JudikaturOGH

9ObA25/92 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. März 1992

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Raimund Kabelka und Margarete Heidinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei B***** V*****-AG ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei M***** M*****, Versicherungsmakler, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wegen S 2,000.000,-- sA (Revisionsstreitwert S 1,977.491,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. September 1991, GZ 31 Ra 62/91-37, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 10. September 1990, GZ 4 Cga 1031/88-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 21.769,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.628,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Rechtliche Beurteilung

Entscheidungsgründe:

Die behauptete Nichtigkeit liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat die erstgerichtlichen Feststellungen durch Verweisung in das Berufungsurteil aufgenommen und sich im Detail mit der Bekämpfung dieser überdies in extenso wiedergegebenen Feststellungen auseinandergesetzt. Es hat damit erkennbar die gesamten Feststellungen des Erstgerichtes übernommen.

Die behaupteten Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen ebenfalls nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Was die rechtliche Beurteilung betrifft, genügt es, auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers folgendes zu erwidern:

Geht man von den - durch den Akteninhalt gedeckten und für den Obersten Gerichtshof bindenden - Feststellungen der Vorinstanzen aus, wonach der Beklagte der klagenden Partei im Juni 1986 das Modell einer Abfertigungsversicherung vortrug, bei dem eine Körperschaft öffentlichen Rechtes als Versicherer, die klagende Partei als Rückversicherer fungieren sollte und für dessen Vermarktungs- und Verwaltungsaufwand der Beklagte aufzukommen hatte, ohne über die erforderlichen Mittel zu verfügen, sowie davon, daß der Beklagte zur Vorfinanzierung dieses spezifischen Aufwandes am 3. Juni 1986 den gegenständlichen Provisionsvorschuß von S 2 Mill. erhalten hatte, dann kann dem Revisionswerber nicht beigepflichtet werden, es sei nicht denkmöglich, daß dem spezifisch für die mit dem Abfertigungsmodell verbundenen Kosten gewidmeten Provisionsvorschuß vom 3. Juni 1986 durch die Änderung des VAG mit Gesetz vom 2. Oktober 1986 BGBl. 558/1986, die Geschäftsgrundlage entzogen worden sei. Wie die Vorinstanzen festgestellt haben, war Geschäftsgrundlage für das vom Beklagten im Juni 1986 vorgeschlagene Abfertigungsmodell die Bestimmung des § 1 Abs. 3 VAG, wonach der Betrieb von Versicherungszweigen der Personenversicherung durch Körperschaften des öffentlichen Rechts, wenn Versicherungsnehmer nur deren Mitglieder sind, nicht den Bestimmungen dieses Gesetzes unterlag. Demnach konnte - wie in dem vom Beklagten ursprünglich entwickelten Modell vorgesehen - eine Körperschaft öffentlichen Rechts als dem VAG nicht unterliegender Versicherer eine Abfertigungsvorsorgeversicherung anbieten, die klagende Partei hingegen als Rückversicherer fungieren. Mit der Novelle vom 2. Oktober 1986, BGBl. 558/1986, wurde die genannte Ausnahmsbestimmung durch folgenden Zusatz eingeschränkt: "Dies gilt nicht, wenn solche Versicherungen überwiegend in Rückversicherung abgegeben werden". Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, daß damit dem vom Beklagten im Juni 1986 vorgeschlagenen Abfertigungsversicherungsmodell, dessen Vorfinanzierung der gegenständliche Provisionsvorschuß dienen sollte, die Geschäftsgrundlage entzogen worden war.

Soweit sich der Revisionswerber auf die Zusage eines jährlichen Provisionsvorschusses von maximal S 2 Mill. für den Zeitraum vom 1. Jänner 1987 bis 31. Dezember 1989 mit Zusatzvereinbarung vom 10. Dezember 1986 (Beilage B) beruft, ist ihm zu erwidern, daß diese direkt zwischen der klagenden Partei und der Bundesinnung der Zimmermeister abzuschließende Lebensversicherungsverträge im Rahmen der Aktion Abfertigungsvorsorge betreffende Vereinbarung nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden - im übrigen auf der Aussage des Beklagten basierenden - Feststellungen des Erstgerichtes nichts mit dem bereits am 3. Juni 1986 ausgezahlten gegenständlichen Provisionsvorschuß zu tun hatte. Darüber hinaus hat der Beklagte nach diesen Feststellungen am 6. April 1987 mit der klagenden Partei und der T***** H*****-GesmbH die Abtretung der in dieser Zusatzvereinbarung genannten Provisionen an die T***** H*****-GesmbH vereinbart. In einer Besprechung zwischen der klagenden Partei, dem Beklagten und dem Geschäftsführer der T***** H*****-GesmbH vom 16. April 1987 wurde dazu vereinbart, daß der Beklagte das (gesamte) Geschäft mit der Abfertigungsvorsorge der Kammern ab dem 1. Jänner 1987 an die T***** H*****-GesmbH abgetreten hat und nur für die bis zu diesem Zeitpunkt eingereichten Geschäfte provisionsberechtigt bleibt. Da die klagende Partei nicht nur von der getroffenen Abtretungsvereinbarung verständigt wurde, sondern an ihrem Abschluß mitgewirkt hat, gehen die Ausführungen des Revisionswerbers, es sei nicht klar, ob dem wohl hinreichend deutlich von der Zession verständigten Schuldner damit das Recht eingeräumt worden sei, die Zahlung an den Zedenten zu verweigern, angesichts der Bestimmung des § 1396 ABGB ins Leere. Eine Rückzession wurde von dem im Verfahren erster Instanz durch einen Rechtsanwalt und daher durch eine qualifizierte Person im Sinne des § 40 Abs. 1 ASGG vertretenen Beklagten nicht behauptet; die diesbezüglichen Ausführungen des Revisionswerbers sind daher eine gemäß §§ 482 ZPO iVm 63 Abs. 1 ASGG unzulässige und somit unbeachtliche Neuerung.

In der Besprechung vom 16. April 1987 wurde vereinbart, daß von der Zession sämtliche Ansprüche aus den im Zusammenhang mit der Abfertigungsvorsorge von Kammermitgliedern zustandegekommenen Versicherungsverträgen erfaßt sind; es ist daher müßig, zu erörtern, ob sich derartiges auch aus der zuvor abgeschlossenen schriftlichen Vereinbarung vom 6. April 1987 ergibt.

Da der Beklagte seine Kompensandoforderung lediglich auf die Akquisition von den der Abfertigungsvorsorge von Mitgliedern der Kammern der gewerblichen Wirtschaft dienenden Versicherungsverträgen stützte, die von der Zession an die T***** H*****-GesmbH erfaßt sind, hat das Berufungsgericht auf Ansprüche aus den nach dem 31. Dezember 1986 akquirierten Geschäften mit Recht nicht Bedacht genommen. Aber selbst wenn die klagende Partei Abschlüsse aus derartigen Geschäften willkürlich vereitelt haben sollte, stünde der daraus resultierende Schadenersatzanspruch, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, nicht dem Beklagten, sondern zufolge der Zession der T***** H*****-GesmbH zu. Es erübrigt sich daher, auf die Argumentation des Revisionswerbers zur Frage einzugehen, ob daraus, daß die klagende Partei vom Beklagten nach dem 31. Dezember 1986 akquirierte Möglichkeiten zum Abschluß von Versicherungsverträgen im Rahmen der Abfertigungsvorsorge nicht wahrnahm, Schadenersatzansprüche abgeleitet werden könnten.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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