JudikaturOGH

2Ob634/90 – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Juni 1991

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner, Dr. Schwarz und Dr. Schinko als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** Tierkörperbeseitigung Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Franz Müller, Rechtsanwalt in Kirchberg am Wagram, wider die beklagten Parteien

1.) Josef T***** OHG, 2.) Josef T*****, und 3.) Wolfgang T*****, sämtliche *****, sämtliche vertreten durch DDr. Walter Barfuß, DDr. Hellwig Torggler, Dr. Christian Hauer, Dr. Lothar Wiltschek, Dr. Guido Kucsko, Dr. Christian Schmelz und Dr. Helmut Freyer, Rechtsanwälte in Wien, wegen 213.994,96 S sA, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 22. Juni 1990, GZ 3 R 59/90-15, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Teilurteil des Landesgerichtes St. Pölten als Handelsgerichtes vom 30. November 1989, GZ 4 Cg 278/88-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 9.377,10 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.562,85 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Erstbeklagte betreibt eine Fleischhauerei in R*****. Der Zweit- und der Drittbeklagte sind persönlich haftende Gesellschafter der Erstbeklagten. Die Klägerin ist jene Tierkörperverwertungsanstalt nach der Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Land- und Forstwirtschaft im Einvernehmen mit dem Staatsamt für Volksernährung vom 19. April 1919, betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten (Tierkörperverwertung), StGBl Nr. 241/1919 idF BGBl Nr. 660/1977 (TKVG), an welche nach der Verordnung des Landeshauptmannes von Niederösterreich LGBl 6440/1 (NÖ Tierkörperbeseitigungsverordnung) die im Bereich des Landes Niederösterreich anfallenden, nach der genannten Vorschrift dem Ablieferungszwang unterliegenden Gegenstände zur Abholung, Verwertung und Beseitigung abzuliefern sind. Nach § 2 Abs 1 lit. b NÖ Tierkörperbeseitigungsverordnung (in der Folge TKBV genannt) müssen die nach der Schlachtung zum menschlichen Genuß für untauglich befundenen ganzen Tiere oder Tierteile sowie Schlachtungsabfälle von ihrem Besitzer der klagenden Gesellschaft abgeliefert werden. Als Schlachtungsabfälle gelten zum menschlichen Genuß nicht verwertbare Abfälle im Schlachtbetrieb, soweit sie nicht direkt anderweitig für industrielle Zwecke oder als Dünger Verwendung finden (§ 2 Abs 2 der genannten Verordnung). Von der Ablieferungspflicht sind tierische Abfälle ausgenommen, wenn ihr Gesamtgewicht 40 kg nicht übersteigt, sie auf eigenem Grund unschädlich beseitigt werden und sie nicht von seuchenkranken oder seuchenverdächtigen Tieren stammen (§ 2 Abs 3 dieser Verordnung). Bei Vorliegen triftiger Gründe hat die Bezirksverwaltungsbehörde in Einzelfällen Ausnahmen von der Ablieferungspflicht zu bewilligen, wenn eine anderweitige gefahrlose Beseitigung des abzuliefernden Gegenstandes gewährleistet ist. Hiebei sind Gutachten des Amtsarztes und des Amtstierarztes einzuholen. Die Bewilligung ist erforderlichenfalls an Bedingungen und Auflagen zu binden (§ 2 Abs 4 TKBV). § 6 Abs 1 dieser Verordnung (in der hier anzuwendenden Fassung) ermächtigt die Gesellschaft, zur Deckung ihres Aufwandes, soweit hiefür die anderweitigen Einnahmen nicht ausreichen, Entgelte zu verrechnen, wobei als Aufwand die voraussichtlich durchschnittlichen Kosten der Abholung, Verwertung und Beseitigung sowie die Schaffung von Rücklagen für die Erhaltung und Verbesserung der hiefür bestimmten Einrichtungen und deren Amortisierung zu gelten haben. Nach § 6 Abs 2 lit. a TKBV hat die Deckung des Aufwandes gemäß Abs 1 durch die Entgelte für die durchschnittlichen Leistungen der Gesellschaft für tierische Abfälle, die bei Schlachtungen anfallen, bei welchen eine Schlachttier- und Fleischuntersuchung vorgeschrieben ist, berechnet nach Art und Anzahl der Schlachttiere zu erfolgen. Abs. 3 des § 6 dieser Verordnung enthält den Tarif der Entgelte, die für die u.a. im Abs 2 lit. a genannten Leistungen vom Besitzer (Betriebsinhaber) zu entrichten sind.

