9ObA221/91 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Scheuch und Heinrich Dürr als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei ***** M***** F*****, Angestellter, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei Land Vorarlberg, Bregenz, Landhaus, vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wegen S 54.624,52 brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15.Juli 1991, GZ 5 Ra 105/91-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 18.Februar 1991, GZ 35 Cga 101/90-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.348,80 (darin S 724,80 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war seit 1.Oktober 1984 Angestellter der Beklagten. Mit Schreiben der Vorarlberger Landesregierung vom 2.April 1990 wurde er mit diesem Tag gemäß § 128 Abs 1 lit e LBedG entlassen. Im Zeitpunkt der Entlassung waren noch unverbrauchte Urlaubsansprüche aus den Jahren 1989 und 1990 offen.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger den der Höhe nach unstrittigen Klagebetrag als Urlaubsabfindung für das Jahr 1989. Unabhängig von der Berechtigung der Entlassung, die in einem anderen Verfahren zu prüfen sei, stehe ihm jedenfalls eine Urlaubsabfindung für das dem Entlassungsjahr vorausgegangene Urlaubsjahr zu.
Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Gemäß § 44 Abs 9 LBedG iVm § 120 leg cit gebühre einem Landesangestellten bei Auflösung des Dienstverhältnisses zwar in der Regel eine Abfindung des ihm noch zustehenden Erholungsurlaubs, nicht jedoch in dem hier vorliegenden Fall der Entlassung.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß sich die Ausnahmeregelung des § 44 Abs 9 LBedG, wonach bei Entlassung keine Urlaubsabfindung gebühre, nur auf den offenen Urlaub aus dem laufenden Urlaubsjahr beziehen könne, nicht aber auf Urlaubsansprüche aus bereits vergangenen Urlaubsjahren. Nicht konsumierte Urlaubsteile aus vorvergangenen Jahren seien, soweit noch keine Verjährung eingetreten sei, voll zu entschädigen.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und billigte im wesentlichen die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Es hob noch besonders hervor, daß der Wegfall der Urlaubsabfindung als eine pönale Bestimmung aufzufassen sei, die sich nur auf einen Urlaub aus dem laufenden Urlaubsjahr, das dem Kalenderjahr entspreche, beziehen könne, nicht jedoch auf noch nicht verfallene und aufrechte Ansprüche aus unverbrauchten Urlauben früherer Jahre. Durch eine solche extensive Auslegung würde nämlich das pönale Element in willkürlicher und unsachlicher Weise verstärkt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragte in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Das Gesetz über das Dienstrecht der Landesbediensteten Vorarlbergs, LGBl 1988/1 (LBedG) findet sowohl auf Landesbeamte als auch auf Landesangestellte und Landesarbeiter Anwendung. Während das II.Hauptstück unmittelbar nur für das Dienstverhältnis der Landesbeamten gilt, enthält das III.Hauptstück Sonderbestimmungen für die Landesangestellten. Soweit § 120 LBedG vorsieht, daß gewisse Bestimmungen des II.Hauptstücks auch auf die Landesangestellten anzuwenden sind, ändert die nichts daran, daß eine sinngemäße Anwendung der für Landesbeamte geltenden Vorschriften nur insofern in Betracht kommt, als für die Landesangestellten im betreffenden Rechtsgebiet keine andere Regelung getroffen wurde.
Hinsichtlich der Landesbeamten ist die Auflösung des Dienstverhältnisses durch Austritt oder Entlassung in den §§ 25 ff LBedG geregelt. Gemäß § 25 Abs 3 LBedG verliert der Landesbeamte mit der Auflösung des Dienstverhältnisses für sich und seine Angehörigen alle mit dem Dienstverhältnis verbundenen Rechte, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Hinsichtlich des Erholungsurlaubs normiert § 44 Abs 9 LBedG, daß dem Landesbeamten bei Auflösung des Dienstverhältnisses, ausgenommen den Fall der Entlassung, eine Abfindung des ihm noch zustehenden Erholungsurlaubes gebührt, wenn der Landesbeamte aus dienstlichen oder gesundheitlichen Gründen verhindert war, den Erhoulungsurlaub bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses zu verbrauchen.
Bezüglich der Landesangestellten bestehen über den Austritt und die Entlassung aus dem Dienstverhältnis in den §§ 127 und 128 LBedG besondere, etwa bei der Entlassung dem § 34 VBG nachgebildete Vorschriften. Auch die Rechtsfolgen der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses sind andere. Nach § 129 Abs 1 LBedG bleiben bei einer vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses die im Zeitpunkt der Auflösung nach diesem Gesetz bereits erwachsenen Ansprüche des Landesangestellten unberührt. Damit setzt sich diese Bestimmung aber nicht in Widerspruch zu der unmittelbar nur für Landesbeamte geltenden Regelung des § 44 Abs 9 LBedG, wie das Berufungsgericht meint, sondern berücksichtigt lediglich die Besonderheit eines privatrechtlichen Dienstverhältnisses, in dem auch eine verschuldete Entlassung keinen Verlust des Anspruches auf Urlaubsabfindung zur Folge hat (vgl. § 28 b f VBG, § 10 Abs 1 UrlG, § 75 Abs 1 LAG). Diese Differenzierung entspricht im übrigen der erklärten Absicht des Landesgesetzgebers, Änderungen im Arbeits- und Sozialrecht zu berücksichtigen und das Gesetz dadurch zu modernisieren (vgl. etwa Bericht des Rechtsausschusses in der 5.Sitzung des XXII.Vorarlberger Landtages 1979, Beilage 14/1979). Bleiben aber die bereits erworbenen Ansprüche eines Landesangestellten bei vorzeitiger Beendigung des Dienstverhältnisses, wie sie unter anderem durch die Entlassung herbeigeführt wird, schlechthin unberührt, steht dem Kläger schon aus diesem Grund die begehrte Urlaubsabfindung zu.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.