahren zum Tragen komme.

Selbst wenn aber Art II LGBl 1988/34 den Sinn haben sollte, daß der Gesetzgeber die Beschränkung der Notstandshilfe auf 26 Wochen nicht mehr länger aufrechterhalten wollte, wäre für die Klägerin nichts gewonnen, da nach dieser Übergangsbestimmung "gleichartige Leistungen" zu gewähren seien, wie sie nach den bundesrechtlichen Bestimmungen über die Arbeitslosenversicherung vorgesehen sind. Anspruchsvoraussetzung für die bundesrechtlichen Ansprüche sei aber die fristgerechte Antragstellung (§ 33 Abs 5, § 37 AlVG). Diese Voraussetzungen habe der Landesgesetzgeber übernommen. Da er nur Härtefälle ausgleichen wollte, sei nicht anzunehmen, daß die Fristen für den Antrag erst mit dem Inkrafttreten der Übergangsbestimmungen zu laufen beginnen sollten; andernfalls ergebe sich gegenüber den bundesrechtlichen Vorschriften eine wesentliche Besserstellung. Der Anspruch sollte nur so, wie er im Zeitpunkt der Übergangsregelung bestanden habe, zur Vermeidung von Härten gesichert werden. Selbst wenn die Klägerin als Anspruchsberechtigte in die Übergangsbestimmungen miteinzubeziehen wäre, obwohl der Anspruch auf Notstandshilfe nach den vorher geltenden Vorschriften bereits erschöpft gewesen sei, könne ihr Anspruch nur so verstanden werden, daß sie innerhalb von drei Jahren ab Unterbrechung (Beendigung) des Notstandshilfebezuges einen neuerlichen Antrag einzubringen hatte.

Die Klägerin bekämpft diese Entscheidung mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Ersturteil wiederhergestellt werde; hilfsweise stellt sie Aufhebungsanträge.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision der Klägerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Die Klägerin war während ihres Dienstverhältnisses zur Beklagten zunächst (1.4.1971 bis 30.9.1979) gemäß § 1 Abs 1 AlVG arbeitslosenversichert und danach (1.10.1979 bis 31.3.1985) als Gemeindeangestellte im Sinne des damaligen § 2 Abs 3 Vlbg GBedG von der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommen, weil sie in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zu einer Gemeinde stand (§ 1 Abs 2 lit b AlVG). Seit der Übernahme in das (kündbare!) öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis galt für sie § 135 Abs 5 Vlbg GBedG, wonach die Gemeinde einem Gemeindeangestellten, dessen Dienstverhältnis aufgelöst wird, für die Zeit, während der er beim Arbeitsamt zur Vermittlung gemeldet ist, eine Arbeitslosenbeihilfe zu gewähren hatte. Voraussetzungen, Ausmaß und Dauer dieser Beihilfe richteten sich auf Grund einer gesetzlichen Ermächtigung nach der V LGBl 1980/9; gemäß § 135 Abs 5 Vlbg GBedG hatte diese Verordnung gleichartige Leistungen vorzusehen, wie sie nach den bundesgesetzlichen Bestimmungen über die Arbeitslosenversicherung gewährt werden.

Nach der V LGBl 1980/9 war Arbeitslosenbeihilfe nur zu gewähren, sofern nicht die Voraussetzungen für gleichartige Ansprüche des Arbeitslosen nach bundesrechtlichen Vorschriften vorlagen (§ 1 Abs 2). Arbeitslosenbeihilfe war gemäß § 2 als Arbeitslosengeld und als Notstandshilfe zu gewähren. Der Antrag auf Notstandshilfe war gemäß § 15 Abs 1 (so wie nach § 33 Abs 5 AlVG) innerhalb von drei Jahren nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld zu stellen. Die Notstandshilfe war gemäß § 17 Abs 1 (- anders als nach § 35 AlVG [vgl Dirschmied, AlVG 224] -) nur für einen insgesamt 26 Wochen nicht übersteigenden Zeitraum zu gewähren.