In der Zeit vom 16.Juli 1987 bis Ende April 1988 wurden im Betrieb der Erstbeklagten 2239 Rinder, 10.813 Schweine und einige Kleintiere geschlachtet. Die Schlachtabfälle wurden nicht an die Klägerin abgeliefert, sondern im eigenen Betrieb und in der eigenen Landwirtschaft verfüttert bzw. verwertet oder an andere Unternehmen weitergegeben. In der Zeit vom 22.September 1987 bis 18. März 1988 wurden von der Erstbeklagten 7 Rechnungen der klagenden Gesellschaft über Entgelte von insgesamt 187.303,28 S entgegengenommen und in ihre Buchhaltung aufgenommen. Die Erstbeklagte beantragte erst nach Klageerhebung (29. September 1988) bei der Bezirkshauptmannschaft Melk eine Ausnahmegenehmigung von der Ablieferungspflicht sowie beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung die Bewilligung der Verfütterung von Schlachtungsabfällen in der eigenen Landwirtschaft; beide Anträge wurden abgewiesen; die Entscheidungen sind jedoch noch nicht rechtskräftig.

Die Klägerin begehrte von den Beklagten - nach Änderung des Klagebegehrens und dessen Einschränkung in Ansehung vorprozessualer Zinsen - die Bezahlung von 213.994,96 S sA als ihr gegenüber den Beklagten aufgrund der gelegten Rechnungen nach der Niederösterreichischen Tierkörperbeseitigungsverordnung, LGBl 6440/1 zustehenden Entgelte.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Es stimmten zwar die eingeklagten Forderungen mit den Rechnungen sowie die in den Rechnungen angeführten Stückzahlen mit den von der Erstbeklagten tatsächlich geschlachteten Tieren überein und entsprächen auch die in den Rechnungen angeführten Preise den im § 6 Abs 3 lit. a TKBV für die Leistungen der Klägerin vorgesehenen Entgelten, die Klägerin habe aber in den Monaten Juli 1987 bis April 1988 so gut wie keine Schlachtabfälle von der Erstbeklagten abgeholt. Der Klägerin seien nur die mit Gewinn zu verwertenden Knochen übergeben worden. Alle anderen Schlachtungsabfälle habe die Erstbeklagte im eigenen Betrieb und in der angeschlossenen Landwirtschaft verwertet bzw. der industriellen Verwertung zugeführt. Die Regelung des § 6 Abs 2 lit a TKBV, wonach die Entgelte für tierische Abfälle, die bei Schlachtungen anfallen, nach Art und Anzahl der Schlachttiere - unabhängig von einer Abholung - berechnet werden, sei gesetzwidrig. Die Tarife des § 6 Abs 3 lit a TKBV widersprächen dem verfassungsrechtlichen und auch der Vollzugsanweisung StGBl 1919/241 (VA) zugrundeliegenden Äquivalenzprinzip. Die Abfälle hätten (auch) für sich allein betrachtet einen wirtschaftlichen Wert, der in den Tarifen des § 6 Abs 3 lit a TKBV zu Unrecht nicht berücksichtigt werde. Die vom Landeshauptmann von Niederösterreich mit der TKBV gewählte Methode der Kostenüberwälzung ergebe keine sinnvollen Näherungswerte und sei auch aus diesem Grund gesetzwidrig. Zweck des Gesetzes (der VA), die unschädliche Verwertung von Tierkörpern, deren Teilen und sonstigen Gegenständen animalischer Herkunft, insbesondere die Vernichtung aller Seuchenkeime gemäß § 14 Tierseuchengesetz, möge es zwar nahelegen, auf die Zahl der im Betrieb geschlachteten Tiere abzustellen, und nicht auf die tatsächlich abgelieferten Gegenstände, um den Anreiz der Verletzung der Ablieferungspflicht zu vermindern, dies gelte jedoch nur solange, als es sich um ablieferungspflichtige Gegenstände handle und die Schlachtziffern bei der Durchschnittsbetrachtung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der Menge der bei der Klägerin anfallenden Gegenstände entsprächen. Die mit § 6 Abs 2 lit. a TKBV gewählte Methode der Kostenumlegung ergebe keine sinnvollen Annäherungswerte; die Kosten würden auch auf Personen umgewälzt, die die Einrichtungen der Klägerin überhaupt nicht in Anspruch nehmen. Die Beklagten regten daher an, beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Aufhebung des § 6 Abs 2 lit. a und des § 6 Abs 3 lit. a TKBV zu stellen.

