9ObA267/92 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith und Dr.Maier als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Scheuch und Rupert Gnant in der Arbeitsrechtssache des Klägers F***** A*****, Angestellter, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei Salzburger Gebietskrankenkasse, Salzburg, Faberstraße 19-23, vertreten durch *****, Rechtsanwalt *****, wegen S 75.336 sA, infolge Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7.Juli 1992, GZ 13 Ra 28/92-24, womit infolge Berufung des Klägers das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 10. Dezember 1991, GZ 18 Cga 120/91-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der Beklagten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution die mit S 5.094 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 849 Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist seit 1.5.1969 bei der Beklagten beschäftigt und seit 1986 Arbeitsgruppenleiter in der Organisationseinheit (OE) 16. Als diese OE aufgelassen wurde, bestellte die Beklagte den Kläger zum Arbeitsgruppenleiter der Arbeitsgruppe 175 in der OE 17. Der Kläger ist gemäß § 37 Abs 1 der Dienstordnung A für die Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.A) in Gehaltsgruppe D Dienstklasse I (Aufgabenbereich 4.13: Abrechnung mit Vertragspartnern gemäß dem Sechsten Teil des ASVG) eingestuft. Er begehrt Zahlung einer Gehaltsdifferenz von S 75.336 sA, weil er aufgrund seiner Funktion in die Gehaltsgruppe D, Dienstklasse II, einzureihen wäre.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß der Kläger die Voraussetzungen für die begehrte Einstufung nicht erfülle; diese würde voraussetzen, daß ihm als Leiter einer nicht weiter untergliederten Arbeitsgruppe überwiegend in Gehaltsgruppe C, Dienstklasse II und III, einzureihende Angestellte zugeteilt sind.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und traf folgende wesentliche Feststellungen:
Die vom Kläger geleitete Arbeitsgruppe 175 der OE 17 trägt die Bezeichnung "Abrechnung mit Vertragspartnern II"; sie ist eine außerplanmäßige, nicht weiter untergliederte Arbeitsgruppe, die im Dienstpostenplan nicht enthalten ist. Der Tätigkeitsbereich dieser Arbeitsgruppe umfaßt die Regelung von Beziehungen mit Vertragspartnern (öffentlichen Apotheken und Hausapotheken führenden Ärzten). Der Kläger ist seit 1.11.1988 in der Arbeitsgruppe 175 beschäftigt. Seine Tätigkeit umfaßt u.a. die Überprüfung der Anweisungsbelege auf die Richtigkeit der Anweisungssumme und deren Abzeichnung, die Kontaktaufnahme mit den Apotheken oder Ärzten wegen Klärung unleserlicher Taxierung und Verschreibungen sowie die Klärung von Problemen bei der Abrechnung mit der pharmazeutischen Gehaltskasse.
In der Arbeitsgruppe 175 sind dem Kläger folgende Dienstnehmer unterstellt:
a) eine Dienstnehmerin, die in Gehaltsgruppe C, Dienstklasse I (kurz: C I), eingereiht ist und eine Verwendungszulage in der Höhe der Differenz zu C II bezieht;
b) ein Dienstnehmer, der in C II eingereiht ist;
c) eine Dienstnehmerin, die in C II eingereiht ist und eine Verwendungszulage in Höhe der Differenz auf C III bezieht.
Die letztgenannte Dienstnehmerin (C) wurde mit Verfügung der Direktion vom 18.10.1990 ab 2.11.1990 als Gruppenleiterstellvertreterin der vom Kläger geleiteten Arbeitsgruppe bestellt. Ein förmlicher konstitutiver Bestellungsakt erfolgte nicht. Die Versetzung dieser Angestellten war für die Dauer eine vorübergehenden Verwendung auf diesem Arbeitsplatz vorgesehen. Der Angestellten war bekannt, daß sie Stellvertreterin des Klägers wurde; sie übte diese Stellvertretung auch aus und wußte über ihren Aufgabenbereich Bescheid.
