JudikaturOGH

13Os122/90 – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Januar 1991

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.Jänner 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Kuch, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Winge als Schriftführer in der Strafsache gegen Dipl.Ing. Lucian E***** wegen des Vergehens nach den §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Dipl.Ing. Lucian E***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5.Juli 1990, GZ 12 f Vr 6749/90-426, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kodek, des Angeklagten Dipl.Ing. Lucian E***** und des Verteidigers Dr. Strigl zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

II. Gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu Punkt II (Vergehen nach dem § 17 Abs. 2 Abs. 1 Z 1 AußenhandelsG) sowie im Ausspruch, daß insoweit von der Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen wird, aufgehoben und es wird gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Dipl.Ing. Lucian E***** wird von der Anklage, er habe zugleich mit der unter Punkt I/2 des Urteilssatzes bezeichneten Tathandlung Waren in einem 100.000 S übersteigenden Wert ohne die nach dem § 3 AußenhandelsG erforderliche Bewilligung eingeführt und hiedurch das Vergehen nach dem § 17 Abs. 2 (Abs. 1 Z 1) AußenhandelsG begangen, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

III. Der Berufung des Angeklagten wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß gemäß dem § 21 Abs. 3, letzter Satz, FinStrG von der Verhängung einer Zusatzgeldstrafe und Zusatzfreiheitsstrafe nach dem § 38 Abs. 1 FinStrG abgesehen und die Wertersatzstrafe unter nunmehriger Bedachtnahme gemäß dem § 21 Abs. 3 FinStrG auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 27.November 1986, 12 f Vr 10.642/84-289, auf 1 (eine) Million Schilling, für den Fall der Uneinbringlichkeit drei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Die gemäß dem § 28 Abs. 1 FinStrG ausgesprochene Haftung der H***** Handels-GesmbH wird gemäß dem § 295 Abs. 1 StPO hinsichtlich der Geldstrafe aufgehoben und hinsichtlich der Wertersatzstrafe auf 450.000 S (vierhundertfünfzigtausend Schilling) herabgesetzt.

IV. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 21.März 1946 geborene Geschäftsführer Dipl.Ing. Lucian E***** der Vergehen zu I des gewerbsmäßigen Schmuggels nach den §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG, zu II nach dem § 17 Abs. 2 (Abs. 1 Z 1) AußenhandelsG und zu III der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben nach den §§ 35 Abs. 2, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig erkannt.

Demnach hat er in Wien

I/ in der Zeit vom 4.September 1979 bis 9.September 1982 im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Adolf E***** (§ 11, erster Fall, FinStrG) in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, hinsichtlich Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und Außenhandelsförderungsbeitrag eingangsabgabepflichtige Waren, nämlich in vier Fällen durch den Hersteller gelieferte Mengen von Schals/Tüchern (scarves) japanischen Ursprungs im Zollwert von zusammen 360.584,20 S mit darauf entfallenden Eingangsabgaben im Gesamtbetrag von 229.016 S unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen, und zwar durch Verbringung in den freien Verkehr, indem bei Abfertigung der Waren durch Verzollung und der Vorlage zumindest inhaltlich unrichtiger, mit den Warenerklärungen korrespondierender Rechnungen der Lieferfirma eine geringere als die tatsächlich gestellte Menge erklärt wurde;

II/ zugleich mit der unter I/2 bezeichneten Tathandlung Waren (im Wert von 272.448 S) in einem sohin 100.000 S übersteigenden Wert, ohne die nach dem § 3 AußenhandelsG erforderliche Bewilligung eingeführt;

III/ in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, ohne den Tatbestand des Schmuggels nach dem § 35 Abs. 1 FinStrG zu erfüllen, unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, nämlich durch die mit zumindest inhaltlich unrichtigen Lieferantenrechnungen bescheinigte Erklärung eines zu geringen Kaufpreises bzw. einer unrichtigen, einen geringeren Zollsatz bewirkenden Gattung der zur Abfertigung zum freien Verkehr durch Verzollung gestellten Schals/Tücher (scarves) eine zu niedrige Festsetzung der bescheidmäßig vorzuschreibenden Eingangsabgaben an Zoll, (Einfuhr ) Umsatzsteuer und Außenhandelsförderungsbeitrag bewirkt, und zwar

A/ im gemeinsamen Zusammenwirken mit Adolf E***** als Beteiligten (§ 11, erster Fall, FinStrG) in der Zeit vom 9.März 1978 bis 26. März 1984 in 22 Fällen (strafbestimmender Wertbetrag 319.742 S),

B/ allein in der Zeit vom 1.Februar 1983 bis 31.August 1984 in 17 Fällen (strafbestimmender Wertbetrag 249.394 S).