Da die Zeiten, die die Klägerin in einem arbeitslosenversicherungsfreien (öffentlich-rechtlichen) Dienstverhältnis zugebracht hatte, die Rahmenfrist des § 14 Abs 1 AlVG verlängerten (§ 15 Abs 1 Z 1 lit a AlVG), hatte die Klägerin beim Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten (31.3.1985) primär nach bundesrechtlichen und subsidiär nach landesrechtlichen Vorschriften Anspruch auf Arbeitslosengeld. Sie bezog zuerst - entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip des § 1 Abs 2 V LGBl 1980/9 - Arbeitslosengeld nach bundesrechtlichen Vorschriften und nach dessen Erschöpfung (vgl § 18 Abs 1 AlVG) Arbeitslosengeld von der Beklagten. Notstandshilfe nach bundesrechtlichen Vorchriften nahm sie innerhalb dreier Jahre nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld nicht in Anspruch, so daß aus diesem Titel jeder Anspruch erloschen ist (§ 33 Abs 5 AlVG).

Aufgrund des Erkenntnisses des VfGH vom 3.12.1986 G 117/86 (VfSlg 11.151), mit dem § 2 Abs 3 Vlbg LBedG 1979/37 als verfassungswidrig aufgehoben wurde, beschloß der Vorarlberger Landesgesetzgeber unter anderem auch ein Gesetz über eine Änderung des Gemeindebedienstetengesetzes LGBl 1988/34, das am 1.9.1988 in Kraft trat. Gemeindeangestellte im Sinne des § 2 Abs 3 GBedG sind seither wieder Dienstnehmer, deren Dienstverhältnis durch Vertrag (und nicht durch Ernennung) begründet wird und das kündbar ist. Die öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse der Gemeindeangestellten und Gemeindearbeiter galten gemäß Art II Abs 1 LGBl 1988/34 mit dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens unter Beibehaltung der bisherigen dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung als Vertragsverhältnisse nach diesem Gesetz.

Die Klägerin ist schon vor dem Inkrafttreten dieser Regelung aus den Diensten der Beklagten ausgeschieden. Sie blieb bis zu ihrem Ausscheiden am 31.3.1985 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, doch gilt für sie Art II Abs 2 LGBl 1988/34, wonach die Gemeinde als Trägerin von Privatrechten Gemeindebediensteten und ehemaligen Gemeindebediensteten (also Personen, die vor dem 1.9.1988 ausgeschieden sind), die nur wegen ihres öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses keine oder geschmälerte Leistungen aus der durch Bundesgesetz regelten Arbeitslosenversicherung beziehen, in der Höhe des Ausfalls gleichartige Leistungen zu gewähren hat, wie sie nach den bundesrechtlichen Bestimmungen über die Arbeitslosenversicherung vorgesehen sind.

