6Ob28/92 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Firmenbuchsache der zu HRB 2554 des Kreisgerichtes Wiener Neustadt eingetragenen Verhältnisse der ***** K***** Gesellschaft mbH mit dem Sitz in ***** wegen des von Monica P*****, vertreten durch Dr.Heinz Meller, Rechtsanwalt in Wien, als Geschäftsführerin gestellten Eintragungsbegehrens infolge Revisionsrekurses der durch die Geschäftsführerin vertretenen eingetragenen Gesellschaft gegen den zum Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 1.April 1992, GZ HRB 2554-12, ergangenen rekursgerichtlichen Beschlusses des Oberlandesgerichtes Wien vom 9. September 1992, AZ 6 R 62/92 (ON 15), den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Aus Anlaß des Revisionsrekurses werden die angefochtene Rekursentscheidung sowie die Entscheidung erster Instanz aufgehoben und die Anmeldung zur Firmenbucheintragung zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Gesellschafter der im Sinne des am 12.Juli 1989 von zwei Kaufleuten geschlossenen Gesellschaftsvertrages seit 17.Juli 1989 eingetragenen Gesellschaft mbH waren nach der am 1.Oktober 1990 vorgelegten Gesellschafterliste einer der beiden seinerzeitigen Gründungsgesellschafter mit einer Stammeinlage in Höhe eines 5 %igen Geschäftsanteils und eine Kauffrau mit einer Stammeinlage in der Höhe eines 95 %igen Geschäftsanteiles. Nach den vorgelegten Urkunden traten der Gründungsgesellschafter seinen 5 %-Geschäftsanteil einer Angestellten und die Kauffrau ihren 95 %-Geschäftsanteil einem türkischen Elektromechaniker mit einem am 11.Februar 1991 geschlossenen Notariatsakt ab. Am selben Tag nahmen die beiden Erwerber und die beiden Veräußerer der Geschäftsanteile an einer außerordentlichen Generalversammlung teil und beschlossen nach notarieller Beurkundung einstimmig eine Firmenänderung sowie einen Geschäftsführerwechsel. Im Sinne einer Anmeldung durch den neuen Mehrheitsgesellschafter als Geschäftsführer wurde die Firmenänderung und der Geschäftsführerwechsel in das Firmenbuch eingetragen.
Mit Notariatsakt vom 6.Februar 1992 vereinbarten der türkische Mehrheitsgesellschafter mit seiner seinerzeitigen Vertragspartnerin, den Vertrag vom 11.Februar 1991 über die Abtretung des 95 %-Geschäftsanteiles "zum Stichtag 22.Feber 1991 vollinhaltlich aufzuheben". Mit Notariatsakt vom 7.Februar 1992 schlossen die Angestellte und ihr seinerzeitiger Vertragspartner in Ansehung des restlichen 5 %-Geschäftsanteiles einen gleichartigen Aufhebungsvertrag.
Hierauf fand am 7.Februar 1992 eine außerordentliche Generalversammlung statt, an welcher wieder sowohl die beiden seinerzeitigen Anteilsüberträger als auch die beiden seinerzeitigen Anteilsübernehmer teilnahmen. Nach der notariellen Beurkundung gaben die vier Personen folgende Erklärung ab:
"Die Erschienenen beziehen sich auf die von ihnen am 11.Februar 1991 gefaßten Beschlüsse und stellen einvernehmlich fest, daß diese mit Wirkung vom 11.Februar 1991 aufgehoben sind.
Demnach lautet der Punkt "Zweitens" des Gesellschaftsvertrags nach wie vor:
"Zweitens:
Die Firma der Gesellschaft lautet:
...Gesellschaft mbH."
Einzelvertretungsbefugte Geschäftsführerin ist nach wie vor Frau
...".
Bei dieser Person handelt es sich um die seinerzeitige Mehrheitsgesellschafterin, die bis zu ihrer Abberufung mit Gesellschafterbeschluß vom 11.Februar 1991 einzige Geschäftsführerin der Gesellschaft war.
Diese gab mit der am 11.Februar 1992 beim Firmenbuchgericht eingelangten Eingabe bekannt, daß in der außerordentlichen Generalversammlung vom 7.Februar 1992 die in der Generalversammlung vom 11.Februar 1991 gefaßten Beschlüsse aufgehoben worden seien.