Das Erstgericht gab die einschlägigen Bestimmungen des § 37 DO.A über die Einreihung der Verwaltungsangestellten in Gehaltsgruppen und Dienstklassen im Rahmen der Tatsachenfeststellungen wieder. Es war der Ansicht, daß bei der Beurteilung der Frage, ob dem Leiter einer innerhalb der Organisationseinheit nicht weiter untergliederten Arbeitsgruppe gemäß § 37 Abs 1 DO.A Mittlerer Dienst - Gehaltsgruppe D, Dienstklasse II Punkt 2., "überwiegend in Gehaltsgruppe C, Dienstklasse II und III einzureihende Angestellte zugeteilt sind" nicht nur auf die (dauernde) Einreihung dieser Angestellten, sondern auch auf deren Verwendungszulagen Bedacht zu nehmen sei, verrichte doch ein in C I (C II) eingereihter Angestellter, der eine Verwendungszulage in der Höhe der Differenz auf die nächsthöhere Dienstklasse (C II bzw C III) beziehe, dieselbe Tätigkeit wie ein in der höheren Dienstklasse eingestufter Angestellter. Die in der Zahlung einer Verwendungszulage zum Ausdruck kommende Höherwertigkeit der Arbeit der zugeteilten Angestellten sei daher bei der Beurteilung der Einreihungskriterien des Arbeitsgruppenleiters zu berücksichtigen. Damit wären für die Einreihung des Klägers zwei in C II und eine in C III einzureihende Angestellte zu berücksichtigen. Gemäß § 37 Abs 5 DO.A sei aber bei der Einreihung des Leiters einer Arbeitsgruppe, die von der Einreihung zugeteilter Angestellter abhänge, die Einreihung seines Stellvertreters nicht zu berücksichtigen. Daß diese Stellvertreterin im vorliegenden Fall nicht mit einem konstitutiven Bestellungsakt ernannt worden sei, habe nur für ihre eigene Einreihung Bedeutung; für die Anwendung des § 37 Abs 5 DO.A sei ausschlaggebend, daß sie als stellvertretende Arbeitsgruppenleiterin des Klägers tätig war.
Damit seien aber dem Kläger (für die Beurteilung seiner eigenen Einreihung) nur Angestellte der Gehaltsgruppe C, Dienstklasse II zugeteilt; das Erfordernis für eine höhere Einstufung des Klägers (in C II), nämlich daß ihm überwiegend in die Gehaltsgruppe C, Dienstklasse II und III, einzureihende Angestellte zugeteilt sind, sei nicht erfüllt. Aus dem Systemzusammenhang der DO.A (Einstufungsvoraussetzungen für die Leiter in D I, D II und F III einerseits und die Leiter in C I, C II und C III andererseits) ergebe sich, daß das kumulative Voraussetzungen zum Ausdruck bringende Wort "und" bewußt gewählt worden sei. Sinn der gegenständlichen Regelung im Systemzusammenhang sei es, daß einem in D I einzustufenden Arbeitsgruppenleiter mindestens ein C II-Angestellter und einem in D II einzustufenden Arbeitsgruppenleiter mindestens ein C III-Angestellter zugeteilt sein müsse.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge.
Es erachtete die vom Kläger gerügten Verfahrens- und Feststellungsmängel als nicht gegeben. Die Unterlassung der Vernehmung eines von einer qualifiziert vertretenen Partei nicht beantragten Zeugen zu einem Erkundungsbeweis bilde keinen Verfahrensmangel. Aus der einen anderen Arbeitsgruppenleiter betreffenden Vorentscheidung des Obersten Gerichtshofes (9 Ob A 326/90) sei für den Kläger nichts zu gewinnen, weil in jenem Verfahren die hier strittigen Einstufungsvoraussetzungen unbestritten gewesen seien.
Im übrigen billigte das Berufungsgericht die Rechtsansicht des Erstgerichtes, insbesondere jene zur Auslegung des § 37 Abs 5 DO.A, und verwies auf die zutreffende rechtliche Beurteilung der ersten Instanz (§ 500a ZPO).
Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragt sinngemäß, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß seinem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, dem Rechtsmittel des Klägers nicht Folge zu geben.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die behaupteten Mängel des Berufungsverfahrens liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Auf die behaupteten personellen Veränderungen, die nach der Entscheidung des Erstgerichtes in verschiedenen Abteilungen der Beklagten eingetreten sein sollen, ist das Berufungsgericht schon deshalb zu Recht nicht eingegangen, weil die Ausnahmeregelung des § 63 Abs 1 ASVG auf den schon in erster Instanz qualifiziert vertretenen Kläger nicht anzuwenden war. Damit ist aber für die Prüfung der Berechtigung des Klageanspruches der Sachverhalt im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz maßgebend; auf spätere Sachverhaltsänderungen ist nicht Rücksicht zu nehmen (§ 406 ZPO). Außerdem ist aber dem Protokoll über die Berufungsverhandlung, das über den Verlauf und Inhalt der Verhandlung vollen Beweis liefert (§§ 215 Abs 1, 463 Abs 1 ZPO), nicht zu entnehmen, daß der Kläger diesen Sachverhalt in zweiter Instanz vorgetragen hat.