Demgegenüber beantragte die Klägerin, der Anregung der Beklagten nicht Folge zu geben und verwies darauf, daß die Erstbeklagte gegen § 2 TKBV verstoße, wenn sie ohne Ausnahmebewilligung von der Ablieferungspflicht Schlachtungsabfälle nicht abliefere.

Das Erstgericht sprach der Klägerin mit Teilurteil den Betrag von 170.537,28 S zu. Die Klägerin habe zur Deckung ihres Aufwandes Entgelte verrechnet, die gemäß § 6 Abs 2 lit. a TKBV nach Art und Anzahl der Schlachttiere zu berechnen seien. Die Beklagten könnten sich von ihrer Zahlungspflicht nicht dadurch befreien, daß sie ohne Ausnahmegenehmigung die Schlachtungsabfälle nicht abführten, sondern im eigenen Betrieb verfütterten, als Dünger verwendeten oder an andere Betriebe verkauften. Ein solches eigenmächtiges Verhalten, durch das Schlachtungsabfälle im großen Ausmaß, nämlich von über 1000 Tieren im Monat, auf letztlich unüberprüfbare und daher potentiell gesundheitsschädliche Weise irgendwo "Verwendung" fänden, habe gerade durch die TKBV verhindert werden sollen. Es bestehe daher keinerlei Anlaß, eine Überprüfung der Gesetzmäßigkeit dieser Verordnung zu veranlassen. Im Hinblick auf die außer Streit gestellte Richtigkeit der Rechnungen sei der Gesamtbetrag von S 187.303,28 abzüglich einer ungeklärten Differenz bei Gutschriften von S 16.766, somit S 170.537,28, mit Teilurteil zuzusprechen gewesen.

Das Gericht zweiter Instanz gab der von den Beklagten gegen dieses Teilurteil erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und als zur abschließenden rechtlichen Beurteilung ausreichend und erachtete davon ausgehend nach Bejahung der Verfolgbarkeit der geltend gemachten Ansprüche vor den ordentlichen Gerichten die Rechtsrüge der Berufung als nicht berechtigt.

