9ObA126/90 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.phil.Eberhard Piso und Dr.Gerhard Dengscherz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Gertraud M***, Innsbruck, Fürstenweg 180, vertreten durch Dr.Heinz Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 360.000 S) und Leistung (Streitwert 184.216 S), infolge Revision der klagenden Partei und Rekurses beider Parteien gegen das Teilurteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7.November 1989, GZ 5 Ra 84/89-23, womit infolge Berufung beider Parteien das Teil- und Zwischenurteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 20.Jänner 1989, GZ 43 Cga 208/88-15, teils bestätigt, teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung
I. zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens wird der Endentscheidung vorbehalten.
II. den
Beschluß
gefaßt:
Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei schloß mit der Klägerin am 25.Juni 1980 folgenden Dienstvertrag:
"1. Dienstzeit: Die Klägerin verpflichtet sich, nach Bedarf der Bundespolizeidirektion Innsbruck zur Verfügung zu stehen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der klagenden Partei und die Rekurse beider Parteien sind nicht berechtigt.
Da die rechtliche Beurteilung der angefochtenen Entscheidungen zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG). Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin sowie denen der Rekurswerber noch folgendes zu erwidern:
1. Zu den Rekursen beider Parteien:
Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgesprochen, daß der festgestellte, im 14-tägigen Rhythmus mit ihrer Kollegin Renate W*** wechselnde Einsatz der Klägerin für die Sicherheitskontrolle nicht als eine bloß fallweise Verwendung anzusehen ist, da sich aus dem Gesetz ergibt, daß die "nur fallweise" der "regelmäßigen" Verwendung gegenüberzustellen ist. Die Besorgung einer bestimmten Aufgabe im regelmäßigen Wechsel mit einer anderen Arbeitnehmerin ist daher nicht als fallweise Verwendung zu werten. Zutreffend ist auch die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß bei Beurteilung der Frage, ob das VBG anzuwenden ist oder nicht, nur auf Zeiten der tatsächlichen Beschäftigung abzustellen ist. Auch dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 1 Abs 3 lit c VBG "auf Personen, die.....verwendet werden". Da den Feststellungen des Erstgerichtes über die Arbeitszeiten der Klägerin nicht zu entnehmen ist, inwieweit darin auch bloß fiktive, zur Abgeltung einer nicht erfolgten Gehaltserhöhung dienende Arbeitszeiten enthalten sind, kann der Oberste Gerichtshof dem Berufungsgericht nicht entgegentreten, soweit es eine Erörterung dieser Frage in erster Instanz für erforderlich hält.
Entgegen der Auffassung der beklagten Partei ist der Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht zu entnehmen, daß bei Beurteilung, ob die Klägerin eine unverhältnismäßig kurze Zeit im Sinne des § 1 Abs 3 lit c VBG verwendet wurde, nur auf die während des Einsatzes erreichte Wochenarbeitszeit abzustellen sei. Es ist jedenfalls von der insgesamt im Jahresdurchschnitt erbrachten Arbeitsleistung auszugehen; eine isolierte Berücksichtigung bloß der Zeiten des Arbeitseinsatzes würde dem Charakter des Arbeitsverhältnisses als (ununterbrochenen) Dauerschuldverhältnisses nicht gerecht. Hiebei ist die von der Klägerin pro Jahr tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung mit der von einem vollbeschäftigten Vertragsbediensteten tatsächlich zu erbringenden Arbeitsleistung zu vergleichen. Bei Ermittlung der durchschnittlichen Wochenstundenzahl sind daher der Gebührenurlaub und die Feiertage zu berücksichtigen; eine weitere Verminderung des Divisors durch Abzug der bei der zu vergleichenden Arbeitswoche des vollbeschäftigten Vertragsbediensteten ohnedies berücksichtigten arbeitsfreien Samstage und Sonntage ist hingegen nicht berechtigt. Die Begehren auf Leistung von Sonderzahlungen und eines Entgelts für das Jahr 1988 sind vor Klärung der für die Anwendbarkeit des VBG wesentlichen Frage, welche Zeiten die Klägerin tatsächlich eingesetzt wurde, nicht spruchreif. Soweit die Klägerin vermeint, das Berufungsgericht hätte dem auf den Titel einer Abgeltung für nicht verbrauchten Urlaub gestützten Zahlungsbegehren stattzugeben gehabt, weil die Klägerin für die Zeit ihrer urlaubsbedingten Abwesenheit nichts erhalten habe, ist ihr zu entgegnen, daß sie ihr diesbezügliches Leistungsbegehren nicht darauf gestützt hat, ihr sei für tatsächlich - mit Billigung des Arbeitgebers - in Anspruch genommenen Urlaub kein Urlaubsentgelt gezahlt worden. Was schließlich die Höhe der Entlohnung betrifft, ist der Klägerin zu erwidern, daß der bei stundenweiser Entlohnung (ohne Sonderzahlungen, Nebengebühren und Zulagen) gezahlte Satz nicht ohne weiters auch bei Anwendung des VBG zugrundezulegen ist; sollte das sich bei erstmaliger Anwendung des VBG infolge Überschreitens des im § 1 Abs 3 lit c VBG genannten Beschäftigungsausmaßes (aufgrund der Einstufung in die entsprechende Entlohnungsgruppe und Entlohnungsstufe) insgesamt ergebende Entgelt geringer sein als das bei Beibehaltung des bisherigen Entlohnungssystems gebührende Entgelt, wäre der Klägerin analog § 15 Abs 8 Satz 2 VBG eine Ergänzungszulage zu gewähren. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Klägerin, die die Anwendung des VBG auf ihr Dienstverhältnis anstrebt, ein Vorbringen über die ihr gebührende Einstufung zu erstatten haben wird (siehe auch AS 62).
2. Zur Revision der Klägerin:
Zutreffend hat das Berufungsgericht auch den geltend gemachten Anspruch auf Urlaubsgewährung und das in eventu erhobene Feststellungsbegehren (Punkte II 1 und 2 des Ersturteils) beurteilt. Bei Anwendung des VBG wäre gemäß § 27 lit e VBG über den Verbrauch des Erholungsurlaubes vor jedem Urlaubsantritt unter Berücksichtigung der dienstlichen Interessen eine Vereinbarung zu treffen, wobei auf die persönlichen Verhältnisse des Vertragsbediensteten angemessen Rücksicht zu nehmen ist. Soweit das VBG auf das Dienstverhältnis der Klägerin nicht anzuwenden ist, kommt die Ausnahmsbestimmung des § 1 Abs 2 Z 4 UrlG nicht zum Tragen und ist die gleichartige Regelung des § 4 Abs 1 UrlG heranzuziehen. Da die Klägerin nicht einmal behauptet hat, wegen Gewährung des nunmehr geltend gemachten Erholungsurlaubes an die beklagte Partei herangetreten zu sein, ist ihr jedenfalls ein Feststellungsinteresse nicht zuzubilligen; das Leistungsbegehren hingegen ist - wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben - schon mangels Bestimmtheit verfehlt. Abschließend ist zum Urlaubsanspruch zu bemerken, daß - legt man die Feststellungen des Erstgerichtes zugrunde - die Klägerin (offenbar mit Duldung der beklagten Partei) tatsächlich Urlaub in Anspruch genommen hat und ihr lediglich das ihr sowohl nach dem VBG als auch nach dem Urlaubsgesetz zustehende Urlaubsentgelt nicht gewährt wurde.
Den Rekursen beider Parteien und der Revision der Klägerin war daher ein Erfolg zu versagen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.