JudikaturOGH

9NdA8/90 – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. August 1990

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Beate P***, Journalistin, Graz, Arnold-Luschingasse 6/2/3, vertreten durch Dr. Georg Grießer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei K*** R*** GesmbH Co KG, Wien 7., Seidengasse 11, vertreten durch Dr. Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wegen 383.590 S sA, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Antrag der beklagten Partei an Stelle des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht das Arbeits- und Sozialgericht Wien zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt mit ihrer beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht eingebrachten Klage die Zahlung eines Betrages von 383.590 S brutto sA. Sie sei in der Zeit von August 1984 bis 31. Dezember 1989 für die beklagte Partei im Rahmen eines Vertragsverhältnisses tätig gewesen, auf das das Angestelltengesetz und der Kollektivvertrag Anwendung zu finden habe. Die beklagte Partei habe die auf dieser Grundlage der Klägerin zustehenden Ansprüche nicht erfüllt und sie lediglich als freie Mitarbeiterin behandelt.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage und stellt den Antrag, das Arbeits- und Sozialgericht Wien zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache zu bestimmen. Sieben der im Verfahren zu vernehmenden Zeugen seien in Wien wohnhaft. Auch die in Innsbruck wohnhaften Zeugen, deren Vernehmung vor dem erkennenden Gericht zweckmäßig wäre, könnten Wien leichter erreichen als Graz. Es seien zwar einige Zeugen in Graz wohnhaft, diese hätten aber laufend beruflich in Wien zu tun, sodaß ihre Vernehmung vor dem erkennenden Gericht auch im Falle einer Delegierung des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien keinen zusätzlichen Aufwand verursachte. Die Klägerin sprach sich gegen die Delegierung aus.

Rechtliche Beurteilung

Der Antrag ist nicht berechtigt.

Der nur dem Arbeitnehmer gewährte Wahlgerichtsstand seines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltsortes nach § 4 Abs 1 Z 1 lit a ASGG hat eine soziale Schutzfunktion; bei Beurteilung der Zweckmäßigkeit einer Delegierung, mit der von diesem Wahlgerichtsstand abgewichen wird, ist daher ein strenger Maßstab anzulegen und die Verschiebung der Zuständigkeit nur dann zu bewilligen, wenn die Zweckmäßigkeit dieser Maßnahme eindeutig zu Gunsten beider Parteien beantwortet werden kann (Fasching I 232). Die Zeugen S***, P*** und J*** sind in Graz

wohnhaft; die Zeugen V***, F*** und S*** wohnen in Innsbruck. Auch im Falle einer Delegierung des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien wären Rechtshilfevernehmungen bzw die Zureise von Zeugen im Falle ihrer Vernehmung vor dem erkennenden Gericht erforderlich. Mag auch eine größere Zahl von Zeugen in Wien wohnhaft sein und die Zureise der in Innsbruck wohnhaften Zeugen nach Wien mit geringeren Schwierigkeiten als die Zureise nach Graz verbunden sein, sprechen doch, insbesonders im Hinblick auf den Wohnort der Klägerin in Graz, wichtige Gründe für die Belassung der Rechtssache beim angerufenen Gericht, sodaß die Durchführung des Prozesses vor dem Arbeits- und Sozialgericht nicht erheblich zweckmäßiger ist. Der Delegierungsantrag ist daher abzuweisen.

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