JudikaturOGH

Okt42/90 – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Dezember 1990

Kopf

Das Kartellobergericht beim Obersten Gerichtshof hat durch den stellvertretenden Vorsitzenden Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Dr. Resch als Vorsitzenden sowie durch seine weiteren Mitglieder Kommerzialräte Hon.Prof.DDr.Dittrich, Dkfm.Dr.Grünwald, Mag.Kinscher, Dr.Lettner, Dr.Placek und Dr.Bauer in der Rechtssache der Antragstellerin B*** DER G*** W***,

1045 Wien, Wiedner Hauptstraße 63, vertreten durch Dr. Werner Sporn, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) prot. Firma "f***" Handelsgesellschaft Aktiengesellschaft, 6850 Dornbirn, Wallenmahd 46, e.) prot. Firma F. M. Z*** Gesellschaft mbH Co, 6850 Dornunw , Wallenmahd 46, 3.) prot. Firma F. M. Z*** Gesellschaft mbH, 6800 Feldkirch, Wiener Bundesstraße 1, nunmehr geändert in F. M. Z*** Geschäftsführungsgesellschaft mbH, 6850 Dornbirn, Wallenmahd 46, 4.) Dkfm. Martin Z***, Kaufmann, 6850 Dornbirn, Wallenmahd 46, 5.) prot.Firma F. M. Z***, Fleischindustrie Aktiengesellschaft, 6850 Dornbirn, Wallenmahd 46, wegen Untersagung gemäß § 3 a NVG und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, infolge von Rekursen der Antragstellerin und der Erst- und Drittantragsgegnerin sowie des Viertantragsgegners gegen den Beschluß des Kartellgerichts beim Oberlandesgericht Wien vom 29. Dezember 1988, NaV 4/88-21, sowie infolge Rekurses der Erst-, Dritt- und Fünftantragsgegnerin sowie des Viertantragsgegners gegen den Beschluß des Kartellgerichts beim Oberlandesgericht Wien vom 10. August 1990, NaV 4/88-30, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Sämtliche Rekurse werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin begehrte zunächst, der Erst- bis Drittantragsgegnerin sowie dem Viertantragsgegner gemäß § 6 NVG zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr (vor allem in ihrem sogenannten "D***-Großmarkt Wels") Waren im Sinn des § 3 a Abs 1 NVG, insbesondere (vorverpacktes) Fleisch wie Schweinskarree und Schweinsschopf zum oder unter dem Einstandspreis zuzüglich der Umsatzsteuer und aller sonstigen Abgaben, die beim Verkauf anfallen, zu verkaufen oder zum Verkauf anzubieten sowie der Antragstellerin gemäß § 7 Abs 10 NVG die Befugnis zuzusprechen, die rechtskräftige Entscheidung über diesen Antrag binnen sechs Monaten auf Kosten der Antragsgegner in je einer Samstagausgabe der periodischen Druckschriften "Oberösterreichische Nachrichten" und "Welser Zeitung" sowie "Kurier" (Gesamtausgabe für Österreich), "Neue Kronen-Zeitung" (Ausgabe für Oberösterreich) und in einer Wochenendausgabe der periodischen Druckschrift "Die Presse" mit Fettdruckumrandung und Fettdrucküberschrift sowie gesperrt geschriebenen Parteien veröffentlichen zu lassen.

Die Antragsgegner sprachen sich gegen diese Anträge aus. Im Zuge des Verfahrens dehnte die Antragstellerin ihre Sachanträge auf die Fünftantragsgegnerin aus.

Das Erstgericht wies mit Beschluß vom 29. Dezember 1988, NaV 4/88-21, die Antragsausdehnung zurück und untersagte den Erst- bis Drittantragsgegnerinnen und dem Viertantragsgegner, im geschäftlichen Verkehr (vor allem in ihrem sogeannnten "D***-Großmarkt Wels") vorverpacktes Schweinskarree oder Schweinsschopf zum oder unter dem Einstandspreis zuzüglich der Umsatzsteuer und aller sonstigen Abgaben, die beim Verkauf anfallen, zu verkaufen oder zum Verkauf anzubieten. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren, diese Untersagung hinsichtlich aller Waren, Verkaufsanbote bzw. Warenverkäufe auszusprechen, wies es ab. Dieser Beschluß wurde am 9. Mai 1990 Rechtsanwalt Dr. Viktor A. S*** zugestellt, der seit 8. April 1988 für die Erst- bis Drittantragsgegnerin und den Viertantragsgegner unter Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht eingeschritten war (§ 30 Abs 2 ZPO). Gegen den Beschluß erhoben die Antragstellerin sowie die Erst- und Drittantragsgegnerin und der Viertantragsgegner Rekurs. Der Rekurs der Antragsgegner wurde am 30. Mai 1990 zur Post gegeben. Am 11. Juni 1990 gaben die Erst-, Dritt- und Fünftantragsgegnerin sowie der Viertantragsgegner einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rekursfrist zur Post und stellten unter dem Vorbringen, das Vollmachtsverhältnis mit Rechtsanwalt Dr. Viktor A. S*** sei bereits im März 1990 aufgelöst worden, den Antrag, ihnen den Beschluß vom 29. Dezember 1988, NaV 4/88-21, zuzustellen. Mit Beschluß vom 10. August 1990, NaV 4/88-30, wies das Erstgericht diese Anträge ab.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Erst-, Dritt- und Fünftantragsgegnerin sowie des Viertantragsgegners.