Dieser Mitteilung folgen die Sätze:
"Demnach lautet die Firma ... GesmbH. Geschäftsführerin ist ...". Das
folgende Eintragungsbegehren ist darauf gerichtet, in das Firmenbuch
einzutragen: "Name, Geburtsdatum und Vertretungsbefugnis,
Geschäftsführer... einzeln, Höhe des Stammkapitals ..., Geburtsdaten
der Gesellschafter sowie Stammeinlagen und einbezahlte Beträge:
...".
Das Firmenbuchgericht wies den Antrag auf Eintragung der in der außerordentlichen Generalversammlung vom 7.Februar 1992 gefaßten Beschlüsse ab.
Es vermißte zu den Aufhebungsverträgen "einen sachenrechtlichen Übertragungsakt in Form eines Notariatsaktes" und vertrat darüber hinaus die Ansicht, daß die Aufhebung gefaßter und eingetragener Gesellschafterbeschlüsse mit ex-tunc-Wirkung den Rechtsgrund der erfolgten Beschlußeintragungen beseitigen würden.
Die Gesellschaft erhob Rekurs mit dem Rechtsmittelantrag, "dem Erstgericht aufzutragen, die in der Generalversammlung vom 7.Februar 1992 gefaßten Beschlüsse zu bewilligen und ins Firmenbuch einzutragen, in eventu allenfalls nur bezüglich des Umstandes, daß nicht ... (der Türke und seine Partnerin), sondern ... (der ehemalige Gründungsgesellschafter und seine Partnerin) mit den im Antrag angegebenen übernommenen Stammanteilen Gesellschafter sind".
Das Rekursgericht gab diesem Rekurs nicht statt. Dazu sprach es aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000,-- S übersteigt. Überdies sprach es aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht wertete die in der außerordentlichen Generalversammlung vom 7.Februar 1992 einvernehmlich erklärte Feststellung, daß die am 11.Februar 1991 gefaßten Beschlüsse rückwirkend aufgehoben sind, als Gesellschafterbeschluß, mit dem eine rückwirkende Unwirksamkeit der Geschäftsführerbestellung vom 7. Februar 1991 angestrebt werde; das Rekursgericht erachtete aber die von der Gesellschaft angestrebte rückwirkende Aufhebung der Geschäftsführerbestellung (für die Außenwirkung) als unwirksam und die Neubestellung eines Geschäftsführers als erforderlich.
Die eingetragene Gesellschaft wiederholt in ihrem Revisionsrekurs die im Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluß formulierten Rekursanträge.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlaß des Revisionsrekurses ist von Amts wegen aufzugreifen:
Das vom Gericht erster Instanz geführte Firmenbuch ist in Ansehung der Kapitalhandelsgesellschaften, also auch in Ansehung der eingetragenen Gesellschaft, noch nicht zur Gänze in die Datenbank aufgenommen (Art XXIII Abs 2 des Gesetzes BGBl. 1991 Nr.10). Die Verfahrensbestimmungen der §§ 15 ff FBG sind ungeachtet dessen bereits voll anwendbar (Art XXIV Abs 1 des oben genannten Gesetzes). Gemäß § 16 FBG ist in der Anmeldung die begehrte Eintragung bestimmt zu bezeichnen. Nach dem eingangs wiedergegebenen Wortlaut des Anmeldungsschriftsatzes umfaßt das Eintragungsbegehren ausschließlich die Eintragung der seinerzeitigen Mehrheitsgesellschafterin als einzelvertretungsbefugte Geschäftsführerin im Sinn des § 3 Z 8 FBG, die Eintragung der (unverändert gebliebenen) Höhe des Stammkapitals (§ 5 Z 2 FBG) sowie die Eintragung der seinerzeitigen Überträger mit ihren Geschäftsanteilen als aufrechte Gesellschafter (§ 5 Z 6 FBG).
Vom Eintragungsbegehren nicht erfaßt sind die Firmenänderung und das Erlöschen der Geschäftsführerbefugnis des derzeit eingetragenen Geschäftsführers.
Die im Sinne des § 5 FBG beantragten Eintragungen sind nach der gemäß Art XXIV Abs 3 des Gesetzes BGBl. 1991/10 anzuwendenden Handelsregisterverfügung nicht vorgesehen (§ 43 HRV).
