JudikaturOGH

6Ob538/91 – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. April 1991

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als Richter in der Pflegschaftssache des mj. Kindes *****, geboren am 31. März 1984, in Obsorge der Mutter *****, in Verfolgung der Unterhaltsansprüche vertreten durch die zum Sachwalter bestellte Bezirkshauptmannschaft Krems, wegen Erhöhung der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung des Vaters *****, infolge Revisionsrekurses des Kindes gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Rekursgericht vom 21. Februar 1991, AZ 2 R 3/91 (ON 12), womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Gföhl vom 19. Dezember 1990, GZ P 43/84-9, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das pflegebefohlene Mädchen kam am 31. März 1984 als uneheliches Kind zur Welt. Ein damals 43 Jahre alter pharmazeutischer Berater anerkannte vor dem Fürsorgeträger seine Vaterschaft. Mit dem vor dieser Behörde am 14. April 1989 abgeschlossenen Vergleich verpflichtete er sich zu einer monatlichen Unterhaltsleistung für seine damals 5 Jahre alte Tochter in der Höhe von S 1.000. Diesem Vergleich lag die Erklärung des Vaters zugrunde, ein monatliches Arbeitslosengeld von ca. S 6.000 zu beziehen und keine weiteren Sorgepflichten zu haben.

Ende August 1990 stellte das inzwischen sechs Jahre alt gewordene Kind durch seinen Unterhaltsachwalter den Antrag, die Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab 1. August 1990 auf S 2.500 monatlich zu erhöhen. Dieser Erhöhungsantrag wurde damit begründet, daß der Vater nunmehr im Genuß eines Arbeitslosengeldes von S 329,30 täglich stehe.

Der Vater stimmte lediglich einer Erhöhung seiner monatlichen Unterhaltsverpflichtung auf S 1.900 zu und machte im übrigen geltend, daß er bis Juni oder Juli 1990 zum Grundbetrag von täglich S 329,30 auch den Familienzuschlag für seine Tochter von S 20 täglich bezogen habe, nunmehr aber auch die Mutter des Kindes Arbeitslosengeld beziehe und ihr anstelle wie bisher ihm der Familienzuschlag gewährt werde.

Das Pflegschaftsgericht erhöhte die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters antragsgemäß auf S 2.500.

Das Rekursgericht wies das monatlich S 1.900 übersteigende Erhöhungsbegehren ab. Dazu sprach es aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Pflegschaftsgericht war bei seiner Unterhaltsneufestsetzung von der Erwägung ausgegangen, daß der sonst nicht mit gesetzlichen Sorgepflichten belastete im 50. Lebensjahr stehende Vater bei einem Arbeitslosengeld von S 329,30 täglich auch ohne Familienzuschlag für das Kind wirtschaftlich in der Lage sei, für seine sieben Jahre alte Tochter einen Betrag in der Höhe des sogenannten Regelbedarfes zu bezahlen; der Familienzuschlag nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) stelle keine eigenen Einkünfte des Kindes dar, für das der Anspruch auf Zuschlag bestehe, sondern ein Einkommen des Bezugsberechtigten, das damit für die Höhe der Unterhaltsbemessungsgrundlage von Einfluß sei, aber den Unterhaltsanspruch des Kindes nicht - wie eigene Einkünfte - zu schmälern geeignet wäre.

Das Rekursgericht teilte zwar grundsätzlich die Beurteilung, daß der Familienzuschlag nach dem AlVG als Teil der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu behandeln sei. Es war aber der Ansicht, daß es eine nicht zu rechtfertigende Besserstellung des Kindes darstellte, wenn im Fall des Bezuges von Arbeitslosengeld durch beide Elternteile dem obsorgenden Elternteil anstelle des anderen, zum Geldunterhalt verpflichteten, der Familienzuschlag für das Kind gewährt werde. Das Kind müsse sich deshalb den an den obsorgenden Elternteil zur Auszahlung gebrachten Familienzuschlag auf seinen Unterhaltsanspruch gegen den anderen Elternteil anrechnen lassen; der zum Geldunterhalt verpflichtete Elternteil sei entsprechend zu entlasten. Das durch den Fürsorgeträger vertretene Kind ficht die Rekursentscheidung in deren abänderndem Teil mit einem auf Wiederherstellung der erstinstanzlichen vollen Stattgebung des Erhöhungsbegehrens zielenden Abänderungsantrag an.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig, weil die vom Rekursgericht angestellten Erwägungen über die unterhaltsrechtliche Zurechnung der Familienzuschläge nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz für die Entscheidung über das Erhöhungsbegehren unerheblich bleiben.