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf den § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a, 9 lit. a und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Die Mängelrüge (Z 5) bezeichnet die Feststellung des strafbestimmenden Wertbetrages in der H*****-Faktengruppe (III/B) deshalb als unrichtig, weil das Erstgericht nicht berücksichtigt habe, daß der Angeklagte die Ware nach jahrelanger Lagerung im Speditions-Zollfreilager in Basel (Schweiz) eingeführt habe, sodaß diese einem wesentlichen Wertverlust unterworfen gewesen sei. Richtigerweise wäre vom Zollwert im Zeitpunkt der Verzollung und nicht der seinerzeitigen Einlagerung in das Freilager auszugehen gewesen. Das Gericht habe auch außer acht gelassen, daß der Erlös der amtlichen Verwertung um 50 % bis 70 % hinter den vom Zollamt durch Sachverständige vorher geschätzten Werten zurückblieb. Das Faktum III/B/14 beispielsweise zeige anschaulich, daß der Einfuhrwert (mit 15,30 US-Dollar pro Dutzend, vgl. VII, S 447) zu hoch angenommen worden sei, denn in den lt. ON 428 ausgeschiedenen Fakten III/B/16 bis 26 (richtig: 18 bis 29), denen die Anklageausdehnung vom 5.Juli 1990 zugrundeliegt, sei gleiche Ware auf Grund eines Karteiblattes der Lieferfirma I***** nur mit 12,50 US-Dollar bewertet worden. Dieser Betrag und nicht der vom Zollamt zu hoch geschätzte wäre auch zu B/14 für die Bewertung heranzuziehen gewesen.

Der behauptete Begründungsmangel liegt nicht vor.

Die Feststellungen zu den einzelnen strafbestimmenden Wertbeträgen finden im Bericht des Zollamtes Wien (VII ON 193 und Nachtragsbericht IX ON 264 = S 405 ff) - auf den das Erstgericht im Urteil verwiesen (US 21, 22 und 23) und den es damit zur Feststellungsgrundlage erhoben hat - ihre durchaus zureichende Begründung. Die Ergebnisse der vom Zollamt vorgenommenen Schätzung nach dem § 184 BAO konnten bei der Wertermittlung herangezogen werden (vgl. 11 Os 64/78). Dem Beschwerdeführer wäre es durchaus freigestanden, in der Hauptverhandlung die Beiziehung eines Sachverständigen zur Klärung der Frage lagerungsbedingter Entwertung der Ware zu beantragen. Er hat aber dort die Schätzungsergebnisse des Zollamtes im wesentlichen als richtig anerkannt (vgl. XII S 236, 246 und 252) und eine Entwertung der Ware durch eine solche Lagerung gar nicht behauptet. Soweit die Mängelrüge nunmehr einen Teilaspekt der Erwägungen des Gerichtes dazu - diese Ware sei so wenig der Mode unterworfen, daß auch eine längere Lagerzeit keinen ins Gewicht fallenden Preisverfall nach sich ziehen könne (US 30) - nur als Fiktion bezeichnet, erschöpfen sich diese Ausführungen, die die übrigen Argumente des Urteils völlig unberücksichtigt lassen, in einer Bekämpfung der Beweiswürdigung, ohne einen Begründungsmangel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO darzutun.

In dem als Beispiel für die behauptete unrichtige Wertberechnung herangezogenen Faktum III/B/14 wurde der Schätzung eine Rechnung der selben Lieferfirma vom 10.Februar 1979 und die Aussage des Adolf E***** vom 20.Dezember 1984 zugrunde gelegt (VII S 443 ff); aus letzter ergibt sich, daß für solche Ware ein Preis von 15,30 US-Dollar, wie bei der Schätzung angenommen, tatsächlich bezahlt wurde (vgl. IV ON 145, S 129). Bei dem nunmehr im Rechtsmittel angestellten Vergleich zwischen der in zwei Fakten unterschiedlichen Bewertung werden diese Beweisergebnisse gänzlich übergangen und auch der Zeitpunkt der bei der Schätzung im Faktum B/14 verwendeten Rechnung aus dem Jahre 1979 und der Eintragung im Karteiblatt zu einer Rechnung aus dem Jahre 1977 übersehen, der diese Preisdifferenz im Hinblick auf die sich während eines solchen Zeitraumes ergebenden wirtschaftlichen Veränderungen, insbesondere allfällige Währungsschwankungen, erklärt.

