JudikaturOGH

4Ob85/92 – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. September 1992

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing.Franz L*****, vertreten durch Dr. Ronald Rast und Dr. Christian Werner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei I***** Aktiengesellschaft, *****vertreten durch DDr. Walter Barfuss und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen 1,423.410,60 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 22.Mai 1992, GZ 3 R 26/92-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 20.September 1991, GZ 11 Cg 18/91-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 21.580,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.596,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bis zur einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses mit 31.12.1987 Dienstnehmer der Ö*****GmbH. Für eine von ihm während dieses Dienstverhältnisses gemachte Diensterfindung, betreffend ein Verfahren zur Herstellung von fibrinogenhältigen Präparaten zur Gewebsklebung, wurden im Jahre 1980 Patente erteilt. Mit Übereinkommen vom 15.1.1979 hatte die Dienstgeberin die ihr vom Kläger zur ausschließlichen Verwertung angebotene Diensterfindung in Anspruch genommen. Als Diensterfindervergütung (brutto) wurden 0,5 % der Nettoverkaufserlöse derjenigen Produkte vereinbart, bei deren Erzeugung von der Erfindung Gebrauch gemacht wird. In demselben Übereinkommen hatte die Dienstgeberin die Rechte zur Verwertung der Diensterfindung an die mit ihr wirtschaftlich eng verbundene Beklagte übertragen. Die Patente wurden der Beklagten erteilt.

Vor dem Inkrafttreten des EStG 1988 - also bis zum 31.12.1988 - war die Diensterfindervergütung mit dem begünstigten Steuersatz des § 67 Abs 1 EStG 1972 besteuert worden; seither ist diese Steuerbegünstigung stark eingeschränkt.

Mit der Behauptung, daß (auch) die Beklagte ihm für seine Ansprüche aus der Diensterfindung hafte und er deshalb in den Genuß des (für Erfindungen Selbständiger geltenden) § 38 Abs 1 EStG komme, die Beklagte aber Lohnsteuer unter Zugrundelegung des § 67 Abs 10 EStG dem Finanzamt abführe, begehrt der Kläger den nach den Zahlungen der Beklagten auf die von ihm für 1988 und 1989 gelegten Rechnungen noch offenen Betrag von S 1,423.410,60 sA.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Auch nach dem Ausscheiden des Klägers aus dem Dienstverhältnis habe die Dienstgeberin jährlich im nachhinein die Diensterfindervergütung als Gehaltsbestandteil abgerechnet und ausgezahlt sowie die Lohnsteuer einbehalten und dem Finanzamt abgeführt. Wie schon während des aufrechten Dienstverhältnisses des Klägers habe die Beklagte der Einfachheit halber die Abrechnung für die Erstbeklagte erstellt und dem Kläger übermittelt. Schuldnerin der ausgezahlten Beträge sei aber die Dienstgeberin. Die steuerliche Vorgangsweise der Beklagten (und der Dienstgeberin) sei von der zuständigen Lohnsteuerstelle des Finanzamtes für Körperschaften Wien als richtig bestätigt worden.

Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Durch die Auflösung des Dienstverhältnisses ändere sich nichts am Charakter einer Diensterfindung. Im übrigen ziehe die Dienstgeberin den Nutzen aus der Erfindung des Klägers; die Beklagte führe nur den Verkauf und die Verrechnung durch.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Die Eigenschaft der Erfindung des Klägers als Diensterfindung - von der schon nach dem Klagevorbringen auszugehen sei - werde gemäß § 16 PatG durch die Auflösung des Dienstverhältnisses nicht berührt. Vergütungen aus dem Titel der Diensterfindung gehörten auch dann zu den Einkünften aus dem Dienstverhältnis, wenn sie dem Dienstnehmer erst nach dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis zufließen. Daß die Diensterfindervergütung hier nicht von der Dienstgeberin, sondern von der Beklagten ausgezahlt wird, ändere an deren Beurteilung als Arbeitslohn im Sinn des § 25 EStG nichts. Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden wie auch aus einem früheren Dienstverhältnis seien Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Als Arbeitgeber werde gemäß § 47 Abs 1 EStG bezeichnet, wer Arbeitslohn im Sinne des § 25 EStG auszahlt. Der Arbeitnehmer- und der Arbeitgeberbegriff des Einkommensteuergesetzes stünden somit nicht im Einklang mit der arbeitsrechtlichen Terminologie; auch Lohnzahlungen durch Dritte seien als Arbeitslohn anzusehen. Soweit der Kläger sich darauf berufe, daß die Beklagte, welche nie seine Dienstgeberin gewesen ist, sich selbst zur Zahlung von Lizenzgebühren verpflichtet habe, entferne er sich von seinem eigenen Vorbringen im Verfahren erster Instanz. Aus dem Übereinkommen vom 15.1.1979 ergebe sich eindeutig, daß der Kläger seine Erfindung als Dienstnehmer seiner Dienstgeberin als Diensterfindung angeboten und in der Folge die entsprechende Diensterfindervergütung entgegengenommen habe. Diese Rechtsnatur könne aber nicht dadurch verlorengehen, daß Zahlungen dafür von dritter Seite geleistet werden.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß der Klage stattgegeben wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger bezweifelt selbst nicht, daß sein Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis an der Qualifikation als Diensterfindung nichts geändert hat. Dem komme aber keine Bedeutung zu, weil eine "eigenständige vertragliche Vereinbarung mit einem Rechtssubjekt, das nicht Dienstgeber war", vorliege, so daß die Qualifikation der Gegenleistung als Diensterfindungsentgelt nicht aufrechtzuerhalten sei. Das Übereinkommen vom 15.1.1979 enthalte eine selbständige Vereinbarung zwischen der Beklagten und ihm, durch welche ein selbständiger Verpflichtungsgrund für die Zahlungen der Beklagten geschaffen worden sei; daran könne die Zustimmung der Dienstgeberin zu der Vereinbarung nichts ändern. Der Beklagten sei der Kläger beim Abschluß des Vertrages nicht als Dienstnehmer, sondern als Erfinder gegenübergestanden. Dem kann nicht beigepflichtet werden:

Der Kläger hat die Rechte aus seiner Erfindung seiner Dienstgeberin übertragen (siehe Punkt II des Übereinkommens vom 15.1.1979). Ob er auf Grund einer Vereinbarung (§ 7 Abs 1 PatG) - etwa auf Grund eines Kollektivvertrages (§ 7 Abs 1 Satz 2 PatG) - dazu verpflichtet war (Marterer, Forschungs- und Diensterfindungsrecht 14), ist im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung; entscheidend ist nur, daß er seine Erfindung, die unbestrittenermaßen eine Diensterfindung im Sinn des § 7 Abs 3 PatG war, tatsächlich seiner Dienstgeberin übertragen hat. Soweit ihm die Dienstgeberin während des Dienstverhältnisses und nach dessen Auflösung dafür eine Vergütung gezahlt hat (oder gezahlt hätte), handelte es sich dabei um Arbeitslohn im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988. Nach § 25 Abs 1 Z 1 a EStG gehören nämlich zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) alle Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Daß darunter insbesondere auch Vergütungen für Diensterfindungen fallen, geht aus § 67 Abs 7 EStG eindeutig hervor. Dem Kläger selbst ist bewußt, daß nach § 47 Abs 1 EStG bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer) wird, wenn - wie hier - im Inland eine Betriebsstätte des Arbeitgebers besteht.

Die Dienstgeberin hat ihre Rechte aus der Diensterfindung auf die Beklagte übertragen (Punkt III des genannten Übereinkommens). Daß der Kläger dem zugestimmt hat, ergibt sich aus dem auch von ihm unterfertigten Übereinkommen. Gleichzeitig hat sich (auch) die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die Inanspruchnahme der Diensterfindung ein Entgelt zu zahlen. Die unscharfe Formulierung des Punktes VIII des Übereinkommens, wonach sich "die I***** bzw. die Ö***** Gesellschaft mbH verpflichte ... ", die Vergütung zu zahlen, kann wohl nur dahin verstanden werden, daß die Beklagte mit Zustimmung des Klägers zwar die Schuld der Dienstgeberin übernommen hat, die Dienstgeberin aber nicht aus der Haftung entlassen wurde, also ein Schuldbeitritt vorliegt (Ertl in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1405). Eine Schuldübernahme ändert aber nichts am Wesen der Verbindlichkeit; die Verbindlichkeiten des Übernehmers sind vielmehr nach § 1407 ABGB "mit den Verbindlichkeiten des bisherigen Schuldners in Rücksicht auf die übernommene Schuld ebendieselben." Übernimmt ein Dritter die Verpflichtung eines Arbeitgebers, Löhne und Gehälter auszuzahlen, dann bleiben die Forderungen der Arbeitnehmer weiterhin solche aus dem Dienstverhältnis; der Dritte - der in diesem Fall Arbeitgeber im Sinne des Einkommensteuergesetzes ist (§ 47 Abs 1 letzter Satz EStG) - ist auch verpflichtet, nach § 47 Abs 1, 1.Satz, EStG vorzugehen. Nichts anderes kann aber im vorliegenden Fall gelten. Daß der Kläger mit der Beklagten eine "eigenständige" Vereinbarung getroffen hätte, trifft nicht zu; das wäre auch rechtlich nicht möglich gewesen. Selbst wenn der Kläger zunächst nicht vertraglich verbunden gewesen sein sollte, seine Erfindung der Dienstgeberin zu übertragen, und er demnach selbst den Anspruch auf Erteilung des Patentes gehabt hätte (§ 6 Abs 1 PatG), hat er doch jedenfalls mit der Übertragung auf die Dienstgeberin die Möglichkeit verloren, ein weiteres Mal über seine Erfindung zu verfügen. Er hat nur - soweit hier von Bedeutung - dem Schuldbeitritt der Beklagten zur Verbindlichkeit der Dienstgeberin aus dem Dienstverhältnis zugestimmt. Wie weit im Hinblick auf die Übertragung der Rechte aus dem Vertrag auf die Beklagte eine Vertragsübernahme vorliegt, braucht hier nicht näher untersucht zu werden.

Ist aber die Beklagte nur an die Stelle der Dienstgeberin getreten, um dem Kläger Vorteile aus dem (ehemaligen) Dienstverhältnis zuzuwenden, dann zahlt nun sie Arbeitslohn im Sinn des § 25 EStG und hat demnach die Lohnsteuer abzuführen.

Die Revision mußte somit erfolglos bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Rückverweise