Die TKBV stütze sich ihrem Einleitungssatz zufolge u.a. auf die §§ 3 - 6 der Vollzugsanweisung vom 19.April 1919, StGBl 241, idF BGBl 1977/660 (VA), die im Rang eines Bundesgesetzes stehe (VfGH VfSlg 7936/1976, 9897/1983, 10.640/1985). Nach § 6 Abs 3 VA habe der Landeshauptmann das Entgelt für die Einsammlung, die Abfuhr und die Beseitigung der abzuliefernden Gegenstände in einem kostendeckend begrenzten Entgelttarif durch Verordnung festzulegen. Bei der Berechnung des Tarifs seien die voraussichtlichen durchschnittlichen Kosten der Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung sowie Rücklagen für die Erhaltung und Verbesserung der hiefür bestimmten Einrichtungen und für deren Amortisierung zu berücksichtigen. Der VfGH habe in seinem Erkenntnis VfSlg 9897/1983 klargestellt, daß der Begriff "kostendeckendes Entgelt" sehr wohl mit konkretem Inhalt zu füllen sei, zumal der zweite Satz des § 6 Abs 3 VA nähere Anhaltspunkte für die Berechnung des Entgelttarifs biete. Wenn es hier der Gesetzgeber dem Verordnungsgeber überlassen habe, die Zahlungsmodalitäten festzulegen, so sei dagegen nichts einzuwenden: Solle eine Entgeltregelung vollständig sein, so habe sie auch die Zahlungsmodalitäten zu enthalten. Das Verhalten des Verordnungsgebers werde auch in dieser Hinsicht ausreichend vorausbestimmt, weil aus dem Gebot, ein kostendeckendes Entgelt zu bestimmen, auch hervorgehe, wie Zahlungsmodalitäten, die diesem Gesetzesauftrag entsprächen, beschaffen sein müßten. Hiebei stehe dem Verordnungsgeber zwar ein weiter Spielraum offen; dieser werde aber einerseits auf eine dem Art 18 B-VG genügende Weise durch das auch in diesem Zusammenhang zu beachtende Sachlichkeitsgebot, andererseits dadurch begrenzt, daß der Gesetzgeber offenkundig davon ausgehe, die Zahlungsmodalitäten hätten dem üblichen Schema zu entsprechen. Weiters habe der VfGH in seinem Erkenntnis VfSlg 10.640/1985 ausgesprochen, daß für die Tarifgestaltung nur der auf die "Beseitigung" der ablieferungspflichtigen Gegenstände entfallende Faktor berücksichtigt werden dürfe, also nur der Wert des Abfalles bei dessen Einbringen in den Produktionsprozeß. Die Beklagten hätten in erster Instanz zwar eingewendet, daß die Abfälle (auch) für sich allein betrachtet einen wirtschaftlichen Wert hätten, den der Tarif des § 6 Abs 3 lit a TKBV nicht berücksichtige; dieser Tarif widerspreche daher dem auch der VA zugrundeliegenden Äquivalenzprinzip. Darüber hinaus hätten die Beklagten jedoch keine konkreten Behauptungen über den wirtschaftlich zu veranschlagenden Wert der Abfälle und dessen Auswirkung auf die von ihnen behauptete Tariferhöhung aufgestellt. Derartige ausdrückliche Behauptungen seien jedoch, wie der Oberste Gerichtshof in den Beschlüssen vom 26.Mai 1987, 5 Ob 522/86, und vom 25.Juni 1987, 6 Ob 596/87, ausgesprochen habe, notwendig. Da die anwaltlich vertretenen Beklagten bereits im Verfahren erster Instanz auf diese Beschlüsse ausdrücklich verwiesen hätten, habe für das Erstgericht keinerlei Veranlassung bestanden, in Erfüllung der materiellen Prozeßleitungspflicht nach § 180 Abs 3, § 182 Abs 1 ZPO (neuerlich) auf die Notwendigekit entsprechender konkreter Behauptungen hinzuweisen und zum Anbot der allenfalls dazu erforderlichen Beweise aufzufordern. Mangels des erforderlichen konkreten Tatsachenvorbringens seien auch nicht die betreffenden Akten des Landeshauptmanns beizuschaffen und ein betriebswirtschaftliches Gutachten einzuholen gewesen. Es bestehe daher keinerlei Anhaltspunkt für die Richtigkeit der Bedenken der Beklagten gegen die Gesetzmäßigkeit des Tarifs des § 6 Abs 3 lit. a TKBV im Hinblick auf die Verletzung des Äquivalenzprinzips. Die Beklagten hätten im Verfahren erster Instanz weiters vorgebracht, die mit § 6 Abs 2 lit. a TKBV gewählte Methode der Kostenüberwälzung ergebe keine sinnvollen Annäherungswerte. Nach dieser Bestimmung habe die Deckung des Aufwandes der Klägerin durch die Entgelte für die durchschnittlichen Leistungen der Gesellschaft für tierische Abfälle, die bei Schlachtungen anfallen, bei welchen eine Schlachttier- und Fleischuntersuchung vorgeschrieben sei, berechnet nach Art und Anzahl der Schlachttiere, zu erfolgen. Wie der VfGH in seinem Erkenntnis VfSlg 10.038/1984 ausgeführt habe, überließe es § 6 Abs 3 VA dem Verordnungsgeber, auf welche Weise er die Umlegung der Kosten auf die Benützer vornimmt, ob nämlich nach den konkret abgelieferten Gegenständen oder aber nach einer anderen Methode, die sinnvolle Annäherungswerte ergibt. Zweck der VA sei die unschädliche Verwertung von Tierkörpern, deren Teilen und sonstigen Gegenständen animalischer Herkunft, insbesondere aber die Vernichtung aller Seuchenkeime gemäß § 14 Tierseuchengesetz. Zur Erreichung dieses Zieles sei es erforderlich, vorzusorgen, daß alle ablieferungspflichtigen Gegenstände auch tatsächlich abgeliefert werden. Abgesehen davon, daß es offenbar im Sinn einer Verrechnungsvereinfachung sowohl für die Behörde als auch für die Betriebsinhaber liege, wenn der Verordnungsgeber die zweite dieser Berechnungsmethoden gewählt habe, lege es eine Sinninterpretation geradezu nahe, auf die Zahl der im Betrieb geschlachteten Tiere ("die Schlachtziffern") abzustellen, und nicht etwa auf die tatsächlich abgelieferten Gegenstände; diesfalls wäre nämlich der Anreiz, die Ablieferungspflicht zu verletzen, wesentlich größer als bei der verordnungsmäßig getroffenen Regelung. Aus der Menge des beim Betriebsinhaber anfallenden Fleisches ergäbe sich bei einer - hier gemäß § 6 Abs 3 2. Satz VA

