JudikaturOGH

10ObS245/91 – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. September 1991

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Dietmar Strimitzer (AG) und Univ.Prof.Dr.Walter Schrammel (AN) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mirko O*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Zatlasch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter (Landesstelle Wien), 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. April 1991, GZ 33 Rs 58/91-55, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 29.August 1990, GZ 23 Cgs 181/88-50, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Rechtliche Beurteilung

Entscheidungsgründe:

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit (§ 503 Z 2 ZPO) liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 leg cit; stRsp des erkennenden Senates SSV-NF 1/32; 3/115 = JBl 1990, 535; 4/114 uva).

Die rechtliche Beurteilung des ausreichend festgestellten entscheidungswesentlichen Sachverhaltes durch das Berufungsgericht, daß die Frage, ob der Kläger als invalid gilt, nach § 255 Abs 3 ASVG zu beurteilen und zu verneinen ist, ist richtig.

Der Kläger hat während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag (1.9.1987), also im Zeitraum vom 1.9.1972 bis 31.8.1987, in Österreich 75 Beitragsmonate und in Jugoslawien vom 23.3.1979 bis 31.12.1980 21 Monate und 8 Tage und vom 1.4.1981 bis 22.6.1987 74 Monate und 22 Tage, insgesamt daher 96 Monate ans Versicherungszeit erworben.

In die 96 jugoslawischen Versicherungsmonate fällt die Zeit des Krankenstandes vom 15.4.1985 bis 22.6.1987 im Ausmaß von 26 Monaten. Ob diese Zeit ungeachtet des Umstandes, daß sie allenfalls nach jugoslawischem Recht als Beitragszeit gilt (vgl Siedl-Spiegel in MGA ZwischenstSV Lfg 23, 5 a, 47 f FN 4), ähnlich zu behandeln wäre wie Zeiten des Bezuges von Krankengeld in Österreich, die als Ersatzzeiten (§ 227 Abs 1 Z 6 ASVG) aus der Berechnung der überwiegenden Tätigkeit nach § 255 Abs 2 ASVG völlig ausgeklammert werden oder ob sie zwar als Beitragszeiten zu berücksichtigen wären, aber mangels Ausübung der erlernten (angelernten) Berufstätigkeit sich zum Nachteil des Versicherten auswirken, braucht im vorliegenden Fall nicht geprüft zu werden. In beiden Fällen läge nämlich keine überwiegende Tätigkeit in einem erlernten oder angelernten Beruf vor.

Der Kläger war während seiner insgesamt 72 Beitragsmonate dauernden Beschäftigung in der Packerei des Zementwerkes E***** fast zur Gänze, nämlich zu 95 % als Packer tätig. Soweit die Revision nicht von dieser Feststellung ausgeht, ist sie nicht gesetzmäßig ausgeführt. Diese Tätigkeit wurde in der im Gutachtensteil des Pensionsaktes erliegenden, ins Deutsche übersetzten Entscheidung der für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit zuständigen Abteilung des Senates in Sarajevo vom 23.6.1987 zutreffend als die eines Hilfsarbeiters bei der Zementeinladung umschrieben. Dies stimmt auch mit dem Vorbringen des Klägers in der Tagsatzung vom 21.12.1988 überein, daß er in den letzten 15 Jahren bis 20.3.1981 immer Hilfsarbeiter gewesen sei, ebenso mit seiner Parteiaussage in der Tagsatzung vom 1.2.1990, daß er im Zementwerk für die Verladearbeiten zuständig gewesen sei, sowie mit dem in der Tagsatzung vom 29.8.1990 ergänzten berufskundlichen Gutachten, daß die Tätigkeit des Packers bei der genannten Firma keine qualifizierte Teiltätigkeit des Maurers gewesen sei. Dem Vorbringen in der Revision kann daher nicht beigepflichtet werden, soweit darin ausgeführt wird, es sei nicht nachvollziehbar, wenn das Berufungsgericht zu dem Schluß gekommen sei, daß kein Zweifel an den Feststellungen des Erstgerichtes über die tatsächlichen Kenntnisse und Fähigkeiten des Klägers bestehe.

Hinsichtlich der österreichischen Beitragsmonate von November 1972 bis Jänner 1973, in denen der Kläger nach dem im Pensionsakt erliegenden Evidenzblatt der Tiroler Gebietskrankenkasse als Hilfsarbeiter bei zwei Tiroler Dienstgebern beschäftigt war, konnte er keine Tätigkeit in einem erlernten oder angelernten Beruf nachweisen, was im Hinblick auf seine diesbezügliche Beweisbelastung zu seinen Ungunsten ausschlägt.

In den in Österreich erworbenen Beitragszeiten wurde daher vom Kläger kein erlernter oder angelernter Beruf ausgeübt. Würde man nun die Zeiten des Krankenstandes in Jugoslawien ähnlich wie die Zeiten des Krankengeldbezuges in Österreich aus der Berechnung ausscheiden, dann wären der Abwägung nach § 255 Abs 2 ZPO einschließlich der 75 österreichischen Beitragsmonate insgesamt nur 145 Beitragsmonate zu unterziehen, sodaß eine erlernte oder angelernte Berufstätigkeit in mindestens 73 Monaten ausgeübt werden müßte. Da in Österreich keine solchen Tätigkeiten vorliegen und sich die 96 jugoslawischen Monate um die 26 Monate des Krankenstandes auf 70 Monate verringern würden, läge selbst unter der Annahme, daß in sämtlichen Monaten in Jugoslawien eine erlernte oder angelernte Tätigkeit vorlag, keine überwiegende Ausübung derselben vor. Wenn aber die Zeit des Krankenstandes zwar als Beitragszeit gerechnet würde und daher von 171 Beitragsmonaten auszugehen wäre, die Zeit des Krankenstandes aber nicht als Ausübung der Beschäftigung gerechnet würde, wären 86 Monate einer erlernten oder angelernten Berufstätigkeit erforderlich, der höchstens 70 Monate entsprechen könnten.

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, daß der Kläger nicht überwiegend in erlernten (angelernten) Berufen iS des Abs 1 und 2 des § 255 ASVG tätig war, weshalb die Frage seiner Invalidität nach Abs 3 zu beurteilen und zu verneinen sei, ist daher richtig.

Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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