15Os41/90 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Mai 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Fink als Schriftführerin in der Maßnahmenvollzugssache des Franz Rudolf K***, AZ 13 a BE 281/88, des Kreisgerichtes Krems a.d. Donau über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Beschlüsse des Kreisgerichtes Krems a.d. Donau vom 28.Oktober 1988, GZ 13 a BE 281/88-13, und des Oberlandesgerichtes Wien vom 30.November 1988, AZ 22 Bs 564/88, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kodek jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:
Spruch
Durch die Beschlüsse des Kreisgerichtes Krems a.d. Donau vom 28. Oktober 1988, GZ 13 a BE 281/88-13, und des Oberlandesgerichtes Wien als Beschwerdegericht vom 30.November 1988, AZ 22 Bs 564/88, wurde das Gesetz in der Bestimmung des Art. XX Abs. 2 StRÄG 1987 verletzt.
Text
Gründe:
Mit dem im Spruch eingangs bezeichneten, während des Freiheitsstrafenvollzuges an Franz Rudolf K*** anläßlich des Ablaufs der Strafzeit (der Sache nach gemäß § 24 Abs. 2 StGB) gefaßten Beschluß wurde die Unterbringung des Genannten für gefährliche Rückfallstäter (§ 23 StGB) für noch notwendig erachtet; mit der weiters zitierten Rechtsmittelentscheidung wurde seiner dagegen erhobenen Beschwerde nicht Folge gegeben.
Die Einweisung war am 30.April 1975 mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg (GZ 18 Vr 2346/74-55) auf Grund der Verurteilung des K*** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB und des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls nach §§ 171, 173, 174 I lit. d, 176 I lit. a und b, 179 und 8 StG angeordnet worden. Das Kreisgericht Korneuburg hatte mit Beschluß vom 7.Oktober 1983, GZ 14 Ns 196/83-3, die bedingte Entlassung des K*** aus der vorbeugenden Maßnahme verfügt; diese Entlassung hatte das Kreisgericht Ried im Innkreis mit Beschluß vom 10.November 1986, GZ 9 b Ns 1475/83-35, widerrufen. In den beiden im Spruch genannten Beschlüssen wurde übersehen, daß die Bestimmung des § 23 StGB zwischenzeitig durch das StRÄG 1987 dahin geändert worden war, daß nunmehr nach Abs. 1 Z 1 und damit auch Z 2 eine strafbare Handlung gegen fremdes Vermögen nur mehr dann als einweisungsrelevant in Betracht kommt, wenn sie unter Anwendung oder Androhung von Gewalt gegen eine Person begangen wurde.
Rechtliche Beurteilung
Diese Voraussetzung erfüllt jedoch außer (zu Z 1) einer der Anlaßtaten keine andere der von K*** begangenen, nach Z 2 einweisungsrelevanten strafbaren Handlungen. In bezug auf Sittlichkeitsdelikte hinwieder schieden insoweit die Verurteilungen des K*** nach § 129 I b StG als Einweisungsvoraussetzungen aus, weil das StGB derartige Verhaltensweisen nicht pönalisiert. Seiner (zudem in diese Richtung hin einzigen) Verurteilung durch das Kreisgericht Leoben vom 29.Oktober 1970, GZ 13 E Vr 722/70-27, wegen Verbrechens der Erpressung nach § 98 lit. a StG lag zwar die gewaltsame Erzwingung eines Geschlechtsverkehrs zugrunde, doch überwog diese strafbare Handlung nicht das gleichzeitig abgeurteilte, die Strafdrohung bestimmende Verbrechen des Diebstahls nach §§ 171 ff StG.
Nach Art. XX Abs. 2 StRÄG 1987 wäre daher anläßlich der nach § 24 Abs. 2 StGB geboten gewesenen Prüfung - und zwar vom erkennenden Gericht anstatt des sonst (§ 162 Abs. 2 Z 1 StVG) zuständigen Vollzugsgerichtes - zeitgerecht die Feststellung zu treffen gewesen, daß die Voraussetzungen für die Unterbringung des Verurteilten in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter auf Grund des § 23 StGB idF des Art. I Z 4 dieses Bundesgesetzes mit dessen Inkrafttreten entfallen (vgl. hiezu den Bericht des JA, 359 d. Beil. XVII. GP S 71 Punkt II). Gleichermaßen hätte das Beschwerdegericht diese Rechtslage im Rechtsmittelverfahren wahrnehmen müssen.
Diese beiden Gerichten unterlaufene Gesetzesverletzung war daher in Stattgebung der von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes festzustellen. Eine Maßnahme nach § 292 letzter Satz StPO war insoweit entbehrlich, weil mittlerweile die seinerzeit zu Unrecht abgelehnte Beschlußfassung vom Kreisgericht Korneuburg am 30.August 1989 zur GZ 14 BE 2005/89-2, nachgeholt worden ist.