gebotenen - Durchschnittsbetrachtung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Menge der anfallenden Gegenstände. Auch im konkreten Fall seien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß die Methode der Kostenumlegung nach § 6 Abs 2 lit. a TKBV keine sinnvollen Annäherungswerte ergeben würde. Die Beklagten hätten hiezu keinerlei konkretes Tatsachenvorbringen erstattet, sondern sich im wesentlichen auf den Hinweis beschränkt, die ausschließlich nach den Schlachtziffern berechneten Entgelte seien selbst dann zu bezahlen, wenn überhaupt keine tierischen Abfälle abgeliefert würden und auch nicht abgeliefert werden müßten. Daß es zu einem solchen Auseinanderfallen zwischen Schlachtziffern und Schlachtungsabfällen und damit auch an Gegenständen, die der Ablieferungspflicht unterliegen, kommen könne, wie dies die Beklagten behaupteten, sei jedoch nicht einzusehen. Hiebei sei auch hervorzuheben, daß der Erstbeklagten eine Ausnahme von der Ablieferungspflicht nach § 2 Abs 4 TKBV nicht bewilligt worden sei und daß für den hier maßgeblichen Zeitraum überdies um eine solche Ausnahmebewilligung überhaupt nicht angesucht worden sei. Aus diesen Überlegungen ergäbe sich auch, daß es für die rechtliche Beurteilung ohne Bedeutung sei, welche Schlachtungsabfälle direkt anderweitig für industrielle Zwecke oder als Dünger verwendet worden seien. Eine solche nach § 2 Abs 2 TKBV erlaubte anderweitige Verwertung, selbst wenn sie in dem von den Beklagten behaupteten Ausmaß vorgenommen worden wäre, würde nicht den Schluß auf die Gesetzwidrigkeit des § 6 Abs 2 lit. a TKBV zulassen. Es seien daher die von der Klägerin begehrten weiteren Feststellungen nicht erforderlich gewesen.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Berufungsgericht mit dem Fehlen einer veröffentlichten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den hier zu beurteilenden Rechtsfragen der Gesetzmäßigkeit von Bestimmungen der TKBV.

Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Z 4 ZPO gestützte Revision der Beklagten, in der die Stellung eines Antrages auf Aufhebung des § 6 Abs 2 lit. a sowie des § 6 Abs 3 lit. a TKBV beim Verfassungsgerichtshof angeregt und die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens beantragt und hilfsweise ein Aufhebungsantrag gestellt wird.

