JudikaturOGH

11Os6/92 – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. März 1992

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.März 1992 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Friedrich, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kohout als Schriftführer, in der Strafsache gegen Franz Josef G***** wegen des Verbrechens der Schändung nach dem § 205 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 16. Dezember 1991, GZ 36 Vr 2293/91-14, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugewiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz Josef G***** des Verbrechens der Schändung nach dem § 205 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 28.Juli 1991 in Innsbruck Claudia R*****, die sich auf Grund eines Selbstmordversuches nach einem Sprung von der Innmauer nicht mehr bewegen konnte und auf Grund ihrer starken Alkoholisierung widerstandsunfähig war, sohin sich in einem Zustand befand, der sie zum Widerstand unfähig machte, zum außerehelichen Beischlaf mißbrauchte.

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 5 a und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; ihr kommt keine Berechtigung zu:

Die Ausführungen in der Mängelrüge (Z 5) versagen, weil sie keine für die rechtliche Beurteilung entscheidende Tatsache betreffen.

Rechtliche Beurteilung

Ob Claudia R***** sich bei ihrem - ohne Zutun des Angeklagten - in Selbstmordabsicht durchgeführten Sprung von der 3,10 m hohen Mauer - im Sinn der erstgerichtlichen Konstatierungen - "überschlug" (vgl. S 90), oder ob sie - "ohne sich zu überschlagen" - nach dem Sturz "am Rücken aufschlug" und - unbekämpft - regungslos liegenblieb (S 43; 80, 90), ist für den relevierten Bewegungsablauf nicht entscheidungswesentlich. Dies gilt in gleicher Weise für die monierte Annahme, daß Claudia R***** "nicht nur Alkohol, sondern auch Antidepressiva" konsumiert habe, "welche in Verbindung mit Alkohol die Wirkung des Alkohols verstärken" (S 91); ist es doch unabhängig von der - an sich zutreffend gerügten - unkritischen tatrichterlichen Gleichsetzung von Beruhigungsmitteln (S 81) mit "Antidepressiva" weder für das Erkenntnis in der Schuldfrage noch für die Beurteilung der einen bestimmten Strafsatz bedingenden Tatumstände maßgebend, wodurch der objektive (Bewußtseins )Zustand, der eine Person weiblichen Geschlechts im Sinn des § 205 Abs. 1 StGB zum Widerstand unfähig macht, herbeigeführt wurde.

Die Mängelrüge erschöpft sich der Sache nach insgesamt nach Art einer - im Gerichtshofverfahren nach wie vor

unzulässigen - Schuldberufung in dem bloßen Versuch, das Gewicht der nach den erstgerichtlichen Konstatierungen für die Annahme der Widerstandsunfähigkeit der Claudia R***** maßgebenden einzelnen Umstände durch jeweils isolierte Betrachtung in Frage zu stellen, ohne zu beachten, daß für die Tatrichter bei der Annahme des Zustands der Widerstandsunfähigkeit das (untrennbare) Zusammenwirken mehrerer Ursachen (Depression, Alkoholisierung, Selbstmordversuch, Folgen des Sturzes etc.) maßgebend war.

Auch auf Grund der im wesentlichen in die gleiche Richtung gehenden Tatsachenrüge (Z 5 a) ergeben sich gegen die Richtigkeit der relevanten (Sachverhalts ) Feststellungen des Schöffengerichtes keine (geschweige denn erhebliche) Bedenken.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) entbehrt der gesetzmäßigen Ausführung, weil sie - neuerlich - nicht auf den gesamten Urteilsinhalt abstellt, wonach sich Claudia R***** infolge ihres - wie dargelegt - auf mehrere Ursachen zurückzuführenden psycho-physischen Zustandes in einer Lage extremer Hilflosigkeit befand, sondern allein die Frage der Alkoholisierung releviert. Besonderer Konstatierungen, "wieviel Alkohol Claudia R***** tatsächlich konsumiert hat" (S 105), bedurfte es auch unter dem Gesichtspunkt einer allenfalls diesbezüglich vorliegenden Mängelrüge nicht, weil es für den vom Erstgericht angenommenen Alkoholisierungszustand ausreicht, daß sich Claudia R***** an diesem Tag nach den tatrichterlichen Konstatierungen dem Alkohol ergeben hatte (S 90) und vom Angeklagten (auf Grund der Gehweise) erkennbar alkoholisiert und mit einer Bierflasche in der Hand (S 42, 94) angetroffen wurde.

Eine - für die subjektive Tatseite gegebenenfalls nicht ausreichende (Z 9 a) - Feststellung, daß der Angeklagte "erkennen hätte müssen", daß sich Claudia R***** in einem Zustand der Widerstandsunfähigkeit befand, ist - der diesbezüglich erhobenen Tatsachenrüge (S 104) zuwider - dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Die Erstrichter stellten vielmehr - der Verantwortung des Angeklagten vor der Polizei folgend (S 43) - ausdrücklich fest, daß der Angeklagte die Widerstandsunfähigkeit der Claudia R***** zum Zeitpunkt der Ausübung des Geschlechtsverkehrs ernstlich bedacht und sich mit "dem nachteiligen Erfolg" einer Schändung seines Opfers innerlich abgefunden hatte (S 91, 92).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Über die Berufung des Angeklagten wird das Oberlandesgericht Innsbruck zu entscheiden haben (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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