Mit seiner Tatsachenrüge (Z 5 a) wendet sich der Angeklagte gegen das vom Erstgericht als erwiesen angenommene bewußte und gewollte Zusammenwirken mit Adolf E***** (Fakten I 1) bis 4) und III A). Er bringt dazu vor, es wäre unwahrscheinlich, daß ihn sein Vater so bald nach seinem Firmeneintritt (1976) in die unredliche Zollgebarung eingeweiht hätte; er habe auch außer seinem Angestelltengehalt keine finanziellen Vorteile und keinen Kontakt zu den Speditionsangestellten gehabt, die sein Vater "zu allen H*****-Fakten als Ausführungs- und Mittäter verwendete"; er sei schließlich der einzige in der Firma gewesen, dessen Englischkenntnisse für die einfache Geschäftskorrespondenz mit Japan ausgereicht hätten.

Mit diesem Vorbringen vermag er keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der entscheidenden Urteilsfeststellungen zu erwecken, die dem Beschwerdevorbringen zuwider keineswegs bloß auf einer Übernahme analoger Überlegungen im Vorurteil (GZ 12 f Vr 10.642/84-289 des LG St Wien) beruhen, sondern auf einer eigenständigen, sämtliche für und wider den Angeklagten sprechenden Umstände erörternden Argumentation (vgl. US 26).

Ebenfalls auf den Nichtigkeitsgrund der Z 5 a gestützt bezeichnet der Beschwerdeführer die Feststellungen zum Marktwert der Waren als bedenklich, verweist dabei aber lediglich auf seine Ausführungen zur Mängelrüge, über die bereits abgesprochen worden ist.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsrüge nach dem § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO beschränkt sich darauf, die schon erörterten formellen Rügen zu wiederholen. Sie ist damit nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Unter § 281 Abs. 1 Z 11 StPO macht der Beschwerdeführer zunächst geltend, das Erstgericht habe durch die Verhängung einer unbedingten Zusatzfreiheitsstrafe (nach dem § 38 Abs. 1 FinStrG) unter Bedachtnahme gemäß dem § 21 Abs. 3 FinStrG auf sein Urteil vom 27.November 1986, GZ 12 f Vr 10.642/84-289, in unvertretbarer Weise gegen die Bestimmungen über die Strafbemessung verstoßen.

Dies trifft jedoch nicht zu. Die strafbaren Handlungen des Angeklagten sind gemäß dem § 38 Abs. 1 FinStrG mit Geldstrafe bis zum Vierfachen des Verkürzungsbetrages, daneben nach Maßgabe des § 15 FinStrG mit Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren bedroht. Nach dem § 15 Abs. 2 FinStrG ist auf eine Freiheitsstrafe nur zu erkennen, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Finanzvergehen abzuhalten oder der Begehung von Finanzvergehen durch andere entgegenzuwirken. Ob in diesem Sinne die Verhängung einer Freiheitsstrafe erforderlich ist, ist somit in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichtes gestellt. Vorliegend wurde diese Frage bejaht und dies ausführlich begründet (S 288/XIII). Von einer Nichtigkeit dieser Entscheidung im Sinne des bezogenen Nichtigkeitsgrundes kann daher keine Rede sein (vgl. 13 Os 115/88 = JBl. 1989, 328 ua; Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch E 28 zu § 38). Über den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag, von der Verhängung einer Zusatz-Freiheitsstrafe (zulässigerweise - s. Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch Anm. 6 zu § 21 FinStrG) überhaupt abzusehen, ist daher erst im Berufungsverfahren zu erkennen.

Ebensowenig ist der Strafausspruch wegen der Versagung der bedingten Strafnachsicht nach dem § 43 Abs. 1 StGB (§ 26 Abs. 1 FinStrG) nichtig nach dem § 281 Abs. 1 Z 11 StPO; auch hier liegt die Entscheidung des Erstgerichtes in dem ihm vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessensbereich und kann daher nur mit Berufung bekämpft werden.

Der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 11 StPO ist materiellrechtlicher Natur. Demzufolge ist an den Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils festzuhalten. Die davon abweichenden Beschwerdeausführungen gegen den festgestellen gemeinen Wert der dem Verfall unterliegenden Gegenstände als Maßstab für die Höhe des Wertersatzes (§ 19 Abs. 3 FinStrG) unter lit. c und d der Beschwerdeschrift sind daher nicht gesetzmäßig. Auf die als Berufungsvorbringen zu wertenden Ausführungen der Beschwerde zur Frage eines Mißverhältnisses zwischen der Bedeutung der Tat oder dem den Täter treffenden Vorwurf und dem auferlegten Wertersatzanteil iS des § 19 Abs. 5 FinStrG idF BGBl. 1988/414 wird bei Erledigung der Berufung einzugehen sein.