Die Klägerin beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Voraussetzung für das Recht der klagenden Gesellschaft, dem Inhaber eines Fleischhauereibetriebes Entgelte im Sinne des § 6 TKBV zu verrechnen, ist - wie die Beklagten in ihrer Revision auch zutreffend hervorheben - in erster Linie der Umstand, daß in dem betreffenden Betrieb überhaupt Gegenstände (tierische Abfälle) anfallen, die der Ablieferungspflicht nach § 2 TKBV unterliegen. Dazu gehören u.a. die bereits wiederholt genannten "Schlachtungsabfälle"; als solche gelten zum menschlichen Genuß nicht verwertbare Abfälle im Schlachtbetrieb, soweit sie nicht direkt anderweitig für industrielle Zwecke oder als Dünger Verwendung finden (§ 2 Abs 2 TKBV). Entgegen der von den Beklagten in ihrer Revision vertretenen Ansicht ist den bisherigen Verfahrensergebnissen doch mit der erforderlichen Deutlichkeit zu entnehmen, daß im Betrieb der Erstbeklagten sehr wohl "Schlachtungsabfälle" angefallen sind. Den Feststellungen der Vorinstanzen, wonach die Schlachtabfälle nicht an die Klägerin abgeliefert, sondern im eigenen Betrieb und in der eigenen Landwirtschaft verfüttert bzw. verwertet oder an andere Unternehmen weitergegeben wurden, liegt das eigene Vorbringen der Beklagten zugrunde, sie hätten alle nicht zum menschlichen Genuß tauglichen Schlachtabfälle entweder direkt für industrielle Zwecke oder als Dünger verwendet, wobei sie dieses Vorbringen noch dahin konkretisierten, Blut, Gedärme, Magen und Pansen seien zur Schweinefütterung, der Panseninhalt jedoch zur Düngung verwendet worden; Schwarten und Fett und alle anderen Abfälle seien der industriellen Verwertung zugeführt, nämlich direkt an vier konkret genannte Unternehmen weitergeleitet und verkauft worden. Damit steht jedenfalls fest, daß im Schlachtbetrieb der Erstbeklagten zum menschlichen Genuß nicht taugliche tierische Abfälle angefallen sind, die weder zur Düngung noch direkt anderweitig für industrielle Zwecke Verwendung fanden, nämlich in der eigenen Landwirtschaft verfüttert wurden. Gerade eine solche Beseitigung von Schlachtungsabfällen soll durch die Ablieferungspflicht hintangehalten werden, weil bei der Verfütterung tierischer Abfälle nach dem Willen des Gesetzgebers der mit dem TKVG angestrebte Zweck, Tierseuchen zu bekämpfen und hintanzuhalten und vor allem Gefahren, die der Volksgesundheit bei der Verwertung tierischer Produkte drohen, abzuwehren (vgl. VfGH 7936/1976, 9897/1983, 10.038/1984), nicht gewährleistet ist. Werden Schlachtungsabfälle zu Unrecht nicht abgeliefert, so steht dies der Verrechnung der Entgelte nach § 6 TKBV nicht entgegen. Einer ausdrücklichen Feststellung der Vorinstanzen über die Bereitschaft der Klägerin, Schlachtungsabfälle, die ihr von der Erstbeklagten abgeliefert werden, abzuholen, bedurfte es nach der vorliegenden Verfahrenslage - entgegen den diesbezüglichen Revisionsausführungen - nicht, weil sich schon aus dem eigenen Vorbringen der Beklagten, die Klägerin hätte so gut wie keine Schlachtabfälle von der Erstbeklagten abgeholt, es seien ihr nur ..... Knochen übergeben worden, die nunmehr in Zweifel gezogene Bereitschaft zur Übernahme von Schlachtungsabfällen ergibt. In der grundsätzlichen Bejahung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Entgelte iS der TKBV durch die Vorinstanzen kann somit kein Rechtsirrtum erblickt werden.