Die Höhe des Stammkapitals erfuhr gegenüber der gemäß § 43 Z 3 HRV erfolgten Eintragung keine Änderung.
Zum Geschäftsführerwechsel ist aber hinsichtlich der Eintragungsgrundlagen zu bedenken:
Der derzeitige Eintragungszustand beruht auf einer am selben Tag vollzogenen Eintragungsverfügung vom 27.Februar 1991. Dieser Eintragung lagen wirksame Generalversammlungsbeschlüsse zugrunde. An der außerordentlichen Generalversammlung vom 11.Februar 1991 hatten sowohl die Überträger als auch die Übernehmer sämtlicher Geschäftsanteile teilgenommen und einstimmige Beschlüsse gefaßt. Die Generalversammlung war sicherlich "überbesetzt". Aber einerlei, ob zum Zeitpunkt der Generalversammlungsbeschlüsse vom 11.Februar 1991 die Übertragung der Geschäftsanteile bereits der Gesellschaft gegenüber als wirksam zu betrachten war und daher die Übernehmer zur Ausübung des Stimmrechtes berufen waren oder ob die Übertragung der Geschäftsanteile gegenüber der Gesellschaft noch nicht als wirksam anzusehen war und daher noch die Überträger zur Ausübung des Stimmrechtes befugt waren, kam in jedem Fall ein einstimmiger Gesellschafterbeschluß zustande.
Die in Ansehung der Firma beschlossene Satzungsänderung sowie der Geschäftsführerwechsel wurden in das Firmenbuch eingetragen. Gegen diese Gesellschafterbeschlüsse wurde keine Nichtigkeitsklage erhoben. An der Wirksamkeit dieser Gesellschafterbeschlüsse hätte sich auch bei einer Unwirksamkeit der vorangegangenen Übertragung der Geschäftsanteile schon deshalb nichts geändert, weil ja sowohl die Veräußerer als auch die Erwerber sämtlicher Geschäftsanteile an der Abstimmung mitwirkten. Ein die Nichtigkeit der Gesellschafterbeschlüsse vom 11.Februar 1991 erklärendes Urteil liegt nicht vor. Nichtigkeit oder Unwirksamkeitsgründe (unbeschadet der Voraussetzungen ihrer Geltendmachung) sind nicht erkennbar. Um die Fortwirkung der wirksam getroffenen Gesellschafterbeschlüsse aufzuheben, bedarf es neuer Gesellschafterbeschlüsse.
Es ist deshalb zu prüfen, ob die notariell beurkundeten Äußerungen
der in der außerordentlichen Generalversammlung vom 7.Februar 1992
anwesenden Personen als Gesellschafterbeschlüsse anzuerkennen sind.
Für die Befugnis zur Stimmabgabe gilt das zu den Beschlüssen vom
11. Februar 1991 Ausgeführte spiegelbildlich. (Damit ist die
diesbezügliche erstinstanzliche Erwägung zur Wirksamkeit der Rückübertragung der Gesellschaftsanteile an die seinerzeitigen Veräußerer jedenfalls gegenstandslos.)
Die beurkundete einverständliche "Feststellung", daß die im Jahr zuvor gefaßten Gesellschafterbeschlüsse rückwirkend aufgehoben seien und "demnach" die Firma "nach wie vor" so wie bei der Gesellschaftsgründung lautet und die mit dem eingetragenen Gesellschafterbeschluß als Geschäftsführerin abberufene Kauffrau "nach wie vor" einzelvertretungsbefugte Geschäftsführerin sei, sind ihrem Wortlaut nach bloße Rechtsfolgenmeinungen, aber keine Willensbetätigungen. Eine Umdeutung ist unzulässig, weil die Äußerungen möglicherweise auf einer unzutreffenden Ansicht über die Wirkungen der Rückübertragung der Geschäftsanteile beruhen.
Das Rekursgericht hat im Ergebnis richtig erkannt, daß es eines ausdrücklichen Gesellschafterbeschlusses auf Abberufung des derzeit eingetragenen einzigen Geschäftsführers und einer Wiederbestellung der vor diesem eingetragenen Geschäftsführerin bedürfte.
Damit erweist sich aber, daß die als Geschäftsführerin eingeschrittene Person zur Anmeldung namens der Gesellschaft nicht befugt war.
Die Anmeldung war aus diesem Grund zurückzuweisen.