Aus dem Einstufungsverfahren eines anderen Arbeitsgruppenleiters, das mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 30.1.1991, 9 Ob A 326/90, abgeschlossen wurde, ist für den Kläger schon deshalb nichts zu gewinnen, weil dort nicht strittig war, daß dem klagenden Arbeitsgruppenleiter drei in Gehaltsgruppe C, Dienstklasse II und III eingereihte Dienstnehmer zugeteilt waren. Daß die Arbeitsgruppenleiter der OE 17 grundsätzlich in D II einzureihen sind, ist dieser Vorentscheidung des Obersten Gerichtshofes nicht zu entnehmen. Auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes hat sich der Kläger in erster Instanz nicht berufen und insbesondere kein Tatsachenvorbringen darüber erstattet, daß bei anderen Arbeitsgruppenleitern vom Erfordernis der Zuteilung von Angestellten, die überwiegend in C II und C III einzureihen sind, abgesehen wurde.
Auch die Rechtsrüge ist nicht berechtigt.
Gemäß § 37 Abs 1 DO.A Abschnitt Mittlerer Dienst - Gehaltsgruppe D.2., sind in die Dienstklasse II u.a. "Leiter von nicht weiter untergliederten Arbeitsgruppen innerhalb von Organisationseinheiten" einzureihen, "wenn ihnen überwiegend in Gehaltsgruppe C , Dienstklasse II und III einzureihende Angestellte zugeteilt sind und" (was hier nicht strittig ist) "der Organisationseinheit mindestens einer der nachstehend angeführten Aufgabenbereiche des Versicherungsträgers übertragen ist:" Die erste Voraussetzung trifft auf den Kläger nicht zu, weil bei der Einreihung des Leiters einer Arbeitsgruppe, die von der Einreihung der ihm zugeteilten Angestellten abhängig ist, die Einreihung des Gruppenleiterstellvertreters gemäß § 37 Abs 5 DO.A nicht zu berücksichtigen ist. Zweck dieser Regelung ist es, wie der Revisionswerber selbst erkennt, daß die Einreihung des Leiters der Arbeitsgruppe durch die Einreihung seines Stellvertreters keine Aufwertung erfahren soll. Das würde aber durch die Berücksichtigung der Einreihung der Stellvertreterin des Klägers in C III geschehen, weil ihm keine weitere Angestellte dieser Dienstklasse zugeteilt ist. Daher sind aber alle bei der Einstufung des Klägers nur die in die Gehaltsgruppe C, Dienstklasse II, einzureihenden Angestellten zu berücksichtigen. Wie das Erstgericht zutreffend erkannte, ist das jeweils auf dem Merkmal der Qualifikation zugeteilter Angestellter beruhende Einstufungssystem der Leiter von Arbeitsgruppen dahin zu verstehen, daß für die Einstufung des Arbeitsgruppenleiters in D I mindestens ein C II-Angestellter und für die Einstufung des Arbeitsgruppenleiters in D II mindestens ein C III-Angestellter zugeteilt sein muß. Die Ansicht des Klägers, für seine Einstufung in
D II reiche es aus, daß ihm - unter Berücksichtigung des § 37 Abs 5 DO.A - ausschließlich C II-Angestellte zugeteilt seien (wogegen
es für die Einstufung in D I nur der Zuteilung von Angestellten bedürfe, die überwiegend in Gehaltsgruppe C I und II einzureihen seien) findet in der einschlägigen Regelung der DO.A keine Deckung.
Daß die betreffende Angestellte Stellvertreterin des Klägers im Sinne des § 37 Abs 5 DO.A war, ist auf Grund ihrer Bestellung mit Direktionsverfügung vom 18.10.1990 und der Tatsache der Ausübung dieser Tätigkeit nicht zweifelhaft. Daß ein förmlicher konstitutiver Bestellungsakt nicht erfolgte, weil der Dienstposten der Stellvertreterin im Dienstpostenplan nicht enthalten ist und die Arbeitsgruppe des Klägers überhaupt eine außerdienstpostenplanmäßige ist, hat für die Anwendung des § 37 Abs 5 DO.A keine Bedeutung. Die Erläuterungen (einvernehmliche Auslegung der Vertragspartner) zu den Änderungen der DO.A ab 1.Dezember 1973 und 1.Februar 1974 (Beilage zur DO.A) enthalten wohl zu § 37 (Einreihung der Verwaltungsangestellten) den Hinweis, daß die Einreihung eines Angestellten als "Leiter einer Arbeitsgruppe" oder als dessen Stellvertreter eines konstitutiven Bestellungsaktes bedarf, doch gilt dies nur für die eigene Einreihung des betreffenden Leiters oder seines Stellvertreters. Würde man die gegenteilige Ansicht vertreten, so dürfte man auch bei der Bewertung der Tätigkeit der Stellvertreterin des Klägers und der sonstigen zugeteilten Angestellten nicht von ihrer tatsächlichen höherwertigen Tätigkeit in C III (C II), sondern nur von ihrer regulären Einstufung in C II (C I) ausgehen. Dies hätte ebenfalls zur Folge, daß dem Kläger die begehrte Einstufung nicht gebührt.
Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.