Was nun die Höhe der den Beklagten in Rechnung gestellten Entgelte anlangt, so haben die Beklagten die Anspruchsberechtigung der Klägerin mit der Behauptung bestritten, die vom Landeshauptmann für Niederösterreich erlassenen Tarife seien gesetzwidrig. Die Gesetzwidrigkeit der Regelungen des § 6 Abs 2 lit. a und Abs 3 TKBV erblickten die Beklagten darin, daß der Entgeltanspruch der Klägerin völlig unabhängig davon entstehe, wieviele Tiere oder ob überhaupt tierische Abfälle abgeholt würden, das Entgelt für tierische Abfälle vielmehr allein nach der Art und Anzahl der Schlachtungen berechnet werde. Die dem Verordnungsgeber überlassene und hier von ihm gewählte Methode der Kostenumlegung ergäbe daher keine sinnvollen Annäherungswerte. Die Kosten würden damit auch auf Personen, zB auf sie überwälzt, die die Einrichtungen der Klägerin gar nicht in Anspruch nähmen. Außerdem widersprächen die Tarife dem verfassungsrechtlichen und der Vollzugsanweisung zugrundeliegenden Äquivalenzprinzip, weil die Abfälle schon für sich allein betrachtet einen wirtschaftlichen Wert hätten, dies in den Tarifen des § 6 Abs 3 lit a TKBV aber nicht berücksichtigt sei. Mit diesen Ausführungen vermögen die Beklagten jedoch keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der genannten Bestimmungen der TKBV aufzuzeigen. Insoweit sie dabei auf die tatsächliche Abholung von tierischen Abfällen oder die Menge der abgeholten tierischen Gegenstände abstellen, berücksichtigen sie nicht, daß es - wie bereits dargetan - nur auf die Tatsache des Anfalles von "Schlachtungsabfälle" ankommt, nicht jedoch darauf, ob diese auch tatsächlich zur Ablieferung bereitgestellt werden. Im übrigen hat der Verfassungsgerichtshof - wie das Berufungsgericht schon ausführlich darlegte - bereits aus Anlaß der Prüfung der inhaltlich ähnlichen Regelung des § 10 Abs 4 der steirischen TKVV erkannt, daß die Umlegung der Kosten auf die Benützer durch Abstellung auf die Zahl der im Betrieb geschlachteten Tiere (die "Schlachtziffern") nicht nur im Sinne einer Verrechnungsvereinfachung sowohl für die Behörde als auch für die Betriebsinhaber angezeigt ist, sondern auch einer Sinninterpretation des Gesetzes entspricht und bei der hier gebotenen Durchschnittsbetrachtung sich aus der Menge des beim Betriebsinhaber anfallenden Fleisches mit hinlänglicher Wahrscheinlichkeit die Menge der anfallenden Schlachtungsabfälle ergibt. Ist der hier gesetzeskonform gewählten Methode der Kostenumsetzung aber eine Durchschnittsbetrachtung zugrundezulegen, so kommt es auf die im Betrieb der Erstbeklagten tatsächlich anfallenden "Schlachtungsabfälle" nicht an.

Dem weiteren Einwand der Beklagten, der tatsächliche Wert der Abfälle im Schlachtbetrieb sei zu Unrecht in den Tarifen des § 6 Abs 3 lit a TKBV nicht berücksichtigt worden, hat das Berufungsgericht mit Recht die mangelnde Konkretisierung entgegengehalten. Insoweit sie dabei den - im übrigen auch gar nicht näher dargelegten - Wert der zur industriellen Verwertung (direkt) weiterverkauften Abfälle mitberücksichtigt wissen wollen, übersehen sie, daß es sich dabei ja um gar keine "Schlachtungsabfälle" iS des § 2 Abs 2 TKBV handelt, bei der Tarifgestaltung aber nur der Wert der der Ablieferungspflicht unterliegenden Abfälle zu berücksichtigen ist. Da die Ausführungen der Beklagten auch sonst nicht näher erkennen lassen, inwiefern der Verordnung ein Bewertungsfehler zugrundeliegen sollte, ist ein Verstoß gegen das "Äquivalenzprinzip" nicht gegeben. Der Oberste Gerichtshof hat daher gleich den Vorinstanzen keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Bestimmungen des § 6 Abs 2 lit. a und Abs. 3 lit. a TKBV. Es besteht daher kein Anlaß, der auch in der Revision vorgetragenen Anregung zur Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens zu entsprechen.

Damit erweist sich die Revision als unberechtigt, weshalb ihr ein Erfolg versagt bleiben mußte.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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