Die den Vater gemäß § 140 ABGB treffende Verpflichtung zum Geldunterhalt für seine uneheliche Tochter war durch einen vor dem Jugendwohlfahrtsträger geschlossenen Vergleich geregelt. Die Erhöhung des dem Unterhaltspflichtigen zukommenden Bezuges an Arbeitslosengeld um mehr als 50 % sowie die Steigerung des Bedürfnisses des Kindes nach der aktenkundigen Erreichung des schulpflichtigen Alters rechtfertigen als wesentliche Änderungen der Bemessungsgrundlagen eine Neufestsetzung.

Die Lebensverhältnisse der getrennt lebenden Eltern sind durch beiderseitige Arbeitslosigkeit gekennzeichnet. Besondere Umstände für einen überdurchschnittlichen Bedarf des Kindes einerseits oder für eine ungewöhnliche Belastung des Vaters andererseits wurden nicht geltend gemacht.

Der vom Rekursgericht gegenüber dem erstinstanzlichen Erhöhungsbeschluß auf S 1.900 herabgesetzte monatliche Unterhaltsbetrag entspricht etwas mehr als 19 % des vom Vater bezogenen Arbeitlosengeldes; der vom Kind begehrte und vom Gericht erster Instanz zugesprochene Unterhaltsbetrag übersteigt aber 25 % des erwähnten väterlichen Einkommens.

Der vom Rekursgericht ausgemittelte monatliche Unterhaltsbetrag wird dem Ausmaß gerecht, in dem dem Vater zugemutet werden kann, zwecks Deckung der der Arbeitslosigkeit beider Elternteile angepaßten Bedürfnisse des Kindes beizutragen.

Aus dieser Erwägung kommt es auf die vom Rekursgericht angestellten Erwägungen zur "Anrechnung" des dem obsorgenden Elternteil gebührenden Familienzuschlags für das unterhaltsberechtigte Kind als Bestandteil des Arbeitslosengeldes nicht an.

Es bleibt aber anzumerken, daß die dem Rekursgericht als tragend erschienene Begründung in sich widersprüchlich ist und nicht geteilt werden könnte: Als Bestandteil des dem Unterhaltspflichtigen gebührenden Arbeitslosengeldes hat der Familienzuschlag nach § 20 AlVG - da er nicht so groß ist, um die Lebensverhältnisse der Eltern zu beeinflussen, nach denen sich die angemessenen Bedürfnisse des Kindes richten - nur auf die Unterhaltsbemessungsgrundlage Einfluß. Verliert der Unterhaltspflichtige diesen Teil seiner Bezüge, vermindert sich die für die Ausmittlung seiner Unterhaltsleistung maßgebende Leistungsfähigkeit. Gelangt gleichzeitig der nicht zum Geldunterhalt verpflichtete obsorgende Elternteil über das ihm ausgezahlte Arbeitslosengeld in den Genuß dieses Zuschlages, ändert das an der Höhe der Mittel, die vor einer Heranziehung des Unterhaltspflichtigen zur Deckung der Bedürfnisse des Kindes heranzuziehen sind, nichts. Die Lage wäre nicht anders, als bezöge der Unterhaltspflichtige ein Arbeitseinkommen (ohne entsprechenden Zuschlag), der andere, obsorgende Elternteil aber Arbeitslosengeld unter Einschluß des Familienzuschlages.

Der Revisionsrekurs war mangels Abhängigkeit der Entscheidung von den rekursgerichtlichen Ansichten zurückzuweisen.

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