11Os42/92 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 3.September 1992 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta, Dr.Kuch, Dr.Rzeszut und Dr.Hager als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Götsch als Schriftführer in der Strafsache gegen Margit G***** wegen § 33 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Angeklagten Margit G***** und des Finanzamtes Sch***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 27.Jänner 1992, GZ 36 Vr 318/90-36, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Finanzamtes Sch***** wird zurückgewiesen.
Hingegen wird der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Folge gegeben, das angefochtene Urteil im Umfang des Schuldspruchs und demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich der gemäß dem § 26 Abs. 2 FinStrG erteilten Weisung) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihren Berufungen werden die Angeklagte und der Privatbeteiligte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Margit G***** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach dem § 33 Abs. 1 FinStrG schuldig erkannt.
Darnach hat sie in den Jahren 1984 bis 1987, in Ansehung der Verkürzung von Abgaben von alkoholischen Getränken auch im Zeitraum von Jänner bis Juni 1988 in Fügen als geschäftsführende Pächterin der Diskothek "Z*****" vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht Verkürzung an Abgaben von alkoholischen Getränken, an Einkommensteuer und Gewerbesteuer im Gesamtbetrag von (im Urteil für jede Abgabenart jahrgangsweise aufgeschlüsselt) 1,162.458 S bewirkt, indem sie in ihren Abgabenerklärungen nicht sämtliche vereinnahmten Erlöse anführte.
Vom weiteren Anklagevorwurf, im Zeitraum 1984 bis Juni 1988 vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer im (ebenfalls jahrgangsweise aufgeschlüsselten) Gesamtbetrag von 1,324.759 S bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten zu haben, wurde sie gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Rechtliche Beurteilung
Der Freispruch wird vom Finanzamt Sch***** (§ 200 FinStrG) unter Berufung auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 5 a StPO bekämpft, gegen den Schuldspruch richtet sich die auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten.
Sowohl die Finanzstrafbehörde erster Instanz als Privatbeteiligte als auch die Angeklagte bekämpfen den Strafausspruch mit Berufung.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Finanzamtes Sch*****, die sich auf die Ausführung einer Tatsachenrüge (Z 5 a) beschränkt, genügt der Hinweis, daß dieser Nichtigkeitsgrund gemäß dem § 281 Abs. 2 StPO zum Nachteil des Angeklagten nicht geltend gemacht werden kann. Da den Beschwerdeausführungen auch der Sache nach die Geltendmachung eines anderen Nichtigkeitsgrundes nicht zu entnehmen ist, war die Nichtigkeitsbeschwerde der Finanzstrafbehörde zurückzuweisen.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten
Margit G*****:
Das Erstgericht begründete den Freispruch vom Anklagevorwurf der Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen gemäß dem § 21 UStG 1972 damit, daß nicht mit der nötigen Sicherheit festgestellt werden könne, ob die Umsatzsteuervoranmeldungen von der Angeklagten oder ihrem Steuerberater durchgeführt wurden, ob und inwieweit die Angeklagte bei Geltendmachung von Rechnungen, die später bei der Betriebsprüfung beanstandet wurden, von ihrem Steuerberater beraten wurde und ob bzw. inwieweit sie dem Steuerberater entsprechendes Zahlenmaterial zur Verfügung gestellt habe.
Wörtlich kam das Erstgericht zum Ergebnis, daß "nicht festgestellt werden kann, daß die Angeklagte Margit G***** diese Verletzung der Voranmeldungspflicht bzw. die dadurch bewirkte Umsatzsteuerverkürzung ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, schon gar nicht kann festgestellt werden, daß sie sie für gewiß gehalten hat" (US 8). Damit hat das Erstgericht nicht nur die für die Verwirklichung des Tatbestandes nach dem § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG erforderliche Wissentlichkeit in Ansehung des Verkürzungserfolges, sondern auch den für die Verletzung der Pflicht zur Abgabe von Voranmeldungen gemäß § 21 des UStG 1972 ausreichenden bedingten Vorsatz verneint.
Zu Recht verweist die Angeklagte daher in ihren, der Sache nach einen Begründungsmangel (Z 5) reklamierenden Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund nach Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO darauf, daß dem Urteil im Schuldspruch wegen Abgabenhinterziehungen eine ausreichende Begründung für jene Feststellungen mangelt, wonach die Angeklagte (selbst) nicht alle Umsätze angegeben, sondern Schwarzumsätze getätigt und nicht versteuert (US 6) und dabei mit auf Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht sowie auf Bewirkung des Abgabenverkürzungserfolges gerichtetem Eventualvorsatz gehandelt hat (US 7). Da das Erstgericht der mangelnden Feststellbarkeit, ob von der Angeklagten selbst oder ihrem Steuerberater die Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben wurden, welche Informationen von der Angeklagten an ihren Steuerberater weitergegeben wurden und welcher Art seine steuerlichen Ratschläge an die Angeklagte waren, eine derartige Bedeutung beimaß, daß selbst der bedingte Vorsatz zur Verletzung der Pflicht zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verneint wurde, hätte es im Urteil näher zu begründen gehabt, weshalb es - bei gleicher Beweislage - in Ansehung der (im wesentlichen auf die Schätzungen der Betriebsprüfer und den Inhalt der Abgabenbescheide gestützten) vorsätzlichen Abgabenverkürzung durch Abgabe unrichtiger Jahressteuererklärungen (betreffend Abgabe von alkoholischen Getränken, Einkommensteuer und Gewerbesteuer) sowohl objektiv die unmittelbare Täterschaft der Angeklagten als auch subjektiv den für den Tatbestand des § 33 Abs. 1 FinStrG ausreichenden bedingten Vorsatz festgestellt hat. Dies umsomehr, als die Angeklagte mit ihren diesbezüglichen Einwänden vom
Da eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war das Urteil im Umfang des Schuldspruchs schon bei der nichtöffentlichen Beratung aufzuheben.
Mit ihren Berufungen waren sowohl die Angeklagte als auch die Finanzstrafbehörde erster Instanz als Privatbeteiligte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.