Gemäß dem § 17 Abs. 1, Abs. 2 lit. a FinStrG hat das Erstgericht auf den Verfall der bei der H***** Handels-GesmbH sichergestellten 100 Dutzend gewirkter Schals (Faktum III/B/16) erkannt. Dieses Faktum betrifft die Hinterziehung von Eingangsabgaben bezüglich 300 Dutzend Tücher. Der Beschwerdeführer bemängelt nun, daß aus dem Urteil nicht zu entnehmen sei, ob bei diesem Faktum der Wertersatz nur bezüglich der (nicht sichergestellten) 200 Dutzend Tücher

oder - gesetzwidrig - bezüglich aller 300 Dutzend auferlegt worden ist. Aus dem vom Erstgericht - angesichts der die ziffernmäßige Richtigkeit nicht bestreitenden Verantwortung des Angeklagten zulässigerweise (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) - übernommenen und im Urteil zur Feststellungsgrundlage erhobenen (US 23) Schlußbericht des Zollamtes Wien (vgl. IX S 411 iVm VIII S 814, 93) ergibt sich jedoch die Richtigkeit der Berechnung der Wertersatzstrafe zu diesem Faktum.

Es bestand kein Anlaß, der Anregung der Beschwerde, der Oberste Gerichtshof möge hinsichtlich der Bestimmung des § 21 Abs. 3 FinStrG und der Wortfolge "die des Wertersatzes nur bei Jugendstraftaten" im letzten Halbsatz des § 26 Abs. 1 FinStrG den Verfassungsgerichtshof zur Prüfung der Verfassungsgemäßheit dieser Gesetzesstellen anrufen, näherzutreten.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit zu verwerfen.

Zur Maßnahme nach dem § 290 Abs. 1 StPO:

Der Angeklagte wurde des Vergehens nach dem § 17 Abs. 2 (Abs. 1 Z 1) AußenhandelsG schuldig erkannt, obwohl der Wert der eingeführten Ware 500.000 S nicht überstiegen hat. Das Erstgericht hat übersehen, daß durch Art. XVII StRÄG 1987, BGBl. 1987/605, der die gerichtliche Zuständigkeit begründende Wertbetrag im § 17 Abs. 2 AußenhandelsG auf 500.000 S erhöht worden ist. Diese zum Urteilszeitpunkt vorliegende Gesetzesänderung wäre ungeachtet der Tatzeit im Sinne der §§ 1, 61 StGB zu berücksichtigen gewesen (Art. XX Abs. 1 StRÄG 1987). Durch den Schuldspruch des Angeklagten im Faktum II ist daher der von Amts wegen wahrzunehmende materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO gegeben. In diesem Punkt war daher nach Teilaufhebung des Ersturteils ein Freispruch zu fällen.

Zur Berufung des Angeklagten:

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach dem § 38 Abs. 1 FinStrG unter Bedachtnahme gemäß dem § 21 Abs. 3 FinStrG auf sein Urteil vom 27.November 1986, GZ 12 f Vr 10.642/84-289, zu einer Zusatzgeldstrafe von 358.000 S (im Nichteinbringungsfall 12 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) sowie zu zwei Monaten Zusatzfreiheitsstrafe; ferner nach dem § 19 Abs. 1 lit. a FinStrG zu einer Wertersatzstrafe in der Höhe von 2,035.533,20 S (im Nichteinbringungsfall sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe). Nach dem § 17 Abs. 1, Abs. 2 lit. a FinStrG wurde auf den Verfall von 100 Dutzend gewirkter Schals (Faktum III/B/16) erkannt. Bei der Strafbemessung waren erschwerend das Zusammentreffen von Finanzdelikten mit dem Delikt nach dem Außenhandelsgesetz sowie das Zusammentreffen von Schmuggel- und Hinterziehungsfakten und der lange Tatzeitraum, mildernd hingegen der bisher ordentliche Wandel, das teilweise Geständnis, eine (zu Beginn vorliegende) teilweise Verleitung des Angeklagten durch den Vater sowie das lange Zurückliegen der Taten.

Mit seiner Berufung beantragt der Angeklagte von der Verhängung einer Zusatzfreiheitsstrafe abzusehen, in eventu diese herabzusetzen und bedingt nachzusehen, ferner begehrt er eine Reduzierung der Zusatzgeld- und Wertersatzstrafe, allenfalls Minderung der Ersatzfreiheitsstrafen sowie die bedingte Nachsicht dieser Strafen.

