JudikaturOGH

7Ob587/89 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Mai 1989

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Egermann, Dr.Kodek und Dr.Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***

T***-Gesellschaft mbH, Klagenfurt,

Boltzmannstraße 3, vertreten durch Dr.Hans Kortschak, Rechtsanwalt in Leibnitz, wider die beklagte Partei Landeshauptstadt K***, vertreten durch Dr.Otfried Fresacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 73.722 samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 7.Februar 1989, GZ 5 R 9/87-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 28. Oktober 1988, GZ 22 Cg 93/88-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.706,20 (darin enthalten S 617,70 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist Eigentümerin und Erhalterin des Schlachthofes Klagenfurt. Ihre Angestellten reinigen zwar den Schlachthof, führen aber keine Schlachtungen durch. Die Schlachtungen werden von einem selbständigen - mit der Beklagten in einem Vertragsverhältnis stehenden - Schlachtunternehmer besorgt. Dieser verrechnet das Entgelt für seine Tätigkeit direkt seinen Auftraggebern. Teilweise schlachten auch einzelne Fleischhauer selbst im Schlachthof der Beklagten. Schlachtungen auf Rechnung der Beklagten werden im Schlachthof nicht durchgeführt. Die Klägerin stellt im Schlachthof Behälter zur Sammlung tierischer Abfälle auf, führt sie turnusmäßig ab und stellt sie in gereinigtem Zustand wieder auf. Auf Grund des eine Anlage zur VO des Landeshauptmannes für Kärnten vom 2.Dezember 1986, Zl. 10 R-12/60/1986 über die Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung von Tierkörpern und Tierkörperteilen (Tierkörperverwertungsverordnung, kurz Kärtner TKVV) bildenden Entgeltstarifes Z 2 verrechnete die Klägerin der Beklagten für das Einsammeln, Abführen und Beseitigen von Tierkörpern und Tierkörperteilen im Zeitraum vom Jänner bis Juli 1987 mit Entgeltabrechnung Nr. B 0711 den Gesamtbetrag von S 115.600,12 und für den Zeitraum August und September 1987 mit Entgeltabrechnung Nr. B 0712 den Betrag von S 106.832,63. Auf Grund diverser Zahlungen einzelner Fleischereibetriebe, die in diesen Zeiträumen Schlachtungen im Schlachthof der Beklagten hatten durchführen lassen (die Beklagte hat nie Zahlungen auf diese Rechnungen geleistet) haftet auf die beiden Rechnungen noch der Betrag von S 73.722 aus.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten zuletzt (ON 8 S. 33) die Zahlung von S 73.722 samt 9 % Zinsen aus S 78.686,99 vom 1.Jänner 1988 bis 20.Mai 1988, aus S 77.097 vom 21.Mai 1988 bis 24.Juni 1988, aus S 75.715 vom 26.Juni 1988 bis 4.August 1988 und aus S 73.722 ab 5. August 1988. Gemäß der Kärntner TKVV sei die Klägerin mit den Tätigkeiten einer Tierkörperverwertungsanstalt (§§ 3, 4, 5, 6, 8 der Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Land- und Forstwirtschaft im Einvernehmen mit dem Staatsamt für Volksernährung vom 19.April 1919, StGBl. Nr. 241, betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten idF BGBl. 1977/660, kurz: TKVG) betraut. Die in § 1 Kärntner TKVV genannten Tierkörper und Teile davon seien an sie zwangsweise abzuführen. Die Entgelte für das Einsammeln, Abführen und Beseitigen der ablieferungspflichtigen Gegenstände seien, soweit sie auf Schlachthöfe entfallen, gemäß § 8 Abs 2 TKVV von den jeweiligen Betriebsinhabern an die Klägerin zu leisten. Die Erhalter von Schlachthöfen und die Inhaber von sonstigen Schlachtbetrieben seien nach dem Satz 2 dieser Bestimmung berechtigt, die Entgelte, die für auf fremde Rechnung durchgeführte Schlachtungen zu entrichten sind, auf die Auftraggeber zu überwälzen. Die Rechtsauffassung der Beklagten, daß nicht sie, sondern die Unternehmer, die die Schlachtungen durchführen lassen, die zahlungspflichtigen Entgeltschuldner seien, widerspreche § 8 Abs 2 Kärntner TKVV und § 6 Abs 4 TKVG, wonach die auf Grund des Entgelttarifes zu entrichtenden Entgelte "von den Besitzern von Gegenständen, die dem Ablieferungszwang nach § 3 TKVG unterliegen", zu leisten seien. Auch bei Lohnschlachtungen im Betrieb der Beklagten werde die Beklagte Besitzer der ablieferungspflichtigen Gegenstände, deren sich die Auftraggeber im Betrieb der Beklagten entledigen könnten. Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Sie führe keine Schlachtungen in ihrem Schlachthaus durch, sondern stelle nur die Räumlichkeiten und die dazu erforderlichen Anlagen gegen Entgelt Schlächtern und einzelnen Fleischhauern zur Verfügung. Die Schlachtungen würden daher zwar im Schlachthof, nicht aber in einem Schlachthofbetrieb der Beklagten durchgeführt. Da die Beklagte somit keinen Schlachthofbetrieb führe, werde sie auch nicht Besitzer der Schlachtabfälle. Daher könne sie nicht entgeltpflichtig im Sinne § 8 Abs 2 Kärntner TKVV und § 6 Abs 4 TKVG sein; somit könnte sie auch nicht von der Überwälzungsbestimmung laut § 8 Abs 2 Satz 2 Kärntner TKVV Gebrauch machen.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Sowohl § 4 Abs 1 TKVG als auch § 3 TKVV (betreffend die Anzeigepflicht zur Abholung ablieferungspflichtiger Gegenstände) unterschieden zwischen den Besitzern und den bloßen Inhabern ablieferungspflichtiger Gegenstände. Daher sei auch der zivilrechtliche Besitzesbegriff für die Zahlungspflicht entscheidend. Mangels des gemäß § 309 ABGB für das Entstehen des Besitzes erforderlichen Besitzwillens würden Erhalter von Schlachthöfen und Inhaber von sonstigen Schlachtbetrieben nicht Besitzer ablieferungspflichtiger Gegenstände, wenn sie selbst keine Schlachtungen durchführen. Daher seien sie auch nicht entgeltpflichtig.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes, sprach aus, daß die Revision zulässig sei und trat im wesentlichen auch der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes bei.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Klägerin mit dem Antrag, es im Sinne der Stattgebung der Klage abzuändern. Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben. Die Revision ist nicht berechtigt.