Hätte die Klägerin rechtzeitig um die Notstandshilfe nach dem AlVG angesucht, so hätte sie auch nach Erschöpfung des gleichartigen subsidiären Anspruchs auf die Notstandshilfe nach § 17 der V LGBl 1980/9 weiterhin nach Maßgabe des § 35 AlVG für jeweils höchstens 39 Monate Notstandshilfe beziehen können, doch wäre als Bemessungsgrundlage der Notstandshilfe gemäß § 1 Z 2 NotstandshilfeV das Arbeitsentgelt der Klägerin in den letzten sechs Kalendermonaten vor dem Ende der Versicherungspflicht, also das wesentlich niedrigere Arbeitsentgelt zwischen 1.3. und 1.9.1979 heranzuziehen und (von dieser Grundlage ausgehend) gemäß § 21 Abs 2 AlVG zu valorisieren gewesen. Wäre die Klägerin hingegen auch vom 1.10.1979 bis 31.3.1985 in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen privatrechtlichen und nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gestanden, so wäre der Bemessung ihres Arbeitslosengelds und (mittelbar) der Notstandshilfe (gemäß § 1 NotstandshilfeV 95 % bzw 92 %) ihr wesentlich höheres Einkommen während der letzten sechs Kalendermonate vor dem Tag der Arbeitslosigkeit (§ 21 Abs 1 AlVG), nämlich zwischen 1.10.1984 und 31.3.1985, zugrunde zu legen gewesen. Der Klägerin hätte danach, wie außer Streit gestellt wurde, eine Notstandsunterstützung von S 243 täglich (anstelle der niedrigeren, vom Erstgericht unter Zugrundelegung der jeweiligen Dynamisierungsfaktoren errechneten Beträge) gebührt. Dieser Ausfall ("geschmälerte Leistung"), der der Höhe nach unbekämpft geblieben ist, ist der Klägerin nur wegen des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses entstanden; auch wenn sie beim Arbeitsamt fristgerecht um die Notstandshilfe angesucht hätte, hätte ihr der vom Erstgericht errechnete Mehrbetrag vor dem Inkrafttreten des Art II Abs 2 LGBl 1988/34 nicht zuerkannt werden können. Es handelt sich daher um einen neuen, höheren Anspruch, den die Klägerin als ehemalige Gemeindebedienstete erst mit dem Inkrafttreten des Art II Abs 2 LGBl 1988/34 am 1.9.1988 erworben hat. Nach dem durch das Gesetz LGBl 1988/34 aufgehobenen § 134 Abs 5 GBedG iVm der V LGBl 1980/9 hatte ein solcher Anspruch nicht bestanden. Die subsidiären Ansprüche nach diesen beiden Rechtsquellen wurden zwar bei Vorliegen gleichartiger bundesgesetzlicher Ansprüche ausgeschlossen; so weit (und so lange) aber landesgesetzliche Ansprüche gegen den Dienstgeber nach diesen Bestimmungen bestanden, waren sie der Höhe nach nach eigenständigen Kriterien ohne Bedachtnahme auf die Höhe der gleichartigen bundesgesetzlichen Leistungen zu bemessen. Erst seit 1.9.1988 gilt hingegen der Grundsatz, daß den ehemaligen Gemeindebediensteten das zu ersetzen ist, was sie an bundesgesetzlichen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung nur wegen ihres öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses eingebüßt haben. Da sich die alte und die neue Regelung nicht decken, können ehemaligen Gemeindebediensteten aus der neuen Regelung auch dann Rechte erwachsen, wenn ihre Ansprüche aus der alten Regelung bereits erschöpft waren.

Da die Gemeinden gemäß Art II Abs 2 LGBl 1988/84 "in der Höhe des Ausfalls gleichartige Leistungen zu gewähren haben, wie sie nach den bundesrechtlichen Bestimmungen über die Arbeitslosenversicherung vorgesehen sind", können sie sich grundsätzlich auch auf die Verfristung der Antragstellung nach den einschlägigen Vorschriften des AlVG berufen. § 37 AlVG kommt jedoch hier nicht zur Anwendung, da die Klägerin den Bezug der Notstandshilfe nie unterbrochen hat. Nach bundesrechtlichen Vorschriften hat sie keine Notstandshilfe bezogen, nach den damaligen landesrechtlichen Vorschriften war ihr Bezug nach 26 Wochen erschöpft.

Auch § 33 Abs 5 AlVG kann im vorliegenden Fall nur sinngemäß angewendet werden. Nach dem allgemeinen Grundsatz, daß die Verjährungsfrist erst zu laufen beginnt, wenn der Anspruch geltend gemacht werden kann, hat die dreijährige Frist des § 33 Abs 5 AlVG nicht mit der Erschöpfung des Anspruchs auf Arbeitslosenentgelt, sondern erst mit der Schaffung des neuen Anspruchs auf Ausfallersatz am 1.9.1988 zu laufen begonnen, da dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, daß er ehemaligen Gemeindebediensteten einen Ausfallersatzanspruch gewähren wollte, der mit dem Inkrafttreten des Gesetzes bereits verjährt gewesen wäre. Eine Besserstellung der ehemaligen Gemeindeangestellten gegenüber den bundesrechtlichen Vorschriften tritt durch diese Auslegung des Art II Abs 2 LGBl 1988/34 nicht ein, da sie nur das erhalten, was ihnen zugekommen wäre, wenn das Dienstverhältnis während der gesamten Dauer arbeitslosenversicherungspflichtig gewesen wäre.

Der Revision ist daher Folge zu geben und das Ersturteil wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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