Die Berufung ist teilweise berechtigt.

Der Angeklagte wurde mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 27.November 1986, GZ 12 f Vr 10.642/84-289, in Verbindung mit dem Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 20. Februar 1989, 27 Bs 603/88, XI ON 330 - worauf bei der Strafbemessung gemäß dem § 21 Abs. 3 FinStrG Bedacht zu nehmen ist - nach dem § 38 Abs. 1 FinStrG zu einer Geldstrafe von 8,367.000 S (für den Fall der Uneinbringlichkeit acht Monate Ersatzfreiheitsstrafe) und zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten sowie gemäß dem § 19 Abs. 1 lit. a FinStrG zu einer Wertersatzstrafe von 12,351.050 S (für den Fall der Uneinbringlichkeit acht Monate Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt. Der Oberste Gerichtshof ist der Ansicht, daß im Hinblick auf die nunmehr zu korrigierenden Strafzumessungsgründe - das Zusammentreffen von Finanzdelikten mit dem Delikt nach dem Außenhandelsgesetz kam schon von vornherein (abgesehen vom nunmehrigen Freispruch) zufolge § 22 Abs. 1 FinStrG, ebenso wie das Zusammentreffen von Schmuggel und Hinterziehung von Eingangsabgaben (§ 21 Abs. 2 FinStrG) als Erschwerungsgrund nicht in Betracht - und unter Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Angeklagten bei gemeinsamer Aburteilung der gegenständlichen Straftaten und jener Delikte, die dem angeführten Verfahren zugrunde lagen, keine höheren Strafen als die im früheren Urteil nach dem § 38 Abs. 1 StGB verhängten Geld- und Freiheitsstrafen auszusprechen gewesen wären. In Stattgebung der Berufung wurde mithin gemäß dem § 21 Abs. 3 FinStrG von der Verhängung einer Zusatzgeld- und Zusatzfreiheitsstrafe nach dem § 38 Abs. 1 FinStrG abgesehen. Eine derartige Möglichkeit ist im § 21 Abs. 3 FinStrG zwar nicht ausdrücklich angeführt, ergibt sich aber aus der Strafzumessungsregel des Abs. 3 Ende, wonach die Summe der Strafen jeweils die Strafen nicht übersteigen darf, die ... bei gemeinsamer Bestrafung zu verhängen wären, in Verbindung mit dem identen Zweck des § 40 StGB (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, FinStrG, § 21 Anm. 6).

Unbegründet ist die Berufung, soweit sie die Aufteilung des Wertersatzes bekämpft. Unter Berücksichtigung der Grundsätze der Strafbemessung ist bei vergleichender Abwägung der Strafwürdigkeit der an der Tat Beteiligten der Anteil des Angeklagten mit 40 % (Fakten I und III/A) bzw. 60 % (Fakten II/B) richtig bemessen worden. Soweit der Berufungswerber hinsichtlich der vor allem auf Grund des Berichtes des Zollamtes die im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde vorgebrachten Einwände (Z 5) wiederholt, wird er auf deren Erledigung verwiesen.

Bei der Prüfung der Angemessenheit der auf dieser Basis ausgesprochenen Wertersatzstrafe (§ 19 Abs. 5 FinStrG) war - was im angefochtenen Urteil unterblieb - auf die in der oben näher bezeichneten Vorentscheidung verhängte Wertersatzstrafe Bedacht zu nehmen, weil der § 21 Abs. 3 FinStrG die Berücksichtigung jedweder Zwischenstrafe vorsieht (vgl. SSt. 49/50). Im Hinblick darauf und unter Würdigung der zugunsten des Angeklagten korrigierten Strafzumessungsgründe, insbesondere des Umstandes, daß seit den urteilsgegenständlichen Taten mehr als sechs (bis zu dreizehn) Jahre verstrichen sind, erweist sich auch die gegen das Ausmaß der Wertersatzstrafe gerichtete Berufung als berechtigt. Diese Strafe war somit, wie aus dem Spruch ersichtlich, zu ermäßigen.

Demgemäß war die nach dem § 28 Abs. 1 FinStrG ausgesprochene Haftung der H***** Handels-GesmbH hinsichtlich der Geldstrafe aufzuheben, hinsichtlich der Wertersatzstrafe aber auf das im Spruch angeführte Ausmaß herabzusetzen (§ 295 Abs. 1 StPO).

Eine bedingte Nachsicht der Strafe des Wertersatzes ist hier kraft Gesetzes ausgeschlossen (§ 26 Abs. 1 FinStrG). In diesem Umfange war daher der Berufung ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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