Nach Auffassung der Revisionswerberin unterscheiden § 8 Abs 2 und Abs 5 Kärntner TKVV in Ansehung der Entgeltpflicht zwischen den Erhaltern von Schlachthöfen und Inhabern sonstiger Schlachtbetriebe. Unter "Schlachthof" sei im Gegensatz zu Fleischhauereien und sonstigen Schlachtbetrieben, Schlachthäuser, die von Gemeinden betrieben werden und rücksichtlich derer Schlachthofzwang verordnet worden sei, zu verstehen. Für den Schlachthof der Beklagten bestehe auf Grund der VO des Landeshauptmannes von Kärnten vom 1.März 1971, LGBl. 1971/16, Schlachthofzwang. Schlachthöfe seien aber auch Schlachtbetriebe, weil in ihrem Einzugsgebiet kein anderer gleichartiger Betrieb bestehen dürfe. Die Entgeltbestimmungen der Kärntner TKVV stellten jedoch nur auf Schlachthöfe schlechthin ab.

Diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden:

Gemäß § 6 Abs 3 TKVG (idF des BG vom 14.Dezember 1977 über die Tragung der Kosten für die Beseitigung von Tierkörpern, BGBl. 1977/660) hat der Landeshauptmann das Entgelt für die Einsammlung, die Abfuhr und die Beseitigung der abzuliefernden Gegenstände (für die gemäß § 3 TKVG Ablieferungspflicht besteht) in einem kostendeckend begrenzten Entgelttarif durch Verordnung festzulegen. § 6 Abs 4 TKVG bestimmt, daß die auf Grund des Entgelttarifes zu entrichtenden Entgelte von den Besitzern von Gegenständen, die dem Ablieferungszwang unterliegen, zu leisten sind. Gemäß § 8 Abs 2 Kärtner TKVV sind die Entgelte nach Z 1 des Entgelttarifes von den Gemeinden, die Entgelte nach Z 2, 3 und 4 des Entgelttarifes von den jeweiligen Betriebsinhabern an die Klägerin zu leisten. Satz 2 dieser Bestimmung ermächtigt die "Erhalter von Schlachthöfen und die Inhaber von sonstigen Schlachtbetrieben", diejenigen Entgelte, die für auf fremde Rechnung durchgeführte Schlachtungen zu entrichten sind, auf die Auftraggeber zu überwälzen. Gemäß § 8 Abs 5 Kärntner TKVV hat die Klägerin die auf Schlachthöfe, Fleischhauereien, sonstige Schlachtbetriebe und Schlachtstätten entfallenden Entgelte gemäß Z 2 des Entgelttarifes nach der Anzahlung der von den Gemeinden bekanntgegebenen Schlachtungen zu berechnen, wobei a) die auf Schlachthöfe entfallenden Entgelte monatlich und b) die auf Fleischhauereien, sonstige Schlachtbetriebe und Schlachtstätten entfallenden Entgelte 1/4-jährlich den Betriebsinhabern (Tierhaltern) mitzuteilen sind und ab diesem Zeitpunkt in Rechnung gestellt werden können. In Z 2 des in einer Anlage zu dieser Verordnung festgelegten Entgelttarifes sind die Entgelte, die von den "Inhabern von Schlachthöfen, Fleischhauereien, sonstigen Schlachtbetrieben und Schlachtstätten" zu zahlen sind, festgelegt.

