11Os49/91 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Juni 1991 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Felzmann, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Zacek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dusko B***** wegen des Verbrechens des Totschlags nach dem § 76 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 6. Dezember 1990, GZ 13 Vr 1171/90-42, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugemittelt.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der ***** 1956 geborene jugoslawische Staatsbüger Dusko B***** des Verbrechens des Totschlags nach § 76 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, er habe sich am 24.Juli 1990 in Villach in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen lassen, Mato K***** durch wiederholtes Zustechen mit einem Stemmeisen zu töten.
Nach den wesentlichen tatrichterlichen Feststellungen bestand zwischen dem Angeklagten und seinem Arbeitskollegen Mato K***** seit geraumer Zeit ein gespanntes Verhältnis, das nicht nur auf die unterschiedliche Abstammung - der Angeklagte ist Serbe, K***** hingegen war Kroate -, sondern primär darauf zurückzuführen war, daß K***** den (körperlich unterlegenen) Angeklagten wegen dessen leistungsbedingter Besserstellung im Betrieb fortgesetzt provozierte und auch tätlich angriff. Der darüber verzweifelte Angeklagte ersuchte deshalb zuletzt am 24. Juli 1990 seinen Vorgesetzten um Abhilfe. Nach Arbeitsschluß desselben Tages betrat Mato K***** im Firmenquartier das vom Angeklagten bewohnte Zimmer und attackierte ihn mit der Äußerung, er werde ihm zeigen, was ein "Ustascha" sei und er werde "seine Mutter ficken", indem er ihm mit einer (leeren) Bierflasche auf den rechten Unterarm schlug. Vor allem aus Zorn über diese verbale Beleidigung, aber auch im Bewußtsein der bis dahin erlittenen Provokationen und aus Furcht vor weiteren tätlichen Angriffen ließ sich der Angeklagte in einer "höhergradig affektgesteuerten Überreaktion" dazu hinreißen, mit einem Holzstemmeisen (12 cm Klingenlänge) auf K***** einzustechen. Er erfaßte ihn dabei am rechten Oberarm und stach zunächst mehrfach gegen den Bauchbereich und "als K***** zurückweichend und zusammensinkend sich gegen das hinter ihm befindliche Bett abzustützen versuchte, mehrfach gegen den Brustbereich, wobei er ihm in Brustmitte eine absolut tödliche Stichverletzung mit Öffnung der rechten Herzhöhle zufügte" (S 379). K***** wandte sich daraufhin ab, um das Zimmer zu verlassen, wurde dabei aber vom Angeklagten erneut angegriffen und erlitt drei weitere Stiche in den Rücken. Er verblutete kurz darauf an seinen insgesamt 12 Stichverletzungen.
Der Angeklagte bekämpft seinen Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 a, 9 lit b und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, überdies - wie zu seinem Nachteil die Staatsanwaltschaft - den Strafausspruch mit Berufung.
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Die Tatsachenrüge (Z 5 a) wendet sich gegen die Feststellung, daß sich der Angeklagte bei seinen Tathandlungen nicht nur aus Furcht vor (weiteren) Aggressionen des Mato K*****, sondern auch aus Zorn über dessen beleidigende Äußerung leiten ließ, insbesondere auch weil ähnliche Provokationen bereits wiederholt vorausgegangen waren. Das Erstgericht stützte sich dabei nicht nur auf die schwerwiegende verbale Erniedrigung seiner Mutter, sondern vor allem auch auf die exzessive Häufung der Stiche mit dem Holzstemmeisen (teils in den Rücken des bereits fliehenden Opfers). Wenn es in diesem Zusammenhang dem gerichtspsychiatrischen Sachverständigen, der auf der Basis tatrichterlich nicht als erwiesen angenommener Angriffshandlungen mit abgebrochenen Flaschenhälsen die Möglichkeit einer asthenisch dominierten Affektreaktion einräumte, nicht folgte, so vermag dies hier dem Beschwerdestandpunkt zuwider keine Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten Tatsachen zu erwecken.
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsrügen hinwieder, die einerseits rechtfertigende maßhaltende Notwehr gemäß § 3 Abs 1 StGB (Z 9 lit b), andererseits bloße (gemäß § 3 Abs 2 StGB privilegierte) Notwehrüberschreitung aus asthenischem Affekt (Z 10) geltend machen, erweisen sich insgesamt als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, weil sie sich nicht an sämtlichen erstgerichtlichen Feststellungen zum Tathergang orientieren. Danach handelte nämlich der Angeklagte, als er auf die Aggression des Mato K***** mit zahlreichen wuchtigen, ungeachtet des sofortigen Zurückweichens des Angreifers fortgesetzten Stichen reagierte, mit (zumindest bedingtem) Tötungsvorsatz. Bei der gebotenen umfassenden Berücksichtigung des Urteilssachverhaltes fehlt es damit schon aus tatsächlicher Sicht sowohl in der einen als auch in der anderen Richtung an jedwedem Spielraum für die in der Beschwerde vorgebrachten Rechtsargumente.
Die teils offenbar unbegründete, teils nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach der Z 2, teilweise nach der Z 1 (iVm § 285 a Z 2) des § 285 d Abs 1 StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Über die Berufungen wird das hiefür zuständige Oberlandesgericht Graz zu entscheiden haben (§ 285 i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.