Rechtliche Beurteilung

Zum Rekurs der Antragstellerin:

Der gegen die Abweisung der Ausdehnung des Antrags auf die Fünftantragsgegnerin sowie gegen die teilweise Abweisung des gegen die Erst- bis Drittantragsgegnsrin und den Viertantragsgegner gerichteten Unterlassungsbegehrens erhobene Rekurs ist unzulässig. Infolge zwischenweiliger Aufhebung des § 3 a NVG durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juni 1990, G 56/89-16, kundgemacht in BGBl 590 a/1990 vom 19. September 1990, ist das Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin weggefallen: Das begehrte Unterlassungsgebot müßte ins Leere gehen, weil die Antragsgegner § 3 a NVG nach dessen Aufhebung künftig nicht mehr zuwiderhandeln könnten und eine Exekutionsführung unzulässig wäre. Auch die Wiederholungsgefahr ist weggefallen; dieser Umstand kann im Verfahren außer Streitsachen gemäß § 10 AußStrG berücksichtigt werden. Wohl ist das vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Gesetz zufolge Art 140 Abs 7 B-VG mangels gegenteiligen Ausspruchs auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände - mit Ausnahme des Anlaßfalles - weiterhin anzuwenden doch ist, wie gesagt, im vorliegenden Fall eine Sanktion gegen ein allfälliges früheres Zuwiderhandeln nicht mehr möglich.

Die Antragstellerin ermangelt deshalb des für die Zulässigkeit des Rechtsmittels erforderlichen Rechtsschutzinteresses sowohl an der vollständigen Antragstattgebung als auch an der Ausdehnung ihres Begehrens auf die Fünftantragsgegnerin, weshalb ihr Rekurs als unzulässig zurückzuweisen ist.

Zu den Rekursen der Antragsgegner:

Was zunächst den Rekurs gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages anlangt, so ist der Rekurs der Fünftantragsgegnerin schon deshalb unzulässig, weil ihre Einbeziehung in das Verfahren vom Erstgericht abgelehnt wurde und ihr daher auch kein Rechtsschutzinteresse an einer Anfechtung des erstgerichtlichen Beschlusses vom 29. Dezember 1988 zukam. Im übrigen wurde der verspätete Rekurs auch nicht in ihrem Namen eingebracht.

Aber auch die Rekurse der übrigen Antragsgegner sind mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig. Ein Rekurs gegen die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wäre nur zulässig, wenn für die versäumte Rechtshandlung, nämlich den Rekurs gegen den Beschluß vom 29. Dezember 1988, ein Rechtsschutzinteresse bestünde.

Ein solches ist jedoch zu verneinen.

Wie schon bei Erledigung des Rekurses der Antragstellerin dargelegt, kann dem Unterlassungsgebot nach Aufhebung des § 3 a NVG durch den Verfassungsgerichtshof nicht mehr zuwidergehandelt werden, so daß eine Exekution aufgrund des (stattgebenden Teiles) des angeführten Beschlusses nicht mehr bewilligt werden dürfte. Zweck von Maßnahmen gemäß § 355 EO ist es nicht etwa, den Verpflichteten zu bestrafen, sondern die Unterlassung künftigen Zuwiderhandelns zu erzwingen (Heller-Berger-Stix 2579 f, 2591 mwN). Kann aufgrund des bekämpften erstinstanzlichen Beschlusses somit ohnehin nicht mehr Exekution geführt werden, sind die Antragsgegner durch den Beschluß auch nicht beschwert. Gegen eine dennoch - zu Unrecht - bewilligte Exekution könnten sie sich mit rechtlichen Mitteln erfolgreich zur Wehr setzen.

Am Mangel der Beschwer ändert auch der Umstand nichts, daß der Vorsitzende des Kartellgerichts einer Partei auf deren Antrag gemäß § 7 Abs 10 NVG die Befugnis zusprechen kann, die rechtskräftige Entscheidung über eine Verhaltensweise gemäß den §§ 1, 2 und 3 a NVG binnen einer bestimmten Frist auf Kosten des Gegners zu veröffentlichen:

Aufgrund der durch das erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes geänderten Rechtslage dürfte einem Antrag nach § 7 Abs 10 NVG nicht mehr stattgegeben werden. Diese Bestimmung ist § 25 UWG und § 85 UrhG nachgebildet, so daß Lehre und Rechtsprechung hiezu auch bei der Beurteilung eines Veröffentlichungsbegehrens im Sinne des § 7 Abs 10 NVG herangezogen werden können (Okt 17/90; Heil in GesRZ 1977, 89). Demnach ist ein solches Begehren nur dann als berechtigt anzusehen, wenn der Antragsteller ein schutzwürdiges Interesse an der Aufklärung des Publikums dartun kann (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 88; SZ 49/147; SZ 51/76; ÖBl 1980, 73 ua). Ein solches Interesse ist aber zu verneinen, wenn das früher verbotene Verhalten nunmehr erlaubt ist und überdies durch das verfassungsgerichtliche Erkenntnis klargestellt wurde, daß das gesetzliche Verbot verfassungswidrig war. Der Antrag auf Ermächtigung zur Veröffentlichung eines auf § 3 a NVG gestützten Unterlassungsgebotes müßte daher mangels schutzwürdigen Interesses der Antragstellerin abgewiesen werden, so daß den Antragsgegnern die Beschwer auch unter diesem Gesichtspunkt abzusprechen ist.

Da somit den Antragsgegnern jedes Rechtsschutzinteresse an der Bekämpfung des Beschlusses vom 29. Dezember 1988 fehlt, sind sie auch durch Abweisung ihres Wiedereinsetzungsantrages nicht beschwert. Der Rekurs gegen diesen Beschluß war daher ebenso als unzulässig zurückzuweisen wie ihr Rekurs gegen den Beschluß vom 29. Dezember 1988, der überdies noch verspätet erhoben wurde.

Rückverweise