Die strittige Frage, ob das Entgelt der Klägerin für das Einsammeln, Abführen und Beseitigen ablieferungspflichtiger Gegenstände, soweit es auf Schlachthöfe entfällt, von den Eigentümern, Inhabern und Erhaltern von Schlachthöfen schlechthin oder nur von solchen Unternehmensinhabern zu entrichten ist, die auch die Schlachtungen durchführen, ist in § 8 Abs 2 Kärntner TKVV insoweit geregelt, als darin die Zahlungspflicht der "geweiligen Betriebsinhaber" normiert ist. Diese Verordnungsbestimmung steht mit § 6 Abs 4 TKVG, wonach die Entgelte für die Entsorgungsmaßnahmen von den Besitzern ablieferungspflichtiger Gegenstände (das bleiben die Tierhalter trotz der Verbringung der Tiere in die Schlachthöfe) zu leisten sind, im Hinblick auf die Überwälzungsbestimmung in § 8 Abs 2 Satz 2 Kärntner TKVV nicht in Widerspruch; durch diese wird vielmehr der gesetzlich angeordneten Zahlungspflicht Rechnung getragen. Um das Ziel dieser Anordnung zu erreichen, kann somit nur ein solcher Betriebsinhaber als zahlungspflichtig angesehen werden, der von der Überwälzungsbestimmung auch Gebrauch machen kann. Aus § 8 Abs 2 Kärntner TKVV ergibt sich bei gesetzeskonformer Auslegung daher, daß nur solche Betriebsinhaber, die Schlachtungen durchführen, auch entgeltpflichtige Schlachtunternehmer sind, weil nur sie Schlachtungen auf fremde Rechnung durchführen. Wenn auch in Z 2 des Entgelttarifes die Entgelte angeführt sind, die von den "Inhabern von Schlachthöfen ....." zu entrichten sind, ergibt sich daraus nicht, wie die Klägerin meint, daß Inhaber von Schlachthöfen unabhängig davon, ob sie auch einen Schlachtbetrieb führen, das für die darin für Dritte durchgeführte Schlachtungen zu entrichtende Entgelt zu zahlen hätten. § 8 Abs 2 Satz 2 Kärntner TKVV stellt ungeachtet der Worte "Inhaber von Schlachthöfen" im Entgelttarif Z 2 klar, daß nur die Entgelte, die für auf fremde Rechnung durchgeführte Schlachtungen zu entrichten sind, auf die Auftraggeber (der Schlachtungen) überwälzt werden können. Maßgebend für die Pflicht zur Zahlung des auf Schlachthöfe entfallenden Entgelts der Klägerin für die von ihr erbrachten Entsorgungsleistungen kann daher nur sein, daß der Inhaber (Erhalter) eines Schlachthofes auch selbst Schlachtungen durchführt. Nur dann ist er auch Betriebsinhaber eines Schlachthofes im Sinne der anzuwendenden Bestimmung. Aber auch aus der Meldepflicht von Schlachtungen gemäß § 8 Abs 4 Kärntner TKVV, wonach die Meldung auch den Namen und die Anschrift des Inhabers des Betriebes zu enthalten hat, ergibt sich, daß nur die Inhaber von Schlachthofbetrieben zur Zahlung des tariflichen Entgeltes herangezogen werden können. Inhaber eines Betriebes ist nur derjenige, der die betriebstypische Leistung - hier die Schlachtung - gegenüber dem Kunden erbringt, nicht aber derjenige, der bloß einzelne oder allenfalls alle erforderlichen Betriebsmittel einem Dritten zur Verfügung stellt. Die Beklagte betreibt somit keinen Schlachthof im Sinne der Entgeltbestimmungen der Kärntner TKVV und ist daher für das an die Klägerin für die Entsorgungstätigkeit zu entrichtende Entgelt nicht zahlungspflichtig. Bestimmungen, die den Landeshauptmann ermächtigen, zugunsten der von Gemeinden betriebenen Schlachhäuser Schlachthauszwang anzuordnen (VO des Landeshauptmannes von Kärnten vom 1.März 1971, LGBl. 1971/16, die gemäß § 54 Abs 3 FleischuntersuchungsG seit dem Außerkrafttreten des § 35 GewO 1859 eine Anordnung im Sinne des § 39 FleischuntersuchungsG ist), können keinen Aufschluß dafür bieten, ob die Gemeinden, die Schlachthäuser betreiben, ungeachtet der Durchführung der Schlachtungen auch im Sinne der Kärntner TKVV als Inhaber von Schlachthofbetrieben anzusehen sind. Es trifft aber auch nicht zu, daß neben dem Schlachthof der Beklagten ein weiterer - privater - Schlachthof existiert, wenn darin ein selbständiger Schlachtunternehmer die Schlachtungen durchführt. Unbestritten ist nämlich, daß dieser sein Betriebsrecht nur von der Beklagten ableitet.

Da sich somit aus § 8 Kärntner TKVV keine Zahlungspflicht der Beklagten ergibt, sind weitere Überlegungen über die Gesetzmäßigkeit dieser Verordnung entbehrlich. Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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